Instanzenzug: LG Duisburg Az: 34 KLs 1/23
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „des Unternehmens der Drittbesitzverschaffung von kinderpornographischen Schriften in vier Fällen und ihres Besitzes“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die allgemeine Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2Die sachlichrechtliche Nachprüfung des Urteils führt lediglich zu einer Änderung des Schuldspruchs und zum Entfall der Einzelfreiheitsstrafe von drei Monaten, die wegen des - als tatmehrheitlich begangen abgeurteilten - Besitzes kinderpornographischer Schriften verhängt worden ist.
3Insoweit hat der Generalbundesanwalt das Folgende ausgeführt:
„Indes bedarf der Schuldspruch der Korrektur dahin, dass der ausgeurteilte Besitz kinderpornographischer Schriften nicht rechtlich selbständig (§ 53 StGB) neben den Drittbesitzverschaffungen steht, sondern tateinheitlich mit diesen zusammentrifft (§ 52 StGB). Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, inwiefern den vier Fällen der Weitergabe jeweils dieselbe Datei des fraglichen Videos zugrunde lag (vgl. UA S. 6 [‚mehrfach unter verschiedenen Dateibezeichnungen gespeichert‘]; S. 11 [‚jeweils verschickten identischen vier Dateien des Videos‘]); es genügt, dass der Angeklagte im gesamten Tatzeitraum über sämtliche Dateien verfügte (vgl. UA S. 7 oben).
1. Der zeitgleiche Besitz von verbreiteten bzw. öffentlich zugänglich gemachten sowie darüber hinausgehenden kinderpornografischen Schriften verknüpft den unerlaubten Besitz kinderpornografischer Schriften mit jeder Verbreitungshandlung zu einer einheitlichen Tat. Insoweit gilt: Zwar verdrängen die Tathandlungsvarianten des Verbreitens bzw. des öffentlichen Zugänglichmachens kinderpornografischer Schriften grundsätzlich diejenige des unerlaubten Besitzes solcher Schriften als subsidiären Auffangtatbestand. Dies betrifft jedoch ausschließlich den Zeitraum der Zugänglichmachung, nicht jedoch die Zeit danach, und nur die zugänglich gemachten Dateien. Geht der Besitz kinderpornografischer Schriften in zeitlicher oder quantitativer Hinsicht über den für das Verbreiten bzw. öffentliche Zugänglichmachen erforderlichen Besitz derartiger Schriften hinaus, tritt das Dauerdelikt des verbotenen Besitzes kinderpornografischer Schriften tateinheitlich neben das jeweilige Verbreitungsdelikt. Dabei liegt dem verbotenen Besitz mehrerer kinderpornografischer Schriften ein einheitlicher Verstoß gegen § 184b Abs. 3 Alt. 2 StGB zugrunde. Bei gleichzeitigem Besitz von verbreiteten bzw. öffentlich zugänglich gemachten kinderpornografischen Schriften und weiterem, darüberhinausgehend gespeicherten verbotenem Material bleibt danach kein Raum für eine tatmehrheitliche Verurteilung (s. , juris Rn. 18 f.; s.a. Beschlüsse vom - 1 StR 424/21, juris Rn. 6; vom - 3 StR 86/19, juris Rn. 6; vom - 3 StR 180/18, juris Rn. 15; abweichend womöglich , juris Tenor und Rn. 3 f. unter Verneinung eines Besitzes, der ‚in zeitlicher oder quantitativer Hinsicht über den für das Verbreiten erforderlichen Besitz hinausgeht‘, obgleich ‚der Angeklagte das Video zuvor und danach in Besitz hatte‘). Da es sich bei der Drittbesitzverschaffung gemäß § 184b Abs. 1 Nr. 2 StGB um eine dem Verbreiten und öffentlich Zugänglichmachen nach § 184b Abs. 1 Nr. 1 Var. 1 und Var. 2 StGB gleichgestellte Tatbestandsvariante handelt, kann insoweit nichts Anderes gelten (, juris Rn. 6; s.a. Beschluss vom - 3 StR 123/23, juris Rn. 19, wobei die dortige Ablehnung des Besitztatbestandes wohl der mangelnden Feststellung einer über die Momente der Drittbesitzverschaffung hinausgehenden Verfügungsgewalt geschuldet gewesen sein dürfte).
2. Gemessen daran - und entgegen der Würdigung des Landgerichts (UA S. 17) - steht der durchgängig verwirklichte und einheitlich (im Sinne einer Tat) gegen § 184b Abs. 3 StGB verstoßende Besitz nicht in Tatmehrheit mit den Taten der Drittbesitzverschaffung (die ihrerseits erst durch die Besitzausübung ermöglicht wurden), sondern mit diesen jeweils in Tateinheit. Denn nach der ersten Drittbesitzverschaffung sowie vor und nach jeder weiteren Versendung kam dem Besitz wieder eigenständige Bedeutung zu, wobei er andererseits nicht in der Lage ist, die Drittbesitzverschaffungen zu verklammern (vgl. , juris Rn. 3 f.; SK-StGB/Greco, 10. Aufl. 2024, § 184b Rn. 48). Zudem begründet der zumindest teilweise im Bundesgebiet ausgeübte Besitz insgesamt die deutsche Strafgewalt (§ 3 StGB), ohne dass es darauf ankommt, von wo aus die Dateiversendungen erfolgt sind (vgl. UA S. 8, 12 und dazu , BGHSt 67, 177, juris Rn. 21 ff.).
3. § 265 StPO steht der beantragten Schuldspruchberichtigung nicht entgegen, weil sich der insoweit geständige Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
Mit der Korrektur des Schuldspruchs einher geht der Wegfall der Einzelfreiheitsstrafe von drei Monaten, die wegen des (als rechtlich selbständig zur Verurteilung gelangten) Besitztatbestandes verhängt wurde (UA S. 19 f.; vgl. dazu ). Die weiteren Einzelstrafen und die Gesamtstrafe wiederum können bestehen bleiben.“
4Dem tritt der Senat bei.
5Der geringfügige Teilerfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten teilweise von den durch sein Rechtsmittel veranlassten Kosten und Auslagen freizustellen (§ 473 Abs. 4 StPO).
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:111224B3STR334.24.0
Fundstelle(n):
NAAAJ-83596