BGH Beschluss v. - 5 StR 358/24

Instanzenzug: Az: 612 KLs 7/23

Gründe

1Das Landgericht hat die Angeklagte A.         A.         wegen unerlaubten Besitzes einer halbautomatischen Kurzwaffe in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Patronenmunition zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt. Vom gesonderten Vorwurf des besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung hat es beide Angeklagte aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Die Nebenklägerin greift das Urteil mit der unausgeführten Sachrüge umfassend an. Hinsichtlich der Angeklagten A.          A.           ist die mit der Sachrüge geführte Revision der Nebenklägerin unzulässig, hinsichtlich der Angeklagten S.            A.          ist das ebenfalls auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Rechtsmittel hingegen zulässig erhoben.

21. Die Revision der Nebenklägerin ist hinsichtlich der Angeklagten A.             A.           unzulässig.

3Nach § 400 Abs. 1 StPO kann ein Nebenkläger ein Urteil nicht mit dem Ziel anfechten, dass eine andere Rechtsfolge der Tat verhängt oder dass der Angeklagte wegen einer Gesetzesverletzung verurteilt wird, die nicht zum Anschluss als Nebenkläger berechtigt. Die Begründung seiner Revision muss daher erkennen lassen, dass er mit dem Rechtsmittel ein zulässiges Ziel verfolgt, also einen bisher unterbliebenen Schuldspruch des Angeklagten (auch) wegen einer Straftat, welche die Berechtigung zum Anschluss an das Verfahren begründet; wird eine derartige Präzisierung bis zum Ablauf der Revisionsbegründungsfrist nicht vorgenommen, ist das Rechtsmittel unzulässig (st. Rspr.; vgl. mwN).

4So liegt der Fall hier. Die Nebenklägerin hat die Revision lediglich mit der unausgeführten Sachrüge begründet, obwohl die Angeklagte wegen eines Waffendelikts verurteilt und lediglich teilweise freigesprochen worden ist. Sie hat daher entgegen den Anforderungen des § 400 Abs. 1 StPO nicht hinreichend dargelegt, inwieweit sie in ihrer Stellung als Nebenkläger durch das Urteil beschwert und welches ihre Anschlussbefugnis stützende Strafgesetz verletzt sein soll. Vielmehr kann angesichts ihrer unbeschränkt eingelegten Revision nicht ausgeschlossen werden, dass sie lediglich eine andere Rechtsfolge für das abgeurteilte Waffendelikt erstrebt. Die Erhebung der unausgeführten Sachrüge genügt den Anforderungen an die Zulässigkeit einer Nebenklägerrevision daher nicht (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 3 StR 400/18; vom – 4 StR 489/17). Mit Blick auf die strengen Formvorgaben des Rechtsmittelrechts und die Dispositionsbefugnis der – anwaltlich vertretenen – Beschwerdeführerin über die Weite ihres Rechtsmittelangriffs kommt eine eigenmächtige Reduktion auf den gesetzlich zulässigen Anfechtungsumfang nicht in Betracht (vgl. LK-Wenske, StPO, 27. Aufl., § 400 Rn. 19).

52. Die Revision der Nebenklägerin ist hinsichtlich der Angeklagten S.            A.         hingegen zulässig.

6Zwar hat die Nebenklägerin auch insoweit lediglich die allgemeine Sachrüge erhoben. Es ergibt sich aber in der Zusammenschau mit der unverändert zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklageschrift unzweifelhaft, dass sie insofern ein berechtigtes Anfechtungsziel im Sinne des § 400 Abs. 1 StPO verfolgt:

7Die Angeklagte ist umfassend freigesprochen worden. Bei den ihr zur Last gelegten Delikten handelt es sich ausschließlich um solche, die die Beschwerdeführerin zum Anschluss als Nebenkläger berechtigen. Die gefährliche Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 StGB) ist ein Nebenklagedelikt nach § 395 Abs. 1 Nr. 3 StPO; die Anschlussberechtigung ist daher schon durch die Anschlusserklärung im Sinne des § 396 Abs. 1 Satz 1 StPO begründet worden, ohne dass es hierfür eines gerichtlichen Zulassungsbeschlusses bedurft hätte (vgl. mwN). Im Übrigen hat die Strafkammer gemäß § 396 Abs. 2 StPO „beschlossen“, dass „die Nebenklägerin … berechtigt [ist], sich dem Verfahren anzuschließen“. Damit ist die Beschwerdeführerin (konstitutiv) auch hinsichtlich des der Angeklagten zur Last gelegten Nebenklagedelikts des besonders schweren Raubes nach § 249 Abs. 1, § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB (§ 395 Abs. 3 StPO) als Nebenklägerin zugelassen. Betrifft der Freispruch eines Angeklagten aber allein nebenklagefähige Delikte, für die – wie hier – die Nebenklagebefugnis nach § 395 Abs. 1, § 396 Abs. 1 StPO und § 359 Abs. 3, § 396 Abs. 2 StPO gegeben ist, genügt die unausgeführte Sachrüge ausnahmsweise den Anforderungen des § 400 Abs. 1 StPO, weil dann das (berechtigte) Anfechtungsziel keinem Zweifel unterliegt (vgl. LK-Wenske, aaO, Rn. 22; ebenso KK-StPO/Allgayer, 9. Aufl., § 400 Rn. 3).

8Die Sache wird daher insoweit an den Generalbundesanwalt zur Stellung eines Antrags in der Sache zurückgegeben.

Cirener                            Gericke                            Köhler

                      Resch                           Werner

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:081024B5STR358.24.0

Fundstelle(n):
TAAAJ-83393