„Weite praxisgerechte Auslegung
Auslaufen der Inflationsausgleichsprämie und anschließende Lohnerhöhung
Das BMF hat mit jetzt bekannt gewordenem Schreiben v. auf eine für die Beratungspraxis bedeutsame Anfrage des DStV zum Verhältnis zwischen dem Auslaufen der Inflationsausgleichsprämie und einer nachfolgenden Lohnerhöhung schnell reagiert und Stellung bezogen.
Hintergrund: Zum ist die Möglichkeit ausgelaufen, eine steuerfreie Inflationsausgleichsprämie (§ 3 Nr. 11c EStG) leisten zu können. Arbeitgeber haben die Inflationsausgleichsprämie oftmals ratierlich in Teilleistungen steuer- und damit auch beitragsfrei ausgezahlt. Anwendungsvoraussetzung für die Befreiungsnorm war u. a. eine Arbeitgeberleistung zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn (§ 8 Abs. 4 EStG).
Problemstellung: Nach Wegfall der steuerfreien Leistungsmöglichkeit stellte sich die Frage, ob eine im Monat nach dem Wegfall vereinbarte Lohnerhöhung rückwirkend die bisherige Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 11c EStG entfallen lässt. Diskutiert wurde diese Frage, weil der Begriff der Arbeitgeberzusatzleistung in § 8 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 EStG verlangt, dass bei Wegfall der (steuerbegünstigten) Leistung der Arbeitslohn nicht erhöht werden darf.
Wenngleich der Gesetzeswortlaut keine Unterscheidung trifft, ob die nach Wegfall der begünstigten Leistung vorgenommene Lohnerhöhung auf einer neuen Rechtsgrundlage beruht, hat sich die Finanzverwaltung für eine weite praxisgerechte Auslegung ausgesprochen. Sofern im Vorjahr die Inflationsausgleichsprämie nach § 3 Nr. 11c EStG – in welcher Form auch immer – vom Arbeitgeber gezahlt wurde, sind anschließende Lohnerhöhungen unschädlich, sofern diese auf einer gesonderten Vereinbarung beruhen. Erst recht könne nichts anderes gelten, wenn die anschließende Gehaltserhöhung auf einer neuen Entscheidung des Arbeitgebers beruht. Von daher sei es unerheblich, ob Lohnerhöhungen noch im Zeitraum der Inflationsausgleichsprämie oder unmittelbar danach vereinbart werden. Abgegrenzt werden muss daher zwischen einer dauerhaften Lohnerhöhung und einer Lohnerhöhung aufgrund neuer Entscheidung des Arbeitgebers bzw. einer gesonderten Vereinbarung.
Folgewirkung: Diese klare Aussage des BMF dürfte sicherlich vorab mit den Ländern abgestimmt worden sein. Sie ist für die Lohnabrechnungspraxis über die Inflationsausgleichprämie hinaus bedeutsam: Kommt es bspw. altersbedingt zum Wegfall der Möglichkeit, steuerfreie Kita-Leistungen nach Maßgabe von § 3 Nr. 33 EStG erbringen zu können und dadurch im Folgemonat nach Leistungswegfall zu einer zuvor nicht vereinbarten ausgleichenden Lohnerhöhung, stellt dies keinen rückwirkenden Verstoß gegen das Zusätzlichkeitsgebot dar. Die neu vereinbarte Lohnerhöhung ist dann steuer- und sozialversicherungspflichtig, sofern nicht eine anderweitige lohnsteuerlich begünstigte steuerfreie oder pauschalierte Leistung neu vereinbart wurde. Die vormalige Kita-Leistung bleibt steuerfrei (so auch Seifert, NWB 26/2023 S. 1824).
Was macht die Sozialversicherung: Wenngleich das Schreiben des BMF keine unmittelbare Bindung auf die Sozialversicherung hat, ist davon auszugehen, dass sich auch die Sozialversicherung an diesen Grundsätzen orientieren wird.
Michael Seifert
Fundstelle(n):
NWB 2025 Seite 145
ZAAAJ-82863