Keine Versammlungseigenschaft für ein anlässlich des G20-Gipfels in Hamburg errichtetes mehrtägiges Camp, bei dem ein deutliches Übergewicht der Beherbergungsinfrastruktur gegenüber kundgaberelevanten Elementen bestand
Leitsatz
1. Auf den grundrechtlichen Schutz des Veranstalters nach Art. 8 Abs. 1 GG kann sich bei einem Zusammenschluss von mehreren Trägern einer Großveranstaltung auch derjenige berufen, der lediglich als Mit-Veranstalter die Versammlung in eigenem Namen bewirbt, im Vorfeld über Ort, Zeitpunkt, Art und Inhalt der Versammlung mitentscheidet, für die Planung und Organisation der Veranstaltung in Teilen Verantwortung trägt und gemeinsam mit anderen die Organisationsgewalt ausübt, wenn diese Umstände der Versammlungsbehörde bekannt waren oder sie sie zumindest hätte erkennen können.
2. Infrastrukturelle Einrichtungen, die der Beherbergung von Personen dienen sollen, die an anderweitig - außerhalb des konkreten Camps - stattfindenden Versammlungen teilnehmen wollen, verleihen dem Camp nicht den Charakter einer Versammlung (Anschluss an 6 C 46.16 - BVerwGE 160, 169).
Instanzenzug: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Az: 4 Bf 221/20 Urteilvorgehend Az: 10 K 307/18 Urteil
Tatbestand
1Die Kläger, zwei eingetragene Vereine, begehren der Sache nach die Feststellung, dass die örtliche Verlagerung eines anlässlich des G20-Gipfels in Hamburg veranstalteten Protestcamps sowie die versammlungsbehördlich angeordneten Beschränkungen der geplanten Beherbergungsinfrastruktur rechtswidrig waren.
2Die "G20-Camp AG", ein Zusammenschluss mehrerer Organisationen, beantragte ursprünglich die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis, um auf der Spielwiese im Altonaer Volkspark ein Übernachtungscamp für anreisende Gipfelgegner zu errichten. Nach Ablehnung dieses Antrages meldete einer der Beteiligten am auf dieser Fläche ein "politisches Festival" in Form einer mehrtägigen Kundgebung mit Übernachtungskapazitäten für die Zeit vom 28. Juni bis zum mit jeweils 3-tägiger Auf- und Abbauzeit an.
3Die Behörde für Inneres und Sport - Polizei - der Freien und Hansestadt Hamburg (im Folgenden: Versammlungsbehörde) wartete zunächst eine Eilentscheidung des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts zu einem parallel geplanten Camp im Hamburger Stadtpark ab und führte dann am ein Kooperationsgespräch durch. Der Anmelder legte unter dem 26. und überarbeitete Konzepte vor, die den Charakter der Veranstaltung konkretisierten. Es solle ein öffentlicher und bunter Ort des Zusammenkommens von Menschen verschiedenster politischer Spektren aus Hamburg und der ganzen Welt entstehen, um dem Protest gegen die Politik der G20 und das Gipfeltreffen Ausdruck zu verleihen. Es werde eine Auftakt- und eine Schlussveranstaltung geben. Erwartet würden in der Spitze ca. 3.000-7.000 Menschen. Tagsüber und nachts seien durchgehend Veranstaltungen und Dauermahnwachen geplant. An einem zentralen Veranstaltungsort würden sich verschiedene infrastrukturelle Einrichtungen und ein großes Versammlungszelt angliedern. Des Weiteren seien verschiedene eigenständige, thematisch ausgerichtete Bereiche (sog. Barrios) mit eigenen Versammlungsplätzen und Zelten vorgesehen. Dem G20-Gipfel solle ein kritisches Gegenforum entgegengesetzt werden. Es solle aufgezeigt werden, dass ein wirklicher demokratischer Diskurs den für den G20-Gipfel betriebenen Aufwand nicht benötige. In den Konzepten wurden zahlreiche Unterstützer und Organisatoren genannt, darunter auch die beiden Kläger. Am 15. und verschickte die Pressesprecherin des Klägers zu 3 jeweils eine Pressemitteilung zum geplanten Camp.
4Die Versammlungsbehörde erkannte die Veranstaltung nicht als Versammlung an. Ein vorsorglich erhobener Widerspruch und ein gerichtliches Eilverfahren blieben erfolglos. Am entschied das Bundesverfassungsgericht im Eilverfahren zum parallel geplanten Camp im Hamburger Stadtpark und gab der Versammlungsbehörde im dortigen Verfahren auf, das Camp vorsorglich dem Versammlungsrecht zu unterstellen und Beherbergungsinfrastruktur zu dulden. Die Behörden seien jedoch berechtigt, die Errichtung solcher Zelte und Einrichtungen zu untersagen, die ohne Bezug auf Akte der Meinungskundgabe allein der Beherbergung von Personen dienen sollten, welche anderweitig an Versammlungen teilnehmen wollten.
5Daraufhin fand am ein weiteres Kooperationsgespräch unter Beteiligung des Klägers zu 1 statt. Dieser erklärte, im Wege einer Hilfsanmeldung den von der Versammlungsbehörde angebotenen Veranstaltungsort am Vorhornweg zu wählen und vorläufig keine Übernachtungsinfrastruktur zu errichten. Auf dieser Grundlage bestätigte die Versammlungsbehörde am gegenüber dem Kläger zu 1 das "Protestcamp Eine andere Welt ist möglich" (im Folgenden: Protestcamp) am Vorhornweg vom 1. bis als Versammlung. Die Anmeldebestätigung enthielt den Hinweis, Schlafzelte, Küchen und Duschen dürften nicht aufgebaut werden.
6Nach dem Aufbau des Camps einigte sich die Versammlungsbehörde am mit dem Kläger zu 1 auf eine geänderte Anmeldung, die nunmehr 300 Schlafzelte, eine Küche sowie zwei Waschzelte vorsah. Am teilte der Kläger zu 1 mit, der Andrang überschreite die Kapazitäten und er benötige eine Aufhebung der Begrenzungen für die Beherbergungsinfrastruktur. Daraufhin erließ die Versammlungsbehörde am gleichen Tag eine sofort vollziehbare, beschränkende Verfügung nach § 15 Abs. 1 VersG. Es dürften lediglich 300 Schlafzelte für jeweils maximal 2 bis 3 Personen sowie eine Küche aufgebaut und genutzt werden. Ein dagegen geführtes gerichtliches Eilverfahren blieb ohne Erfolg.
7Am haben die Kläger zu 1 und 3 sowie ein weiterer Kläger Klage erhoben. Mit dieser haben sie zum einen die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Versagung der Sondernutzungserlaubnis beantragt. Zudem haben sie die Feststellung begehrt, dass die Verhinderung des Protestcamps am Vorhornweg in der Zeit vom bis zum und die Beschränkungen in den Verfügungen vom , vom und vom zur Anzahl und Funktion der Zelte - insbesondere zum Verbot von Schlafzelten, zum Verbot von Küchen bzw. Beschränkungen der Kochstellen und zum Verbot von Duschen bzw. Beschränkungen von Waschgelegenheiten - rechtswidrig waren.
8Das Verwaltungsgericht hat die Klagen abgewiesen. Es hat offengelassen, ob der Kläger zu 3 klagebefugt ist. In der Sache sei ein Versammlungscharakter des Protestcamps jedenfalls zu verneinen. Die Anmeldungen hätten aus Sicht eines objektiven Beobachters vorrangig der Schaffung von Unterbringungs- und Verpflegungsmöglichkeiten von Personen dienen sollen, die an anderweitigen Protestveranstaltungen gegen den G20-Gipfel hätten teilnehmen wollen. Eine Sondernutzungserlaubnis habe nicht erteilt werden müssen.
9Die Berufungen gegen dieses Urteil hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen (NordÖR 2023, 595).
10Die Klage des Klägers zu 3 sei unzulässig, denn er sei bei objektiver Betrachtung weder Veranstalter, Anmelder oder potentieller Leiter noch Adressat der behördlichen Verfügungen gewesen. Es könne dahinstehen, ob er als "Unterstützer-Organisation" Teil der "G20 Camp AG" gewesen sei. Weder er noch ein Vertreter seien gegenüber den Behörden nach außen erkennbar als Anmelder, Veranstalter oder Versammlungsleiter aufgetreten.
11Die Klage des Klägers zu 1 sei unbegründet. Für die geplante Veranstaltung habe keine Sondernutzungserlaubnis erteilt werden müssen. Auch stelle das Protestcamp bei objektiver Betrachtung keine Versammlung dar. Auf der Grundlage der Erklärungen der Veranstalter sei es als eine gemischte Veranstaltung zu bewerten, die zwar auch Elemente einer Meinungskundgabe aufweise, nach ihrem Gesamtgepräge aber keine Versammlung nach dem Versammlungsrecht darstelle. Der streitige Teil in Form der Schlaf- und die Versorgungseinrichtungen unterfalle nicht dem Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 GG, denn die Übernachtungsinfrastruktur habe keinen auf die beabsichtigte Kundgabe bezogenen inhaltlichen Aussagegehalt. Sie könne auch nicht als logistisch erforderlich und damit für den versammlungsrechtlichen Charakter prägend anerkannt werden, weil im großstädtischen Umfeld bei rechtzeitiger Planung hinreichend Beherbergungskapazitäten für Gipfelgegner hätten mobilisiert werden können.
12Die anfängliche Untätigkeit der Behörden verletze nicht das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG. Zwar könne das Zuwarten auf eine gerichtliche Leitentscheidung eine Beeinträchtigung der verfahrensrechtlichen Stellung bewirken. Allerdings habe der Kläger zu 1 tatsächlich um gerichtlichen Rechtsschutz im Eilverfahren nachgesucht. Eine ausdrückliche Ablehnungsentscheidung der Versammlungsbehörde hätte daher keinen effektiveren Rechtsschutz herbeiführen können.
13Die Kläger zu 1 und 3 haben die vom Berufungsgericht zugelassene Revision eingelegt. Sie verfolgen nur die auf die versammlungsrechtliche Beurteilung gerichteten Klagen weiter. Sie begehren die Feststellung, dass die Verhinderung des Protestcamps am Vorhornweg in der Zeit vom bis zum rechtswidrig war (Revisionsantrag 1) und dass die Beschränkungen in den Verfügungen vom , vom und vom zur Anzahl und Funktion der Zelte - insbesondere zum Verbot bzw. zu Beschränkungen von Schlafzelten, zum Verbot von Küchen bzw. zu Beschränkungen der Kochstellen und zum Verbot von Duschen bzw. zu Beschränkungen von Waschgelegenheiten – (Revisionsantrag 2) rechtswidrig waren.
14Das Berufungsurteil verletze Bundesrecht, soweit die Klage des Klägers zu 3 als unzulässig abgewiesen worden sei. Der Kläger zu 3 sei Teil der "G20-Camp AG" gewesen und durch diese mitvertreten worden. Dies sei aktenkundig, nach außen dokumentiert und erkennbar gewesen. Das Berufungsgericht sei diesen Hinweisen nicht ausreichend nachgegangen und habe den behörden- und gerichtsbekannten Streitstoff unter Verstoß gegen das Verfahrensrecht nur selektiv aufgearbeitet.
15Der Kläger zu 3 sei Mitveranstalter des Protestcamps gewesen, denn er habe organisatorische, finanzielle und personelle Mittel zur Verfügung gestellt sowie den Ablauf und die Versammlungsleitung mitbestimmt. Bei Großveranstaltungen sei der Begriff des "Veranstalters" nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts weit zu fassen. Das Berufungsurteil orientiere sich dagegen zu eng an der Anmeldepflicht nach dem Versammlungsgesetz. Der Kläger zu 3 leite eine Klagemöglichkeit auch daraus ab, dass er im Camp Schlafmöglichkeiten für solche Gipfelgegner habe schaffen wollen, die zu von ihm anderweitig veranstalteten Gipfelprotesten anreisen wollten. Das Camp habe aus seiner Sicht eine "Doppelfunktion" erfüllen sollen und er könne dafür jedenfalls Vorfeldschutz aus Art. 8 Abs. 1 GG beanspruchen.
16Im Übrigen beruhe die Abweisung der Versammlungsqualität der Veranstaltung auf einer Verkennung des Gehalts des Art. 8 Abs. 1 GG und des Art. 11 Abs. 1 EMRK. Die Rechtsprechung zu gemischten Veranstaltungen sei zu korrigieren. Bei einer Veranstaltung, die auf eine Meinungskundgabe gerichtet sei, dürfe im Rahmen einer Gesamtbetrachtung nicht ein "zu viel" an Infrastruktur den Ausschlag gegen die Einordnung in den Gewährleistungsbereich der Versammlungsfreiheit geben. Das Berufungsgericht negiere zudem den politischen Aussagegehalt der Zeltinfrastruktur und des geplanten Praktizierens einer ressourcenschonenden Lebensweise, obwohl darin ein erklärtes Anliegen der Gipfelgegner gelegen habe.
17Art. 11 Abs. 1 EMRK schütze nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte auch den kollektiven Ausdruck eines Lebensgefühls. Denn das Versammlungsgrundrecht stehe im Zusammenhang mit der Vereinigungsfreiheit und sei daher nicht beschränkt auf die enge Bindung an politische Meinungskundgaben. Die vorliegend beabsichtigte kollektive Demonstration einer anderen, klimaschonenden und diskriminierungsfreien Lebensweise im Camp falle daher jedenfalls unter den Schutz des Art. 11 EMRK.
18Mehrtägige Proteste zu einem Geschehen wie dem G20-Gipfel benötigten eine Infrastruktur in Form von Schlafzelten, Versorgungsmöglichkeiten mit Essen und Trinken, Toiletten, Waschgelegenheiten und einem Sanitätszelt ähnlich wie die Infrastruktur bei einem Festival. Dies müsse im großstädtischen Bereich als logistisch erforderlich angesehen werden. Zudem müsse bei einem übergreifenden Protestanliegen auch die für nicht durchgehend anwesende Teilnehmer oder Teilnehmer anderweitiger Versammlungen erforderliche Beherbergungsinfrastruktur vom Versammlungsgrundrecht gedeckt sein. Das Berufungsurteil dagegen erlege dem Veranstalter zu Unrecht und auf der Grundlage verfahrensfehlerhaft getroffener Feststellungen eine Pflicht auf, sich frühzeitig um Unterbringungsmöglichkeiten zu kümmern.
19Zudem verkenne das Berufungsurteil die aus Art. 19 Abs. 4 GG abzuleitenden Maßstäbe. Die Versammlungsbehörde habe die ihr obliegende Kooperationspflicht verletzt und sich der Pflicht zum versammlungsfreundlichen Verhalten entzogen, weil sie eine gegebenenfalls erforderliche Beschränkung der Infrastruktur unterlassen habe. Auch hätte bereits frühzeitig über Alternativflächen verhandelt werden müssen. Dann hätten die Revisionsführer ihren Zeitplan umsetzen und rechtzeitig mit dem Aufbau beginnen können. Die Versammlungsbehörde habe durch ihr Verhalten in der Mobilisierungsphase in das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit eingegriffen. Dies habe die Planungen erschwert.
20Das Urteil leide an Verfahrensmängeln in Form einer gehörs- und aktenwidrigen Sachverhaltsfeststellung sowie Sachverhaltswürdigung unter Verstoß gegen §§ 86, 108 VwGO.
21Die Beklagte tritt der Revision entgegen und verteidigt das angegriffene Berufungsurteil.
Gründe
22Die zulässigen Revisionen der Kläger zu 1 und 3 sind unbegründet. Das nur hinsichtlich des Ausspruchs über die versammlungsrechtlichen Feststellungsbegehren angefochtene Berufungsurteil beruht zwar auf einem Bundesrechtsverstoß, soweit es die Klage des Klägers zu 3 für unzulässig gehalten hat. Es erweist sich jedoch aus anderen Gründen als richtig, so dass die Revisionen zurückzuweisen waren (§ 144 Abs. 2 und 4 VwGO).
23Die Kläger begehren mit ihren Anträgen die Feststellungen, dass die ursprüngliche Verhinderung des Aufbaus des Camps (Antrag Nr. 1) und die späteren Beschränkungen hinsichtlich der Beherbergungsinfrastruktur (Antrag Nr. 2) rechtswidrig waren. Die Klagen sind als Feststellungsklagen zulässig. Auch der Kläger zu 3 hat ein Feststellungsinteresse, denn auch er war am streitigen Rechtsverhältnis als Mitveranstalter für das Protestcamp unmittelbar beteiligt (1.). Die mit dem Feststellungsantrag Nr. 2 angegriffenen Beschränkungen der Beherbergungsinfrastruktur waren rechtmäßig, denn das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht das Vorliegen einer nach Art. 8 Abs. 1 GG, Art. 11 Abs. 1 1. Alt. EMRK geschützten Versammlung verneint, weil die für Teilnehmer der Gipfelproteste in Hamburg geplante Beherbergungsinfrastruktur (Schlafzelte, Sanitär- und Versorgungseinrichtungen) in eindeutiger Weise die versammlungsrelevanten Teile des geplanten Camps überwogen hat (2.). Auch der Feststellungsantrag Nr. 1 hat keinen Erfolg (3.).
241. Ein Kläger kann die gerichtliche Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehren, wenn er ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (§ 43 Abs. 1 VwGO), soweit er seine Rechte nicht durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können (§ 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Diese vom Revisionsgericht zu prüfenden Sachurteilsvoraussetzungen liegen bei beiden Klägern vor.
25a. Im Hinblick auf den auch im Revisionsverfahren zu wahrenden Vorrang eines Prozessurteils vor einem Sachurteil ist die Einhaltung der Zulässigkeitsanforderungen für eine Klage oder ein Rechtsmittel in jedem Stadium des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen und bei Zweifeln aufzuklären. Hierbei unterliegen die für die Beurteilung der Zulässigkeit maßgeblichen Tatsachenfeststellungen im Revisionsverfahren nicht der Bindung des § 137 Abs. 2 VwGO. Auf die Verfahrensrügen, mit denen sich die Revisionen gegen die diesbezüglichen Feststellungen des Tatsachengerichts wenden, kommt es daher nicht an. Um entscheiden zu können, ob die Klage oder das Rechtsmittel zulässig ist, hat die Revisionsinstanz erforderlichenfalls die für die Prüfung erheblichen Prozesstatsachen von Amts wegen selbst festzustellen (vgl. 6 C 10.78 - BVerwGE 57, 342 <344>, vom - 2 C 14.84 - BVerwGE 71, 73 <74 f.> und vom - 6 C 3.22 - NVwZ 2024, 746 Rn. 28).
26b. Ein Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 VwGO setzt voraus, dass sich aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm gerade auch den jeweiligen Kläger betreffende rechtliche Beziehungen von natürlichen oder juristischen Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben (vgl. 6 A 1.13 - BVerwGE 149, 359 Rn. 20 und vom - 6 C 46.16 - BVerwGE 160, 169 Rn. 12). Solche rechtlichen Beziehungen bestehen vorliegend für die Kläger als Mitveranstalter des Camps aus einer möglichen Betroffenheit in ihrer in Art. 8 Abs. 1 GG, § 1 Abs. 1 des Gesetzes über Versammlungen und Aufzüge (Versammlungsgesetz) - VersG - in der Fassung der Bekanntmachung vom (BGBl I S. 1789), zum hier maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Gesetz vom (BGBl I S. 2366), geschützten Versammlungsfreiheit.
27aa. Art. 8 Abs. 1 GG schützt die Freiheit, mit anderen Personen zum Zwecke einer gemeinschaftlichen, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung örtlich zusammenzukommen (grundlegend u. a. - BVerfGE 69, 315 <343>). Hierbei kommt dem Veranstalter der Versammlung nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine hervorgehobene Bedeutung zu, weil dieser die Versammlung initiiert, ihren Rahmen absteckt und die personellen (Leiter, Ordner, Redner) sowie sachlichen (etwa Bühne, Mikrofon) Voraussetzungen für ihre Durchführung schafft ( - BVerfGE 122, 342 <358>). Aus der grundrechtlich verbürgten Versammlungsfreiheit folgt das Recht der Grundrechtsträger, insbesondere des Veranstalters, selbst über Ort, Zeitpunkt, Art und Inhalt der Versammlung zu bestimmen (BVerfG, Beschlüsse vom - 1 BvR 233/81 u. a. - BVerfGE 69, 315 <343>, vom - 1 BvR 88/91 u. a. - BVerfGE 87, 399 <406> und vom - 1 BvR 1190/90 u. a. - BVerfGE 104, 92 <111>; - BVerfGE 128, 226 <251>; 6 B 48.20 - NWVBl 2021, 239 Rn. 13 und Urteil vom - 6 C 9.20 - BVerwGE 175, 346 Rn. 22).
28bb. Das Bundesverfassungsgericht erkennt an, dass das tradierte Verständnis der Trägerschaft einer Versammlung durch einen zentralen Veranstalter überholt sein kann und bei Großveranstaltungen auch eine Vielzahl von Einzelgruppen und Initiativen ohne bestimmten organisatorischen Zusammenhalt und mit teilweise abweichenden Zielvorstellungen gleichberechtigt als Veranstalter beteiligt sein können (vgl. u. a. - BVerfGE 69, 315 <357 f.>; vgl. zu einer Mehrzahl von (Mit-)Veranstaltern auch Lux, in: Peters/Janz, Handbuch Versammlungsrecht, 2. Aufl. 2021, D Rn. 111). Auf den grundrechtlichen Schutz des Veranstalters nach Art. 8 Abs. 1 GG kann sich daher bei einem Zusammenschluss von mehreren Trägern einer Großveranstaltung auch derjenige berufen, der lediglich als "Mit"-Veranstalter die Versammlung in eigenem Namen bewirbt, im Vorfeld über Ort, Zeitpunkt, Art und Inhalt der Versammlung mitentscheidet, für die Planung und Organisation der Veranstaltung in Teilen Verantwortung trägt und gemeinsam mit anderen die Organisationsgewalt ausübt (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, Versammlungsgesetze, 18. Aufl. 2019, § 14 VersammlG Rn. 19; Enders, in: Dürig-Friedl/Enders, VersammlG, 2. Aufl. 2022, § 1 Rn. 25; Ridder/Breitbach/Deiseroth, Versammlungsrecht, 2. Aufl. 2020, § 1 Rn. 53; Kniesel/Poscher, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 7. Aufl. 2021, Abschnitt J. Versammlungsrecht Rn. 212 f.).
29Die Rolle als Veranstalter wird sich zwar regelmäßig und in erster Linie aus einer Beteiligung am behördlichen Verfahren erschließen, dem das Konzept der Veranstaltung zugrunde liegt und in dem eine Kooperation mit der Versammlungsbehörde stattfindet. Dies trägt aber nicht den vom Berufungsgericht gezogenen Schluss, dass lediglich der Anmelder einer Versammlung (§ 14 Abs. 1 VersG) als Veranstalter angesehen werden kann. Bei einem Zusammenschluss mehrerer Veranstalter für eine Großveranstaltung genügt es infolge der durch den hohen Rang des Versammlungsrechts gebotenen großzügigen Betrachtungsweise, dass einer der Beteiligten als Anmelder und Veranstalter auftritt und die Behörde aus den sonstigen Umständen erkennen kann, von welchen weiteren Mitveranstaltern die geplante Versammlung getragen werden soll. Entgegen der im Berufungsurteil zugrunde gelegten Rechtsauffassung ist dann ein förmliches Auftreten eines Mitveranstalters gegenüber der Behörde nicht erforderlich.
30cc. Der Kläger zu 1, vertreten durch Herrn O., war als Anmelder, Veranstalter und Adressat der behördlichen Schreiben unmittelbar an dem sich aus der Veranstaltung ergebenden Rechtsverhältnis gegenüber der Versammlungsbehörde beteiligt. Aber auch der Kläger zu 3 kann sich entgegen der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts als Mit-Veranstalter auf Art. 8 Abs. 1 GG berufen. Dies ergibt sich aus den von ihm erbrachten Organisations- und Unterstützungsleistungen, die infolge seiner Rolle in der "G20-Camp AG", seiner Pressearbeit und seines öffentlichen Werbens für das Camp für die Versammlungsbehörde erkennbar waren.
31(a.) Der Kläger zu 3 war Mitinitiator der "G20-Camp AG", die sich im Vorfeld des G20-Gipfels zur Organisation von Schlafmöglichkeiten zusammengeschlossen hatte und im Rahmen des Verfahrens um die Erteilung einer Erlaubnis zur Sondernutzung der Spielwiese im Altonaer Volkspark als Antragstellerin aufgetreten war. Dies ergibt sich aus dem im Revisionsverfahren als Anlage R 4 zur Revisionsbegründung vom vorgelegten "Attac G20-Newsletter #7 vom " sowie den als Anlagen R 2 und R 3 zur Revisionsbegründung vom vorgelegten Pressemitteilungen vom 15. und , in denen der Kläger zu 3 in der Person seines Mitglieds, Herrn D., mit dem Zusatz "attac" als Pressekontakt und als Teil der "G-20 Camp AG" auftrat.
32(b.) Als Teil dieses Zusammenschlusses brachte sich der Kläger zu 3 in erheblichem Umfang auch bei der Organisation und Durchführung des nachfolgend als Versammlung angemeldeten Protestcamps ein. Nach den glaubwürdigen Schilderungen seiner Vertreter in der Revisionsverhandlung war der Kläger zu 3 maßgeblich an der Erstellung des Konzepts des Protestcamps beteiligt und hat für die Organisation und Durchführung des Camps erhebliche Finanzierungsbeträge bereitgestellt. Er hat die Pressearbeit durch seine Pressesprecherin koordiniert und einen Mitarbeiter zur Betreuung der Veranstaltung abgestellt. Zudem waren sein Mitglied, Herr D., und sein Mitarbeiter, Herr W., im Camp vor Ort anwesend und unterstützend tätig. Der Kläger zu 3 hat im Rahmen des Protestcamps einen eigenständigen, thematisch ausgerichteten Bereich in Form eines sog. "Attac Barrios" verantwortet und zahlreiche Veranstaltungen angeboten (vgl. die Aufstellung der vorgesehenen Veranstaltungen Bl. 66 ff. der Akte der Versammlungsbehörde). Der Kläger zu 3 hat ferner im eigenen Namen aktiv für die Veranstaltung geworben. Dies ergibt sich aus den bereits genannten Pressemitteilungen vom 15. und , die das Camp bewerben und den Kläger zu 3 jeweils als Unterstützer des "G20 Protestcamps Altona" bezeichnen. Auch der im Revisionsverfahren als Anlage R 1 zur Revisionsbegründung vom vorgelegte Tweet vom des Attac-Accounts bezeichnet das Camp ausdrücklich als "unser #G20 Protestcamp" und soll zur Teilnahme mobilisieren. Diese Umstände rechtfertigen es, den Kläger zu 3 als Mitveranstalter des Protestcamps anzusehen.
33(c.) Diese maßgebliche Beteiligung des Klägers zu 3 und seine Rolle als Mitveranstalter des Protestcamps hätte die Versammlungsbehörde aus den Begleitumständen des Verfahrens und des öffentlichen Auftretens des Klägers zu 3 erkennen können. Denn sie erschließt sich aus der auch der Versammlungsbehörde bekannten Historie des Sondernutzungsantrages und findet sich auch in den bei der Versammlungsbehörde eingereichten Konzepten wieder. So ist der Kläger zu 3 im ursprünglichen Konzept vom (Bl. 33 f. des Vorgangs), im Konzept vom (Bl. 47 ff. des Vorgangs) und in der Anlage zum Konzept vom (Bl. 64 ff. des Vorgangs) unter der Bezeichnung "Unterstützer, Organisatoren" und als Betreiber eines "Barrios" ausdrücklich benannt. Die Veranstalterrolle hätte die Versammlungsbehörde auch aus den Pressemitteilungen vom 15. und entnehmen oder durch Nachfrage beim Kläger zu 1 erkennen können.
34dd. Demgegenüber kann sich der Kläger zu 3 nicht darauf berufen, dass eine feststellungsfähige Rechtsbeziehung bereits deshalb vorliege, weil er Veranstalter anderweitiger, anlässlich des G20-Gipfels in Hamburg stattfindender, Versammlungen war und Beherbergungsinfrastruktur für die dafür überregional anreisenden Teilnehmer unter den Schutz des Art. 8 Abs. 1 GG oder eine Vorwirkung dieses Grundrechts falle.
35Mit dieser Fragestellung hat sich der Senat bereits im Urteil vom - 6 C 9.20 - (BVerwGE 175, 346 Rn. 30) befasst. Er hat dazu ausgeführt, dass es durch den Bezug der logistischen Erforderlichkeit von infrastrukturellen Einrichtungen auf das jeweilige konkrete Protestcamp und das Erfordernis ihres qualifizierten räumlichen Zusammenhangs mit diesem ausgeschlossen ist, Infrastruktur, die allein der Beherbergung von Personen dienen soll, welche an anderweitig - außerhalb des konkreten Camps - stattfindenden Versammlungen teilnehmen wollen, in den versammlungsrechtlichen Schutz einzubeziehen. Zwar kann der Aufenthalt in einem solchen Camp von den Vorwirkungen des Art. 8 GG erfasst sein (vgl. 6 C 46.16 - BVerwGE 160, 169 Rn. 28 f.). Eine solche Vorwirkung vermag dem Camp selbst aber nicht den Charakter einer Versammlung zu verleihen und die dafür vorgesehene Infrastruktur dem Schutz des Art. 8 GG zu unterstellen, weil in dem bloßen Aufenthalt von Personen in einem Camp zum Zweck der Unterkunft und deren Absicht, an Versammlungen teilzunehmen, für sich genommen noch keine gemeinsame Meinungsbildung und Meinungsäußerung (kollektive Aussage) mit dem Ziel der Einwirkung auf die öffentliche Meinungsbildung gesehen werden kann (ebenda Rn. 25). Auch das Bundesverfassungsgericht hat im Eilverfahren zum parallel geplanten Camp im Hamburger Stadtpark im Rahmen der Folgenabwägung Beschränkungen solcher Infrastruktureinrichtungen für zulässig erachtet, die ohne Bezug auf Akte der Meinungskundgabe allein der Beherbergung von Personen dienen sollen, welche anderweitig an Versammlungen teilnehmen wollen (vgl. - NVwZ 2017, 1374 Rn. 29).
36c. Die Kläger haben ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO. Im Falle der Erledigung deckt sich das Fortbestehen eines berechtigten Feststellungsinteresse nach § 43 Abs. 1 VwGO weitgehend mit den zu § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO anerkannten Fallgruppen der Wiederholungsgefahr, des Rehabilitationsinteresses sowie der Absicht zum Führen eines Schadensersatzprozesses ( 6 C 23.06 - BVerwGE 129, 42 Rn. 12). Ein berechtigtes Feststellungsinteresse kann sich zudem bei Vorliegen eines sich typischerweise kurzfristig erledigenden, qualifizierten Eingriffs ergeben (vgl. m. w. N. 6 C 2.22 - NVwZ 2024, 1027 Rn. 16 ff. <21>). Das ist hier der Fall.
37aa. Versammlungsrechtliche Streitigkeiten unterfallen in aller Regel der Fallgruppe der sich kurzfristig erledigenden Eingriffe. Denn das Tätigwerden der Versammlungsbehörde beschränkt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung in der Hauptsache nicht erlangen kann.
38bb. Allerdings begründet nicht jeder Eingriff in die Versammlungsfreiheit das Fortbestehen des berechtigten Feststellungsinteresses. Vielmehr ist danach zu unterscheiden, ob die Versammlung aufgrund einer im Eilrechtsschutzverfahren wiederhergestellten aufschiebenden Wirkung des eingelegten Rechtsbehelfs im Wesentlichen wie geplant stattfinden konnte oder nicht (vgl. - BVerfGE 110, 77 <89 f.>; 6 C 2.22 - NVwZ 2024, 1027 Rn. 34). Vorliegend konnte das Protestcamp nur in einer seinen spezifischen Charakter verändernden Weise stattfinden. Die nach dem Konzept der Veranstaltung neben anderen Elementen vorgesehene Unterbringung und Versorgung von Gipfelgegnern, die nicht oder nur zeitweise an den im Camp angebotenen Veranstaltungen teilnehmen wollten, wurde durch die zahlenmäßige Begrenzung der Infrastruktur erheblich beeinträchtigt. Diese Beschränkungen betrafen einen zentralen Teil des klägerischen Konzepts und stellen daher trotz der möglichen Durchführung des Camps in anderer Form einen Eingriff von einigem Gewicht in den Kernbereich der Versammlungsfreiheit dar.
39cc. Das berechtigte Interesse ist auch nicht deshalb zu verneinen, weil Herr O. als Vertreter des Klägers zu 1 im Rahmen der Kooperation einen abweichenden Standort des Camps und eine Beschränkung der Infrastruktureinrichtungen hingenommen hat. Herr O. hat bereits damals erklärt, dass darin kein Verzicht auf einen weitergehenden Anspruch liegen soll und hat im Rahmen der späteren Entwicklungen an dem Ziel festgehalten, Beherbergungsinfrastruktur zu schaffen.
40d. Die Zulässigkeit der Feststellungsklagen scheitert schließlich nicht am Subsidiaritätsgebot des § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts steht diese Vorschrift nicht entgegen, wenn eine Umgehung der besonderen Bestimmungen für Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen - bzw. für an deren Stelle tretende Fortsetzungsfeststellungsklagen - nicht droht und die Feststellungsklage den effektiveren Rechtsschutz bietet (vgl. m. w. N. 6 C 9.20 - BVerwGE 175, 346 Rn. 14). Beide Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt.
41Die Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit eines bereits vor Eintritt der Bestandskraft erledigten Verwaltungsaktes ist nicht an die Einhaltung der Klagefrist aus § 74 VwGO oder - im Falle einer unzureichenden Rechtsmittelbelehrung - des § 58 Abs. 2 VwGO gebunden ( 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <206>). Die vorliegend im Streit stehenden Entscheidungen der Versammlungsbehörde hatten sich mit dem Verstreichen des für die Durchführung vorgesehenen Zeitraums bereits erledigt, bevor Bestandskraft eintreten konnte. Auch bietet die Feststellungsklage im Vergleich mit einer auf die Rechtmäßigkeit der Verfügungen bezogenen Fortsetzungsfeststellungsklage wirkungsvolleren Rechtsschutz. Sie ermöglicht es, den die Beteiligten in erster Linie interessierenden versammlungsrechtlichen Schutz des Protestcamps in den Mittelpunkt der Entscheidung zu stellen, unabhängig von der Frage, auf welcher Ermächtigungsgrundlage die Versammlungsbehörde ihre in Rede stehenden Entscheidungen treffen konnte (so bereits in vergleichbaren Konstellationen 6 C 23.06 - BVerwGE 129, 42 Rn. 13, vom - 6 C 22.06 - Buchholz 402.44 VersG Nr. 14 Rn. 12 und vom - 6 C 9.20 - BVerwGE 175, 346 Rn. 15).
422. Für die Begründetheit des Feststellungsantrags Nr. 2, dass die Beschränkungen der Beherbergungsinfrastruktur des Protestcamps rechtswidrig waren, ist die Frage vorgreiflich, ob das Protestcamp eine nach Art. 8 Abs. 1 GG, § 1 Abs. 1 VersG geschützte Versammlung war. Dies verneint das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht. Es legt seiner Beurteilung der Versammlungseigenschaft ohne Verstoß gegen Bundesrecht die Rechtsprechung zu "gemischten Veranstaltungen" zugrunde (a.). Die zur Frage der Versammlungsrelevanz einzelner Elemente der Veranstaltung getroffenen tatrichterlichen Feststellungen binden das Revisionsgericht (§ 137 Abs. 2 VwGO) (b.). Die rechtliche Würdigung der festgestellten Veranstaltungselemente steht im Einklang mit Art. 8 Abs. 1 GG (c.). Auch aus der in Art. 11 EMRK geschützten Versammlungsfreiheit ergibt sich nichts Anderes (d.). Auf Erwägungen zu einer Vorwirkung oder einem Vorfeldschutz kommt es nicht an (e). In der Gesamtschau ergibt sich ein eindeutiges Überwiegen der versammlungsfremden Anteile. Die nach dem Konzept der Veranstalter vorgesehene Beherbergungsinfrastruktur in Form von Schlafzelten, Sanitär- und Versorgungseinrichtungen überwog in eindeutiger Weise die versammlungsrelevanten Teile der Veranstaltung und bestimmte das Gesamtgepräge der Veranstaltung als Schlafcamp (f.).
43a. Als Freiheit zur kollektiven Meinungskundgabe ist die durch Art. 8 Abs. 1 GG geschützte Versammlungsfreiheit für eine freiheitlich demokratische Staatsordnung konstituierend. Ihre idealtypische Ausformung sind Demonstrationen, das heißt die gemeinsame körperliche Sichtbarmachung von Überzeugungen, bei der die Teilnehmer in der Gemeinschaft mit anderen eine Vergewisserung dieser Überzeugungen erfahren und andererseits nach außen - schon durch die bloße Anwesenheit, die Art des Auftretens und die Wahl des Ortes - im eigentlichen Sinne des Wortes Stellung nehmen und ihren Standpunkt bezeugen (vgl. m. w. N. - BVerfGE 128, 226 <250>). Der Versammlungsbegriff ist jedoch generell offen für Fortschreibungen (vgl. - NVwZ 2017, 1374 Rn. 22).
44aa. Es entspricht der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts, dass die Versammlungseigenschaft einer Veranstaltung, die sowohl Elemente enthält, die auf eine Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet sind, als auch solche, die diesem Zweck nicht zuzurechnen sind, nach ihrem Gesamtgepräge zu beurteilen ist. Kann ein Übergewicht des einen oder des anderen Bereichs nicht zweifelsfrei festgestellt werden, bewirkt der hohe Rang der Versammlungsfreiheit, dass die Veranstaltung wie eine Versammlung zu behandeln ist (BVerfG, Beschlüsse vom - 1 BvQ 28/01 u. a. - NJW 2001, 2459 <2461> und vom - 1 BvR 458/10 - BVerfGE 143, 161 Rn. 112 f.; 6 C 23.06 - BVerwGE 129, 42 Rn. 16 ff., vom - 6 C 22.06 - Buchholz 402.44 VersG Nr. 14 Rn. 14, 22 und vom - 6 C 9.20 - BVerwGE 175, 346 Rn. 21). Bei der Frage, welches Gesamtgepräge einer Veranstaltung zukommt, ist zu berücksichtigen, dass die Beteiligten berechtigt sind, selbst darüber zu bestimmen, was sie zum Gegenstand öffentlicher Meinungsbildung machen und welcher Formen der kommunikativen Einwirkung sie sich bedienen wollen. Die rechtliche Einordnung dieses Verhaltens als Versammlung steht den dazu berufenen Gerichten zu ( u. a. - NJW 2001, 2459 <2461>). In diesem Zusammenhang kommt es maßgeblich auf die Erklärungen an, die der Veranstalter bei der Anmeldung oder im Rahmen von anschließenden Kooperationsgesprächen gegenüber der Versammlungsbehörde abgegeben hat (vgl. zur Bedeutung des Konzepts bei Protestcamps 6 C 9.20 - BVerwGE 175, 349 Rn. 23).
45bb. Der von den Revisionen gegen diese Rechtsprechung erhobene Einwand, der Schutz der Versammlungsfreiheit für eine jedenfalls in Teilen versammlungsrechtlich geschützte Veranstaltung könne nicht durch ein Übermaß an Infrastruktur entfallen, überzeugt nicht. Denn er verkennt, dass die Bereitstellung von Beherbergungskapazitäten nicht losgelöst vom grundrechtlich geschützten Selbstbestimmungsrecht des Veranstalters, wie es in seinem Konzept und im Rahmen der Kooperation zum Ausdruck kommt, betrachtet werden kann. Solche Infrastruktur kann eine logistische Begleiterscheinung einer Veranstaltung sein. Ihre Bereitstellung kann aber auch - wie im vorliegenden Fall - ein zentrales inhaltliches Anliegen des Veranstalters und damit wesentlicher Teil seines Konzeptes sein. Die Einbeziehung auch "gemischter Veranstaltungen" in den Versammlungsbegriff ist vielmehr ein Mittel, der Vielgestaltigkeit der denkbaren Versammlungsformen und der Entwicklungsoffenheit des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit angemessen Rechnung zu tragen.
46cc. Eine abweichende Betrachtung ist auch nicht infolge der vom - NVwZ 2017, 1374) vorgenommenen "vorsorglichen Unterstellung unter das Versammlungsrecht" geboten. Eine solche hypothetische Betrachtung einer Veranstaltung war dem damaligen gerichtlichen Eilverfahren und der dort zu treffenden Folgenabschätzung geschuldet.
47b. Tatsächlicher Bezugspunkt der versammlungsrechtlichen Betrachtung des Berufungsgerichts ist das Protestcamp als solches (UA S. 44) und nicht das von den Revisionen ergänzend in den Blick genommene übergeordnete Gesamtprotestgeschehen zum G20-Gipfel. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts war das Camp nicht lediglich eine "Massenschlafstätte", sondern es setzte sich aus verschiedenen Komponenten zusammen (UA S. 40). Während das Berufungsurteil einzelne Komponenten des Camps, nämlich die in den Veranstaltungszelten geplanten Angebote, überwiegend als versammlungsrelevant anerkannt hat (UA S. 36 f.), hat es den vorgesehenen Schlafzelten, Küchen und Sanitäreinrichtungen bei objektiver Betrachtung unter Berücksichtigung der Ziele des Veranstalters einen solchen Charakter abgesprochen (aa.). An die tatrichterlichen Würdigungen des Berufungsgerichts ist der Senat gebunden (bb.).
48aa. Das Urteil verneint für die Schlafzelte und die damit verbundene Beherbergungsinfrastruktur eine inhaltliche Verknüpfung mit den versammlungsrelevanten Komponenten der Veranstaltung und lehnt auch einen symbolhaften Charakter ab (UA S. 43 ff.). Es begründet dies mit der in sich nicht konsistenten Zuweisung von verschiedenen Deutungen der Schlafzelte, die letztendlich keine nachvollziehbare Verknüpfung mit der nach dem Konzept konkret beabsichtigten Meinungskundgabe ergäben.
49Nach Auffassung des Berufungsgerichts war auch das vom Konzept vorgesehene einfache Übernachten und Verköstigen im Camp nicht im Sinne eines demonstrativen "Vorlebens" bestimmter gesellschaftlicher Forderungen zu verstehen, sondern allgemeiner Ausdruck einer persönlichen Entscheidung über Lebens- und Ernährungsformen, die keine Verbindung mit der geplanten Meinungskundgabe aufweise. Für die erst später vorgebrachte Anordnung der Zelte zu dem Hashtag "#NO G 20" als politische Botschaft fehle eine nachvollziehbare Verknüpfung, weil dafür lediglich ein untergeordneter Teil der Zelte vorgesehen gewesen sei (UA S. 45).
50Vielmehr ergebe sich aus dem Kontext mit der früher beantragten Sondernutzungserlaubnis, den Äußerungen des Klägers zu 1 und anderer Mitveranstalter, dass die Schlafzelte im Wesentlichen dem Zweck dienen sollten, Personen eine günstige Schlafgelegenheit und Verpflegung oder einen Rückzugsort während der Dauer des G20-Gipfels und der begleitenden Proteste zu bieten (UA S. 44, 46). Gegen einen inhaltlichen Bezug spreche auch, dass sich der Umfang der Schlafzelte und der weiteren Versorgungsinfrastruktur maßgeblich an der Zahl der erwarteten Teilnehmer an den Gipfelprotesten ausgerichtet habe und auch der Kläger zu 1 erwartet habe, dass sie überwiegend als reine Schlafstätten für solche Menschen dienen würden, denen es nicht um den Besuch von Veranstaltungen im Camp selbst, sondern an anderen Orten gehe (UA S. 47).
51bb. Diese Würdigungen des Inhalts des Konzepts und der Äußerungen der Veranstalter sind Teil des tatrichterlich festgestellten Sachverhalts und binden den Senat im revisionsgerichtlichen Verfahren (§ 137 Abs. 2 VwGO). Diesbezüglich haben die Revisionen keine durchgreifenden Verfahrensrügen erhoben. Der in der Revisionsbegründung pauschal formulierte Vorwurf, das Berufungsurteil habe zentrale Fragen ohne hinreichende Sachverhaltsaufklärung und unter Verletzung von Verfahrensrechten beantwortet, stellt keine Verfahrensrüge im Sinne des § 137 Abs. 2, 2. Halbsatz VwGO dar.
52c. Zutreffend hat das Berufungsgericht die vorgesehene Beherbergungsinfrastruktur als nicht vom Schutz des Versammlungsgrundrechts gedeckt gewürdigt, soweit sie nach seinen Feststellungen zu einem Versammeln der nach Hamburg angereisten Gipfelgegner zum Zwecke des "Netzwerkens", des gemeinsamen Planens, der Vergewisserung der eigenen Meinung und als sicherer Schlaf- und Rückzugsort dienen sollte. Denn insoweit fehlte es an einer Absicht zur Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung im Sinne einer "Botschaft für die Öffentlichkeit" (UA S. 38 und 47 f.).
53Der Einwand der Revisionen, in der Forderung nach einer Kundgabeabsicht liege eine bundesrechtswidrige Verengung des Schutzbereichs des Art. 8 Abs. 1 GG, trifft nicht zu. Das Bundesverfassungsgericht betont vielmehr die Relevanz der Versammlungsfreiheit für die Eigenart des Willensbildungsprozesses im demokratischen Gemeinwesen und unterstreicht ihre Bedeutung als Freiheit zur kollektiven Meinungskundgabe (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom - 1 BvR 233/81 - BVerfGE 69, 315 <345> und vom - 1 BvR 1190/90 u. a. - BVerfGE 104, 92 <104>, - BVerfGE 128, 226 <250>). Für die Eröffnung des Schutzbereichs des Art. 8 Abs. 1 GG reicht es wegen seines Bezugs auf den Prozess öffentlicher Meinungsbildung nicht aus, dass die Teilnehmer einer Veranstaltung durch einen beliebigen Zweck verbunden sind. Vorausgesetzt ist vielmehr zusätzlich, dass die konkrete Zusammenkunft auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet ist.
54d. Auch aus dem in Art. 11 Abs. 1 1. Halbsatz EMRK gewährten Recht jeder Person, sich frei und friedlich mit anderen zu versammeln und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) ergibt sich nichts Anderes. Zwar hat es der EGMR bislang abgelehnt, den Begriff der Versammlung abschließend zu definieren, um einer restriktiven Auslegung des Versammlungsbegriffs vorzubeugen (EGMR, Urteil der Großen Kammer vom - No. 29580/12 "Nawalny vs. Russia" Rn. 98). Allerdings lässt sich bereits seiner Entscheidung vom im Fall der Plattform »Ärzte für das Leben« (No. 10126/82 Rn. 32) und auch den in den Revisionsbegründungen angeführten Entscheidungen entnehmen, dass die Gewährleistung des Art. 11 Abs. 1 1. Halbsatz EMRK auf das gemeinsame Eintreten für Ideen oder Interessen gerichtet ist (vgl. dazu auch Bröhmer, in: Dörr/Grote/Marauhn, EMRK/GG Konkordanzkommentar, 3. Aufl. 2022, Kap. 19 Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit Rn. 23). Darin liegt zugleich das Erfordernis einer auf Außenwirkung gerichteten Kundgabe. Denn auch der EGMR sieht die Versammlungsfreiheit in einem engen Konnex zu Kommunikationsrechten und dem öffentlichen Eintreten für eine Meinung (vgl. EGMR, Urteile vom - No. 8080/08 u. a. "Schwabe u. a. vs. Germany" Rn. 98 f. und vom - No. 23086/08 "Saghatelyan vs. Armenia" Rn. 224 f.). Zwar ist diese Meinungskundgabe nicht auf einen politischen Zusammenhang beschränkt, sondern kann auch in einem rein gesellschaftlichen Kontext stattfinden (EGMR, Entscheidung vom - No. 27809/08 "Friend vs. UK" Rn. 50). Das bloße Sich-Versammeln hat aber auch der EGMR nicht vom Schutzbereich der Versammlungsfreiheit erfasst angesehen (vgl. EGMR, a. a. O. zu der im dortigen Verfahren als Kläger auftretenden Jagdgesellschaft).
55e. Die im Berufungsurteil (UA S. 53 ff.) und im Revisionsvorbringen zu einer Vorwirkung oder einem Vorfeldschutz aus Art. 8 Abs. 1 GG und einer daraus ableitbaren Versammlungsrelevanz von Beherbergungsinfrastruktur angestellten Erwägungen gehen ins Leere. Wie bereits erläutert, vermag es die im Urteil des Senats vom (6 C 46.16 - BVerwGE 160, 169 Rn. 28 f.) behandelte Vorwirkung des Versammlungsgrundrechts nicht, einem lediglich zum Übernachten genutzten Camp den Charakter einer Versammlung zu verleihen und die dafür vorgesehene Infrastruktur dem Schutz des Art. 8 GG zu unterstellen. Vor diesem Hintergrund kann die Beherbergungsinfrastruktur, die nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts generell und ohne konkreten Bezug zur im Protestcamp vorgesehenen Meinungskundgabe Gipfelgegnern eine Teilnahme an den zum G20-Gipfel geplanten Protesten ermöglichen sollte, nicht berücksichtigt werden. Die Frage der logistischen Erforderlichkeit solcher Beherbergungskapazitäten stellt sich daher nicht. Die zu diesem Aspekt der Urteilsgründe erhobenen Verfahrensrügen betreffen tatsächliche Feststellungen des Berufungsgerichts, die für die rechtlichen Erwägungen des Senats ohne Bedeutung sind.
56f. Auf der Grundlage der Würdigung der einzelnen Elemente des Protestcamps ist das Berufungsgericht in eine Gesamtschau eingetreten und hat ein deutliches Übergewicht der nicht auf die Meinungskundgabe gerichteten Elemente der Veranstaltung festgestellt, so dass bei objektiver Betrachtung nach dem Gesamtgepräge keine Versammlung vorlag. Auch die insoweit vom Tatsachengericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen zum Inhalt, zur Dichte und zur zeitlichen Verteilung der im Konzept näher substantiierten Programmpunkte (UA S. 56 f.), zur Dimensionierung der für Diskussionen, Vorträge und Workshops sowie zur Unterbringung und Versorgung der erwarteten 3.000 bis 7.000 Gipfelgegner vorgehaltenen Kapazitäten und deren räumlichen Anteil an der Gesamtdimension des Camps (UA S. 57) binden den Senat.
57Es begegnet keinen rechtlichen Bedenken, dass das Berufungsgericht auf dieser Grundlage und in Ansehung des festgestellten Umfangs der nicht in einer inhaltlichen oder symbolischen Verbindung zur konkret im Camp geplanten Meinungskundgabe stehenden Infrastruktur ein eindeutiges Überwiegen versammlungsfremder Elemente bejaht und bei objektiver Betrachtung eine Gesamtprägung des Camps als Versammlung verneint hat. Unabhängig von ihrer konzeptionellen Ausrichtung, ist die geplante Veranstaltung nach ihrem Gesamtgepräge als Schlaf- und Versorgungscamp für Gipfelgegner mit nur deutlich untergeordneten Kundgabeelementen zu charakterisieren.
583. Die im Revisionsantrag 1 begehrte Feststellung, dass die zeitweilige Verhinderung des Aufbaus des Camps am Vorhornweg zwischen dem und dem rechtswidrig war, bleibt ohne Erfolg. Die gerügten Verletzungen des Art. 8 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG liegen nicht vor.
59a. Dies ergibt sich, wie im Berufungsurteil zutreffend ausgeführt (UA S. 59 f.), bereits aus der fehlenden Versammlungsqualität der vorgesehenen Veranstaltung, wie sie sich in dem Konzept, an dem die Veranstalter ausdrücklich festgehalten haben, in diesem Zeitraum darstellte. Das Berufungsgericht ist in nicht zu beanstandender Weise zudem dem Einwand der Kläger entgegengetreten, diese seien durch das zeitweilige Unterlassen einer Entscheidung der Behörde über die Anmeldung der Veranstaltung an der Wahrnehmung ihrer Grundrechte aus Art. 8 Abs. 1 GG oder an der Inanspruchnahme effektiven Rechtsschutzes, Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, gehindert worden. Auf die diesbezüglichen Ausführungen (UA S. 60 ff.) wird Bezug genommen.
60b. Der Senat versteht das Begehren zugleich dahingehend, dass die Kläger mit diesem Antrag die Feststellung begehren, dass die Versammlungsbehörde im Lichte der Art. 8 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG zu einer frühzeitigen Kooperation hinsichtlich des Versammlungsortes verpflichtet gewesen sei und infolge des Gebots eines versammlungsfreundlichen Verhaltens auf eine in den Schutzbereich des Versammlungsrechts fallende Ausgestaltung der geplanten Veranstaltung hätte hinwirken müssen.
61Auch bei diesem Verständnis ist das Feststellungsbegehren nicht begründet. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts trifft grundsätzlich der Veranstalter die Entscheidung über die Art und Weise der Versammlung, die Auswahl des Ortes und die Bestimmung der sonstigen Modalitäten der Versammlung. Die Verwaltungsbehörde hat im Normalfall lediglich zu prüfen, ob dadurch Rechtsgüter anderer beeinträchtigt werden. Ist dies der Fall, kann der Veranstalter die Bedenken durch Modifikation des geplanten Ablaufs ausräumen oder es kommen - als milderes Mittel gegenüber einem Verbot - versammlungsrechtliche Auflagen in Betracht, um praktische Konkordanz zwischen dem verfassungsrechtlich geschützten Gut der Versammlungsfreiheit sowie anderen, ebenfalls verfassungsrechtlich geschützten und schutzbedürftigen Rechtsgütern herzustellen. Art. 8 GG und dem aus ihm abgeleiteten Grundsatz versammlungsfreundlichen Verhaltens der Versammlungsbehörde entspricht es, dass auch bei Auflagen das Selbstbestimmungsrecht des Veranstalters im Rahmen des Möglichen respektiert wird (vgl. - NVwZ 2004, 90 <92>). Nach der Rechtsprechung des Senats ist etwa die Beschränkung der Dauer eines Protestcamps ein probates Mittel, um unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls eine praktische Konkordanz der widerstreitenden Belange herzustellen (vgl. 6 C 9.20 - BVerwGE 175, 346 Rn. 24).
62Demgegenüber bietet § 15 Abs. 1 VersG der Versammlungsbehörde keine Handhabe, eine Veranstaltung derart abzuändern, dass eine Anwendung des Versammlungsrechts erst möglich wird. Geht es nicht nur um die nähere Ausgestaltung einer bereits als Versammlung konzipierten Veranstaltung, sondern um die Ersetzung des Konzepts der geplanten Veranstaltung durch ein unter den Schutz des Versammlungsrechts fallendes Geschehen, so bleibt eine solche Abänderung dem Veranstalter vorbehalten. Es steht der Versammlungsbehörde nicht zu, in das Selbstbestimmungsrecht des Veranstalters einzugreifen und ein "aliud" zur eigentlich geplanten Veranstaltung auszuprägen. Die Pflicht der Versammlungsbehörde zur demonstrationsfreundlichen Kooperation soll die Schwelle für ein behördliches Einschreiten wegen einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erhöhen (vgl. u. a. - BVerfGE 69, 315 <357>). Daraus kann zwar eine Pflicht erwachsen, für eine Versammlung frühzeitig einen Alternativstandort zu erörtern. Dagegen beinhaltet das Gebot einer demonstrationsfreundlichen Kooperation nicht, dass die Behörde auf eine Abänderung zentraler Zwecke der Veranstaltung hinwirken müsste, um den Anwendungsbereich des Versammlungsrechts zu eröffnen.
63So lag der Fall hier: Das von den Klägern geplante Protestcamp hat als Kernanliegen die Unterbringung der zum G20-Gipfel in Hamburg anreisenden Gipfelgegner verfolgt und lässt sich mit diesem Zweck nicht als Versammlung einordnen. Die letztlich im Rahmen des Eilrechtsschutzes ermöglichte Veranstaltung, zunächst ohne und später mit eng beschränkter Infrastruktur, stellt sich vor diesem Hintergrund als ein "aliud" zur eigentlich geplanten Veranstaltung dar.
644. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 VwGO i. V. m. § 100 Abs. 1 ZPO.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2024:271124U6C4.23.0
Fundstelle(n):
QAAAJ-84097