Anerkennung eines qualifizierten Dienstunfalls; Sachverhaltsaufklärung
Gesetze: § 37 Abs 1 S 1 BeamtVG SL 2008, § 86 Abs 1 VwGO, § 108 Abs 2 VwGO, Art 103 Abs 1 GG
Instanzenzug: Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Az: 1 A 100/21 Urteilvorgehend Verwaltungsgericht des Saarlandes Az: 2 K 1611/17 Urteil
Gründe
1Der Kläger begehrt die Anerkennung eines im August 2012 erlittenen Dienstunfalls als qualifizierten Dienstunfall.
21. Der 1984 geborene Kläger stand zuletzt im Amt eines Brandmeisters (Besoldungsgruppe A 7 LBesO) im Dienst der Stadt S. Am war der Kläger bei einem nächtlichen Wohnungsbrand mit Menschenrettung eingesetzt, bei dem vier Kinder einer siebenköpfigen Familie nicht gerettet werden konnten. Der Beklagte erkannte mit Bescheid vom Dezember 2014 das Ereignis wegen der dadurch beim Kläger hervorgerufenen posttraumatischen Belastungsstörung als Dienstunfall an. In der Folge war der Kläger ununterbrochen dienstunfähig erkrankt. Mit Wirkung vom wurde er wegen dauernder Dienstunfähigkeit infolge des Dienstunfalls in den Ruhestand versetzt. Er erhält wegen der dienstunfallbedingten Minderung der Erwerbsfähigkeit um 50 v. H. Unfallruhegehalt.
3Mit Bescheid vom September 2016 lehnte der Beklagte die Anerkennung des erlittenen Dienstunfalls als qualifizierten Dienstunfall ab. Die nach erfolglos durchgeführtem Widerspruchsverfahren erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Die zugelassene Berufung hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Voraussetzungen für die Anerkennung des Unfallereignisses als qualifizierten Dienstunfall seien nicht gegeben. Nach dem eingeholten Sachverständigengutachten vom Dezember 2022 und dessen Erläuterung durch den Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung stehe zur Überzeugung des Senats fest, dass der Feuerwehreinsatz im August 2012 für den Kläger zu keinem Zeitpunkt mit einer besonderen, über das übliche Maß der Lebens- und Gesundheitsgefährdung hinausgehenden Lebensgefahr verbunden gewesen sei. Es habe sich um einen Wohnungsbrand gehandelt, der für ausgebildete und adäquat ausgestattete Feuerwehrleute weder typischerweise mit dem Risiko lebensgefährlicher Verletzungen einhergegangen sei noch unter den konkreten Umständen unerwartet zu derartigen Gefährdungen geführt habe.
42. Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision ist teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet.
5a) Ein Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegt nicht vor, soweit die Beschwerde geltend macht, das Berufungsgericht habe gegen seine Aufklärungspflicht gemäß § 86 Abs. 1 VwGO verstoßen, weil es kein weiteres Sachverständigengutachten zur Erforschung der Gefährlichkeit der Dienstverrichtung des Klägers bei seinem Einsatz im August 2012 eingeholt habe.
6aa) Nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO obliegt den Tatsachengerichten die Pflicht, jede mögliche Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts bis zur Grenze der Zumutbarkeit zu versuchen, sofern dies nach ihrem materiell-rechtlichen Rechtsstandpunkt für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich ist (stRspr, vgl. etwa 8 C 15.84 - BVerwGE 71, 38 <41> und vom - 9 C 12.87 - Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 31 S. 1; Beschluss vom - 2 B 15.14 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 11 Rn. 16 ff.). Ob das Tatsachengericht, nachdem es im gerichtlichen Verfahren selbst ein Gutachten nach Maßgabe der § 98 VwGO i. V. m. §§ 402 ff. ZPO eingeholt hat, eine weitere Begutachtung (durch denselben oder einen anderen Sachverständigen) anordnet, entscheidet es nach seinem Ermessen (§ 98 VwGO i. V. m. § 412 Abs. 1 ZPO). Die unterlassene Einholung zusätzlicher Gutachten kann deshalb nur dann verfahrensfehlerhaft sein, wenn das vorliegende Gutachten seinen Zweck nicht zu erfüllen vermag, dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erforderliche Sachkunde zu vermitteln und ihm dadurch die Bildung der für die Entscheidung notwendigen Überzeugung zu ermöglichen. Dies ist im Allgemeinen der Fall, wenn die vorhandene sachverständige Stellungnahme von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, inhaltliche Widersprüche oder fachliche Mängel aufweist oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Gutachters besteht (BVerwG, Beschlüsse vom - 2 B 3.09 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 5 Rn. 7 und vom - 2 B 12.18 - Buchholz 239.1 § 36 BeamtVG Nr. 3 Rn. 9).
7Die dabei vom Tatsachengericht vorzunehmende Würdigung darf vom Revisionsgericht nicht daraufhin überprüft werden, ob sie überzeugend ist, ob festgestellte Einzelumstände mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die abschließende Beweiswürdigung eingegangen sind und ob diese Einzelumstände die Würdigung tragen. Solche Fehler sind revisionsrechtlich regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem materiellen Recht zuzuordnen und können einen Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO grundsätzlich nicht begründen. Ein Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) hat jedoch dann den Charakter eines Verfahrensfehlers, wenn das Tatsachengericht allgemeine Sachverhalts- und Beweiswürdigungsgrundsätze verletzt hat. Das Ergebnis der gerichtlichen Beweiswürdigung selbst ist vom Revisionsgericht nur daraufhin nachzuprüfen, ob es gegen Logik (Denkgesetze) und Naturgesetze verstößt oder gedankliche Brüche und Widersprüche enthält (stRspr, vgl. 2 C 30.05 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 50 Rn. 16 sowie Beschlüsse vom - 2 B 5.17 - juris Rn. 17, vom - 2 B 65.18 - Buchholz 237.1 Art. 87 BayLBG Nr. 1 Rn. 4 und vom - 2 B 5.19 - Buchholz 232.01 § 26 BeamtStG Nr. 11 Rn. 21 ff.).
8bb) Ausgehend von diesen Maßstäben ist das Vorgehen des Berufungsgerichts verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden.
9Verfahrensrechtlich unbedenklich hat das Oberverwaltungsgericht in Bezug auf die vom Kläger im Mai 2023 vorgelegten Vernehmungsprotokolle (Ausdrucke von einem USB-Stick, UA S. 14), die nicht Teil der von der Staatsanwaltschaft beigezogenen Ermittlungsakten waren, keinen Anlass für eine weitere Sachverhaltsaufklärung gesehen. Es hat die Protokolle über die Vernehmungen der am Einsatz beteiligten Feuerwehrbeamten - ungeachtet ihrer Authentizität - dahingehend gewürdigt, dass sie ihrem Inhalt nach nicht geeignet seien, die Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen zu bezweifeln. Zur Begründung hat es die wesentlichen Aussagen der Feuerwehrbeamten dargestellt und nachvollziehbar ausgeführt, dass diese die Richtigkeit der Feststellungen des Gutachters zum Brandgeschehen, insbesondere zur Raumtemperatur bei derartigen Brandereignissen, zur Leistungsfähigkeit der getragenen Schutzkleidung und zum Einsatz von Strahlrohrtechnik nicht in Frage stellen (vgl. UA S. 15 ff.).
10Soweit das Berufungsgericht die Tatsachengrundlage des Sachverständigengutachtens nicht dadurch nachträglich als in Frage gestellt angesehen hat, dass ausweislich dieser Vernehmungsprotokolle die Feuerwehrbeamten im Erstangriff wegen der Eilbedürftigkeit der Menschenrettung anfänglich Eigensicherungsmaßnahmen (Mitführen eigener Wasserversorgung) außer Acht gelassen hätten, ist dies revisionsrechtlich auch nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht hat diesen im Zeitpunkt der Begutachtung unbekannten Sachverhalt - von seinem Rechtsstandpunkt aus gesehen zutreffend - als nicht entscheidungserheblich angesehen. Es hat festgestellt, dass der Kläger - wie die Beschwerde im Übrigen auch einräumt (vgl. Beschwerdebegründung S. 4) - nicht zu den Feuerwehrbeamten des ersten Trupps im Erstangriff, sondern des vierten Trupps im Innenangriff (UA S. 13 f.) gehört habe, bei dessen Einsatz es kein offenes Feuer mehr in der Wohnung gegeben habe und dort zwei Löschschläuche vorhanden gewesen seien (vgl. UA S. 17 f., 27).
11Ohne Erfolg bleibt die Rüge der Beschwerde, das Sachverständigengutachten weise inhaltliche Widersprüche und fachliche Mängel auf, weil der Sachverständige bei der Beurteilung der Gefahrenlage nur auf die Gesichtspunkte Atemgifte und Ausbreitung des Brandes, nicht aber auf das Brandverhalten von Baustoffen und die Auswirkungen eines Brandes auf die Tragfähigkeit von Bauteilen auf Basis bauphysikalischer Berechnungen unter Berücksichtigung aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse eingegangen sei.
12Diese Kritik der Beschwerde geht an den Aussagen des gerichtlichen Sachverständigen und deren tatrichterlichen Würdigung vorbei. Das Berufungsgericht ist aufgrund des Gutachtens und seiner Erläuterung durch den Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung zu der in sich stimmigen Überzeugung gelangt, dass der Grad der Gefährlichkeit der Dienstverrichtung in einem brennenden Gebäude durch verschiedene Einflussgrößen zu bestimmen sei, zu denen auch die Auswirkungen des Brandes auf die Bausubstanz gehörten (vgl. UA S. 12, Sachverständigengutachten S. 12), eine Beeinträchtigung der Tragfähigkeit der Deckenkonstruktion und damit des Dachbodens im vorliegenden Fall aber nicht gegeben gewesen sei (vgl. UA S. 20 ff.). Nachvollziehbar hat es ausgeführt, dass die Schlussfolgerungen des Sachverständigen zu Art und Umfang der Beschädigung der Decke den Feststellungen im Brandursachengutachten vom September 2012 und der dortigen Fotodokumentation sowie den Feststellungen im Brandursachenbericht vom August 2012 (kein Durchbrand, nur herabgefallene Verkleidung der Deckenunterseite auf einer Fläche von ca. 4 qm, schwache Brandzehrung der oberseitig aufliegenden Holzdielen) entsprächen. Auch ist vom Berufungsgericht die in die gutachterliche Bewertung einbezogene Warnung eines Feuerwehrbeamten vor dem Durchbiegen der Decke gewürdigt worden (UA S. 20 f.), indem es diesen Umstand mangels Dokumentation einer entsprechenden Gefahrenzone im Einsatzbericht als nicht ausreichend angesehen hat, um auf die Gefahr eines Deckendurchbruchs zu schließen. Folglich kam es aus Sicht des Berufungsgerichts auf die vom Kläger auf dem Dachboden zurückgelegte Wegstrecke nicht an. Nicht zu beanstanden ist schließlich, dass das Berufungsgericht keinen tragfähigen Ansatzpunkt dafür gesehen hat, den Sachverhalt durch bauphysikalische Berechnungen unter Berücksichtigung aktueller wissenschaftlicher Grundlagen und Studien weiter aufzuklären (UA S. 22 ff.). Die Behauptungen des Klägers zu deren Erforderlichkeit sind spekulativ; derartige Äußerungen mussten das Berufungsgericht nicht zu weiteren Ermittlungen veranlassen.
13Die Beschwerde zeigt ferner keine Umstände auf, die Zweifel daran wecken, dass dem vom Gericht bestellten Gutachter ausgehend von seiner Ausbildung die für die Beantwortung der aufgeworfenen Fragen erforderliche Sachkunde fehlt. Aus den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts, die insoweit, wie ausgeführt, nicht mit begründeten Verfahrensrügen angegriffen werden, ergibt sich nicht, dass es zu einer Beeinträchtigung des Dachbodens gekommen ist, zu deren Beurteilung es zwingend der Ausbildung als Statiker, Bauingenieur oder Brandschutzingenieur bedurft hätte.
14Soweit die Beschwerde einerseits kritisiert, die Tatsachengrundlage des Gutachtens sei wegen der dem Sachverständigen bewusst vorenthaltenen Stellungnahme des Amtsleiters Sch. unzureichend, und andererseits rügt, aus der - nicht näher dargelegten - vormaligen Kollegenschaft des Amtsleiters Sch. und des Gutachters sei dessen Unparteilichkeit in Zweifel zu ziehen, ist das Vorbringen in sich widersprüchlich und genügt den Darlegungsanforderungen (vgl. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO) nicht. Gleiches gilt, soweit die Beschwerde im Übrigen ungeachtet ihrer Einkleidung als Aufklärungsrüge oder Gehörsrüge (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) dadurch gekennzeichnet ist, dass sie ihre eigenen Wertungen an die Stelle derjenigen des Berufungsgerichts setzt.
15b) Die Revision ist auch nicht wegen der von der Beschwerde geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.
16Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist. Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist oder auf der Grundlage der bestehenden bundesgerichtlichen Rechtsprechung mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregeln auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens eindeutig beantwortet werden kann (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom - 2 B 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 4, vom - 2 B 107.13 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 20 Rn. 9 und vom - 2 B 5.19 - NVwZ-RR 2020, 933 Rn. 6).
17aa) Die von der Beschwerde bezeichnete Frage,
"ob in Bezug auf die Diensthandlung eines Feuerwehrmanns in Gestalt der Suche nach in der Wohnung befindlichen Personen der Umstand, dass wegen der Eilbedürftigkeit einer Rettungsmaßnahme anfänglich Eigensicherungsmaßnahmen außer Acht gelassen werden, zur Folge gehabt hat, dass sich der Betroffene bei Ausübung der Tätigkeit seiner Diensthandlung einer mit diesen Diensthandlungen verbundenen besonderen Lebensgefahr im Sinne des § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG Saarland ausgesetzt hat,"
genügt diesen Anforderungen nicht. Sie bezieht sich auf die Umstände des konkreten Einzelfalls und ist daher einer rechtsgrundsätzlichen Klärung nicht zugänglich.
18Selbst wenn man dem Beschwerdevorbringen bei rechtsschutzfreundlicher Auslegung das Aufwerfen der Frage entnimmt, ob Feuerwehrbeamte bei der Dienstverrichtung einer besonderen Lebensgefahr im Sinne des § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG SL ausgesetzt sein können, wenn sie bei einer Rettungsmaßnahme mit dem Ziel der Menschenrettung dienstliche Vorgaben zur Eigensicherung außer Acht lassen, ist die Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht zuzulassen.
19Dies folgt nicht bereits daraus, dass es sich bei der hier maßgeblichen Vorschrift des § 37 Abs. 1 BeamtVG SL in der Fassung vom (Amtsbl. 2008 S. 1062) um ausgelaufenes Recht handelt. Die am in Kraft getretene Regelung des § 40 Abs. 1 Satz 1 SBeamtVG vom (Amtsbl. I 2021 S. 2547) entspricht inhaltlich der Vorläufernorm des § 37 Abs. 1 BeamtVG SL (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom - 2 B 35.10 - juris Rn. 5, vom - 8 B 40.12 - juris Rn. 5 und vom - 2 B 33.23 - juris Rn. 15 m. w. N. zur Grundsatzrevision bei ausgelaufenem Recht).
20Die Rechtsfrage würde sich jedoch in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts (UA S. 14 und 17), an die der Senat mangels durchgreifender Verfahrensrügen (siehe oben 2. a) bb)) in einem Revisionsverfahren gebunden wäre (vgl. § 137 Abs. 2 VwGO), haben nur die im Erstangriff tätigen Feuerwehrbeamten im Interesse der Menschenrettung (ggf.) erforderliche Eigensicherungsmaßnahmen außer Acht gelassen, zu denen der Kläger nicht zählte.
21bb) Auch der weiter aufgeworfenen Frage,
"ob bei länger zurückliegenden Dienstunfällen aus dem Grundsatz der Fürsorgepflicht eine Beweislastumkehr bei qualifizierten Dienstunfällen besteht, wenn der Dienstherr den Sachverhalt nicht unmittelbar nach Eintreten des Dienstunfalls aufklärt, um zu prüfen, ob ein qualifizierter Dienstunfall vorliegt oder nicht,"
kommt keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung zu. Auch diese Rechtsfrage würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Die allgemeinen Grundsätze der Beweislastumkehr kommen nur zur Anwendung, wenn eine "non-liquet"-Situation vorliegt, bei der die Entscheidung von der Verteilung der materiellen Beweislast abhängt. Das Berufungsgericht ist aber nicht von einem "non-liquet" ausgegangen, sondern im Ergebnis der Beweisaufnahme zu der vollen Überzeugung gelangt, dass der Kläger bei seinen Diensthandlungen im Feuerwehreinsatz im August 2012 zu keinem Zeitpunkt einer damit verbundenen besonderen Lebensgefahr i. S. d. § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG SL ausgesetzt war (vgl. UA S. 28). Hiervon wäre mangels durchgreifender Verfahrensrügen (siehe oben 2 a) bb)) auch in einem Revisionsverfahren auszugehen (vgl. § 137 Abs. 2 VwGO).
22c) Die Revision ist auch nicht wegen der von der Beschwerde geltend gemachten Divergenz zuzulassen.
23Eine Divergenz i. S. v. § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO und § 127 Nr. 1 BRRG i. V. m. § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG setzt voraus, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der im Widerspruch zu einem Rechtssatz steht, den das Bundesverwaltungsgericht - oder bei Klagen aus dem Beamtenverhältnis ein anderes Oberverwaltungsgericht - aufgestellt hat. Zwischen den Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines Rechtsgrundsatzes bestehen (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n. F.> VwGO Nr. 26 S. 14 und vom - 2 B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 5).
24Die von der Beschwerde geltend gemachte rechtsgrundsätzliche Abweichung des Berufungsurteils vom - (juris) besteht tatsächlich nicht.
25Das OVG Rheinland-Pfalz hat in Auslegung der inhaltsgleichen Vorschrift des § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG (vgl. juris Rn. 30) und in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ( 2 C 51.11 - Buchholz 239.1 § 37 BeamtVG Nr. 4 Rn. 13; vgl. nachfolgend auch Beschluss vom - 2 B 12.14 - Buchholz 239.1 § 37 BeamtVG Nr. 5 Rn. 10) den Rechtssatz aufgestellt, die Annahme eines qualifizierten Dienstunfalls erfordere (u. a.), dass sich der Beamte der Gefährdung seines Lebens bei der Dienstverrichtung bewusst sei (vgl. juris Rn. 29). Dieser Rechtssatz liegt auch dem Berufungsurteil zu Grunde (vgl. UA S. 10).
263. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 und § 42 Abs. 1 Satz 1 GKG.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2024:271124B2B1.24.0
Fundstelle(n):
HAAAJ-83251