Auswirkungen einer Übertragung des Arbeitsverhältnisses einer Syndikusrechtsanwältin auf ihre Zulassung als Rechtsanwältin
Gesetze: § 46 Abs 2 BRAO, § 46 Abs 3 BRAO, § 46 Abs 4 BRAO, § 46 Abs 5 BRAO, § 46a Abs 2 S 4 BRAO, § 46b Abs 2 BRAO, § 46b Abs 3 BRAO, § 613a BGB
Instanzenzug: Anwaltsgerichtshof Stuttgart Az: AGH 5/2023 II Urteil
Tatbestand
1Die Beigeladene ist seit dem als Rechtsanwältin zugelassen. Daneben ließ die Beklagte die Beigeladene am für ihre Tätigkeit bei der F. GmbH als Syndikusrechtsanwältin zu. In der Folge ist das Arbeitsverhältnis der Beigeladenen im Wege des Betriebsübergangs nach § 613a BGB auf die F. G. GmbH übergegangen. Die Beklagte stellte mit Bescheid vom fest, dass damit keine wesentlichen Änderungen der Tätigkeit der Beigeladenen verbunden waren.
2Am 29./ vereinbarten die F. G. GmbH, die F. GmbH und die Beigeladene, dass das nunmehr mit der F. G. GmbH bestehende Arbeitsverhältnis der Beigeladenen "mit allen Rechten und Pflichten" zum (erneut) auf die F. GmbH übergehen sollte. Dies zeigte die Beigeladene der Beklagten mit E-Mail vom an und beantragte hilfsweise ihre Neuzulassung als Syndikusrechtsanwältin. Sie beantragte in der Folge, den Zulassungsbescheid vom Oktober 2016 mit der Maßgabe aufrechtzuerhalten, dass die Zulassung für das Arbeitsverhältnis mit der F. GmbH erfolge, sowie festzustellen, dass infolge der Übertragungsvereinbarung keine wesentliche Änderung ihrer Tätigkeit eingetreten sei.
3Nach einer Umfirmierung der F. GmbH in X. GmbH im Mai 2022 ging das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten durch dreiseitigen Übertragungsvertrag mit Wirkung zum auf die X. Holding GmbH über.
4Die Beigeladene legte im Verwaltungsverfahren eine auf den datierende Bestätigung von ihr, der X. GmbH und der X. Holding GmbH vor, wonach die am geschlossene Ergänzungsvereinbarung zum Arbeitsvertrag vom ("Tätigkeitsbeschreibung") auch nach den beiden Übertragungen des Arbeitsverhältnisses maßgeblich sei. Mit der mittlerweile übernommenen Leitungsfunktion der Abteilung Legal & Compliance gingen zwar in gewissem Umfang auch Führungsaufgaben einher, die indes der anwaltlichen Tätigkeit weit untergeordnet seien und maximal 5 bis 10 % der Gesamttätigkeit ausmachten.
5Nach Anhörung der Klägerin erließ die Beklagte am einen Bescheid, in dem bezüglich der in der Berufung noch streitgegenständlichen Übertragung des Arbeitsverhältnisses vom von der F. G. GmbH auf die F. GmbH festgestellt wurde, dass es sich hierbei um keine wesentliche Änderung der Tätigkeit gehandelt hat (Ziffer 1). Zudem wurde der Zulassungsbescheid mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass die Zulassung für das Arbeitsverhältnis mit der F. GmbH weitergalt (Ziffer 3).
6Den hiergegen eingelegten Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Bescheid vom zurück. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden Klage. Soweit sich das Verfahren ursprünglich auch auf die in dem Bescheid vom zusätzlich enthaltene Feststellung, dass der Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die X. Holding GmbH ebenfalls keine wesentliche Änderung der Tätigkeit darstellte, bezog, haben die Beteiligten den Rechtsstreit im erstinstanzlichen Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt, nachdem die Beklagte der Beigeladenen mit Bescheid vom die Zulassung als Syndikusrechtsanwältin für ihre Tätigkeit bei der X. Holding GmbH erteilt hatte.
7Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands erster Instanz wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils verwiesen.
8Der Anwaltsgerichtshof hat die noch auf die Aufhebung von Ziffer 1 und 3 des Bescheids vom gerichtete Klage abgewiesen. Zur Begründung hat er - soweit für das Berufungsverfahren von Interesse - im Wesentlichen ausgeführt: Die im Oktober 2016 erteilte Zulassung als Syndikusrechtsanwältin umfasse das aufgrund der dreiseitigen Übertragungsvereinbarung auf die F. GmbH übergegangene Arbeitsverhältnis. Die unveränderte Übertragung eines Arbeitsverhältnisses im Wege einer dreiseitigen Vereinbarung zwischen dem Arbeitnehmer, dem früheren Arbeitgeber und dem neuen Arbeitgeber stehe dem gesetzlichen Übergang des Arbeitsverhältnisses im Falle des Betriebsübergangs oder einer Verschmelzung im Hinblick auf die Zulassung gleich. Eine wesentliche Änderung der Tätigkeit liege nicht vor, so dass es auch keiner Erstreckungsentscheidung bedürfe. Die Beklagte sei zudem befugt gewesen, den ergangenen Feststellungsbescheid zu erlassen. Die Befugnis der Beklagten, über die Zulassung, den Widerruf und eine Erstreckung zu entscheiden, umfasse auch die Befugnis zum Erlass eines feststellenden Verwaltungsakts bezüglich des Nichtvorliegens einer wesentlichen Änderung.
9Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer vom Anwaltsgerichtshof zugelassenen Berufung, mit der sie unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Aufhebung der Ziffern 1 und 3 des Bescheids der Beklagten vom in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom begehrt. Sie ist der Auffassung, dass es für die angefochtenen Regelungen keine Rechtsgrundlage gebe. Bei einem Arbeitgeberwechsel liege stets eine wesentliche Änderung der Tätigkeit vor, sofern dieser nicht auf einem Betriebsübergang nach § 613a BGB beruhe, so dass nur ein Widerruf der Zulassung und die Erteilung einer neuen Zulassung in Betracht komme. Andernfalls sei der Gleichlauf zwischen der berufsrechtlichen Zulassungsentscheidung und der Entscheidung über die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht gefährdet. Insbesondere träfen Rechtsanwaltskammern in Feststellungsbescheiden der in Rede stehenden Art häufig keine Regelungen zum Fortbestand der Zulassung, weshalb die Klägerin entsprechende nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI gestellte Befreiungsanträge unter Umständen ablehnen müsse.
10Die Beklagte und die Beigeladene beantragen die Zurückweisung der Berufung. Sie verteidigen das angefochtene Urteil. Sie sind insbesondere der Auffassung, dass sowohl die Zulassung als auch die Befreiung bei der hier vorliegenden dreiseitigen Übertragung des Arbeitsverhältnisses fortgälten.
11Ergänzend wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 112e Satz 2 BRAO, § 125 Abs. 1 Satz 1, § 101 Abs. 2 VwGO) zugestimmt.
Gründe
12Die nach § 112e Satz 1 BRAO statthafte und auch im Übrigen gemäß § 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 2, 3 VwGO zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet.
13Der Anwaltsgerichtshof hat die noch gegen Ziffer 1 und 3 des Feststellungsbescheids vom gerichtete Klage der Klägerin zu Recht abgewiesen. Die dort getroffenen Regelungen sind nicht rechtswidrig und verletzen die Klägerin schon deshalb nicht in ihren Rechten (§ 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
I.
141. Die Klage ist als Anfechtungsklage gemäß § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 42 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist die Klagebefugnis und das Rechtsschutzinteresse der Klägerin als Trägerin der Rentenversicherung wegen der in § 46a Abs. 2 Satz 4 BRAO angeordneten Bindungswirkung gegeben. Diese Bindungswirkung kommt auch den hier angegriffenen Entscheidungen zu. Denn hiermit wurde im Ergebnis die bisherige Zulassungsentscheidung fortgeführt mit der Maßgabe, dass diese sich ab Wirksamwerden der Übertragung des Arbeitsverhältnisses auf die Tätigkeit bei der F. GmbH bezog (vgl. Senat, Urteil vom - AnwZ (Brfg) 8/20, NJW-RR 2020, 1065 Rn. 8).
152. Zutreffend hat der Anwaltsgerichtshof die Klage jedoch für unbegründet gehalten. Die angefochtenen Regelungen des Bescheids sind rechtmäßig. Die Beklagte war zum Erlass des vorliegenden Bescheids befugt (hierzu unter a). Die seit Oktober 2016 bestehende Zulassung als Syndikusrechtsanwältin umfasste die ab für die F. GmbH ausgeübte Tätigkeit der Beigeladenen (hierzu unter b).
16a) Zu Recht hat der Anwaltsgerichtshof die Befugnis der Beklagten, durch den angefochtenen Bescheid festzustellen, dass mit dem Übergang des Arbeitsverhältnisses keine wesentliche Änderung der Tätigkeit der Beigeladenen eingetreten ist, bejaht. Die Befugnis der Beklagten, über die Zulassung, deren Widerruf sowie eine Erstreckung zu entscheiden, schließt die Befugnis zum Erlass eines derartigen feststellenden Verwaltungsakts ein (vgl. Senat, Urteil vom - AnwZ (Brfg) 8/20, NJW-RR 2020, 1065 Rn. 15 ff.). Auch der in Ziffer 3 des angefochtenen Bescheids erfolgte Ausspruch, wonach der Zulassungsbescheid mit der Maßgabe aufrechterhalten werde, dass dieser für das Arbeitsverhältnis mit der F. GmbH weitergelte, ist dementsprechend von der Entscheidungsbefugnis der Beklagten umfasst.
17b) Zutreffend ist der Anwaltsgerichtshof weiter davon ausgegangen, dass keine Änderungen der der ursprünglichen Syndikuszulassung zu Grunde liegenden Verhältnisse vorlagen, die die Zulassung in rechtlich erheblicher Weise beeinflussten, so dass diese fortbestand und sich ab der Übertragung des Arbeitsverhältnisses auf die Tätigkeit bei der F. GmbH bezog. Denn Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse wirken sich auf eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt nur dann aus, wenn diese einen Widerrufsgrund nach § 46b Abs. 2 BRAO begründen oder eine Erstreckung nach § 46b Abs. 3 BRAO erfordern. Dies ist hier nicht der Fall.
18aa) Die Voraussetzungen des § 46b Abs. 2 BRAO für einen Widerruf waren nicht gegeben. Zwar änderten sich durch den Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die F. GmbH auf Grundlage der dreiseitigen Übertragungsvereinbarung die im Zeitpunkt der erteilten Zulassung bestehenden Verhältnisse. Wie bei einem Betriebsübergang nach § 613a BGB (vgl. dazu Senat, Urteil vom - AnwZ (Brfg) 8/20, NJW-RR 2020, 1065 Rn. 12 f.; vgl. zur sozialrechtlichen Auswirkung BSG, NJW 2022, 267 Rn. 26) und anders als im Falle eines sonstigen Arbeitgeberwechsels (vgl. dazu Senat, Urteil vom - AnwZ (Brfg) 49/19, NJW 2020, 2190 Rn. 12 ff.) liegt hierin jedoch kein Widerrufsgrund nach § 46b Abs. 2 BRAO. Bei einem sonstigen Arbeitgeberwechsel wird das Arbeitsverhältnis, für das die Zulassung erteilt wurde, beendet. Damit wird diesbezüglich keine den Anforderungen des § 46 Abs. 2 bis 5 BRAO entsprechende Tätigkeit mehr ausgeübt, so dass der Widerrufsgrund des § 46b Abs. 2 Satz 2 BRAO erfüllt ist (vgl. Senat, Urteil vom - AnwZ (Brfg) 49/19, aaO Rn. 12). Für die anschließende Tätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber auf Grundlage eines neu abgeschlossenen Arbeitsvertrags bedarf es dementsprechend auch einer neuen Zulassung. Bei einer zwischen dem früheren Arbeitgeber, dem neuen Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer getroffenen Vereinbarung, mit der das Arbeitsverhältnis - wie hier - mit allen Rechten und Pflichten übertragen wird, besteht dagegen - wie bei einem gesetzlichen Betriebsübergang - das Arbeitsverhältnis, für das die Zulassung erteilt wurde, mit dem übernehmenden Arbeitgeber fort, ohne dass ein neues Arbeitsverhältnis begründet und ein neuer Arbeitsvertrag geschlossen wird. Die arbeitsvertragliche Gestaltung des Arbeitsverhältnisses entspricht somit - wie beim Betriebsübergang, bei dem der neue Inhaber nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB ebenfalls in die Rechte und Pflichten des bestehenden Arbeitsverhältnisses eintritt - weiterhin und unverändert den Anforderungen des § 46 Abs. 2 bis 5 BRAO, so dass ein Widerrufsgrund nicht gegeben ist.
19bb) Auch eine Erstreckung nach § 46b Abs. 3 BRAO war nicht veranlasst. Diese ist dann erforderlich, wenn nach einer Zulassung weitere Arbeitsverhältnisse als Syndikusrechtsanwalt aufgenommen werden oder innerhalb bereits bestehender Arbeitsverhältnisse eine wesentliche Änderung der Tätigkeit auftritt. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Insbesondere hat sich die Tätigkeit der Beigeladenen durch die Übertragung des Arbeitsverhältnisses und die damit verbundene Übernahme der Arbeitgeberposition durch die F. GmbH nicht wesentlich geändert. Der Austausch des Arbeitgebers bewirkt bei einem Übergang des Arbeitsverhältnisses mit allen Rechten und Pflichten auf diesen für sich genommen keine Änderung der Tätigkeit.
20Dafür, dass sich durch den Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die F. GmbH neben der Änderung in der Person der Arbeitgeberin auch die auf Grundlage des übergegangenen und damit fortbestehenden Arbeitsvertrags erbrachte Tätigkeit der Beigeladenen wesentlich geändert hat, bestehen keine Anhaltspunkte. Der Übertragungsvertrag sieht einen Übergang des Arbeitsverhältnisses mit allen Rechten und Pflichten unter unveränderter Geltung der Bedingungen des Arbeitsvertrags vor. Eine wesentliche Änderung der Tätigkeit ergibt sich auch nicht daraus, dass die Beigeladene - wie in dem Übertragungsvertrag vereinbart - ab dem Übertragungsdatum als "Legal & Compliance Director" beschäftigt wurde. Soweit hiermit bereits zu diesem Zeitpunkt die in der Bestätigung der X. GmbH, der X. Holding GmbH und der Beigeladenen vom angesprochene zusätzliche Übernahme von Führungsaufgaben verbunden gewesen sein sollte, stellte auch dies keine wesentliche Änderung der Tätigkeit im Sinne von § 46b Abs. 3 BRAO dar. Denn diese Tätigkeiten waren ausweislich des genannten Schreibens von untergeordneter Bedeutung und betrafen allenfalls 5 bis 10 % der Gesamttätigkeit, so dass die Tätigkeit der Beigeladenen insgesamt im Wesentlichen unverändert geblieben ist. Zweifel daran, dass die Angaben in der vorgenannten Bestätigung zutreffend sind, sind weder dargetan noch sonst ersichtlich.
21Soweit die Klägerin vorbringt, dass die Feststellung und Bewertung von Änderungen der Tätigkeit im Zusammenhang mit der Übertragung eines Arbeitsverhältnisses tatsächlich schwierig sei und sich die Tätigkeit im Zuge einer solchen Übertragung möglicherweise ändern könne, ist dies für den Fortbestand der Zulassung unerheblich. Denn entscheidend hierfür ist allein, dass hier keine Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse vorlagen, die einen Widerrufsgrund nach § 46b Abs. 2 BRAO begründeten oder eine Erstreckung nach § 46b Abs. 3 BRAO erforderten.
22c) Entgegen der Auffassung der Klägerin widerspricht der Fortbestand der Syndikuszulassung bei einer dreiseitigen Übertragungsvereinbarung nicht dem vom Gesetzgeber gewollten Gleichlauf zwischen der berufsrechtlichen Zulassungsentscheidung und der Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht (vgl. BT-Drucks. 18/5201, S. 13). Die Gefahr eines Auseinanderfallens von Zulassungs- und Befreiungsentscheidung dergestalt, dass trotz Fortgeltung der Syndikuszulassung für die Tätigkeit bei dem übernehmenden Arbeitgeber eine Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht ausscheidet, besteht nicht. Denn der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung ist nicht nur gemäß § 46a Abs. 2 Satz 4 BRAO an die ursprüngliche Zulassungsentscheidung gebunden, sondern auch an die berufsrechtlichen Entscheidungen über die zulassungsrechtlichen Folgen einer Änderung der tatsächlichen Verhältnisse (vgl. BSG, NJW 2022, 267 Rn. 28). Dies gilt entgegen der Auffassung der Klägerin unabhängig davon, ob die Rechtsanwaltskammer den Fortbestand der bisherigen Zulassung ausdrücklich ausgesprochen oder lediglich das Fehlen einer wesentlichen Änderung der der ursprünglichen Zulassung zu Grunde liegenden Tätigkeit festgestellt hat. Auch in letzterem Fall steht für die Rentenversicherung bindend fest, dass eine auf die Tätigkeit bei dem übernehmenden Arbeitgeber bezogene Zulassung und damit eine Versicherungspflicht im Versorgungswerk besteht, so dass die Rentenversicherung von dem Vorliegen des Befreiungstatbestands des § 6 Abs. 1 Nr. 1a SGB VI auszugehen hat. Denn in der Feststellung, dass keine wesentliche Änderung der Tätigkeit vorliegt, liegt zugleich und unabhängig davon, ob dies in dem Bescheid explizit ausgesprochen wird, die Aussage, dass der Antragsteller für die (geänderte) Tätigkeit bei dem neuen Arbeitgeber (weiterhin) als Syndikusrechtsanwalt zugelassen ist, so dass die Feststellungsentscheidung für die Rentenversicherung bindend eine Zulassungsentscheidung enthält (vgl. Senat, Urteil vom - AnwZ (Brfg) 8/20, NJWRR 2020, 1065 Rn. 22 f.).
23Ob - wie die Klägerin meint - trotz der berufsrechtlich fortbestehenden und sich auf die Tätigkeit bei dem übernehmenden Arbeitgeber beziehenden Zulassung sowie einer entsprechenden inhaltlich bindenden Feststellung der Rechtsanwaltskammer - die bisherige Befreiung von der Rentenversicherungspflicht bei dem hier vorliegenden Übergang des Arbeitsverhältnisses durch eine dreiseitige Übertragungsvereinbarung nicht fortgilt und ein neuer Antrag auf Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht für die Tätigkeit bei dem übernehmenden Arbeitgeber gestellt werden muss, kann dahingestellt bleiben. Denn selbst wenn diese Auffassung der Klägerin zuträfe, änderte dies nichts daran, dass die berufsrechtliche Zulassung als Syndikusrechtsanwalt nach den hierfür allein maßgeblichen berufsrechtlichen Regelungen in dieser Konstellation fortbesteht und sich auf die Tätigkeit bei dem übernehmenden Arbeitgeber bezieht. Das in diesem Fall bestehende Risiko, dass das Erfordernis eines neuen Befreiungsantrags übersehen werden könnte und die Tätigkeit bei dem übernehmenden Arbeitgeber mangels neuen Befreiungsantrags trotz fortbestehender Syndikuszulassung rentenversicherungspflichtig wäre, ist der gesetzlichen Konzeption eines zweigliedrigen Verfahrenssystems - Zulassung einerseits und Befreiung andererseits - geschuldet. Dieses Risiko besteht - ohne dass dies die Zulassungsentscheidung beeinflusste - gleichermaßen bei einer erstmaligen Syndikuszulassung oder einer Erstreckungsentscheidung, die jeweils auch nur dann eine Befreiung von der gesetzlichen Versicherungspflicht nach sich ziehen, wenn ein entsprechender Befreiungsantrag gestellt wird (§ 6 Abs. 2 Satz 1 SGB VI; vgl. zur Erforderlichkeit eines neuen Antrags im Falle einer Erstreckung der Zulassung: BSG, NJW 2022, 267 Rn. 27 ff.; siehe auch Senatsurteil vom - AnwZ (Brfg) 49/19, NJW 2020, 2190 Rn. 17).
II.
24Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Der Streitwert wurde nach § 194 Abs. 2 Satz 2 BRAO festgesetzt.
Schoppmeyer Liebert Ettl
Merk Schmittmann
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:021224UANWZ.BRFG.6.24.0
Fundstelle(n):
NJW 2025 S. 9 Nr. 8
NJW-RR 2025 S. 311 Nr. 5
XAAAJ-82881