1. Die von der Schuldnerin nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens iRd Eigenverwaltung begründeten rechtsgeschäftlichen Verbindlichkeiten stellen Masseverbindlichkeiten iSd § 55 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 InsO dar. Diese werden wirksam begründet, wenn der Geschäftsführer der Schuldnerin iRd Betriebsfortführung deren Mitarbeiter weiter für das Tagesgeschäft und damit verbundene Geschäftsabschlüsse einsetzt und diese iRd ihnen erteilten Vertretungsmacht handeln. Es handelt sich dann um eigene Rechtshandlungen des Geschäftsleiters iRd Eigenverwaltung iSd §§ 61, 55 Abs. 1 Nr. 1 1. Alt. InsO.
2. § 61 InsO schützt nur bestimmte Massegläubiger, nämlich im Wesentlichen denjenigen, dessen Masseverbindlichkeit durch Vertragsschluss herbeigeführt wurde; Sekundäransprüche wegen Vertragsverletzungen sind nicht von § 61 InsO erfasst.
3. Nach § 61 InsO analog ist der Geschäftsleiter verpflichtet, bei Begründung der Verbindlichkeit zu prüfen, ob die Masse zu ihrer Erfüllung voraussichtlich ausreichen wird. Haftungsgrund ist damit nicht die Nichterfüllung des Vertrages, sondern die fehlende Vergewisserung über die Erfüllungsfähigkeit der Masse, bevor der Geschäftsleiter die Verbindlichkeit eingeht. Da an ihn keine geringeren Anforderungen zu stellen sind als an einen Insolvenzverwalter, hat er zu beweisen, dass die Masse objektiv voraussichtlich zur Erfüllung der Verbindlichkeit ausreichte oder er die Unzulänglichkeit nicht erkennen konnte.
4. Da der Geschäftsleiter nicht den Nichterfüllungs-, sondern den Vertrauensschaden zu ersetzen hat, besteht nur ein Anspruch auf Ersatz des negativen Interesses, der nach Sinn und Zweck des § 61 InsO der Höhe nach auf das positive Interesse begrenzt ist und nicht die Umsatzsteuer umfasst.
5. Der Geschädigte kann den Schaden entweder konkret berechnen, indem er darlegt, welchen Gewinn er bei pflichtgemäßem Verhalten des Schädigers erzielt hätte, oder er kann entsprechend § 252 Satz 2 BGB darauf abstellen, welcher Gewinn in der gegebenen Situation üblicherweise zu erwarten gewesen wäre.
6. Da die von Amts wegen zu beachtenden Grundsätze der Vorteilsausgleichung gelten, hat der Geschädigte den aus der Quote resultierenden Vorteil entsprechend § 255 BGB auszugleichen, so dass der Geschäftsleiter von dem Geschädigten die Abtretung seiner Ansprüche gegen die unzulängliche Masse beanspruchen kann mit der Folge, dass dieser Leistung nur Zug-um-Zug gegen die Abtretung verlangen kann.
Fundstelle(n): GmbHR 2025 S. 186 Nr. 4 NWB-Eilnachricht Nr. 5/2025 S. 288 NWB-Eilnachricht Nr. 5/2025 S. 288 QAAAJ-84353
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OLG Düsseldorf, Beschluss v. 11.11.2024 - 12 U 15/24
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