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BGH Beschluss v. - 3 StR 303/24

Instanzenzug: LG Krefeld Az: 21 KLs 26/23 Urteil

Gründe

1Das Landgericht hat die Angeklagten wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gesprochen. Den Angeklagten X.       hat es mit einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten belegt. Den zum Tatzeitpunkt 18 Jahre alten Angeklagten C.             hat es zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Zudem hat das Landgericht die Einziehung in Bezug auf Betäubungsmittel und „das gesamte Plantagenequipment, insbesondere“ weitere aufgezählte Gegenstände angeordnet.

2Dagegen wenden sich die Angeklagten mit ihren auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen. Die Rechtsmittel haben den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

31. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen betrieben beide Angeklagte von Ende Juli bis Ende August 2023 zwei bereits in einer Lagerhalle in K.          eingerichtete Indoor-Cannabisplantagen für unbekannt gebliebene Hinterleute. Sie waren nach vorheriger Einweisung eigenständig für die Aufzucht der Cannabispflanzen verantwortlich und übernahmen hierzu die Aufgaben der Wässerung, Beleuchtung und des Düngens der Pflanzen. Den Angeklagten war für die Mitwirkung bis zur ersten Ernte jeweils ein Entgelt in Höhe von 2.000 € in Aussicht gestellt worden.

4Im Zuge der Durchsuchung am wurden 1.995 Cannabispflanzen mit einer Wuchshöhe bis zu 1,60 Meter sowie hochprofessionelles Plantagenequipment und im Obergeschoss der Halle zudem Säcke mit vertrockneten Cannabisstängeln sichergestellt. Der Mindestertrag einer Ernte des für den gewinnbringenden Weiterverkauf vorgesehenen Marihuanas hätte 49,9 Kilogramm bei einer Wirkstoffmenge von mindestens 2.990 Gramm Tetrahydrocannabinol (THC) betragen.

52. Die auf die Rügen materiellen Rechts veranlasste umfassende sachlichrechtliche Nachprüfung des Urteils führt zur Änderung der Schuldsprüche sowie zur Aufhebung der Strafaussprüche und des Einziehungsausspruchs.

6a) Die Schuldsprüche haben keinen Bestand, weil das Landgericht die Angeklagten für ihren Umgang mit Cannabis nach dem zum Urteilszeitpunkt geltenden Betäubungsmittelgesetz verurteilt hat. Nach Inkrafttreten des Gesetzes zum Umgang mit Konsumcannabis (Konsumcannabisgesetz - KCanG) vom bestimmt sich die Strafbarkeit der hier zu beurteilenden Taten nach diesem Gesetz (vgl. , juris Rn. 5 mwN; Patzak/Möllinger, NStZ 2024, 321). Diese Rechtsänderung hat der Senat gemäß § 2 Abs. 3 StGB in Verbindung mit § 354a StPO zu berücksichtigen.

7Unter Geltung des Konsumcannabisgesetzes sind die Tathandlungen der Angeklagten jeweils als Beihilfe zum Handeltreiben mit Cannabis (§ 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG, § 27 StGB) in Tateinheit (§ 52 StGB) mit Anbau von Cannabispflanzen (§ 34 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b KCanG) zu werten.

8aa) Die Angeklagten sind neben der Beihilfe zum Handeltreiben mit Cannabis auch des mittäterschaftlichen Anbaus von Cannabispflanzen gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b, § 2 Abs. 1 Nr. 2 KCanG, § 25 Abs. 2 StGB schuldig. Entgegen der Rechtsauffassung des Landgerichts ist auf Grundlage der Urteilsfeststellungen ein Anbauinteresse der Angeklagten gegeben. Diesen ging es bei der Vornahme ihrer Tathandlungen ersichtlich um die erfolgreiche Aufzucht der Cannabispflanzen, da hiervon ihre Entlohnung abhängig war. Es handelte sich auch nicht um bloß gelegentliche Hilfstätigkeiten (s. hierzu Patzak/Fabricius, BtMG, 11. Aufl., § 29 Rn. 90 mwN), sondern um die eigenverantwortliche Pflege der Pflanzen der Indoor-Plantagen (zur Annahme von Mittäterschaft in derartigen Konstellationen vgl. BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 278/24, juris; vom - 3 StR 139/24, juris Rn. 6 mwN).

9bb) Der Tatbestand des Anbaus von Cannabispflanzen steht in Tateinheit zu der Beihilfe zum Handeltreiben mit Cannabis. Ist beim Handeltreiben nur eine Beihilfe verwirklicht, besteht Tateinheit mit einer täterschaftlich begangenen anderen Begehungsweise, da eine bloße Verurteilung wegen Beihilfe den Unrechtsgehalt der Tat nicht ausschöpfen würde. Insoweit hat sich die konkurrenzrechtliche Bewertung gegenüber der bisherigen Rechtslage nicht geändert (s. hierzu BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 278/24, juris Rn. 11; vom - 3 StR 139/24, juris Rn. 5, jeweils mwN).

10cc) Auf Grundlage der Feststellungen ist hingegen nicht anzunehmen, dass die Angeklagten Zugriff auf die im Obergeschoss der Lagerhalle befindlichen Säcke mit Cannabisstängeln hatten, so dass eine tateinheitliche Strafbarkeit wegen Besitzes von Cannabis gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 1 KCanG (s. hierzu , juris Rn. 7) ausscheidet.

11b) Die in dem Konsumcannabisgesetz geregelten Straftatbestände der Beihilfe zum Handeltreiben mit Cannabis und des Anbaus von Cannabispflanzen stellen auch unter Berücksichtigung des Strafrahmens für besonders schwere Fälle (§ 34 Abs. 3 Satz 1 KCanG) die im Sinne von § 2 Abs. 3 StGB gegenüber § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG mildere und daher für die Revisionsentscheidung nach § 354a StPO maßgebliche Regelung dar.

12§ 265 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen, weil sich die vollumfänglich geständigen Angeklagten nicht wirksamer als geschehen hätten verteidigen können.

13c) Die Änderung der Schuldsprüche hat die Aufhebung der Strafaussprüche zur Folge.

14Für den Angeklagten X.        stellen sich die nach § 34 Abs. 1 und 3 KCanG in Betracht kommenden Strafrahmen deutlich geringer dar als der vom Landgericht zugrunde gelegte Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG. Es ist nicht auszuschließen, dass es bei Anwendung des nunmehr geltenden Rechts auf eine niedrigere Strafe erkannt hätte.

15Gleiches gilt für den Angeklagten C.          . Zwar ist er nach Jugendstrafrecht verurteilt worden. Vor dem Hintergrund, dass die Strafkammer die Jugendstrafe auch mit der Schwere der Schuld gemäß § 17 Abs. 2 Alternative 2 JGG begründet und hierbei ausgeführt hat, dass sie bei einer Parallelwertung nach Erwachsenenstrafrecht keinen minder schweren Fall des § 29a Abs. 2 StGB angenommen hätte, ist jedoch ebenfalls nicht auszuschließen, dass sie bei Anwendung des Konsumcannabisgesetzes auf eine geringere Strafe erkannt hätte.

16Die den Strafaussprüchen zugrundeliegenden Feststellungen sind von dem Rechtsfehler nicht betroffen; sie können bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Ergänzende Feststellungen, die den bisherigen nicht widersprechen, sind möglich.

17d) Die Einziehungsentscheidung erweist sich als rechtsfehlerhaft und ist mit den zugehörigen Feststellungen aufzuheben.

18Einzuziehende Gegenstände müssen in der Urteilsformel so genau bezeichnet werden, dass für alle Beteiligten und die Vollstreckungsorgane aus dem Tenor selbst zweifelsfrei erkennbar ist, welche Objekte der Einziehung unterworfen sind (st. Rspr.; s. nur , StV 2024, 440 Rn. 5 mwN; vgl. auch MüKoStPO/Maier, 2. Aufl., § 260 Rn. 322; KK-StPO/Tiemann, 9. Aufl., § 260 Rn. 43).

19Hieran gemessen ist die Einziehungsanordnung defizitär, weil die Einziehungsgegenstände durch die sprachliche Wendung „insbesondere“ nicht hinreichend abgegrenzt und beschrieben werden. Somit besteht keine ausreichende Klarheit über den Einziehungsumfang.

20Im Umfang der Aufhebung bedarf die Sache daher der neuen Verhandlung und Entscheidung. Die hierzu berufene Strafkammer wird die Vorschrift des § 74b Abs. 1 Nr. 2 StGB in den Blick zu nehmen haben, die entgegen der Rechtsauffassung des Generalbundesanwalts auch in der vorliegenden Konstellation, in der die in Rede stehenden Einziehungsgegenstände unbekannten Tätern und damit einem anderen als dem angeklagten Täter oder Teilnehmer gehören, Anwendung findet.

213. Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils auf Grundlage der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben.

Schäfer                          Berg                          Erbguth

                  Kreicker                      Voigt

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:261124B3STR303.24.0

Fundstelle(n):
MAAAJ-84470