BGH Beschluss v. - I ZR 69/24

Instanzenzug: Az: 2 U 172/22vorgehend Az: 17 O 746/20

Gründe

1I. Die Klägerin ist ein Unternehmen, das zu einer US-amerikanischen Unternehmensgruppe gehört. Sie vertreibt seit ihrer Gründung 1999 Kleidungsstücke unter der Marke "PRPS". Die Klägerin war vom bis zum Inhaberin der am angemeldeten Unionswortmarke "PRPS", die Schutz für die Warenklassen 9, 18 und 25 beanspruchte, die jedoch nicht verlängert wurde. Die Klägerin ist zudem Inhaberin der Marke "PRPS" in Hongkong, Japan, Kanada, China, Mexiko, Taiwan und Südkorea. In den USA ist ihre Schwestergesellschaft Inhaberin der Marke "PRPS". Seit dem ist die Klägerin erneut Inhaberin der am angemeldeten Unionswortmarke "PRPS" für die Waren der Klassen 18 und 25.

2Die Beklagte zu 1 firmiert seit ihrer Gründung im August 2018 als "P.      GmbH". Ihr Geschäftsgegenstand ist der "Groß- und Einzelhandel, der Im- und Export sowie der Onlinehandel von Textilien, Accessoires und Schuhen". Der Beklagte zu 2 war ihr Alleingesellschafter und Geschäftsführer. Der Beklagte zu 3 ist der Cousin des Beklagten zu 2; er ist Inhaber der am angemeldeten und am beim Deutschen Patent- und Markenamt für die Warenklassen 18, 24 und 25 eingetragenen deutschen Wortmarke Nr. 30 2016 228 406 "PRPS". Er ist seit 1992 in führenden Positionen im Modebereich - insbesondere Jeans - tätig. Am erteilte der Beklagte zu 3 der Beklagten zu 1 eine ausschließliche Lizenz zur Nutzung der Marke "PRPS".

3Die Klägerin wendet sich gegen eine Verwendung des Zeichens "PRPS" durch die Beklagte zu 1 und mahnte die Beklagten mit Anwaltsschreiben vom , gestützt auf ihre PRPS-Unionsmarke, vergeblich ab. Der Beklagte zu 3 hatte bereits am , gestützt auf seine prioritätsältere deutsche PRPS-Marke, einen Nichtigkeitsantrag beim EUIPO gegen die PRPS-Unionsmarke der Klägerin gestellt. Das Verfahren vor dem EUIPO wurde im Hinblick auf das streitgegenständliche Klageverfahren im August 2020 ausgesetzt.

4Die Klägerin ist der Ansicht, die Anmeldung und Eintragung der deutschen PRPS-Marke durch den Beklagten zu 3 stelle eine wettbewerbswidrige Behinderung dar, weil sie bösgläubig erfolgt sei. Der Beklagte zu 3 habe die Marke ohne ernsthaften Benutzungswillen ausschließlich zu dem Zweck angemeldet, Dritte mit Unterlassungs- und Schadenersatzansprüchen zu überziehen.

5Das Landgericht hat - soweit noch von Bedeutung - der auf Unterlassung hinsichtlich der Benutzung des Zeichens "PRPS", Auskunftserteilung, Herausgabe und Feststellung der Schadensersatzpflicht gerichteten Klage, bezogen auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, stattgegeben, und außerdem den Beklagten zu 3 antragsgemäß zur Einwilligung in die Löschung der deutschen Wortmarke PRPS verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage insgesamt abgewiesen.

6II. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klage sei insgesamt unbegründet. Zur Begründung hat es ausgeführt:

7Der Klägerin stünden auf der Grundlage ihrer Unionsmarke "PRPS" bezogen auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland die nach Art. 130 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Art. 9 Abs. 2 UMV geltend gemachten Unterlassungsansprüche nicht zu, da dem die Rechte aus der prioritätsälteren deutschen Marke "PRPS" des Beklagten zu 3 entgegenstünden. Entgegen der Ansicht des Landgerichts könne sich die Klägerin gegenüber der prioritätsälteren Marke des Beklagten zu 3 und auch den Beklagten zu 1 und 2 gegenüber nicht darauf berufen, dass diese bösgläubig angemeldet worden sei. Eine bösgläubige Anmeldung des Zeichens "PRPS" durch den Beklagten zu 3 liege entgegen der Rechtsauffassung des Landgerichts nicht vor. Wegen des im Markenrecht geltenden Territorialitätsgrundsatzes sei es im Allgemeinen rechtlich unbedenklich, wenn im Inland ein Zeichen als Marke in Kenntnis des Umstands angemeldet werde, dass ein anderer das Zeichen im Ausland als Marke für ähnliche oder identische Waren benutze. Nur wenn zur Kenntnis von der Benutzung besondere Umstände hinzuträten, die das Verhalten des Anmelders als wettbewerbswidrig erscheinen ließen, stehe der markenrechtliche Territorialitätsgrundsatz der Anwendung des Wettbewerbsrechts nicht entgegen. Für solche besonderen Umstände kämen drei Fallgruppen in Betracht. Deren Voraussetzungen seien jedoch nicht erfüllt.

8Das Berufungsgericht hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin. Mit der angestrebten Revision möchte sie die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erreichen.

9III. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Sie führt gemäß § 544 Abs. 9 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die Nichtzulassungsbeschwerde rügt mit Recht, das Berufungsgericht habe das Verfahrensgrundrecht der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG in mehrfacher Hinsicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt.

101. Die Garantie rechtlichen Gehörs verpflichtet die Gerichte, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das Gericht braucht dabei zwar nicht jedes Vorbringen ausdrücklich zu bescheiden; geht es aber auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht ein, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert war (vgl. BVerfG, NJW-RR 2018, 694 [juris Rn. 18]; NVwZ 2019, 1276 [juris Rn. 17] mwN). Die grundrechtliche Gewährleistung des rechtlichen Gehörs vor Gericht schützt außerdem das Vertrauen der in erster Instanz siegreichen Partei darauf, vom Berufungsgericht rechtzeitig einen Hinweis zu erhalten, wenn dieses in einem entscheidungserheblichen Punkt der Vorinstanz nicht folgen will und aufgrund seiner abweichenden Ansicht eine Ergänzung des Sachvortrags erforderlich sein kann (vgl. , juris Rn. 8 mwN). Hinweise hat das Gericht gemäß § 139 Abs. 4 Satz 1 ZPO so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann gemäß § 139 Abs. 4 Satz 2 ZPO nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Erteilt das Berufungsgericht den Hinweis entgegen § 139 Abs. 4 Satz 1 ZPO erst in der mündlichen Verhandlung, so muss es der betroffenen Partei genügend Gelegenheit zur Reaktion hierauf geben. Ist offensichtlich, dass sich die Partei in der mündlichen Verhandlung nicht abschließend erklären kann, so muss das Gericht, wenn es nicht ins schriftliche Verfahren übergeht, die mündliche Verhandlung auch ohne einen Antrag auf Schriftsatznachlass vertagen, um Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Sofern die Akten die Erteilung des gebotenen Hinweises nicht hinreichend dokumentieren, gilt dieser als nicht erteilt (,

112. Nach diesen Maßstäben verletzt die angefochtene Entscheidung das Verfahrensgrundrecht der Klägerin aus Art. 103 Abs. 1 GG.

12a) Das Berufungsgericht hat angenommen, von einer bösgläubigen Markenanmeldung könne ausgegangen werden, wenn der Anmelder wisse, dass ein identisches oder verwechslungsfähig ähnliches Zeichen im Ausland bereits für zumindest gleichartige Waren benutzt werde, das ausländische Unternehmen die Absicht habe, das Zeichen in absehbarer Zeit auch im Inland zu benutzen und sich dem Anmelder diese Absicht zumindest habe aufdrängen müssen. Die Schwelle der als bloße Folge des Wettbewerbs hinzunehmenden Behinderung sei allerdings erst überschritten, wenn das betreffende Verhalten bei objektiver Würdigung der Umstände in erster Linie auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung des Mitbewerbers und nicht auf die Förderung des eigenen Wettbewerbs gerichtet sei. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen lasse sich nicht feststellen.

13Es könne nicht festgestellt werden, dass der Beklagte zu 3 im Zeitpunkt der Anmeldung der deutschen PRPS-Marke gewusst habe, dass ein identisches oder verwechslungsfähig ähnliches Zeichen im Ausland bereits für zumindest gleichartige Waren benutzt werde. Es spreche zwar eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Beklagte zu 3 die amerikanische Marke der Schwestergesellschaft der Klägerin positiv gekannt habe, weil die Parteien in einem Markt tätig seien, der sich stark an den Entwicklungen in den USA orientiere. Allerdings spreche der von der Klägerin nicht widerlegte Beklagtenvortrag in erheblichem Maße gegen eine positive Kenntnis des Beklagten zu 3 von den Markenrechten der Unternehmensgruppe der Klägerin in den USA. Nach dem Vortrag der Beklagten habe der Beklagte zu 3 das Zeichen "PRPS" in der konkreten graphischen Gestaltung bereits seit 1998 für Kleidungsstücke und auf Rechnungen benutzt, nachdem dieses graphische Zeichen im Jahr 1998 von M.     T.           entworfen worden sei. Die Klägerin habe diesen Vortrag zwar bestritten; dies genüge jedoch nicht. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorhandensein der Voraussetzungen einer bösgläubigen Anmeldung treffe denjenigen, der sich darauf berufe. Auf die vom Landgericht angestellten Vermutungen zu Zweifeln beziehungsweise der Authentizität der von den Beklagten vorgelegten Unterlagen zur Nutzung des Zeichens "PRPS" komme es daher nicht an. Es könne deswegen nicht ausgeschlossen werden, dass der Beklagte zu 3 zuerst das Zeichen "PRPS" in dieser konkreten graphischen Gestaltung seit 1998 für Kleidungsstücke benutzt habe und erst vier Jahre später im Jahr 2002 das Modelabel "PRPS" in den USA gegründet worden sei.

14Die Klägerin habe allerdings im Zeitpunkt der Markenanmeldung durch den Beklagten zu 3 die Absicht gehabt, das Zeichen "PRPS" im Inland zu benutzen. Dem Beklagten habe sich im Zeitpunkt der Anmeldung der deutschen Wortmarke "PRPS" am jedoch nicht aufdrängen müssen, dass die Klägerin zu diesem Zeitpunkt eine solche Absicht gehabt habe. Dagegen spreche in erheblichem Maße, dass die ursprüngliche Unionsmarke "PRPS" im Jahre 2014 nicht verlängert worden sei. Hierfür könne es zwar mehrere Ursachen geben. Für den Beklagten zu 3 habe durch die Nichtverlängerung der Marke jedoch der Eindruck entstehen können, dass beabsichtigt sei, den Vertrieb der Produkte mit dem Zeichen "PRPS" in Europa zu beenden. Der Beklagte zu 3 habe zwar mit der Möglichkeit einer Erschließung des europäischen Markts durch die Klägerin rechnen müssen; ihm habe sich die Absicht der Inlandsbenutzung jedoch nicht aufdrängen müssen.

15b) Die Beschwerde rügt mit Erfolg, dass das Berufungsgericht mit diesen Ausführungen das Gehörsrecht der Klägerin in mehrfacher Hinsicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.

16aa) Wie die Beschwerde mit Recht geltend macht, hat das Berufungsgericht bei seiner Beurteilung nicht berücksichtigt, dass es nach dem Vortrag der Klägerin auf ihrer Seite nicht bei der Absicht geblieben sei, das Zeichen "PRPS" im Inland zu benutzen, sondern sie das Zeichen tatsächlich durchgehend in Europa benutzt habe, ihr hätten lediglich in den Jahren 2014 bis 2017 entsprechende Markenrechte nicht zugestanden.

17(1) Das Berufungsgericht hat zwar im Zusammenhang mit seinen Erwägungen, mit denen es von einer auf Seiten der Klägerin bestehenden Absicht ausgegangen ist, das Zeichen "PRPS" im Inland zu verwenden, den unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Klägerin wiedergegeben, sie habe bis 2017 über einen exklusiven Vertriebspartner im Vereinigten Königreich und seit 2018 in Italien für die Marke "PRPS" in Europa und bis 2016 über einen exklusiven Handelsvertreter für die Marke "PRPS" in Deutschland verfügt. Es hat jedoch diesen Vortrag bei der Prüfung der Frage, ob sich dem Beklagten zu 3 bei Anmeldung der deutschen PRPS-Marke am hätte aufdrängen müssen, dass die Klägerin zu diesem Zeitpunkt beabsichtigt habe, das Zeichen "PRPS" im Inland zu benutzen, nicht berücksichtigt.

18(2) Dieser Vortrag ist entscheidungserheblich. Hätte das Berufungsgericht diesen Vortrag der Klägerin berücksichtigt, wäre es möglicherweise zu dem Ergebnis gelangt, dass sich dem Beklagten zu 3 das Bestehen einer solchen Vertriebsabsicht der Klägerin beziehungsweise die bereits bestehende Nutzung des Zeichens durch die Klägerin bei Anmeldung seiner Marke hätte aufdrängen müssen.

19bb) Die Beschwerde rügt außerdem mit Erfolg, dass das Berufungsgericht auf seine von der Ansicht des Landgerichts abweichende Auffassung nicht hingewiesen hat, auf die zweifelhafte Authentizität der von den Beklagten vorgelegten Unterlagen zur Nutzung des Zeichens "PRPS" seit 1998 komme es nicht an, da die Klägerin schon ihrer Darlegungs- und Beweislast nicht nachgekommen sei.

20(1) Das Landgericht hat die von den Beklagten vorgelegten Benutzungsunterlagen für nicht nachvollziehbar beziehungsweise unglaubhaft und jedenfalls nicht geeignet angesehen, die behauptete Verwendung des Zeichens PRPS zu belegen. Diesen Unterlagen und den Modezeichnungen sei gemein, dass sie keinerlei Bestätigung eines Dritten über die tatsächliche Nutzung des Zeichens enthielten. Wäre das Zeichen "PRPS" tatsächlich bereits seit den neunziger Jahren umfangreich im stationären sowie auch im Online-Handel genutzt worden, hätte es nahegelegen, entsprechendes Fotomaterial tatsächlich gefertigter Kleidungsstücke oder von Dritten geprüfte Buchhaltungsunterlagen mit durch die Nutzung des Zeichens erzielten Umsätzen vorzulegen. Dies hätten die Beklagten nicht getan. Die Kammer halte es für erwiesen, dass weder die Beklagte zu 1 noch der Beklagte zu 3 das Zeichen "PRPS" vor der Gründung der Klägerin tatsächlich verwendet hätten.

21(2) Es lässt sich der Akte, insbesondere dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht, nicht entnehmen, dass das Berufungsgericht auf seine hiervon abweichende Ansicht hingewiesen hätte. Im Berufungsurteil heißt es lediglich, das Berufungsgericht habe in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass es sich zu der Frage, ob die Voraussetzungen einer bösgläubigen Markenanmeldung vorlägen, noch keine abschließende Meinung gebildet habe, so dass die Klägerin keinen Anlass gehabt habe anzunehmen, dass es auf die Frage, ob sie nachweisen könne, dass der Beklagte zu 3 das Zeichen "PRPS" von der Klägerin übernommen habe, nicht ankomme. Da sich folglich der Akte ein Hinweis des Berufungsgerichts darauf nicht entnehmen lässt, dass die Klägerin - entgegen der Ansicht des Landgerichts - den Vortrag der Beklagten zu einer eigenen Benutzung des Zeichens "PRPS" seit 1998 widerlegen müsse, ist davon auszugehen, dass ein solcher Hinweis nicht erfolgt ist.

22(3) Die Beschwerde legt dar, die Klägerin hätte auf einen solchen Hinweis vorgetragen, dass aus der Fälschung von Unterlagen, welche zum Nachweis einer Benutzung eines Zeichens einem Gericht vorgelegt würden, auf eine bösgläubige Anmeldung einer Marke geschlossen werden könne. Zur Substantiierung hätte die Klägerin dargelegt, dass die von den Beklagten vorgelegte Rechnung vom bereits Rechnungsbeträge in Euro ausweise, T-Shirts hätten danach umgerechnet 54,57 DM gekostet. Dies sei vor dem Hintergrund der Rechnung vom und vom verdächtig. Der Euro sei zum damaligen Zeitpunkt erst als Buchgeld vorhanden gewesen. Die Klägerin hätte außerdem darauf hingewiesen, dass die Rechnung vom als einzige Rechnung eine IBAN ausweise. Nicht einmal die Rechnung aus dem Jahr 2015 weise eine IBAN aus. Die Rechnung vom weise mit dem Rechnungsbetrag in DM einen auffälligen Währungsfehler auf, der darauf hinweise, dass sie nachträglich und zu dem ausschließlichen Zweck erstellt worden sei, sie im Prozess vorzulegen. Bei "DM" könne es sich zwar auch um Dirham handeln, dann würden die Hoodies allerdings lediglich 14,30 € kosten, während sie stets zu mindestens 54,90 € veräußert worden seien. Zur Entkräftung der Behauptung des Beklagten zu 3 in einem Eilverfahren zwischen der Beklagten zu 1 und einem Dritten, er habe Kleidung mit dem streitgegenständlichen Zeichen auf der Internetseite c.           -s.            .de vertrieben, hätte die Klägerin Archiveinträge der genannten Internetseite des Beklagten zu 3 vorgelegt, deren einziger Inhalt in den Jahren 2011 bis 2021 ein "Wartungsarbeiten"-Schild gewesen sei. Abschließend hätte die Klägerin vorgetragen, dass schon aufgrund all dieser Tatsachen auf eine bösgläubige Markenanmeldung durch den Beklagten zu 3 hätte geschlossen werden müssen. Vor diesem Hintergrund hätte auch gewürdigt werden müssen, dass der Beklagte zu 3 nach seinem eigenen Vortrag aufgrund eines großen Zufalls in den 90er Jahren ein mit dem Logo der Klägerin identisches Logo designt habe.

23(4) Dieser Vortrag ist entscheidungserheblich. Insbesondere der Hinweis auf die IBAN auf einer Rechnung, die angeblich aus dem Jahr 2000 stammen soll, ist geeignet, an der Wahrheit des Vortrags der Beklagten, der Beklagte zu 3 habe das Zeichen bereits seit 1998 für Kleidungsstücke und auf Rechnungen benutzt, Zweifel zu begründen.

24cc) Die Beschwerde macht schließlich mit Erfolg geltend, das Berufungsgericht habe Vortrag der Klägerin dazu übergangen, dass es auf Seiten der Beklagten an einem Willen zur Benutzung der deutschen PRPS-Marke gefehlt habe.

25(1) Die Beschwerde verweist auf Vortrag der Klägerin, wonach die Beklagten über keinen PRPS-Internetauftritt verfügten. Die Klägerin habe bereits in der Klageschrift und außerdem in der Berufungserwiderung vorgetragen, dass die Internetseite der Beklagten zu 1 sich, seit es sie gebe, also seit dem Jahr 2020, in einem "Wartungsmodus" befinde. Dies sei für ein Unternehmen mit dem Geschäftszweck "Onlinehandel von Textilien, Accessoires und Schuhen" ungewöhnlich. Die Beschwerde legt dar, hieran habe sich bis heute nichts geändert. Sie verweist außerdem darauf, dass die Klägerin vorgetragen habe, die Beklagten hätten auch sechs Jahre nach Eintragung der Marke keine Benutzungshandlung vorgenommen. Es gebe keine einzige Ware, die die Marke des Beklagten zu 3 trage.

26(2) Dieser Vortrag ist entscheidungserheblich, weil er gegen eine Benutzungsabsicht der Beklagten sprechen kann. Das Berufungsgericht hat ihn nicht berücksichtigt.

27c) Auf diesen Verstößen gegen Art. 103 Abs. 1 GG beruht die angegriffene Entscheidung. Bei der Beurteilung der Frage, ob der Anmelder einer Marke bösgläubig ist, ist eine Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen (vgl. , GRUR 2009, 763 [juris Rn. 53] - Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli; , GRUR 2008, 621 [juris Rn. 32] = WRP 2008, 785 - AKADEMIKS). Es ist nicht ausgeschlossen, dass das Berufungsgericht zu einer anderen Entscheidung gekommen wäre, wenn es den von der Beschwerde aufgezeigten und bislang vom Berufungsgericht nicht berücksichtigten Vortrag der Klägerin sowie den Vortrag der Klägerin, den sie nach dem Vorbringen der Beschwerde auf den gebotenen Hinweis des Berufungsgerichts gehalten hätte, in seine Beurteilung einbezogen hätte.

Feddersen                    Löffler                    Schwonke

                   Schmaltz                  Odörfer

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:211124BIZR69.24.0

Fundstelle(n):
AAAAJ-83181