Suchen
BGH Beschluss v. - II ZR 31/23

Instanzenzug: Hanseatisches Az: 11 U 52/20vorgehend Az: 304 O 309/18

Gründe

I.

1Der Beklagte ist Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der früheren Beklagten, der T.                    GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Mit seiner Klage möchte der Kläger zur Insolvenztabelle Schadensersatzansprüche feststellen lassen, die ihm wegen Pflichtverletzungen der Insolvenzschuldnerin im Zusammenhang mit von ihm getätigten Kapitalanlagen (Treugeberkommanditbeteiligung und Namensschuldverschreibungen) zustehen sollen.

2Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht antragsgemäß eine Forderung des Klägers in Höhe von 327.299,79 € zur Insolvenztabelle festgestellt. Mit seiner Beschwerde will der Beklagte die Zulassung der Revision erreichen, mit der er die Zurückweisung der Berufung erstrebt.

II.

3Die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten ist als unzulässig zu verwerfen, da nicht - wie geboten (, juris Rn. 1 mwN) - glaubhaft gemacht ist, dass der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € übersteigt (§ 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).

41. Die Beschwer des Beklagten bestimmt sich nach seinem wirtschaftlichen Interesse am Erfolg der mit der Nichtzulassungsbeschwerde angestrebten Revision (vgl. ,ZInsO 2024, 2412 Rn. 6 mwN). Dieses Interesse ist im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung ohne Bindung an die durch das Berufungsgericht vorgenommene Streitwertfestsetzung von Amts wegen nach §§ 2 ff. ZPO zu bewerten (vgl. , NZI 2007, 175 Rn. 4 mwN). Nach § 182 InsO bestimmt sich der Wert des Streitgegenstands einer gemäß § 180 InsO erhobenen Klage auf Feststellung einer vom Insolvenzverwalter bestrittenen Forderung zur Insolvenztabelle nach dem Betrag, der bei der Verteilung der Insolvenzmasse für die Forderung zu erwarten ist. Diese Regelung gilt sowohl für den Gebühren- als auch für den Zuständigkeits- und Rechtsmittelstreitwert, mithin auch für die Ermittlung des Werts der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer (, NZI 2014, 357 Rn. 4; Beschluss vom  - IX ZR 27/18, NZI 2019, 427 Rn. 3). Maßgebend für die Bewertung der Beschwer der Nichtzulassungsbeschwerde ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht (, NZI 2014, 357 Rn. 5; Beschluss vom - IX ZR 27/18, NZI 2019, 427 Rn. 3). Der Betrag, der bei der Verteilung der Insolvenzmasse für die Forderung zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht zu erwarten ist, bestimmt sich nach dem Verhältnis der Teilungsmasse zur Schuldenmasse. Bei der Schätzung der Schuldenmasse ist die Klageforderung zum vollen Betrag anzusetzen; andere bestrittene Forderungen sind unabhängig davon, ob ihretwegen bereits Feststellungsklage erhoben wurde oder nicht, mit dem Wahrscheinlichkeitswert zu berücksichtigen (, NZI 2019, 427 Rn. 3 mwN). Auch die bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelaufenen Zinsen und die bis dahin entstandenen Kosten sind, wie sich im Umkehrschluss aus § 39 Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 3 InsO ergibt, bei der Ermittlung der Schuldenmasse zu berücksichtigen. Im Übrigen bleiben die für die Forderung angefallenen Zinsen und Kosten bei der Berechnung des Streitwerts außer Betracht (, NZI 2019, 427 Rn. 3 mwN).

5Dabei obliegt es dem Beschwerdeführer innerhalb der laufenden Frist zur Begründung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision darzulegen und glaubhaft zu machen, dass er mit der beabsichtigten Revision die Abänderung des Berufungsurteils in einem Umfang erstreben will, der die Wertgrenze von 20.000 € übersteigt. Dies gilt auch für die Beschwer bei einer Klage auf Feststellung einer Insolvenzforderung zur Tabelle. Demgemäß hat der Beschwerdeführer Tatsachen vorzutragen und glaubhaft zu machen, die dem Revisionsgericht ermöglichen, die voraussichtliche Quote zu schätzen (, NZI 2019, 427 Rn. 4).

62. Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.

7Die Beschwerde hat lediglich pauschal die Teilungsmasse mit 233.258,40 € und die festgestellten Forderungen mit 894.282,13 € beziffert und diese Summen durch entsprechende anwaltliche Versicherung des Beklagten glaubhaft gemacht. Zur Ermittlung der Schuldenmasse hat sie zu den festgestellten Forderungen die titulierte Forderung von 327.299,79 € addiert und daraus eine Insolvenzquote von knapp 20 % errechnet, weswegen auf die um Zinsen bereinigte Klageforderung etwa 55.000 € entfielen. Zu den bestrittenen Forderungen teilt die Beschwerde nur mit, dass diese "zum großen Teil bereits vor der Anmeldung verjährt" seien und auch im Übrigen jedenfalls deshalb nicht berücksichtigt werden könnten, weil sie aus denselben Gründen wie die streitgegenständliche Forderung bestritten würden.

8Diese Ausführungen rechtfertigen nicht, den Wahrscheinlichkeitswert aller bestrittenen Forderungen pauschal mit null zu veranschlagen. Aus der anwaltlichen Versicherung des Beklagten ergibt sich, dass sich die bestrittenen Forderungen auf 25.752.600,06 € belaufen. Selbst wenn diese Forderungen "zum großen Teil … verjährt" wären, wären in die Wahrscheinlichkeitsbetrachtung ggf. immer noch Forderungen einzustellen, die in der Summe die von der Beschwerde angesetzte Schuldenmasse deutlich übersteigen könnten. Jedenfalls hinsichtlich dieser unverjährten Forderungen wäre ein positiver Wahrscheinlichkeitswert zu veranschlagen, da eine Haftung der Schuldnerin sowohl hinsichtlich der Treugeberkommanditbeteiligung als auch hinsichtlich der Namensschuldverschreibungen nicht aus Rechtsgründen ausgeschlossen werden kann (vgl. , ZIP 2023, 2037 Rn. 45; , ZIP 2024, 398 Rn. 17 ff.).

Born                        B. Grüneberg                        Sander

               von Selle                              Adams

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:140125BIIZR31.23.0

Fundstelle(n):
JAAAJ-84069