Richtlinie (EU) 2025/50 des Rates über eine schnellere und sicherere Entlastung von überschüssigen Quellensteuern (RL EU 2025/50)
v. 10.12.2024 (ABl EU Nr. L, 2025/50, 10.1.2025)
Amtliche Fassung
DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION –
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 115,
auf Vorschlag der Europäischen Kommission,
nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,
nach den Stellungnahmen des Europäischen Parlaments [1],
nach den Stellungnahmen des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses [2],
gemäß einem besonderen Gesetzgebungsverfahren,
in Erwägung nachstehender Gründe:
Die Gewährleistung einer gerechten Besteuerung im Binnenmarkt und das reibungslose Funktionieren der Kapitalmarktunion gehören zu den zentralen politischen Prioritäten der Union. In diesem Zusammenhang ist die Beseitigung von Hindernissen für grenzüberschreitende Investitionen bei gleichzeitiger Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuermissbrauch von entscheidender Bedeutung. Solche Hindernisse bestehen beispielsweise, wenn ineffiziente und unverhältnismäßig aufwendige Verfahren zur Entlastung von überschüssigen Quellensteuern auf Dividenden- oder Zinserträge für öffentlich gehandelte Aktien oder Anleihen, die an gebietsfremde Anleger geleistet werden, vorliegen. Darüber hinaus hat sich der aktuelle Stand in einigen Fällen als unzureichend erwiesen, was die Vorbeugung wiederkehrender Risiken von Steuerbetrug, Steuerhinterziehung und Steuervermeidung angeht – wie zahlreiche Fälle von mehrfachen Steuerrückforderungen und Betrug durch Dividendenarbitrage oder Dividenden-Stripping (Cum/Ex und Cum/Cum) zeigen. Daher sollen die Quellensteuerverfahren mit dieser Richtlinie effizienter gestaltet sowie gegen das Risiko von Steuerbetrug und Steuermissbrauch gestärkt werden.
Um die Mitgliedstaaten besser in die Lage zu versetzen, Steuerbetrug und Steuermissbrauch zu verhindern und zu bekämpfen – was derzeit durch den allgemeinen Mangel an zuverlässigen und zeitnah verfügbaren Informationen über Anleger beeinträchtigt wird –, ist es erforderlich, die Möglichkeit eines gemeinsamen Rahmens für die Entlastung von überschüssigen Quellensteuern auf grenzüberschreitende Anlagen in Wertpapieren zu schaffen, der dem Risiko von Steuerbetrug und Steuermissbrauch Stand hält. Dieser Rahmen würde zu einer Angleichung der verschiedenen in den Mitgliedstaaten angewandten Entlastungsverfahren führen und zugleich den Wertpapieremittenten, den für die Quellensteuer zuständigen Stellen, den Finanzintermediären und den Mitgliedstaaten Transparenz und Sicherheit in Bezug auf die Identität der Anleger garantieren. Hierzu sollte sich der Rahmen auf automatisierte Verfahren stützen, wie etwa die Digitalisierung bezüglich Verfahren und Format der Bescheinigung über die steuerliche Ansässigkeit. Der Rahmen sollte zudem flexibel genug sein, um die verschiedenen in den einzelnen Mitgliedstaaten angewandten Systeme angemessen zu berücksichtigen und gleichzeitig geeignete Instrumente zur Missbrauchsbekämpfung bereitzustellen, um so das Risiko von Steuerbetrug, Steuerhinterziehung und Steuervermeidung zu mindern. In diesem Zusammenhang ist es erforderlich, die unterschiedlichen Ansätze der Steuerbehörden je nach bestehendem Entlastungssystem zu berücksichtigen. Im Rahmen des Systems der Entlastung an der Quelle können die Steuerbehörden relevante Informationen über die Anleger und die Zahlungskette nur nach Anwendung der Entlastung einholen. Wird hingegen ein Erstattungssystem angewandt, so ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Steuerbehörden vor der Anwendung der Entlastung ausreichende Informationen einholen, um beurteilen zu können, ob die Entlastung gewährt werden sollte. In beiden beschriebenen Systemen sind Vorschriften über die Haftung des Finanzintermediärs im Falle von unrechtmäßiger Entlastung festgelegt. Diese Richtlinie schränkt die Möglichkeit eines Mitgliedstaats nicht ein, die Mittel zu regeln, mit denen zertifizierte Finanzintermediäre die Kosten der Anpassung an die in dieser Richtlinie festgelegten Pflichten oder ihrer Einhaltung ausgleichen.
Angesichts dieser Unterschiede und auch des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit sollten die Bestimmungen dieser Richtlinie in Bezug auf nationale Register zertifizierter Finanzintermediäre und die Informationspflichten für diejenigen Mitgliedstaaten nicht verbindlich sein, die über ein bestehendes umfassendes System der Entlastung an der Quelle verfügen und deren Marktkapitalisierungsquote unter einem bestimmten in dieser Richtlinie festgelegten Schwellenwert liegt. Das Ziel, effiziente und solide Systeme für die Entlastung von überschüssiger Quellensteuer im gesamten Binnenmarkt zu fördern, sollte als verwirklicht gelten, wenn Mitgliedstaaten, die ihr nationales System der Entlastung an der Quelle weiterhin anwenden, diese beiden in dieser Richtlinie festgelegten Kriterien erfüllen. Erstens steht das Kriterium der Marktkapitalisierung in Zusammenhang mit der Größe der Volkswirtschaft und dem möglichen Umfang der Dividendenzahlungen. Eine geringe Marktkapitalisierung bedeutet geringe Dividendenausschüttungen und damit ein geringeres Risiko des Steuermissbrauchs. Erreicht oder überschreitet ein Mitgliedstaat den Schwellenwert für die Marktkapitalisierungsquote für einen bestimmten Zeitraum, so sollten die gemeinsamen Vorschriften dieser Richtlinie gelten und anwendbar bleiben, und zwar unabhängig davon, ob dessen Marktkapitalisierungsquote zu irgendeinem Zeitpunkt danach unter diesen Schwellenwert sinkt. Zweitens sollten die umfassenden Systeme der Entlastung an der Quelle, die eine einfache und effiziente Anwendung des angemessenen Steuersatzes zum Zeitpunkt der Zahlung ermöglichen, als dem in dieser Richtlinie festgelegten System der Entlastung an der Quelle gleichwertig gelten. Gemeinsam können diese beiden Kriterien sicherstellen, dass Anleger im gesamten Binnenmarkt effektiven Zugang zu effizienten Verfahren der Quellensteuerentlastung in allen Mitgliedstaaten haben. Für Mitgliedstaaten, die über einen relativ kleinen Kapitalmarkt und ein ausreichend effizientes nationales System der Entlastung an der Quelle verfügen, würde eine Pflicht zur Änderung dieser Systeme nicht als verhältnismäßig betrachtet. Da die gemeinsamen Vorschriften dieser Richtlinie nahezu den gesamten Binnenmarkt abdecken würden, wäre daher ein angemessenes Maß an Konvergenz verwirklicht.
Mit dieser Richtlinie wird der Zugang zu Entlastungssystemen für Anleger in allen Mitgliedstaaten harmonisiert, indem ein gemeinsames System der Entlastung an der Quelle und ein gemeinsames Schnellerstattungssystem vorgesehen werden; zugleich wird den Mitgliedstaaten dennoch weiterhin die Möglichkeit gelassen, unter bestimmten Bedingungen und unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Entwicklung der Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten ihre nationalen Systeme der Entlastung an der Quelle beizubehalten, und der Zugang zu Entlastungssystemen in den Mitgliedstaaten gewährleistet. In jedem Fall könnten die betreffenden Mitgliedstaaten, die es beispielsweise für zweckmäßig halten, ihre Instrumente zur Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuermissbrauch zu stärken, je nach Risikobewertungskriterien die in dieser Richtlinie vorgesehenen Instrumente anwenden.
Um als umfassend zu gelten, sollte ein nationales System der Entlastung an der Quelle eine Reihe von in dieser Richtlinie festgelegten zentralen Merkmalen aufweisen. Es sollte natürlichen Personen oder Rechtsträgern, die Anspruch auf eine solche Entlastung haben, umfassenden Zugang bieten und Entlastung gewähren, sofern der Steuerpflichtige einen Anspruch hat, es sei denn, die von dem Mitgliedstaat vorgeschriebenen Informationen wurden nicht gemeldet. Grundsätzlich sollten die vorgeschriebenen Informationen nicht über die in den Artikeln 12, 13 oder 15 genannten Daten hinausgehen. Das nationale System der Entlastung an der Quelle sollte sowohl für direkte als auch indirekte Anlagen zugänglich sein und sollte keine weiteren als die in Artikel 11 Absatz 2 aufgeführten Zugangsbeschränkungen aufweisen. Somit sollte das nationale System der Entlastung an der Quelle nicht nur die rechtliche Möglichkeit der Entlastung vorsehen, sondern diese sollte auch tatsächlich gewährt werden, wenn der Steuerpflichtige Anspruch darauf hat. Das nationale System der Entlastung an der Quelle sollte keine zusätzlichen Pflichten wie etwa ein paralleles Meldesystem vorschreiben. Der Mitgliedstaat sollte Vorschriften über die Haftung für den Verlust an Quellensteuereinnahmen sowie Sanktionen bei Verstößen gegen nationale Bestimmungen zu diesem System der Entlastung an der Quelle festlegen. In Bezug auf die Bedingung der Marktkapitalisierungsquote sollte die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (im Folgenden „ESMA”) die gemäß den technischen Regulierungsstandards erforderlichen Daten zur Verfügung stellen. Erfüllt ein Mitgliedstaat mindestens eine der beiden Bedingungen bezüglich des umfassenden Systems der Entlastung an der Quelle und des Schwellenwerts für die Marktkapitalisierungsquote nicht oder nicht mehr, so sollte er alle Bestimmungen dieser Richtlinie in nationales Recht umsetzen.
Zur Gewährleistung eines verhältnismäßigen Ansatzes sollte diese Richtlinie nur für die Verfahren zur Entlastung von überschüssigen Quellensteuern in jenen Mitgliedstaaten gelten, die je nach steuerlicher Ansässigkeit des betreffenden Anlegers unterschiedliche Quellensteuersätze auf Bar- oder Aktiendividenden erheben. In diesen Fällen müssen die Mitgliedstaaten eine Entlastung gewähren, wenn in einer Situation, für die ein niedrigerer Steuersatz gilt, ein höherer Satz angewandt wurde. Die Mitgliedstaaten sollten auch ähnliche Verfahren in Bezug auf Zinszahlungen auf öffentlich gehandelte Anleihen an Gebietsfremde einführen können, um die Effizienz des entsprechenden Entlastungsverfahrens sowie die Einhaltung der Vorschriften seitens der Steuerpflichtigen zu verbessern. Mitgliedstaaten, die keine Entlastungsverfahren für überschüssige Quellensteuern auf Dividenden und Zinsen benötigen, sind von den in dieser Richtlinie genannten Verfahren nicht betroffen. Sofern eine Entlastung von überschüssigen Quellensteuern erforderlich ist und um einen gemeinsamen Zugang für die Entlastung von überschüssigen Quellensteuern zu gewährleisten, sollten mit dieser Richtlinie Regelungen für ein gemeinsames System der Entlastung an der Quelle und ein Schnellerstattungssystem getroffen werden, die von den Mitgliedstaaten umgesetzt werden müssen.
Da Anleger in jedem Mitgliedstaat ansässig sein könnten, sollten die Vorschriften für eine gemeinsame und digitale Bescheinigung über die steuerliche Ansässigkeit (im Folgenden „eTRC”) in allen Mitgliedstaaten gelten. Um sicherzustellen, dass alle Steuerpflichtigen in der Union Zugang zu einem gemeinsamen, geeigneten und wirksamen Nachweis ihrer steuerlichen Ansässigkeit haben, sollten die Mitgliedstaaten ein automatisiertes Verfahren anwenden, wenn sie Bescheinigungen über die steuerliche Ansässigkeit für die Zwecke der Anwendung eines Systems der Entlastung an der Quelle, eines umfassenden Systems der Entlastung an der Quelle, eines Schnellerstattungssystems oder eines Standard-Erstattungssystems ausstellen, um eine Entlastung von überschüssiger Quellensteuer auf Dividenden, die für öffentlich gehandelte Aktien gezahlt werden, oder auf Zinsen, die für öffentlich gehandelte Anleihen gezahlt werden, falls anwendbar, zu erhalten. Darüber hinaus sollten die eTRC in derselben erkennbaren und allgemein akzeptierten digitalen Form und mit dem gleichen Inhalt ausgestellt werden.
Im Interesse einer höheren Effizienz sollte die eTRC den größtmöglichen Zeitraum des Kalenderjahres oder Wirtschaftsjahres – wie etwa ein jahresübergreifendes Wirtschaftsjahr („straddle period”) oder ein Wirtschaftsjahr, das länger als ein Kalenderjahr ist –, für das sie ausgestellt wird, abdecken und als Nachweis über die Ansässigkeit im bescheinigten Zeitraum gültig bleiben. Die ausstellenden Mitgliedstaaten sollten in der Lage sein, eine eTRC ganz oder teilweise für ungültig zu erklären, falls den Steuerbehörden Nachweise dafür vorliegen, dass der Steuerpflichtige während des gesamten oder eines Teils des bescheinigten Zeitraums nicht in dem ausstellenden Mitgliedstaat ansässig ist. Damit Rechtsträger in der Union effizient identifiziert werden können, sollte in der eTRC die Steuer-Identifikationsnummer oder, falls eine solche nicht vorhanden ist – d. h., wenn der betreffende Mitgliedstaat keine derartigen Nummern für seine Steuerpflichtigen erteilt –, eine für Steuerzwecke verwendete funktionale Entsprechung angegeben sein. Darüber hinaus sollte in der eTRC die europäische einheitliche Kennung (EUID) oder die Rechtsträgerkennung (LEI) oder eine für den gesamten bescheinigten Zeitraum gültige Registrierungsnummer für Rechtsträger angegeben sein, wenn diese der die eTRC ausstellenden Behörde vorliegt. Zudem sollte für den Fall, dass für eine natürliche Person keine Steuer-Identifikationsnummer vorliegt, etwa weil der Mitgliedstaat, in dem sie ansässig ist, keine derartigen Nummern für seine Steuerpflichtigen erteilt, ebenfalls die Verwendung einer funktionalen Entsprechung für Steuerzwecke möglich sein. Die verwendeten Kennungen sollten für den gesamten abgedeckten Zeitraum gültig sein.
Die eTRC sollte einen Verweis auf das Doppelbesteuerungsabkommen enthalten, für dessen Zwecke ein Steuerpflichtiger beantragt, als steuerlich ansässig zu gelten, sofern anwendbar. Damit die eTRC vom Quellenmitgliedstaat als gültiger Nachweis der steuerlichen Ansässigkeit anerkannt wird, wenn die Entlastung von überschüssiger Quellensteuer gemäß den Bestimmungen eines Doppelbesteuerungsabkommens beantragt wird, ist es von wesentlicher Bedeutung, dass die eTRC einen Verweis auf das anwendbare Doppelbesteuerungsabkommen enthält. Die ausstellende Behörde sollte auf einer bestimmten eTRC auf mehr als ein anwendbares Doppelbesteuerungsabkommen verweisen können. Wenngleich die eTRC in erster Linie der Umsetzung der Quellensteuerverfahren dient, könnte sie auch einen umfassenderen Anwendungsbereich haben und über die Quellensteuerverfahren hinaus dem Nachweis der steuerlichen Ansässigkeit dienen. Die eTRC sollte keine zusätzlichen Informationen für die Zwecke der Verfahren der Quellensteuerentlastung enthalten. Solange die steuerliche Ansässigkeit des Steuerpflichtigen unverändert bleibt, soll die eTRC nur einmal im Kalenderjahr oder einmal im Wirtschaftsjahr ausgestellt werden, selbst wenn ein und derselbe Steuerpflichtige in demselben Quellenmitgliedstaat mehrfach Anlagen tätigt.
Um das Ziel einer effizienteren Entlastung von überschüssiger Quellensteuer zu erreichen, sollten unionsweit gemeinsame Verfahren eingeführt werden, damit klare und zuverlässige Informationen über die Identität des Anlegers schnell eingeholt werden können – insbesondere im Falle einer großen Anlegerbasis, d. h. in Bezug auf Anlagen in öffentlich gehandelte Wertpapiere, bei denen es schwierig ist, die Identität der einzelnen Anleger zu ermitteln. Diese Verfahren sollten es auch ermöglichen, den angemessenen Steuersatz bereits zum Zeitpunkt der Zahlung anzuwenden (Entlastung an der Quelle) oder zu viel gezahlte Steuern schnell zu erstatten. Da grenzüberschreitende Investitionen in der Regel eine Zahlungskette von Finanzintermediären umfassen, sollten die einschlägigen Verfahren auch die Rückverfolgung und Identifizierung der Kette der Intermediäre und folglich des Einkommensstroms vom Emittenten des Wertpapiers bis zum eingetragenen Eigentümer ermöglichen sowie Informationen über den zugrunde liegenden Anleger liefern. An den gängigsten Arten von Anlagevereinbarungen ist in der Regel eine Depotbank oder ein anderer Rechtsträger im Bereich Anlagen, z. B. ein Broker, beteiligt, die oder der die Wertpapiere in ihrem bzw. seinem Namen für den zugrunde liegenden Anleger hält. Bei solchen Vereinbarungen würde der zugrunde liegende Anleger als der eingetragene Eigentümer der Wertpapiere gelten. Mitgliedstaaten, die Quellensteuer auf Erträge aus Wertpapieren erheben und Entlastung von überschüssigen Quellensteuern gewähren und die nicht über ein umfassendes System der Entlastung an der Quelle verfügen oder deren Marktkapitalisierungsquote dem in dieser Richtlinie festgelegten Schwellenwert entspricht oder darüber liegt, sollten daher ein nationales Register einrichten und führen, in dem die Finanzintermediäre mit einer maßgeblichen Rolle in der Zahlungskette erfasst sind. Nach ihrer Eintragung sollten diese Finanzintermediäre zur Meldung der ihnen zur Verfügung stehenden Informationen über die von ihnen ausgeführten Dividenden- oder Zinszahlungen, falls anwendbar, verpflichtet sein. Die bereitzustellenden Informationen sollten sich – soweit sie dem meldenden Intermediär zur Verfügung stehen – auf Informationen beschränken, die für die Rekonstruktion der Zahlungskette von entscheidender Bedeutung und daher für die Verhütung des Risikos von Steuerbetrug oder Steuermissbrauch nützlich sind. Mitgliedstaaten, die unterschiedliche Quellensteuersätze auf Zinsen erheben und ähnliche Entlastungsverfahren anwenden müssen oder die über ein umfassendes System der Entlastung an der Quelle verfügen und deren Marktkapitalisierungsquote unter dem in dieser Richtlinie festgelegten Schwellenwert liegt, könnten gegebenenfalls auch in Erwägung ziehen, das eingerichtete nationale Register zu nutzen.
Da es sich bei den Finanzintermediären, die am häufigsten an den Zahlungsketten von Wertpapieren beteiligt sind, um große Institute im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates [3] sowie um Zentralverwahrer handelt, die Dienstleistungen als für die Quellensteuer zuständige Stellen erbringen, sollten diese Rechtsträger verpflichtet sein, die Eintragung in nationalen Registern der Mitgliedstaaten zu beantragen. Sind diese Rechtsträger über eine oder mehrere Zweigniederlassungen oder eine oder mehrere Tochtergesellschaften in einem Mitgliedstaat tätig, so sollte es diesen Rechtsträgern gestattet sein, die Eintragungspflicht in jedem Quellenmitgliedstaat entweder als ein einziger zertifizierter Finanzintermediär auf Gruppenebene oder auf Ebene einzelner Zweigniederlassungen oder Tochtergesellschaften oder einer Kombination daraus zu erfüllen. Auch andere Finanzintermediäre sollten die Eintragung in die nationalen Register der Mitgliedstaaten nach eigenem Ermessen beantragen dürfen. In beiden Fällen, d. h. entweder im Rahmen der obligatorischen oder der freiwilligen Eintragung, sollten Finanzintermediäre die Möglichkeit haben, den Antrag selbst zu stellen oder sich von einem anderen Finanzintermediär, der derselben Gruppe angehört und in ihrem Namen handelt, vertreten zu lassen, um den Verwaltungsaufwand und die Auswirkungen auf die von ihnen gewünschte Organisationsweise so gering wie möglich zu halten. Finanzintermediäre sollten die Eintragung beantragen, indem sie über das Europäische Portal zertifizierter Finanzintermediäre (im Folgenden „Portal”), das als einzige Anlaufstelle dienen sollte, einen Antrag einreichen. Diese Anträge sollten über das Portal an die betreffenden Mitgliedstaaten weitergeleitet werden. Daraufhin sollten die Mitgliedstaaten über den Antrag auf Eintragung entscheiden. Das Portal sollte daher als Instrument dienen, das die Entscheidungen der Mitgliedstaaten in Bezug auf die Eintragung von Finanzintermediären abbildet.
Diese Richtlinie sollte auch Vorschriften über die Anforderungen für eine Eintragung in nationale Register sowie Vorschriften über deren Ablehnung enthalten. Wird ein Antrag auf Eintragung abgelehnt, so sollte es Finanzintermediären weiterhin gestattet sein, einen weiteren Antrag auf Eintragung zu einem späteren Zeitpunkt einzureichen, wenn die Gründe für die Ablehnung beseitigt wurden. Sobald Finanzintermediäre im Register eingetragen sind, sollten sie in dem jeweiligen Mitgliedstaat als „zertifizierte Finanzintermediäre” gelten und den Pflichten zertifizierter Finanzintermediäre gemäß dieser Richtlinie unterliegen. Die Mitgliedstaaten sollten das Portal bei Eintragung eines zertifizierten Finanzintermediärs aktualisieren. Diese Richtlinie sollte außerdem Vorschriften über die Streichung zertifizierter Finanzintermediäre aus dem nationalen Register oder über die Verweigerung der Möglichkeit, eine Entlastung zu beantragen, enthalten. Entscheidet sich ein Mitgliedstaat dafür, einen zertifizierten Finanzintermediär aus dem Register zu streichen, einem zertifizierten Finanzintermediär die Möglichkeit zu verweigern, eine Entlastung zu beantragen, oder einen Antrag auf Eintragung abzulehnen, so sollte dieser Mitgliedstaat das Portal entsprechend aktualisieren. Diese Aktualisierungen sollen es den Mitgliedstaaten ermöglichen, die ergriffenen Maßnahmen, wie etwa die Streichung oder die Ablehnung, zu bewerten und diese Maßnahmen im Zusammenhang mit einem künftigen Antrag auf Eintragung desselben Finanzintermediärs in ihrem jeweiligen eigenen nationalen Register zu berücksichtigen. Für die Rechte und Pflichten der Beteiligten, einschließlich des Rechts auf Einlegung von Rechtsmitteln, in Bezug auf Entscheidungen, die ein Mitgliedstaat im Zusammenhang mit der Eintragung und der Streichung aus seinem nationalen Register trifft, gelten die nationalen Vorschriften des betreffenden Mitgliedstaats.
Um mehr Transparenz in Bezug auf die Identität und die Umstände des Anlegers, der eine Dividenden- oder Zinszahlung erhält, sowie über den vom Emittenten abgehenden Zahlungsstrom zu gewährleisten, sollten zertifizierte Finanzintermediäre relevante Informationen innerhalb bestimmter Fristen übermitteln. In dieser Richtlinie sollten zwei Optionen für die Informationsübermittlung vorgesehen werden, und zwar eine direkte und eine indirekte Meldung. Im Falle einer direkten Meldung sollte ein zertifizierter Finanzintermediär die Informationen direkt der zuständigen Behörde des Quellenmitgliedstaats übermitteln. Im Falle einer indirekten Meldung sollten die zertifizierten Finanzintermediäre die Informationen entlang der Wertpapier-Zahlungskette in fortlaufender Reihenfolge und entsprechend der Stellung dieser zertifizierten Finanzintermediäre innerhalb der Wertpapier-Zahlungskette, der sie angehören, bereitstellen. Dies sollte dazu führen, dass die betreffenden Informationen die für die Quellensteuer zuständige Stelle oder einen benannten zertifizierten Finanzintermediär erreichen, die bzw. der sie anschließend der zuständigen Behörde des Quellenmitgliedstaats meldet. Die gemeldeten Daten sollten Informationen über die Anspruchsberechtigung des betreffenden Anlegers enthalten, sich jedoch auf die Informationen beschränken, die dem meldenden zertifizierten Finanzintermediär zur Verfügung stehen. Finanzintermediäre, die nicht verpflichtet sind und sich nicht dafür entschieden haben, sich als zertifizierte Finanzintermediäre eintragen zu lassen, sollten keinen Meldepflichten gemäß dieser Richtlinie unterliegen. Dennoch sind Informationen über die ausgeführten Zahlungen von Intermediären, bei denen es sich nicht um zertifizierte Finanzintermediäre handelt, nach wie vor relevant für die ordnungsgemäße Rekonstruktion der Zahlungskette, bevor die gemäß dieser Richtlinie festgelegten Entlastungssysteme zur Anwendung kommen.
Um sicherzustellen, dass es in der Zahlungskette keine Informationslücken gibt, und um Anlegern den Zugang zu den Entlastungsverfahren zu ermöglichen, sollte es einem zertifizierten Finanzintermediär unabhängig davon, ob er direkt an einer bestimmten Zahlungskette beteiligt ist oder nicht, durch diese Richtlinie gestattet sein, innerhalb dieser Kette an die Stelle eines Finanzintermediärs zu treten. Dies bedeutet, dass der zertifizierte Finanzintermediär die Verantwortlichkeiten und die Haftung im Zusammenhang mit der Informationsübermittlung und dem Entlastungssystem übernimmt, die der Finanzintermediär übernommen hätte, wenn er ein zertifizierter Finanzintermediär gewesen wäre. Durch diese Vereinbarung zwischen Finanzintermediären würden die Steuerbehörden alle relevanten Informationen einholen und Informationen über die gesamte Zahlungskette wirksam abgleichen können, und Anlegern wäre der Zugang zum Entlastungssystem möglich, selbst in den Fällen, in denen ein Finanzintermediär beteiligt ist, der weder in einem Mitgliedstaat eingetragen noch an die Pflichten gemäß dieser Richtlinie gebunden ist.
Durch diese Richtlinie sollten zertifizierte Finanzintermediäre nicht daran gehindert werden, die Aufgaben im Zusammenhang mit der Erfüllung ihrer aus dieser Richtlinie erwachsenden Pflichten auszulagern. Daher sollte es einem zertifizierten Finanzintermediär gestattet sein, sich auf Dritte zu stützen, um die einschlägigen Pflichten im Zusammenhang mit Quellensteuerverfahren zu erfüllen. In jedem Fall sollte der zertifizierte Finanzintermediär, der seine Verantwortlichkeiten ausgelagert hat, weiterhin für diese Pflichten verantwortlich sein.
Um die Kapitalmarktunion wirksamer und wettbewerbsfähiger zu machen, sollten Verfahren zur Entlastung von überschüssigen Quellensteuern auf Erträge aus Wertpapieren erleichtert und beschleunigt werden, soweit die relevanten zertifizierten Finanzintermediäre angemessene Informationen, auch über die Identität des Anlegers, bereitgestellt haben. Zu den relevanten zertifizierten Finanzintermediären zählen alle diejenigen zertifizierten Finanzintermediäre in der Wertpapier-Zahlungskette, die sich zwischen dem Anleger und dem Emittenten der Wertpapiere befinden und die gegebenenfalls Informationen über die von nicht zertifizierten Finanzintermediären in der Kette getätigten Zahlungen vorlegen müssen. Unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Ansätze in den Mitgliedstaaten sollten zwei verschiedene Verfahren vorgesehen werden: erstens ein System der Entlastung an der Quelle, bei dem der angemessene Steuersatz zum Zeitpunkt des Steuerabzugs direkt angewendet wird, und zweitens ein Schnellerstattungssystem, bei dem ein Antrag auf Erstattung von dem zertifizierten Finanzintermediär eingereicht und innerhalb einer bestimmten Frist, die in dieser Richtlinie festgelegt wird, von der Steuerbehörde des Quellenmitgliedstaats bearbeitet wird. Werden diese Erstattungen nicht innerhalb dieser Frist bearbeitet, so sollten Verzugszinsen angewandt werden, sofern nationale Vorschriften entsprechende Bestimmungen enthalten. Entsprechend den Anforderungen dieser Richtlinie sollten die Mitgliedstaaten, die Kapitel III dieser Richtlinie anwenden, ein System der Entlastung an der Quelle oder ein Schnellerstattungssystem oder eine Kombination aus beiden einführen können, wobei mindestens eines der beiden Systeme allen Anlegern zur Verfügung stehen muss. Ein Mitgliedstaat, der sich für eine solche Kombination entschieden hat, sollte die Beschränkung festlegen können, dass für bestimmte Fälle, wie z. B. Szenarien mit geringem Risiko, ein System verwendet werden kann, sofern das andere System für alle anderen Fälle verfügbar bleibt, die unter diese Richtlinie fallen. Diejenigen, die Zahlungen erhalten, die nicht in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallen – wie etwa Dividenden börsennotierter Gesellschaften, die an im Quellenmitgliedstaat steuerlich ansässige eingetragene Eigentümer gezahlt werden, Dividenden nicht börsennotierter Gesellschaften oder Zinsen, wenn sich ein Mitgliedstaat nicht für die Anwendung dieser Richtlinie auf Zinszahlungen entschieden hat –, könnten im Rahmen eines auf die diesen Zahlungen entsprechenden Verfahren angewandten nationalen Systems der Entlastung an der Quelle oder Erstattungssystems weiterhin Anspruch darauf haben, Entlastung von überschüssiger Quellensteuer zu beantragen.
Wenn die einschlägigen Anforderungen dieser Richtlinie für Zahlungen, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen, nicht erfüllt sind oder der betreffende Anleger dies wünscht, sollten die Mitgliedstaaten als Ausweichsystem zu den in dieser Richtlinie festgelegten Schnellverfahren Verfahren der Quellensteuerentlastung anwenden, die auf einem nationalen Standard-Erstattungssystem beruhen. Anleger, die Anspruch auf Entlastung haben, oder ihre bevollmächtigten Vertreter sollten überschüssige Quellensteuer, die in einem Mitgliedstaat erhoben wurde, nur dann zurückfordern können, wenn der zertifizierte Finanzintermediär nicht von dem System der Entlastung an der Quelle oder dem Schnellerstattungssystem Gebrauch gemacht hat.
Wenn ein Risiko von Steuerbetrug oder Steuermissbrauch besteht, sollten die Mitgliedstaaten in der Lage sein, Betrugsbekämpfungsmaßnahmen durchzusetzen und gründliche Untersuchungen durchzuführen, bevor ein Antrag auf Schnellerstattung bearbeitet wird. Zu diesem Zweck sollten die Mitgliedstaaten das Recht haben, einen Erstattungsantrag unter bestimmten Bedingungen abzulehnen. Diese Bedingungen sollten auch Fälle einschließen, in denen die Anforderungen an einen solchen Antrag nicht erfüllt werden oder die Zahlungskette nicht rekonstruiert werden kann. Ein Erstattungsantrag sollte auch abgelehnt werden können, wenn ein Mitgliedstaat beschließt, ein Überprüfungsverfahren oder eine Steuerprüfung auf der Grundlage von Risikobewertungskriterien einzuleiten. Diese Überprüfungsverfahren oder Steuerprüfungen sollten auf jeden Fall angewandt werden können, bei dem ein Risiko von Steuerbetrug oder Steuermissbrauch besteht.
Damit die Systeme zur Entlastung von überschüssigen Quellensteuern zuverlässig funktionieren, sollten die Mitgliedstaaten, die ein nationales Register führen, auch zertifizierte Finanzintermediäre verpflichten, die Anspruchsberechtigung von Anlegern, die eine Entlastung beantragen möchten, zu überprüfen. Insbesondere sollten zertifizierte Finanzintermediäre die Bescheinigung über die steuerliche Ansässigkeit des jeweiligen Anlegers sowie eine Erklärung darüber, dass dieser Anleger gemäß den nationalen Vorschriften des Quellenmitgliedstaats oder einem Doppelbesteuerungsabkommen Anspruch auf Quellensteuerentlastung hat und, wenn der Quellenmitgliedstaat dies verlangt, eine Erklärung darüber, dass der wirtschaftliche Eigentümer in Bezug auf die Dividenden- oder Zinszahlung gemäß den nationalen Vorschriften des Quellenmitgliedstaats oder einem Doppelbesteuerungsabkommen im Sinne des Kommentars zu Artikel 10 oder Artikel 11 des OECD-Musterabkommens zur Vermeidung von Doppelbesteuerung von Einkommen und Vermögen ist einholen. Die Quellenmitgliedstaaten sollten somit die Option haben, eine Erklärung zum wirtschaftlichen Eigentümer zu verlangen.
Zertifizierte Finanzintermediäre sollten verpflichtet sein, den anwendbaren Quellensteuersatz auf der Grundlage der spezifischen Umstände des Anlegers zu überprüfen und anzugeben, ob sie Kenntnis von einer Finanzvereinbarung im Zusammenhang mit den zugrunde liegenden Wertpapieren haben, die vor dem Ex-Dividenden Tag nicht abgewickelt wurde, abgelaufen ist oder anderweitig beendet wurde. In diesem Zusammenhang sollte diese Pflicht in dem Sinne verstanden werden, dass der zertifizierte Finanzintermediär, der dem Anleger am nächsten steht – d. h. sein Kunde –, angemessene Maßnahmen treffen sollte, um solche Kontrollen nach Treu und Glauben durchzuführen. Beispielsweise sollten zertifizierte Finanzintermediäre prüfen, ob die Informationen in der eTRC oder deren Entsprechung oder die Informationen in der Erklärung des Anlegers nicht im Widerspruch zu den Informationen stehen, die diese zertifizierten Finanzintermediäre im Rahmen ihrer normalen Geschäftstätigkeit über ihre Kunden eingeholt haben. Solche Informationen umfassen die Kontoinformationen des Anlegers und andere Informationen, die sie möglicherweise infolge der Einhaltung der anwendbaren Vorschriften zur Kundenidentifizierung eingeholt haben. Daher sollten zertifizierte Finanzintermediäre nicht verpflichtet sein, weitere Prüfungen durchzuführen oder weitere Informationen von ihrem Kunden anzufordern und einzuholen. Darüber hinaus sollte der Anleger verpflichtet sein, den Finanzintermediär über jede Änderung seiner maßgeblichen Umstände zu unterrichten. Den Mitgliedstaaten sollte freistehen, zu gestatten, dass die Sorgfaltspflichten jährlich durchgeführt werden, es sei denn, der zertifizierte Finanzintermediär weiß oder müsste wissen, dass sich die Umstände geändert haben oder die Informationen unrichtig oder unzuverlässig sind.
Die Anwendung der Verfahren der Quellensteuerentlastung gemäß dieser Richtlinie erfolgt vorbehaltlich der Bedingung, dass der eingetragene Eigentümer, bei dem es sich entweder um eine natürliche Person oder um einen Rechtsträger handelt und die bzw. der als Inhaber der Wertpapiere berechtigt ist, Dividenden oder Zinsen zu erhalten, auch die Person ist, die gemäß den nationalen Vorschriften des Quellenmitgliedstaats oder einem Doppelbesteuerungsabkommen Anspruch auf Quellensteuerentlastung hat. Hat der eingetragene Eigentümer auch Anspruch auf die Entlastung, so sollten nur die Bestimmungen für Direktinvestitionen Anwendung finden. In Fällen, in denen der eingetragene Eigentümer nicht zugleich die Person ist, die Anspruch auf die Entlastung hat, sollten jedoch die Bestimmungen über indirekte Investitionen Anwendung finden. Die Bestimmungen über indirekte Investitionen gewähren Entlastung in den Fällen, in denen bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen (OGA) oder deren Anleger Anspruch auf eine Entlastung haben könnten, aber nicht der eingetragene Eigentümer sind, weil die Wertpapiere von einer anderen juristischen Person oder einem steuerlich transparenten OGA gehalten werden. Die Bestimmungen über indirekte Investitionen gewährleisten, dass berechtigte Anleger Zugang zu den Verfahren dieser Richtlinie haben. Daher sollten die Mitgliedstaaten bei der Auslegung des Begriffs „OGA” auch OGA berücksichtigen, die selbst berechtigt sind, eine Entlastung von überschüssiger Quellensteuer zu beantragen, sowie OGA, bei denen die Anleger, die Eigenkapital an einem OGA halten, auf der Grundlage der nationalen Vorschriften des Quellenmitgliedstaats oder eines Doppelbesteuerungsabkommens Anspruch auf die Entlastung haben. Der zertifizierte Finanzintermediär sollte auch dann verpflichtet sein, die Sorgfaltspflichten zu erfüllen, wenn er an indirekten Investitionen beteiligt ist. Darüber hinaus sollte der zertifizierte Finanzintermediär haftbar gemacht werden können, wenn es zu einem Verlust an Steuereinnahmen kommt.
Es wird anerkannt, dass Finanzvereinbarungen genutzt werden können, um das Eigentum an einem Wertpapier ganz oder teilweise oder relevante Anlagerisiken zu verlagern. Außerdem trifft es zu, dass solche Vereinbarungen im Rahmen von Dividendenarbitrage- und Dividenden-Stripping-Systemen, wie etwa dem Cum-Ex-System und dem Cum-Cum-System, ausschließlich zu dem Zweck genutzt wurden, Erstattungen in Fällen zu erhalten, in denen kein Anspruch darauf bestand, oder einen höheren Erstattungsbetrag zu erzielen als den Betrag, auf den ein Anleger Anspruch hatte. Vereinbarungen wie etwa Terminkontrakte, Pensionsgeschäfte, Wertpapierverleih- und Wertpapierleihgeschäfte, Kauf-/Rückverkaufsgeschäfte oder Verkauf-/Rückkaufgeschäfte, Derivate, Lombardgeschäfte und Differenzverträge sollten in den Fällen als Finanzvereinbarungen betrachtet werden können, in denen sie eine vorübergehende oder dauerhafte Trennung zwischen der natürlichen Person oder dem Rechtsträger, die bzw. der die wirtschaftlichen Risiken der Investition trägt, und dem rechtlichen Eigentümer der Aktie oder der zugrunde liegenden Rechte zur Folge haben. Diese Beispiele sind nicht erschöpfend.
Darüber hinaus wird bei Finanzvereinbarungen davon ausgegangen, dass das Eigentum an den Wertpapieren nicht auf den Käufer oder Entleiher übertragen wird, wenn durch Rechtsgeschäfte, wie etwa Wertpapierleihgeschäfte, Optionen oder Terminkontrakte, das wirtschaftliche Risiko beim Verkäufer oder Verleiher der Wertpapiere verbleibt. Jede Vereinbarung, nach der Dividenden zwischen den betroffenen Parteien ausgeglichen werden, sollte als Finanzvereinbarung betrachtet werden können. Dieser Ausgleich zwischen den betroffenen Parteien wird nicht immer mittels einer Geldzahlung vorgenommen, sondern kann auch auf indirektere Weise erfolgen, wie z. B. über Preisunterschiede bei Wertpapieren oder Derivaten. Für die Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuermissbrauch benötigen die Steuerbehörden Informationen über Finanzvereinbarungen. Erfolgt die Meldung direkt, so sollten diese Informationen nur von zertifizierten Finanzintermediären verlangt werden, die aufgrund ihrer Stellung innerhalb der Kette möglicherweise direkt an der betreffenden Finanzvereinbarung beteiligt waren, was bei den zertifizierten Finanzintermediären, die die Entlastung beantragen, der Fall ist. Erfolgt die Meldung indirekt, so sollten die Informationen über die Finanzvereinbarungen von dem zertifizierten Finanzintermediär des eingetragenen Eigentümers gemeldet werden. In solchen Fällen sollten die Informationen entlang der Wertpapier-Zahlungskette in fortlaufender Reihenfolge gemeldet werden, wodurch sie letztlich die für die Quellensteuer zuständige Stelle oder einen benannten zertifizierten Finanzintermediär erreichen. Dies bedeutet, dass andere meldende zertifizierte Finanzintermediäre die Informationen über diese Finanzvereinbarungen an die für die Quellensteuer zuständige Stelle oder einen benannten zertifizierten Finanzintermediär übermitteln müssen, auch wenn diese meldenden zertifizierten Finanzintermediäre nicht direkt an der betreffenden Finanzvereinbarung beteiligt sind. Im Falle von Anleihen und Zinszahlungen ist eine Meldung über Finanzvereinbarungen nicht erforderlich.
Die Mitgliedstaaten sollten die Möglichkeit haben, die Nutzung des Systems der Entlastung an der Quelle oder des Schnellerstattungssystems in Fällen zu beschränken, in denen ein erhöhtes Risiko von Steuerbetrug oder Steuermissbrauch besteht. Daher ist es angemessen, eine Liste solcher Fälle zu erstellen, in denen die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, Anträge auf Entlastung auszuschließen und weitere Kontrollen durchzuführen. Um den Unterschieden in den nationalen Rechtssystemen und insbesondere in den Bewertungen des Steuerrisikos Rechnung zu tragen, sollte die Erstellung einer solchen Liste nicht verbindlich sein, und die Festlegung, welche dieser Fälle unter das Standard-Erstattungssystem fallen sollten, sollte im Ermessen der Mitgliedstaaten liegen. Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass die nationalen Vorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie es nicht gestatten, dass Fälle, die nach Auffassung der Mitgliedstaaten ein erhöhtes Risiko darstellen, in den Genuss einer Entlastung an der Quelle oder einer Schnellerstattung kommen können. Diese Maßnahmen würden sicherstellen, dass die Steuerbehörden besser in der Lage sind, missbräuchliche Systeme zu bekämpfen, weil sie die Möglichkeit hätten, weitere Kontrollen durchzuführen, um festzustellen, ob Anträge auf Entlastung gerechtfertigt sind und ihnen stattgegeben werden sollte. Eine dieser Maßnahmen besteht in einem Schwellenwert, der sich auf einen Bruttodividendenbetrag bezieht. Dieser Schwellenwert sollte für jeden eingetragenen Eigentümer oder für jeden Anleger, der Anspruch auf die Entlastung von der überschüssigen Quellensteuer hat, berechnet werden, wenn der eingetragene Eigentümer ein Organismus für gemeinsame Anlagen oder eine benannte juristische Person eines solchen Organismus ist. Dieser Schwellenwert sollte nicht in den Fällen gelten, in denen ein den Regelungen der Union unterliegender Organismus für gemeinsame Anlagen mit Sitz in der Union oder ein den Regelungen der Union unterliegender Verwalter mit Sitz in der Union, ein gesetzliches Rentensystem eines Mitgliedstaats oder eine Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung, die gemäß Artikel 9 Absatz 1 der Richtlinie (EU) 2016/2341 des Europäischen Parlaments und des Rates [4] in einem Mitgliedstaat eingetragen oder zugelassen ist, Anspruch auf die Entlastung hat. Diese Organismen, Systeme und Einrichtungen sind streng reguliert und unterliegen der Aufsicht durch die zuständigen nationalen Behörden sowie soliden internen Kontrollen. Durch diese Regulierung und Kontrolle wird die Einhaltung der einschlägigen Vorschriften durchgesetzt und das Risiko von Steuerbetrug und Steuermissbrauch minimiert.
Dennoch gibt es Fälle, in denen Steuerpflichtige den ermäßigten Quellensteuersatz auf der Grundlage von Rechtsakten der Union, die durch nationale Vorschriften umgesetzt wurden, geltend machen könnten. Dies wäre typischerweise der Fall, wenn durch das nationale Recht sichergestellt ist, dass die Niederlassungsfreiheit oder der freie Kapitalverkehr gleichermaßen in innerstaatlichen und in vergleichbaren nicht innerstaatlichen Situationen gewährt wird, oder wenn eine Richtlinie umgesetzt wird. In solchen Fällen kann die Durchführung von Überprüfungen erforderlich sein, insbesondere um die Vergleichbarkeit der Situationen und die Anwendbarkeit des nationalen Rechts auf grenzüberschreitende Fälle zu bewerten. Sind solche Überprüfungen erforderlich, sollten die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, diese Fälle im Rahmen ihrer bestehenden nationalen Systeme der Entlastung an der Quelle zu behandeln, wenn in diesen Systemen derartige Überprüfungen vorgeschrieben sind; somit würde dies am schnellsten und sichersten zu einer Entlastung von überschüssiger Quellensteuer führen.
Angesichts der wichtigen Rolle, die zertifizierten Finanzintermediären bei der Meldung vollständiger und korrekter Informationen zukommt, die als Grundlage für die Quellensteuerentlastung oder -erstattung dienen, ist es angemessen, dass die nationalen Vorschriften der Mitgliedstaaten zumindest Vorschriften enthalten, nach denen zertifizierte Finanzintermediäre für den Verlust an Quellensteuereinnahmen, der den Mitgliedstaaten dadurch entsteht, dass die zertifizierten Finanzintermediäre die Kernpflichten dieser Richtlinie vollständig oder teilweise nicht einhalten, vollständig oder teilweise haftbar gemacht werden können. Die Mitgliedstaaten sollten in ihren nationalen Vorschriften eine unbedingte gesamtschuldnerische Haftung für zertifizierte Finanzintermediäre, die die Entlastung beantragen, vorsehen können. Darüber hinaus sollten andere Aspekte der Haftung weiterhin vollständig durch die nationalen Vorschriften der Mitgliedstaaten geregelt werden. Zu diesen anderen Aspekten gehören gesamtschuldnerisch handelnde, für die Quellensteuer zuständige Stellen, die nicht die Rolle von zertifizierten Finanzintermediären ausüben, sowie Fälle im Zusammenhang mit der direkten oder indirekten Haftung von eingetragenen Eigentümern und Anlegern, die den zertifizierten Finanzintermediären unvollständige oder unrichtige Informationen übermitteln. In dieser Richtlinie werden keine Vorschriften über die Haftung in Bezug auf das Standard-Erstattungssystem festgelegt.
Zur Gewährleistung der Wirksamkeit der anwendbaren Vorschriften sollten die Mitgliedstaaten Vorschriften über Sanktionen im Falle von Verstößen gegen gemäß dieser Richtlinie erlassene nationale Vorschriften festlegen. Solche Sanktionen sollten wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.
Die ordnungsgemäße Umsetzung dieser Richtlinie in jedem betroffenen Mitgliedstaat ist für die Förderung der Kapitalmarktunion insgesamt sowie für den Schutz der Steuereinnahmen der Mitgliedstaaten von entscheidender Bedeutung. Daher sollten die Mitgliedstaaten der Kommission regelmäßig statistische Informationen über die Umsetzung und Durchsetzung der gemäß dieser Richtlinie erlassenen nationalen Maßnahmen in ihrem Hoheitsgebiet übermitteln. Die Kommission sollte auf der Grundlage der von den Mitgliedstaaten bereitgestellten Informationen und anderer verfügbarer Daten eine Bewertung der Wirksamkeit der anwendbaren Vorschriften vornehmen. In diesem Zusammenhang sollte die Kommission etwaige Aktualisierungen der mit dieser Richtlinie eingeführten Vorschriften in Erwägung ziehen.
Zur Gewährleistung einheitlicher Bedingungen für die Umsetzung dieser Richtlinie, insbesondere für die digitale Bescheinigung über die steuerliche Ansässigkeit, das Portal, die Meldung von Finanzintermediären, die Erklärung des eingetragenen Eigentümers und den Antrag auf Entlastung gemäß dieser Richtlinie, sollten der Kommission Durchführungsbefugnisse zur Festlegung von Standardformularen mit einer beschränkten Anzahl von Bestandteilen, einschließlich der Sprachenregelung, übertragen werden. Diese Befugnisse sollten im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates [5] ausgeübt werden.
Die Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen dieser Richtlinie sollte im Einklang mit der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates [6] erfolgen. Mit den in dieser Richtlinie vorgesehenen Datenverarbeitungsprozessen wird das Ziel verfolgt, einem allgemeinen öffentlichen Interesse – nämlich der Frage der Besteuerung – zu dienen, sowie die weiteren Ziele der Bekämpfung von Steuerbetrug, Steuerhinterziehung und Steuervermeidung, der Sicherung der Steuereinnahmen und der Förderung einer gerechten Besteuerung, die die Möglichkeiten für die soziale, politische und wirtschaftliche Integration in den Mitgliedstaaten verbessert. Für die Zwecke der ordnungsgemäßen Anwendung dieser Richtlinie und zur Gewährleistung der Verwirklichung dieser Ziele des allgemeinen öffentlichen Interesses sollten die Mitgliedstaaten daher die Möglichkeit haben, den Umfang bestimmter in der Verordnung (EU) 2016/679 festgelegter Rechte betroffener Personen zu beschränken. Solche Beschränkungen sollten jedoch nicht über das für die Verwirklichung dieser Ziele unbedingt erforderliche Maß hinausgehen. In Bezug auf die zusätzlichen Informationen, die gemäß dieser Richtlinie zum Nachweis der steuerlichen Ansässigkeit des Steuerpflichtigen verlangt werden könnten, sollte die Einholung solcher Informationen in Bezug auf eine natürliche Person so verstanden werden, dass sie sich auf die Identifizierung der natürlichen Person beschränkt.
Da das Ziel dieser Richtlinie von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann, sondern vielmehr wegen des grenzüberschreitenden Charakters der betreffenden Transaktionen und der Notwendigkeit, die Befolgungskosten im gesamten Binnenmarkt zu senken, auf Unionsebene besser zu verwirklichen ist, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das für die Verwirklichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.
Der Europäische Datenschutzbeauftragte wurde gemäß Artikel 42 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2018/1725 des Europäischen Parlaments und des Rates [7] angehört und hat am eine Stellungnahme abgegeben –
HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:
Fundstelle(n):
SAAAJ-83645
1Amtl. Anm.: Stellungnahme vom (veröffentlicht in ABl C, C/2024/6762, , ELI: http://data.europa.eu/eli/C/2024/6762/oj) und Stellungnahme vom (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).
2Amtl. Anm.: ABl C, C/2024/1580, , ELI: http://data.europa.eu/eli/C/2024/1580/oj.
3Amtl. Anm.: Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (ABl L 176 vom , S. 1).
4Amtl. Anm.: Richtlinie (EU) 2016/2341 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Dezember 2016 über die Tätigkeiten und die Beaufsichtigung von Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (EbAV) (ABl L 354 vom , S. 37).
5Amtl. Anm.: Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (ABl L 55 vom , S. 13).
6Amtl. Anm.: Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl L 119 vom , S. 1).
7Amtl. Anm.: Verordnung (EU) 2018/1725 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 und des Beschlusses Nr. 1247/2002/EG (ABl L 295 vom , S. 39).