Instanzenzug: LG Essen Az: 32 Ks 2/24
Gründe
1Das Landgericht hat im Sicherungsverfahren mit Urteil vom die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Während des Verfahrens über seine Revision ist der Beschuldigte am verstorben.
21. Das Verfahren ist gemäß § 414 Abs. 1, § 206a StPO wegen eines Verfahrenshindernisses einzustellen. Damit ist das angefochtene Urteil gegenstandslos, ohne dass es einer Aufhebung bedarf (vgl. Rn. 2; Beschluss vom – 4 StR 500/20 Rn. 2).
32. Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Beschuldigten beruht auf § 467 Abs. 1 StPO. Denn die Kostenentscheidung richtet sich im Fall des Todes des Beschuldigten nach den Grundsätzen, die bei Einstellung des Verfahrens wegen eines Verfahrenshindernisses allgemein anzuwenden sind (st. Rspr.; vgl. nur Rn. 3; Beschluss vom – 4 StR 500/20 Rn. 3).
4a) Die Vorschrift des § 467 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO, wonach das Gericht von der Auferlegung der notwendigen Auslagen des Angeschuldigten absehen kann, wenn er wegen einer Straftat nur deshalb nicht verurteilt wird, weil ein Verfahrenshindernis besteht, ist vorliegend hingegen weder unmittelbar noch analog anwendbar.
5aa) Einer unmittelbaren Anwendung dieser Vorschrift steht entgegen, dass der Beschuldigte unabhängig vom Bestehen des Verfahrenshindernisses nicht wegen einer Straftat verurteilt worden wäre. Eine Verurteilung wegen einer Straftat kam hier nicht in Betracht, da es sich um ein Sicherungsverfahren gemäß § 413 StPO handelt und sich der Beschuldigte bei Begehung der ihm zur Last gelegten Anlasstat ‒ eines versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung ‒ im Zustand der Schuldunfähigkeit gemäß § 20 StGB befand.
6bb) § 467 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO kommt hier auch nicht entsprechend zur Anwendung. Sinn und Zweck der Regelung besteht darin, dass es grob unbillig sein kann, die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zu überbürden, wenn eine Verurteilung nur daran scheitert, dass nachträglich ein Verfahrenshindernis eingetreten ist. Grundlage der Bewertung einer Auslagenerstattung als grob unbillig oder ungerecht kann allerdings nur ein dem Beschuldigten vorwerfbares Verhalten sein. Daran fehlt es etwa bei einem Beschuldigten, der aufgrund einer andauernden psychiatrischen Erkrankung ‒ wie hier vorliegend der Fall ‒ schuldunfähig ist. Ihm können Verhaltensweisen, die bei einem schuldfähigen Täter die Auferlegung seiner Auslagen auf die Staatskasse als unbillig erscheinen lassen, mangels Verantwortlichkeit für sein Handeln nicht vorgeworfen werden (vgl. Rn. 6; Beschluss vom – 5 StR 525/15 Rn. 8).
7b) Die Erstattung der den Nebenklägern entstandenen notwendigen Auslagen kommt bei Einstellung wegen eines Verfahrenshindernisses nicht in Betracht; in der Beschlussformel ist dies nicht besonders auszusprechen (vgl. ).
83. Für die vollzogene einstweilige Unterbringung ist der Beschuldigte nicht zu entschädigen. Der Senat versagt eine Entschädigung in Ausübung seines Ermessens gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 StrEG (vgl. Rn. 4 mwN). Hierfür streiten maßgeblich der Unrechtsgehalt der Anlasstat sowie der Umstand, dass die einstweilige Unterbringung nicht von vornherein unangemessen war (vgl. dazu allgemein Rn. 9 f).
Quentin Maatsch Scheuß
Tschakert Gödicke
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:171224B4STR421.24.0
Fundstelle(n):
WAAAJ-82877