BGH Urteil v. - III ZR 20/23

Erstattung von Kosten einer Baumaßnahme an einem Bahnübergang - Schadensersatz im kreuzungsrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis

Leitsatz

Schadensersatz im kreuzungsrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis

1. Die schuldhafte Verletzung von Pflichten aus dem kreuzungsrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis begründet einen Anspruch auf Schadensersatz aus § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB (Fortführung von , NJW-RR 2007, 457).

2. Zu den Voraussetzungen einer Maßnahme nach § 3 Nr. 3 Var. 4 EKrG.

Gesetze: § 280 Abs 1 S 1 BGB, § 3 Nr 3 Alt 4 EBKrG, § 13 Abs 1 S 1 EBKrG, § 1 Abs 1 EKrV 1, § 1 Abs 2 Nr 3 EKrV 1, Art 103 Abs 1 GG, § 9 Abs 1 StrG ST, § 10 StrG ST

Instanzenzug: Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt Az: 9 U 46/22vorgehend LG Halle (Saale) Az: 4 O 555/20

Tatbestand

1    Das klagende Land ist Träger der Straßenbaulast für die Landesstraßen in Sachsen-Anhalt und nimmt die Beklagte auf Erstattung von Kosten einer Baumaßnahme an einem Bahnübergang in Anspruch.

2    Die Beklagte ließ im Sommer 2014 an einem über die Landesstraße 145 bei Teicha führenden Bahnübergang Arbeiten vornehmen. Nach Abschluss der Arbeiten machte der Kläger geltend, dass durch diese Baumaßnahme eine Gefährdung des den Bahnübergang kreuzenden Straßenverkehrs entstanden sei. Seiner Aufforderung, einen erneuten Umbau vorzunehmen, kam die Beklagte nicht nach, da der Zustand - nach ihrer Einschätzung - dem Stand der Technik entspreche. Im Jahr 2017 führte der Kläger die - nach seiner Ansicht - zur Beseitigung des verkehrsgefährdenden Zustands erforderlichen Baumaßnahmen selbst durch. Die Kosten der Maßnahme beziffert er auf 447.652,24 €.

3    Das Landgericht, das vorab den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für zulässig erklärt hatte, hat die auf Zahlung dieses Betrags nebst Rechtshängig­keitszinsen gerichtete Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren in vollem Umfang weiter.

Gründe

4    Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

5    Das Oberlandesgericht hat im Wesentlichen ausgeführt, ein Anspruch des Klägers auf Kostenbeteiligung nach den Regelungen des Eisenbahnkreuzungsgesetzes (EKrG) bestehe nicht. Es komme vorliegend allenfalls eine Änderung der Kreuzung in sonstiger Weise nach § 3 Nr. 3 letzte Variante EKrG in Betracht. Dieser erfasse aber nur Maßnahmen, die "durch geänderte Verkehrsbedürfnisse an einer der beteiligten Verkehrsregeln bedingt" seien. Dies sei hier nicht der Fall. Die vom Kläger durchgeführten Maßnahmen resultierten nicht aus einer Änderung der Verkehrsverhältnisse. Zudem bestehe gemäß § 6 EKrG die Möglichkeit, eine Anordnung im Kreuzungsrechtsverfahren zu beantragen und die Bundesbehörde auf ein Einschreiten gegen die Beklagte im Rechtsweg in Anspruch zu nehmen. Ein Anspruch des Klägers aus öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag bestehe ebenfalls nicht.

6    Schließlich komme ein Schadensersatzanspruch des Klägers gemäß § 280 BGB nicht in Betracht. Aus dem Urteil des Senats vom (III ZR 294/05, NJW-RR 2007, 457) könne kein Rückschluss auf einen Schadensersatzanspruch im vorliegenden Verfahren gezogen werden. Der in dieser Entscheidung thematisierte Fall betreffe einen vollkommen anderen Sachverhalt. Im Übrigen könne nicht festgestellt werden, dass der geltend gemachte Betrag aus einem Schaden resultieren könnte, der durch die Beklagte bei dem Kläger verursacht worden sei.

II.

7    Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen können weder ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Schadensersatz aus § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB noch auf (anteilige) Kostenerstattung nach § 13 Abs. 1 Satz 1 EKrG, § 3 Nr. 3 Var. 4 EKrG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 3 der Ersten Eisenbahnkreuzungsverordnung (1. EKrV) ausgeschlossen werden.

81.    Der Senat hat den Streitfall gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu entscheiden, nachdem das Landgericht den Rechtsweg zu den Zivilgerichten durch rechtskräftigen Beschluss gemäß § 17a Abs. 3 Satz 1 GVG für zulässig erklärt hat.

92.    Soweit der Kläger Ansprüche aus § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB geltend macht, beruht die angefochtene Entscheidung auf einer Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG.

10    a) Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (vgl. zB Senat, Beschluss vom - III ZR 91/22, NJW 2023, 2042 Rn. 17 mwN). Es muss insbesondere den wesentlichen Kern des Vorbringens der Partei erfassen und - soweit er eine zentrale Frage des jeweiligen Verfahrens betrifft - in den Gründen bescheiden. Setzt sich das Gericht mit dem Parteivortrag inhaltlich nicht auseinander, sondern geht es mit Leerformeln über diesen hinweg, ist dies im Hinblick auf die Anforderungen aus dem Verfahrensgrundrecht nicht anders zu behandeln als ein kommentarloses Übergehen (vgl. Senat, Urteil vom - III ZR 176/22, WM 2024, 1649 Rn. 25 mwN).

11    So liegt der Fall hier.

12    Der Kläger hat seine Klage in der Berufungsbegründung an erster Stelle auf § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB gestützt und geltend gemacht, die Beklagte habe das zwischen ihnen als Kreuzungsbeteiligten bestehende Gemeinschaftsrechtsverhältnis verletzt, indem sie an der Kreuzung einen verkehrsgefährdenden Zustand geschaffen habe. Er hat insbesondere mit Schriftsätzen vom und detailliert vorgetragen, dass sowohl durch Messungen der Höhenunterschied als auch die durch ein Aufsetzen von Fahrzeugen entstandenen Spuren auf den Schienen vor Ort festgestellt worden seien. Zum Beleg hat er ein Schreiben der O.                    S.               GmbH vom (Anlage K8) vorgelegt, in dem diese mitgeteilt hatte, bei einem Vororttermin sei festgestellt worden, dass dreizehn Meter lange Omnibusse auch bei der auf 30 km/h reduzierten Geschwindigkeit mit dem Heck aufsetzten. Weiterhin hat der Kläger Vortrag zu dem ihm entstandenen Schaden gehalten. Umfassend hat er im Schriftsatz vom seinen Aufwand an Material und Arbeitskosten für die Planung und Durchführung der Baumaßnahme zur Wiederherstellung eines verkehrssicheren Zustands des Bahnübergangs dargestellt, die entsprechenden Rechnungen vorgelegt und für die Erforderlichkeit der Kosten unter anderem Sachverständigenbeweis angeboten.

13    Das angefochtene Urteil lässt nicht erkennen, dass das Berufungsgericht diesen Vortrag zur Kenntnis genommen und erwogen hat. Sein Verweis, dass aus dem Urteil des Senats vom keine Rückschlüsse auf den vorliegenden Fall gezogen werden könnten, enthält keine Aussage dazu, wie es die Rechtslage positiv beurteilt. Die weitere Angabe, "[d]ass der hier geltend gemachte Betrag aus einem Schaden resultieren könnte, der durch die Beklagte bei dem Kläger verursacht wurde, ist nicht festzustellen", lässt offen, welche Voraussetzung für einen Anspruch aus § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB das Berufungsgericht nicht als erfüllt angesehen hat. Dieser Satz könnte sich auf das Tatbestandsmerkmal "Pflichtverletzung" ebenso beziehen wie auf "Kausalität" oder "Schaden", wobei auch offenbleibt, ob das Berufungsgericht den Anspruch aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen verneinen wollte.

14    b) Die Gehörsverletzung ist entscheidungserheblich. Auf der Grundlage des bisherigen Sach- und Streitstands hätte das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht verneinen dürfen. Nach dem mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts zugrunde zu legenden Vortrag des Klägers hat die Beklagte schuldhaft ihre aus dem Gemeinschaftsrechtsverhältnis der Kreuzungsbeteiligten erwachsenden Pflichten gegenüber dem Kläger verletzt, indem sie an dem Bahnübergang eine Gefahr für den Straßenverkehr geschaffen hat, wodurch dem Kläger ein Schaden entstanden ist, da er als Träger der Straßenbaulast zur Beseitigung der Gefahrenstelle Kosten aufwenden musste.

15    aa) An Kreuzungen von Eisenbahnen und Straßen besteht ein Gemeinschaftsrechtsverhältnis, an dem gemäß § 1 Abs. 6 EKrG das Unternehmen, welches die Baulast des Schienenweges der kreuzenden Eisenbahn trägt, und der Träger der Baulast der kreuzenden Straße beteiligt sind (vgl. Senat, Urteil vom - III ZR 294/05, NJW-RR 2007, 457 Rn. 10; BVerwGE 116, 312, 316 jew. mwN). Aus diesem kreuzungsrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis folgt unter anderem eine Pflicht zur Rücksichtnahme auf berechtigte Belange des anderen Kreuzungsbeteiligten (vgl. Senat aaO; BVerwGE aaO). Dabei besteht diese rechtliche Sonderverbindung nicht nur in der Phase des Kreuzungsbaus, sondern darüber hinaus insbesondere auch bei Erhaltungsmaßnahmen (vgl. Senat aaO Rn. 11, 13).

16    Liegen die Voraussetzungen des § 3 EKrG vor, besteht eine gemeinsame Kreuzungsbaulast. Aus ihr ergibt sich eine gemeinschaftliche Pflicht zur Beseitigung von kreuzungsbedingten Gefährdungen (vgl. Senat aaO Rn. 10; BVerwGE aaO; jew. mwN). Die jeweilige auf die einzelnen Anlagen im Kreuzungsbereich bezogene Erhaltungspflicht der Baulastträger folgt für die Schienenwegbetreiber unter anderem aus § 4 Abs. 3 Satz 2 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes und für die Träger der Straßenbaulast aus den für sie geltenden Bestimmungen des Straßenrechts (vgl. Marschall/Maas, Eisenbahnkreuzungsgesetz, 7. Aufl., § 14 Rn. 37; hier aus § 42 Abs. 1 Satz 1, § 9 Abs. 1, § 10 Abs. 1 und Abs. 2 des Straßengesetzes für das Land Sachsen-Anhalt [StrG LSA]). Die Erhaltung ihrer Kreuzungsanlagen obliegt den Beteiligten als Dauerverpflichtung, die alle Maßnahmen umfasst, die erforderlich sind, um die Kreuzung in einem zur Erfüllung ihres öffentlichen Zwecks brauchbaren Zustand zu erhalten (vgl. Senat aaO Rn. 13; Marschall/Maas aaO Rn. 36). Der Senat hat darauf hingewiesen, dass die Kreuzungsbeteiligten wegen der örtlichen Nähe und der funktionalen Verzahnung ihrer Anlagen bei der Erfüllung dieser einem gemeinsamen Belang dienenden Pflichten - bei der notwendigen typisierenden Betrachtung - regelmäßig darauf angewiesen sind, sich bei Erhaltungsmaßnahmen untereinander abzustimmen und arbeitsteilig zusammenzuwirken, und dass Erhaltungsmaßnahmen an den Anlagen des einen Kreuzungspartners oftmals zu Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit und der Sicherheit des anderen Verkehrswegs führen (vgl. Senat aaO). Eine Abstimmung ist allerdings nicht verpflichtend. Denn ein andernfalls nicht auszuschließender Streit um die Verantwortlichkeit und die Kostentragung soll im Zusammenhang mit der Durchführung von Maßnahmen vermieden werden. Er könnte zum Aufschub notwendiger Maßnahmen und dadurch zu einem Sicherheitsrisiko für den betreffenden Verkehrsweg führen (vgl. BVerwG, NVwZ 2020, 889 Rn. 17). Kann daher ein Kreuzungsbeteiligter Maßnahmen an dem von ihm verantworteten Verkehrsweg ohne Zustimmung des anderen durchführen, so trifft ihn in diesem Fall erst recht die Verpflichtung, auf die berechtigten Belange des anderen Kreuzungsbeteiligten Rücksicht zu nehmen. Dies schließt insbesondere ein, dass Baumaßnahmen an der einen Anlage nicht eine Verkehrsgefährdung durch die Anlagen des anderen Kreuzungsbeteiligten verursachen dürfen. Das folgt schon daraus, dass die Schaffung einer kreuzungsbedingten Gefährdung - wie dargelegt - eine (gemeinsame) Verpflichtung zu deren Beseitigung entstehen lässt.

17    Die schuldhafte Verletzung von Pflichten aus dem kreuzungsrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis begründet einen Anspruch auf Schadensersatz aus § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB. Das Bundesverwaltungsgericht hat bei einer Verletzung von Pflichten aus einer Kreuzungsvereinbarung - unbeschadet der aus der Vereinbarung folgenden Erstattungsansprüche - einen Schadensersatzanspruch aus § 62 Satz 2 VwVfG in Verbindung mit §§ 280, 278 BGB angenommen (vgl. BVerwGE 157, 307 Rn. 20, 23). Der Senat hat bei einer Verletzung von Schutzpflichten durch einen Kreuzungsbeteiligten nach einer mit Zustimmung des anderen Kreuzungsbeteiligten durchgeführten Erhaltungsmaßnahme einen Schadensersatzanspruch gemäß § 280 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 278 Satz 1 BGB bejaht (vgl. Senat aaO Rn. 7 ff). Nichts anderes kann gelten, wenn ein Kreuzungsbeteiligter seine Pflichten bei der Durchführung einer Maßnahme ohne Abstimmung mit dem anderen Kreuzungsbeteiligten verletzt.

18    bb) Nach diesen Maßstäben kann auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen ein Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte nicht ausgeschlossen werden.

19    Die Parteien sind als Träger der Baulast des Schienenwegs beziehungsweise der kreuzenden Straße Kreuzungsbeteiligte. Die sich aus dem daraus folgenden Gemeinschaftsrechtsverhältnis ergebenden Pflichten hat die Beklagte nach dem mangels gegenteiliger Feststellungen revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Vortrag des Klägers verletzt, indem sie - wie bereits ausgeführt - durch die von ihr oder einem Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB) durchgeführten Baumaßnahmen einen Zustand geschaffen hat, der zu einer Gefährdung des Straßenverkehrs geführt hat. Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen getroffen, nach denen der Anspruch gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB auszuschließen ist, weil die Beklagte die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

20    Der Kläger hat schlüssig vorgetragen, dass ihm durch die Pflichtverletzung ein Schaden entstanden ist. Er ist danach - ungeachtet der Frage des Eigentums an dem Kreuzungsgrundstück - zumindest als unmittelbarer Besitzer berechtigt, die Aufwendungen ersetzt zu verlangen, die zur Wiederherstellung der Verkehrssicherheit der Eisenbahnkreuzung erforderlich waren. Der unmittelbare Besitzer einer Sache kann Schadensersatz auch für Substanzschäden verlangen, jedenfalls sofern er im Verhältnis zum mittelbaren Besitzer oder Eigentümer die Verantwortung für die Sachsubstanz trägt (vgl. Senat aaO Rn. 22). Den Kläger traf als Träger der Straßenbaulast gemäß § 9 Abs. 1 und § 10 StrG LSA die Unterhaltungspflicht für die Straße. Er war daher verpflichtet, die Verkehrsgefährdung zu beseitigen, und konnte hierzu eine Maßnahme nach § 3 EKrG durchführen (vgl. , juris Rn. 22 und vom - 4 C 28/90, juris Rn. 20). Der Kläger hat - wie oben aufgezeigt - zu den von ihm durchgeführten Maßnahmen und dazu, dass diese zur Wiederherstellung eines verkehrssicheren Zustands erforderlich waren, eingehend vorgetragen.

213.    Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung lässt sich darüber hinaus ein Anspruch des Klägers auf anteilige Kostenerstattung nach § 13 Abs. 1 Satz 1 EKrG nicht verneinen. Diese Vorschrift sieht ohne Rücksicht auf das Veranlassungs- und Interessenprinzip eine pauschale Dreiteilung der Kosten für Maßnahmen an einem Bahnübergang nach § 3 EKrG vor (vgl. , juris Rn. 6) und gelangt auch dann zur Anwendung, wenn die Parteien eine Kreuzungsvereinbarung nicht abgeschlossen und kein Kreuzungsrechtsverfahren durchgeführt haben (vgl. BVerwGE 116, 312, 313 f mwN).

22    Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat der Kläger - seinen Vortrag unterstellt - eine Maßnahme nach § 3 EKrG durchgeführt. Nach dem hier allein in Betracht kommenden § 3 Nr. 3 Var. 4 EKrG sind Kreuzungen in sonstiger Weise zu ändern, wenn und soweit es die Sicherheit oder die Abwicklung des Verkehrs unter Berücksichtigung der übersehbaren Verkehrsentwicklung erfordert. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist eine Maßnahme nach § 3 EKrG bereits dann durchzuführen, wenn die Sicherheit des Verkehrs eine Änderung erfordert, weil an der Kreuzung eine Gefahrensituation gegeben ist, deren Beseitigung geboten ist (vgl. aaO; VGH Bayern, Beschluss vom - 8 ZB 19.956, juris Rn. 14). Dabei spielt es keine Rolle, wodurch die Gefahrenlage entstanden ist (vgl. aaO; VGH Bayern aaO). Durch seinen Wortlaut bringt § 3 EKrG klar zum Ausdruck, dass es Kreuzungsmaßnahmen geben kann, die nur der Sicherheit dienen, ohne zugleich die Abwicklung des Verkehrs zu verbessern (vgl. Marschall/Maas aaO § 3 Rn. 27) oder durch geänderte Verkehrsbedürfnisse bedingt zu sein.

234.    Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht dagegen angenommen, dass dem Kläger Ansprüche aus öffentlich-rechtlicher oder zivilrechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag nicht zustehen, da die Regelungen des Eisenbahnkreuzungsgesetzes in ihrem Anwendungsbereich diese Ansprüche - anders als solche nach § 280 Abs. 1 BGB (s. oben unter 2 b aa) - ausschließen (vgl. Senat, Urteil vom - III ZR 273/16, NJW 2018, 2714 Rn. 14; BVerwGE 116, 312, 323). Vorliegend kommt das Eisenbahnkreuzungsgesetz zur Anwendung, da der Kläger - seinen Vortrag unterstellt - eine Maßnahme nach § 3 EKrG durchgeführt hat (siehe vorstehend zu 3). Insofern ist - anders als die Revision meint - im Hinblick auf etwaige Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag auf die Maßnahme des Klägers und nicht auf die ihr vorangegangene Maßnahme der Beklagten abzustellen.

III.

24    Das angefochtene Urteil ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da der Rechtsstreit nicht zur Endentscheidung reif ist, ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). In dem neuen Berufungsverfahren wird das Oberlandesgericht auch Gelegenheit haben, sich mit dem weiteren Vorbringen der Parteien im Revisionsverfahren sowie mit der mit Schriftsatz vom (S. 5) von der Beklagten erhobenen Einrede der Verjährung zu befassen, auf die einzugehen der Senat im vorliegenden Verfahrensstadium keine Veranlassung hat.

Remmert                         Arend                         Böttcher

                    Kessen                           Herr

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:281124UIIIZR20.23.0

Fundstelle(n):
JAAAJ-82008