Instanzenzug: Az: 29 U 4834/21vorgehend LG München I Az: 33 O 7985/20 Urteil
Gründe
I.
1 Der in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragene Kläger verlangt von dem beklagten Telekommunikationsunternehmen, es zu unterlassen, bei Abschluss von Mobilfunkverträgen einen Anschlusspreis zu bestimmen oder sich bei der Abwicklung derartiger Verträge gegenüber Verbrauchern auf eine solche Bestimmung zu berufen. Daneben begehrt er die Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten.
2 Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen und den Streitwert auf 25.000 € festgesetzt. Die Revision hat es nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde. Mit der beabsichtigten Revision möchte er seine Klageanträge weiterverfolgen. Er meint, eine vom Üblichen abweichende Bewertung des Gegenstandswerts mit mehr als 20.000 € sei gerechtfertigt.
II.
3 Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig, weil die gemäß § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erforderliche Mindestbeschwer von mehr als 20.000 € nicht erreicht wird. Der Kläger ist durch das Berufungsurteil lediglich in Höhe von 2.500 € beschwert.
41. Der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer bemisst sich nach dem Interesse des Rechtsmittelklägers an der Abänderung der Entscheidung des Berufungsgerichts. Dieses hat das Revisionsgericht selbst zu bewerten; an die Wertfestsetzung durch das Berufungsgericht ist es nicht gebunden (st. Rspr., zB Senat, Beschlüsse vom - III ZR 351/20, juris Rn. 7 und vom - III ZR 150/22, juris Rn. 5; jew. mwN).
52. In Verfahren nach dem Gesetz über Unterlassungsklagen bei Verbraucherrechts- oder anderen Verstößen (UKlaG) orientiert sich die Beschwer regelmäßig an dem Interesse der Allgemeinheit am Unterbleiben des Gebrauchs der strittigen Klausel. Um die Verbraucherschutzverbände bei der Wahrnehmung der ihnen im Gemeininteresse eingeräumten Befugnis, den Rechtsverkehr von unwirksamen Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu befreien, vor unangemessenen Kostenrisiken zu schützen, hat die wirtschaftliche Bedeutung der Verbote, bestimmte Klauseln zu verwenden, bei der Bemessung der Beschwer hingegen keine ausschlaggebende Bedeutung (st. Rspr., zB Senat, Beschluss vom - III ZR 390/16, juris Rn. 4; , NJW-RR 2022, 782 Rn. 11; jew. mwN).
6 Ausgehend hiervon setzt der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Beschwer mit 2.500 € je angegriffener (Teil-)Klausel an (zB Senat, Beschlüsse vom aaO Rn. 6und vom - III ZR 15/20, juris Rn. 5; BGH, aaO). Dieser Ansatz ist auch in dem vorliegenden Fall zutreffend. Gründe dafür, den Wert der Beschwer ausnahmsweise über diesen Betrag anzusetzen, bestehen nicht. Zwar ist es nicht von vorneherein ausgeschlossen, der herausragenden Bedeutung einer Klausel für die betroffenen Verkehrskreise im Einzelfall ausnahmsweise durch die Bemessung der Beschwer mit einem höheren Wert Rechnung zu tragen, wenn die Entscheidung über die Wirksamkeit einer bestimmten Klausel nicht nur für deren Verwender und die Vertragspartner, sondern für die gesamte Branche von wesentlicher Bedeutung ist. Dies kommt etwa in Betracht, wenn es um äußerst umstrittene verallgemeinerungsfähige Rechtsfragen von großer wirtschaftlicher Tragweite geht, über deren Beantwortung bereits vielfältig und mit kontroversen Ergebnissen gestritten wird (Senat, Beschlüsse vom - III ZR 64/15, juris Rn. 4und vom - III ZR 296/16, juris Rn. 5; BGH, aaO Rn. 14; jew. mwN). Umstände, die im Streitfall eine solche Abweichung rechtfertigen könnten, sind aber weder dargetan noch ersichtlich.
73. Ohne Erfolg macht der Kläger zur Begründung einer höheren Beschwer geltend, der von den Vorinstanzen festgesetzte Streitwert in Höhe von 25.000 € entspreche der großen wirtschaftlichen Tragweite, die der in dem Verfahren aufgeworfenen Rechtsfrage zukomme, ob Anschlussgebühren bei Telekommunikationsverträgen einer Inhaltskontrolle unterliegen und danach zulässig sind. Dies trifft nach Maßgabe der vorstehenden Grundsätze schon deshalb nicht zu, weil insoweit in Bezug auf die hier in Rede stehende Bestimmung eines Anschlusspreises bei Mobilfunkverträgen keine umstrittenen Rechtsfragen zu klären sind.
8 a) Gegenstand der Inhaltskontrolle sind nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB solche Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Danach sind (Preisneben-)Abreden kontrollfähig, die von gesetzlichen Preisregelungen abweichen, sowie Bestimmungen, die kein Entgelt für eine Leistung zum Gegenstand haben, die dem Kunden auf rechtsgeschäftlicher Grundlage erbracht wird, sondern mittels derer der Verwender allgemeine Betriebskosten, Aufwand zur Erfüllung eigener Pflichten oder für Tätigkeiten, die im eigenen Interesse liegen, auf den Kunden abwälzt. Demgegenüber sind solche (Preis-) Abreden von der Inhaltskontrolle ausgenommen, die unmittelbar den Preis der vertraglichen Hauptleistung oder das Entgelt für eine rechtlich nicht geregelte, zusätzlich angebotene Sonderleistung bestimmen (st. Rspr., zB Senat, Urteile vom - III ZR 32/14, ZIP 2015, 833 Rn. 37 und vom - III ZR 192/17, ZIP 2018, 1934 Rn. 14 f; , BGHZ 232, 227 Rn. 11; jew. mwN). Dabei ist anerkannt, dass der Klauselverwender in der konkreten Ausgestaltung seines Preisgefüges grundsätzlich frei ist, also das Entgelt für seine Leistung auch in mehrere Preisbestandteile aufteilen kann (st. Rspr., zB Senat, Urteil vom - III ZR 278/97, NJW-RR 1999, 125, 127; , BGHZ 187, 360 Rn. 31 und vom - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 42, jew. mwN).
9 b) Überdies ist nach der Senatsrechtsprechung geklärt, dass bei einem Mobilfunkvertrag über die Inanspruchnahme von Telefondienstleistungen die Hauptleistungspflichten des Anbieters darin bestehen, dem Nutzer den Zugang zu dem vertragsgegenständlichen Mobilfunknetz zu eröffnen und es ihm zu ermöglichen, unter Aufbau abgehender und Entgegennahme ankommender Telefonverbindungen mit beliebigen dritten Teilnehmern eines Mobilfunk- oder Festnetzes Sprache und sonstige Daten auszutauschen (Senat, Urteile vom - III ZR 5/01, NJW 2002, 361, 362; vom - III ZR 199/01, NJW 2002, 2386, 2387 und vom - III ZR 96/03, BGHZ 158, 201, 203). Ist Gegenstand des Mobilfunkvertrags (auch) die Nutzung des Internets, hat der Anbieter als (weitere) Hauptleistungspflicht dem Nutzer über das Mobilfunknetz den Internetzugang mit einer bestimmten Übertragungsgeschwindigkeit zu verschaffen (Senat, Urteile vom - III ZR 56/17, WM 2017, 2212 Rn. 23 und vom - III ZR 88/22, NJW 2023, 2338 Rn. 12). Er hat dem Kunden zu ermöglichen, unter Verwendung hierzu geeigneter Endgeräte mittels Funkschnittstelle eine Verbindung zum Internet herzustellen (Senat, Urteil vom aaO).
10 c) Hiervon ausgehend hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen, dass es sich bei der Bestimmung eines Anschlusspreises bei Mobilfunkverträgen um eine kontrollfreie Preisabrede handelt, weil der Anbieter damit die Zugangsverschaffung zum Mobilfunknetz beziehungsweise zum Internet als Teil der von ihm vertraglich geschuldeten Leistungen bepreist. Dass diese Beurteilung in Rechtsprechung oder Literatur umstritten ist, ist weder dargetan noch ersichtlich.
114. Die neben dem Unterlassungsantrag geltend gemachten Abmahnkosten bleiben als Nebenforderung bei der Bemessung der Beschwer unberücksichtigt (vgl. , NJW 2018, 1880 Rn. 39 mwN).
III.
12 Die vorstehenden Ausführungen gelten auch für die Bemessung des Streitwerts des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens. Im Übrigen weist der Senat darauf hin, dass die Beschwerde auch unbegründet wäre, weil die Zulassungsvoraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
Herrmann Liepin
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:141124BIIIZR250.22.0
Fundstelle(n):
DAAAJ-83997