Gewerbesteuer | Keine erweiterte Grundbesitzkürzung bei unterjährigem Erwerb von Grundbesitz und zuvor getätigten Vorbereitungsmaßnahmen (FG)
Eine nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG begünstigte Tätigkeit liegt dann nicht vor, wenn das wirtschaftliche Eigentum am Grundbesitz erst nach Beginn des Erhebungszeitraums erlangt wird, selbst wenn zuvor erhebliche Maßnahmen in Bezug auf den Grundbesitz erfolgt sind (; Revision zugelassen).
Hintergrund: Die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen wird nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG um 1,2 % des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörenden Grundbesitzes gekürzt. Nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG in der im Streitjahr 2019 geltenden Fassung tritt an die Stelle der Kürzung nach Satz 1 auf Antrag bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen errichten und veräußern, die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt. Zweck dieser erweiterten Kürzung ist es, die Erträge aus der bloßen Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes der kraft ihrer Rechtsform gewerbesteuerpflichtigen Kapitalgesellschaften von der Gewerbesteuer aus Gründen der Gleichbehandlung mit Steuerpflichtigen freizustellen, die nur Grundstücksverwaltung betreiben (vgl. –, BFHE 192, 100, BStBl II 2001, 359, m.w.N.).
Sachverhalt: Die Klägerin ist eine GmbH, die Ende des Jahres 2018 Grundstücke erwarb mit der Absicht diese langfristig zu halten und zu vermieten. Unmittelbar nach Erwerb hatte die Klägerin diverse Maßnahmen zur Vorbereitung der Vermietung der erworbenen Immobilien ausgeführt. Der Übergang von Nutzen und Lasten der Grundstücke auf die Klägerin erfolgte Mitte des Jahres 2019. Kurze Zeit später veräußerte die Klägerin die Grundstücke. Zum aktivierte die Klägerin die Grundstücke erstmals in ihrer Bilanz als Anlagevermögen. Die Klägerin beantragte im Jahr 2019 die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Das Finanzamt erkannte die erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung im Rahmen der Veranlagung nicht an.
Die hiergegen gerichtete Klage wurde als unbegründet zurückgewiesen:
Der Begriff der Ausschließlichkeit in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ist gleichermaßen qualitativ, quantitativ sowie zeitlich zu verstehen. In zeitlicher Hinsicht hat dies zur Folge, dass der Unternehmer während des gesamten Erhebungszeitraums der gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG begünstigten Tätigkeit nachgehen muss.
Zwar ist es nicht erforderlich, dass die Grundstücksverwaltung während des gesamten Erhebungszeitraums bestanden haben muss. Aber solange das Unternehmen während des Erhebungszeitraums überhaupt tätig ist, muss seine Haupttätigkeit in der schlichten Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes durchgängig bestehen, um begünstigt zu sein.
Die erweiterte Gewerbeertragskürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG scheidet mangels „ausschließlicher” Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes aus, wenn der Unternehmer zwar bereits vor dem Erhebungszeitraum erstmals Grundbesitz gekauft und unmittelbar nach Abschluss der notariellen Kaufverträge sofort mit einer werbenden Tätigkeit begonnen hat (unter anderem Beginn eines Umnutzungsverfahrens mit Vollmacht des Veräußerers, Beauftragung eines Architekturbüros, Verhandlungen mit potentiellen Mietern), jedoch das wirtschaftliche Eigentum (Nutzen und Lasten) an dem Grundbesitz erst mehr als vier Monate nach Beginn des Erhebungszeitraums übergegangen ist.
Die im Vorfeld des Nutzen-Lasten Wechsels durchgeführten Maßnahmen der Klägerin stellen somit keine „Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes” dar. Folglich hat die Klägerin keinen Anspruch auf die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG, da sie nicht während des gesamten Erhebungszeitraums ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet oder genutzt hat.
Das Gericht hat die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache und zur Fortbildung des Rechts zugelassen. Ein Aktenzeichen des BFH ist noch nicht veröffentlicht worden.
Quelle: ; NWB Datenbank (lb)
Fundstelle(n):
YAAAJ-83442