BGH Urteil v. - V ZR 159/23

Leitsatz

Wird in einem Grundstücksüberlassungsvertrag der Anspruch des Veräußerers auf Rückübertragung des Grundstücks als „höchstpersönlich“ bezeichnet, hindert dies regelmäßig nicht die Stellvertretung bei der Geltendmachung des Anspruchs.

Gesetze: § 164 Abs 1 S 1 BGB

Instanzenzug: Az: 30 U 1190/23 evorgehend LG Augsburg Az: 25 O 461/22

Tatbestand

1    Die Kläger übertrugen mit notariellem Überlassungsvertrag vom ihrem Sohn ein Hausgrundstück und ließen sich von ihm im Gegenzug ein Wohnungsrecht auf Lebensdauer an der im Erdgeschoss gelegenen Wohnung einräumen. Ihr Sohn bewohnte mit seiner Familie die Wohnung im ersten Obergeschoss. Der Überlassungsvertrag, in dem die Kläger als „der Veräußerer“ bezeichnet werden, enthält unter Ziff. XVII. („Rückauflassungsanspruch“) folgende Regelung:

2    Der Vertrag wurde vollzogen. Am verstarb der Sohn der Kläger. Er wurde von seiner Ehefrau, der Beklagten, allein beerbt. Mit eingeschriebenem Brief einer Rechtsanwältin vom forderten die Kläger von der Beklagten die Rückübertragung des Grundstücks.

3    Mit ihrer Klage verlangen die Kläger von der Beklagten, das Eigentum an dem Grundstück an sie zu jeweils hälftigem Miteigentum aufzulassen und die Eintragung in das Grundbuch zu bewilligen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Kläger hat das Oberlandesgericht durch Beschluss zurückgewiesen. Mit ihrer von dem Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgen die Kläger ihre Klage weiter.

Gründe

I.

4    Das Berufungsgericht meint, der Anspruch auf Rückübertragung des Grundstückseigentums scheitere daran, dass er nicht innerhalb der vertraglich vereinbarten Frist von den Klägern höchstpersönlich geltend gemacht worden sei. Die Befugnis, sich durch einen Bevollmächtigten vertreten zu lassen, sei durch Rechtsgeschäft abdingbar. In diesem Sinne sei die in Ziff. XVII.3. des Überlassungsvertrages getroffene Regelung nach dem objektiven Empfängerhorizont auszulegen. Als höchstpersönlich würden nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte in der Regel solche Ansprüche bezeichnet, die nur der Anspruchsinhaber in eigener Person und kein Dritter in Stellvertretung für den Anspruchsinhaber ausüben könne. In der vertraglichen Klausel werde zunächst klargestellt, dass der Anspruch höchstpersönlicher Natur sei, und im Anschluss festgelegt, unter welchen Voraussetzungen der Anspruch übertragbar und vererbbar sei. Dies spreche dafür, dass die Vertragspartner mit der Bezeichnung des Anspruchs als höchstpersönlich mehr hätten zum Ausdruck bringen wollen als dessen eingeschränkte Übertragbarkeit, zumal die Übertragbarkeit und Vererbbarkeit des Anspruchs davon abhängig gemacht würden, dass der Anspruch zuvor vom Veräußerer geltend gemacht worden sei. Diese am Wortlaut orientierte Auslegung des Begriffs „höchstpersönlich“ werde auch den wechselseitigen Interessen der Vertragsparteien gerecht. Ein Ausschluss der Stellvertretung trage insbesondere dem Umstand Rechnung, dass die Möglichkeit der Rückforderung für den Erwerber eine erhebliche Einschränkung der Nutzbarkeit des Grundstücks darstelle. Das Interesse der Kläger an finanzieller Absicherung könne nicht als überzeugendes Argument gegen den gewollten Ausschluss der Stellvertretung herangezogen werden, zumal die Kläger durch das lebenslange Wohnrecht hinreichend abgesichert seien.

II.

5    Die Revision hat Erfolg. Mit der von dem Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Anspruch der Kläger auf (Rück-)Übertragung des Eigentums an dem Grundstück nicht verneint werden.

6    1. Rechtsfehlerfrei und von der Revision unbeanstandet nimmt das Berufungsgericht an, dass der durch das Vorversterben ihres Sohnes entstandene vertragliche Anspruch nicht mehr durchsetzbar wäre, wenn er nicht von den Klägern innerhalb eines Jahres nach Kenntnis vom Vorliegen des Anspruchsgrundes mit eingeschriebenem Brief geltend gemacht worden wäre. Insoweit ist der Wortlaut der vertraglichen Regelung eindeutig. Die erforderliche Kenntnis ist zwar nicht ausdrücklich festgestellt; das Berufungsgericht teilt lediglich mit, dass es von einem Fristablauf „im Juli 2022, mutmaßlich am “ ausgehe. Jedenfalls ergibt sich die Kenntnis der Kläger aber aus dem anwaltlichen Anspruchsschreiben vom , sodass die Frist spätestens am abgelaufen wäre.

7    2. Unzutreffend ist aber die Annahme des Berufungsgerichts, dass die Kläger diese Frist mit dem anwaltlichen Schreiben vom nicht gewahrt haben, weil der Rückauflassungsanspruch nach der vertraglichen Regelung höchstpersönlicher Natur ist. Wird in einem Grundstücksüberlassungsvertrag der Anspruch des Veräußerers auf Rückübertragung des Grundstücks als „höchstpersönlich“ bezeichnet, hindert dies regelmäßig nicht die Stellvertretung bei der Geltendmachung des Anspruchs.

8    a) Im Ausgangspunkt trifft es allerdings zu, dass die Befugnis, sich bei rechtsgeschäftlichem Handeln durch einen Bevollmächtigten vertreten zu lassen, gesetzlich oder vertraglich ausgeschlossen sein kann.

9    aa) Nach § 164 Abs. 1 Satz 1 BGB wirkt eine Willenserklärung, die jemand innerhalb der ihm zustehenden Vertretungsmacht im Namen des Vertretenen abgibt, unmittelbar für und gegen den Vertretenen. Die rechtsgeschäftlich eingeräumte Vertretungsmacht bezeichnet das Gesetz als Vollmacht (§ 166 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Befugnis, sich durch einen Bevollmächtigten bei der Abgabe einer Willenserklärung vertreten zu lassen, wird durch das Gesetz insbesondere dort ausgeschlossen, wo es auf die höchstpersönliche Abgabe der Willenserklärung ankommt. Solche Vertretungsverbote finden sich vor allem bei familien- und erbrechtlichen Rechtsgeschäften, etwa bei der Eheschließung (§ 1311 Satz 1 BGB), bei letztwilligen Verfügungen (§§ 2064, 2274, 2284 BGB), beim Erbverzicht (§ 2347 Satz 1 BGB) und beim Rücktritt vom Erbvertrag (§ 2296 Abs. 1 BGB) sowie etwa bei Erklärungen zu Vaterschaft, elterlicher Sorge und Adoption (vgl. die Übersicht bei Staudinger/​Schilken, BGB [2019], vor § 164 Rn. 40).

10    bb) Die Befugnis, sich durch einen Bevollmächtigten vertreten zu lassen, ist auch durch Rechtsgeschäft abdingbar (vgl. Senat, Beschluss vom - V ZB 1/86, BGHZ 99, 90, 94; Beschluss vom - V ZB 24/92, BGHZ 121, 236, 240, jeweils zur Vertretung in der Wohnungseigentümerversammlung; allgemein zur sog. „gewillkürten Höchstpersönlichkeit“ MüKoBGB/Schubert, 9. Aufl., § 164 Rn. 111; Staudinger/​Schilken, BGB [2019], vor § 164 Rn. 41; Erman/Finkenauer, BGB, 17. Aufl., vor § 164 Rn. 31; zu den durch das AGB-Recht gezogenen Grenzen , NJW 1982, 1389).

11    b) Rechtsfehlerhaft ist aber die Annahme des Berufungsgerichts, dass der Überlassungsvertrag einen solchen Ausschluss der Stellvertretung enthält. Die Auslegung einer vertraglichen Regelung durch den Tatrichter ist zwar im Revisionsverfahren nur eingeschränkt, nämlich darauf überprüfbar, ob der Tatrichter die gesetzlichen Auslegungsregeln, die anerkannten Auslegungsgrundsätze, die Denkgesetze und die Erfahrungssätze beachtet und die der Auslegung zugrundeliegenden Tatsachen ohne Verfahrensfehler festgestellt hat (st. Rspr., vgl. etwa Senat, Urteil vom - V ZR 189/15, NJW-RR 2017, 210 Rn. 7; Urteil vom - V ZR 244/17, BGHZ 221, 229 Rn. 19 jeweils mwN). Die Auslegung der vertraglichen Vereinbarung durch das Berufungsgericht ist aber in dieser Hinsicht zu beanstanden, weil das Berufungsgericht die im Gesetz angelegte Unterscheidung zwischen höchstpersönlichen Ansprüchen einerseits und höchstpersönlichen Willenserklärungen und Rechtsgeschäften andererseits nicht beachtet.

12    aa) Der Wortlaut der in Ziff. XVII.3. des Überlassungsvertrags getroffenen Regelung spricht gegen die Annahme, dass der von den Klägern geltend gemachte Anspruch auf Rückauflassung des Grundstückseigentums von diesen höchstpersönlich innerhalb der vereinbarten Frist geltend gemacht werden musste und eine Stellvertretung durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt insoweit ausgeschlossen sein sollte.

13    (1) Während die Qualifizierung eines Rechtsgeschäfts als „höchstpersönlich“ zum Inhalt hat, dass die Willenserklärung persönlich abgegeben werden muss und die Stellvertretung durch einen Bevollmächtigten ausgeschlossen ist, hat die Bezeichnung eines Anspruchs als „höchstpersönlich“ regelmäßig keine auf die Stellvertretung bezogene Bedeutung.

14    (a) Ein höchstpersönlicher Anspruch ist dadurch gekennzeichnet, dass er aufgrund seiner Natur oder der Natur des Rechtsverhältnisses nicht abtretbar ist (§ 399 Alt. 1 BGB; vgl. hierzu Senat, Urteil vom - V ZR 9/09, NJW-RR 2010, 1235 Rn. 12). Hierzu zählen etwa Unterhaltsansprüche nach Ehescheidung, Urlaubsansprüche von Arbeitnehmern und Entschädigungsansprüche wegen der Verletzung des Persönlichkeitsrechts (vgl. die Übersicht bei MüKoBGB/Kieninger, 9. Aufl., § 399 Rn. 9 ff. mit Nachweisen aus der Rechtsprechung) sowie der Anspruch auf Bestellung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit, wenn Versprechensempfänger und Begünstigter identisch sind (vgl. Senat, Urteil vom - V ZR 42/09, NJW 2010, 1074 Rn. 27). Solche Ansprüche sind zumeist, aber nicht durchweg, zugleich nicht vererblich (vgl. MüKoBGB/Leipold, 9. Aufl., § 1922 Rn. 19 ff.). Entsprechendes gilt, wenn die Abtretung durch Vereinbarung (§ 399 Alt. 2 BGB) ausgeschlossen ist (vgl. MüKoBGB/Kieninger, 9. Aufl., § 399 Rn. 42 ff.).

15    (b) Der Umstand, dass ein höchstpersönlicher Anspruch nicht an einen Dritten abtretbar ist, ändert indes nichts daran, dass er für den Anspruchsinhaber durch einen von ihm bevollmächtigten Dritten, namentlich einen Rechtsanwalt, außergerichtlich und gerichtlich geltend gemacht werden kann. So ist etwa nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Anspruch auf Unterlassung einer Persönlichkeitsrechtsverletzung ein höchstpersönlicher Anspruch. Gleichwohl kann der Geschädigte von dem Schädiger die Erstattung der Kosten für eine außergerichtliche anwaltliche Abmahnung verlangen (vgl. etwa , NJW 2011, 3167 Rn. 13), was voraussetzt, dass der Unterlassungsanspruch durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt geltend gemacht werden kann. Entsprechendes gilt für den ebenfalls höchstpersönlichen (vgl. etwa , NJW 2023, 3642 Rn. 18) Anspruch auf Unterlassung einer Urheberrechtsverletzung (vgl. , ZUM-RD 2019, 566).

16    (c) Der Anspruch auf Geldentschädigung wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung ist grundsätzlich nicht vererblich, wenn er dem Geschädigten nicht noch zu Lebzeiten rechtskräftig zugesprochen wurde (vgl. , BGHZ 215, 117 Rn. 12 ff.; vgl. im Übrigen zur Abtretbarkeit von Entschädigungsansprüchen auch , NJW 2024, 2836 Rn. 74 mwN). Gleichwohl kann der Anspruch für den Geschädigten durch einen Rechtsanwalt geltend gemacht werden, was sich zwangslos daraus ergibt, dass der Rechtsstreit in dem von dem Bundesgerichtshof entschiedenen Verfahren vor dem Landgericht begann (vgl. , aaO, Rn. 3), folglich in einem Anwaltsprozess (§ 78 ZPO).

17    (2) Nach der hier zu beurteilenden vertraglichen Regelung ist die Rückforderung nicht als (Gestaltungs-)Recht ausgestaltet, das erst durch seine Ausübung den Rückauflassungsanspruch entstehen lässt, sondern sollte dieser Anspruch mit dem Eintritt einer der im Vertrag genannten Bedingungen ohne weiteres entstehen und lediglich seine Durchsetzbarkeit an die Einhaltung einer bestimmten Form und Frist gebunden sein.

18    (a) Übertragen Eltern zu ihren Lebzeiten ein in ihrem Eigentum stehendes Grundstück auf ein Kind, und behalten sie sich dabei vor, das Eigentum unter bestimmten Bedingungen zurückzuerhalten, etwa bei grobem Undank oder sonstigem Fehlverhalten des Kindes, bei eigener finanzieller Notlage oder - wie hier - bei Vorversterben des Kindes, kann den Eltern ein Rückforderungsrecht eingeräumt werden, dessen Ausübung, dem Rücktrittsrecht vergleichbar, den Anspruch auf Rückauflassung des Grundeigentums erst entstehen lässt (sog. Optionsmodell, vgl. Herrler in BeckNotar-HdB, 8. Aufl., § 5 Rn. 467; Holland in Würzburger Notarhandbuch, 6. Aufl., Teil 2 Kap. 6 Rn. 98). Ein solches Rückforderungsrecht hat den Charakter eines Gestaltungsrechts; seine Ausübung bedarf einer Willenserklärung (Rückforderungsverlangen), und diese kann - vorbehaltlich der vertraglichen Ausgestaltung - als höchstpersönliche qualifiziert werden mit der Folge, dass die Stellvertretung insoweit ausgeschlossen ist (vgl. Herrler, aaO, Rn. 469).

19    (b) Eine solche Regelung haben die Vertragsparteien aber nicht getroffen.

20    (aa) Nach Ziff. XVII.1. des Überlassungsvertrages ist der Veräußerer „berechtigt, den Vertragsgrundbesitz vom Erwerber zurückzuverlangen, wenn eine der folgenden Voraussetzungen eintritt: …“. Das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen, ist nach der Legaldefinition des § 194 Abs. 1 BGB ein Anspruch. Aus der gewählten Formulierung folgt also, dass der Rückauflassungsanspruch nicht erst mit der Ausübung eines Gestaltungsrechts, sondern unmittelbar mit dem Eintritt einer der genannten Bedingungen entsteht. Dies belegt auch ein Vergleich mit der Regelung über den Rückforderungsanspruch des Schenkers aus § 528 Abs. 1 Satz 1 BGB, die ähnlich formuliert ist („kann er von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenkes … fordern“). Dieser Anspruch entsteht ebenfalls bereits mit dem Eintritt der Tatbestandsvoraussetzung (Notbedarf); er wäre daher pfändbar, wenn der Gesetzgeber nicht in § 852 Abs. 2 ZPO eine abweichende Regelung getroffen hätte (vgl. , BGHZ 147, 288, 290 f.).

21    (bb) In Ziff. XVII.3. werden sodann Einzelheiten zur Natur des Rückauflassungsanspruchs („höchstpersönlich“ und nur nach Geltendmachung zu Lebzeiten übertragbar und vererblich) und zu Form und Frist seiner Geltendmachung („mittels eingeschriebenem Brief binnen eines Jahres nach Kenntnis vom Vorliegen des Anspruchsgrundes“) geregelt. Die Regelung setzt damit die Entstehung des Anspruchs selbst voraus. Zudem werden die in Ziff. XVII.1. genannten Bedingungen, wie etwa das in Buchst. a) genannte Vorversterben des Erwerbers, als „Anspruchsgrund“ bezeichnet, und nicht etwa als Rückforderungsrecht, mit dessen Ausübung der Anspruch auf Rückübertragung erst entstünde.

22    (cc) Ist der Rückauflassungsanspruch nach der vertraglichen Regelung folglich mit Eintritt einer der im Vertrag genannten Bedingungen bereits entstanden, so lässt sich der Umstand, dass er höchstpersönlicher Natur sein soll, nach dem zuvor Gesagten nicht als Begründung dafür heranziehen, dass er von den Veräußerern nur höchstpersönlich innerhalb der vertraglich festgelegten Frist geltend gemacht werden kann. Hierzu bedürfte es, zumal es sich um eine Ausnahme von dem in § 164 BGB geregelten Grundsatz handelte, vielmehr einer ausdrücklichen Regelung, die auch die Geltendmachung des Anspruchs als höchstpersönlich qualifiziert und auf diese Weise die Stellvertretung ausschließt. In Ermangelung einer solchen Regelung ist davon auszugehen, dass die Nichteinhaltung der vorgegebenen Form und Frist lediglich dazu dient, dem Zuwendungsempfänger innerhalb kurzer Zeit Klarheit darüber zu verschaffen, ob der Anspruch geltend gemacht werden soll. Dies wird auch durch ein Anspruchsschreiben eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erreicht.

23    bb) Für dieses Verständnis der Regelung spricht auch die objektive Interessenlage der Vertragsparteien.

24    (1) Übertragen die Eltern das in ihrem Eigentum stehende Hausgrundstück unter Vorbehalt eines lebenslangen Wohnrechts auf ihr Kind, dann mag dieses ein Interesse daran haben, dass die Eltern bei Eintritt einer der vertraglich vereinbarten Bedingungen höchstpersönlich die Entscheidung treffen, ob sie das Grundeigentum zurückfordern oder nicht, d.h. dass sie beispielsweise selbst abwägen, für wie schwer sie eine Verfehlung des Kindes halten, wie gravierend ihr Notbedarf ist oder ob sie - wie hier - bei Vorversterben des Kindes das Grundstück im Eigentum des oder der Erben belassen wollen oder nicht (vgl. zu der entsprechenden Interessenlage beim Rückforderungsanspruch des Schenkers aus § 528 BGB , BGHZ 147, 288, 290 f.). Diesem Interesse ist aber weitgehend Rechnung getragen, wenn der Rückauflassungsanspruch - wie hier - vor seiner Geltendmachung nicht vererbbar und nicht übertragbar und damit grundsätzlich auch nicht pfändbar (§ 851 Abs. 1 ZPO) ist (vgl. , aaO S. 291 zu § 528 BGB). Durch die Stellvertretung bei der Geltendmachung des Anspruchs wird die Entscheidung über das „Ob“ regelmäßig nicht auf einen Dritten verlagert, weil der Veräußerer diesem zunächst eine Vollmacht und im Falle der Bevollmächtigung eines Rechtsanwalts einen Auftrag zur Geltendmachung des Anspruchs erteilen muss. Anders liegt es zwar, wenn der Veräußerer - wie hier der Kläger zu 2 - einem Dritten Generalvollmacht erteilt hat, denn dann besteht die Möglichkeit, dass der Bevollmächtigte den Rückauflassungsanspruch für den Veräußerer geltend macht, ohne dessen Entscheidung einzuholen. Diese Sondersituation könnte aber allenfalls Einfluss auf die Auslegung der vertraglichen Regelung haben, wenn die Generalvollmacht bei Abschluss des Überlassungsvertrags schon besteht, was hier nicht der Fall war. Die bloße Möglichkeit der späteren Bestellung einer solchen Vollmacht kann es hingegen nicht rechtfertigen, generell von einem überwiegenden Interesse des Zuwendungsempfängers an einem Ausschluss der Stellvertretung auszugehen.

25    (2) Andererseits, und dies hat das Berufungsgericht nicht hinreichend in den Blick genommen, besteht ein ersichtliches Interesse der Eltern daran, sich bei der Rückforderung des Grundeigentums vertreten lassen zu können.

26    (a) Dies gilt zum einen für den Fall, dass ein Elternteil geschäftsunfähig wird und der andere Elternteil zusammen mit dem Betreuer die Rückforderung geltend machen muss, was ausgeschlossen wäre, wenn das Rückforderungsverlangen ein höchstpersönliches Rechtsgeschäft wäre (vgl. Herrler in BeckNotar-HdB, 8. Aufl., § 5 Rn. 469; MüKoBGB/Musielak, 9. Aufl., § 2296 Rn. 4 zum Rücktritt vom Erbvertrag).

27    (b) Entscheidend besteht aber ein evidentes Interesse der Eltern daran, sich bei der Wahrnehmung ihrer Rechte in Bezug auf die Rückforderung ihres Grundeigentums anwaltlicher Hilfe zu bedienen. Denn gerade älteren Anspruchsinhabern wird es schon ihrem eigenen Kind gegenüber nicht immer leichtfallen, die Rückübertragung des Grundeigentums zu fordern, insbesondere wenn sie ihm hierzu ein Fehlverhalten vorwerfen müssen. Erst recht kann es ihnen schwerfallen, den Anspruch - wie hier - gegenüber einem Erben geltend zu machen, der selbst nicht Abkömmling ist. Dies gilt umso mehr, als dem juristischen Laien schon die korrekte Formulierung des Anspruchs auf Auflassung des Grundeigentums und Bewilligung der Eigentumsumschreibung im Grundbuch Schwierigkeiten bereiten wird.

28    3. Soweit die Beklagte in der Revisionshauptverhandlung die Ansicht vertreten hat, die Voraussetzungen des vertraglichen Rückauflassungsanspruchs lägen schon deswegen nicht vor, weil der Veräußerer das Grundstück nach der vertraglichen Regelung nur von dem Erwerber zurückverlangen könne, nicht aber von dessen Erben, trifft dies ersichtlich schon deshalb nicht zu, weil bei dieser Auslegung die Regelung in Ziff. XVII.1. Buchst. a) leerliefe. Denn diese lässt den Anspruch erst mit dem (Vor-)Versterben des Erwerbers entstehen, setzt also denklogisch voraus, dass der Anspruch auch (bzw. in dieser Konstellation nur) gegenüber dessen Erben besteht und geltend gemacht werden kann.

29    Fernliegend erscheint zudem die Ansicht der Beklagten, die Regelung in Ziff. XVII.3. sei dahin zu verstehen, dass der Veräußerer den Anspruch noch zu Lebzeiten des Erwerbers geltend machen müsse. Dies ist schon mit dem Wortlaut der Regelung („… wenn er vom Veräußerer zu Lebzeiten geltend gemacht wurde …“) kaum zu vereinbaren und kann auch deswegen nicht zutreffen, weil der Anspruch erst mit dem Versterben des Erwerbers entsteht und sodann binnen eines Jahres nach Kenntnis hiervon geltend gemacht werden muss.

III.

30    1. Das Urteil kann danach keinen Bestand haben; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden, weil weitere Feststellungen zu treffen sind (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

31    2. Das Berufungsgericht wird sich nunmehr mit der Frage zu befassen haben, ob der Kläger zu 2 zum Zeitpunkt der Beauftragung der Rechtsanwältin mit der Geltendmachung des Rückauflassungsanspruchs geschäftsfähig war.

32    a) Sollte dies nicht der Fall gewesen sein, läge eine wirksame Stellvertretung nicht vor und wäre die vertraglich vorgesehene Jahresfrist für die Geltendmachung des Anspruchs nicht eingehalten. Zwar hat die Prozessbevollmächtigte der Kläger nach den von dem Berufungsgericht in Bezug genommenen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) Feststellungen des Landgerichts das Rückauflassungsbegehren während des Rechtsstreits auf der Grundlage einer ihr von der Tochter des Klägers zu 2 in dessen Namen erteilten Prozessvollmacht wiederholt. Diese Erklärung wäre aber - ungeachtet ihrer bislang nicht ausdrücklich festgestellten Rechtzeitigkeit - nur wirksam, wenn der Kläger zu 2 zum Zeitpunkt der Erteilung der notariellen Generalvollmacht an seine Tochter am , auf deren Grundlage diese wiederum die Prozessvollmacht erteilt hat, geschäftsfähig war.

33    b) Das Berufungsgericht hat diese Frage, wie zuvor das Landgericht, bislang - aus seiner Sicht folgerichtig - offengelassen. Die Beklagte hat in der Revisionshauptverhandlung mit der Gegenrüge auf ihren in dem landgerichtlichen Urteil wiedergegebenen Vortrag verwiesen, der Kläger zu 2 erfülle aufgrund seines desolaten geistigen Gesundheitszustands die Anforderungen einer gesetzlichen Betreuung und habe „die Rückübertragung“ nicht mehr erklären können. Diesem Vortrag fehlt es nicht deshalb an der Entscheidungserheblichkeit, weil er möglicherweise für die Darlegung der Geschäftsunfähigkeit des Klägers zu 2 zum maßgeblichen Zeitpunkt im Juli bzw. August 2021 nicht ausreichend ist. Denn ein gerichtlicher Hinweis nach § 139 Abs. 2 Satz 1 ZPO wurde hierzu bislang - wiederum folgerichtig - nicht erteilt und die Beklagte macht mit der Gegenrüge geltend, dass sie auf einen solchen Hinweis vorgetragen hätte, dass der Kläger zu 2 zu dem genannten Zeitpunkt aufgrund einer fortschreitenden Demenz nicht mehr in der Lage gewesen sei, einem Gespräch zu folgen, und dass sie hierzu Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens angetreten hätte.

34    Dieses Vorbringen wäre als ausreichend für eine Darlegung der Geschäftsunfähigkeit des Klägers zu 2 anzusehen.

Brückner                       Haberkamp                       Hamdorf

                      Laube                                Grau

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:061224UVZR159.23.0

Fundstelle(n):
YAAAJ-82953