Anbringung des Einspruchs bei einer anderen Behörde
Überprüfungsorbliegenheiten bei Versendung fristgebundener Schriftsätze per Telefax
ordnungsgemäßer Geschäftsgang bei Weiterleitung eines erkennbar fristgebundenen Schriftsatzes
Leitsatz
1. Aus § 357 Abs. 2 Satz 4 AO folgt, dass der Einspruch auch bei einer beliebigen Behörde angebracht werden kann, auch wenn
es sich nicht um eine Finanzbehörde handelt. Für die Wahrung der Einspruchsfrist (§ 355 AO) kommt es aber darauf an, dass
der Einspruch innerhalb der Einspruchsfrist an eine Einlegungsbehörde übermittelt wird. Die Norm will lediglich klarstellen,
dass die Anbringung bei einer unzuständigen Behörde nicht per se zur Unwirksamkeit des Einspruchs führt.
2. Die falsche Adressierung eines Schreibens durch einen Angehörigen der steuerberatenden Berufe entschuldigt eine Fristversäumnis
grundsätzlich nicht.
3. Ist bei Versendung durch Telefax die Faxnummer des Adressaten in dem verwendeten Faxgerät gespeichert und gibt das Gerät
– bauartbedingt – auf dem Faxprotokoll nicht mehr die verwendete Faxnummer, sondern nur die selbst gewählte Bezeichnung des
Adressaten (hier: „Finanzamt …”) aus, besteht eine Überprüfungsobliegenheit hinsichtlich der verwendeten Faxnummer erst in
dem Zeitpunkt, in dem der Absender auf Fehlübermittlungen hingewiesen wurde bzw. Verdachtsmomente hierzu bestanden.
4. Es entsprach bei einer Finanzbehörde im Jahr 2019 nicht mehr einem ordnungsgemäßen Geschäftsgang, offensichtlich zur Fristwahrung
bestimmte Post lediglich über die (Fach)Hauspost physisch weiterzuleiten. Vielmehr waren entsprechende Schreiben zu identifizieren
und entweder den Absender über den Irrläufer (z. B. telefonisch) zu informieren, damit dieser mögliche noch laufende Fristen
wahren kann, oder den Irrläufer mit zeitgemäßen Kommunikationsmitteln (Fax, als Scan per E-Mail) an den ausgewiesenen Empfänger
weiterzuleiten.
Fundstelle(n): HAAAJ-82146
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Nutzungsdauer: 30 Tage
Online-Dokument
FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 05.11.2024 - 8 K 8235/19
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