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FG Baden-Württemberg Urteil v. - 3 K 718/24

Gesetze: EStG 2017 § 1 Abs. 1 S. 1, EStG 2017 § 3 Nr. 28, EStG 2017 § 3 Nr. 62, EStG 2017 § 3 Nr. 63, EStG 2017 § 19 Abs. 1, EStG 2017 § 34 Abs. 1, EStG 2017 § 50d Abs. 12 S. 1, EStG 2017 § 50d Abs. 12 S. 3, DBA CHE 1978 Art. 4 Abs. 1, DBA CHE 1978 Art. 15 Abs. 1 S. 1, DBA CHE 1978 Art. 15 Abs. 1 S. 2, DBA CHE 1978 Art. 15a Abs. 1, DBA CHE 1978 Art. 18, DBA CHE 1978 Art. 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Buchst. d, LStDV § 2 Abs. 2 Nr. 4

Besteuerungsrecht für Leistungen eines Schweizer Arbeitgebers anlässlich der Frühpensionierung eines (ehemaligen) Grenzgängers aufgrund einer Restrukturierung bzw. eines Sozialplans des Arbeitgebers

Leitsatz

1. Wird ein in Deutschland wohnender und in der Schweiz arbeitender bisheriger Grenzgänger anlässlich Restrukturierungsmaßnahmen des Schweizer Arbeitgebers auf Basis eines Sozialplans zum 30.11. des Streitjahres frühpensioniert und ab 1.6. des Streitjahres unter Lohnfortzahlung bis zum Renteneintritt von der Arbeit freigestellt, so gehören im Streitjahr die laufenden Lohnzahlungen, Boni für das Vorjahr und das laufende Jahr, eine von der Vollendung des 58. Lebensjahres abhängige – entsprechend der vom Grenzgänger getroffenen Bestimmung vom Arbeitgeber in eine Pensionskasse eingezahlte und in eine lebenslange monatliche Alterszusatzrente verrentete – „Abgangsentschädigung” sowie eine anlässlich der Frühpensionierung von einem Härtefallfonds ebenfalls nach freier Bestimmung Grenzgängers in eine Pensionskasse eingezahlte Extraentschädigung zu den Einkünften des Grenzgängers aus unselbständiger Arbeit im Sinne von Art. 15 DBA-Schweiz und Art. 15a DBA-Schweiz (bzw. nichtselbständiger Arbeit im Sinne von § 19 EStG), nicht dagegen das anlässlich eines Berufsunfalls von der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt gezahlte Unfalltaggeld.

2. Für den Arbeitslohn hat Deutschland als Ansässigkeitsstaat im Streitjahr für den Zeitraum, in dem der Grenzgänger noch in der Schweiz gearbeitet hat, das Besteuerungsrecht nach Art. 15a DBA-Schweiz, und für den Zeitraum, in dem er von der Arbeit freigestellt worden ist, das Besteuerungsrecht nach Art. 15 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz.

3. Für die abkommensrechtliche Beurteilung der Bonuszahlungen ist nicht der Zeitpunkt des Zuflusses maßgebend. Vielmehr sind Zahlungen zur Abgeltung erdienter Ansprüche nach den Verhältnissen des Zeitraums zuzuordnen, für die sie gewährt werden.

4. Abfindungen (ím Streitfall: „Extraentschädigung” und „Abgangsentschädigung”), die anlässlich der vorzeitigen Auflösung des Dienstverhältnisses gezahlt werden, haben regelmäßig einen so engen Bezug zu der aktiven Tätigkeit, dass sie als Vergütung im Sinne von Art. 15 DBA-Schweiz und Art. 15a DBA-Schweiz zu qualifizieren sind. Soweit Abfindungen an ehemalige Grenzgänger nicht von Art. 15a DBA-Schweiz erfasst werden, fallen Abfindungen anlässlich der Beendigung eines Dienstverhältnisses nicht unter die (Ausnahme)Regelung des Art. 15 Abs. 1 Satz 2 DBA-Schweiz, sondern sind nach Art. 15 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz im Ansässigkeitsstaat zu besteuern (vgl. BFH-Rechtsprechung).

5. Extraentschädigung und Abgangsentschädigung sind nicht gemäß § 50d Abs. 12 EStG in Verbindung mit Art. 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. d DBA-Schweiz in Verbindung mit Art. 15 Abs. 1 Satz 2 DBA-Schweiz von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen; sie sind auch nicht nach § 3 Nr. 28 EStG oder § 3 Nr. 62 EStG oder § 3 Nr. 63 EStG steuerfrei.

6. § 50d Abs. 12 EStG findet Anwendung auf Fälle der beschränkten und unbeschränkten Steuerpflicht; aus dem Wortlaut der Vorschrift und der dort normierten Fiktion „gelten”) ergibt sich, dass sich die Vorschrift darin erschöpft, den in der Rechtsprechung des BFH für ein Besteuerungsrecht des Tätigkeitsstaates in Art. 15 Abs. 1 Satz 2 DBA-Schweiz verlangten unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Tätigkeit und der Zahlung im Falle von Abfindungen anlässlich der Beendigung eines Dienstverhältnisses zu fingieren. Wenn jedoch das Besteuerungsrecht für die Tätigkeit nach dem Abkommen bereits aus anderen Gründen nicht dem Tätigkeitsstaat, sondern dem Ansässigkeitsstaat zusteht, führt auch die Fiktion eines Zusammenhangs zwischen Abfindung und früherer Tätigkeit nicht zu einem Besteuerungsrecht des Tätigkeitsstaates, sodass es in diesen Fällen bei einem Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaates verbleibt.

Fundstelle(n):
FAAAJ-82929

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FG Baden-Württemberg, Urteil v. 26.09.2024 - 3 K 718/24

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