Leistungsaustausch bei Schein- und Abdeckrechnungen
Leitsatz
Bei der entgeltlichen Erstellung von Schein-bzw. Abdeckrechnungen über tatsächlich nicht erbrachte Bauleistungen eines tatsächlich
nicht leistenden (Schein-) Subunternehmers, die allein der buchhalterischen Abdeckung der Barentlohnung von Schwarzarbeitern
beim Rechnungskunden dienen (hier: Überweisung des Scheinrechnungsbetrages an den Schein-Subunternehmer und Verbuchung der
Rechnung als angeblichen Fremdleistungsbezug beim Rechnungskunden, aber sofortige Abhebung des Rechnungsbetrages durch die
Hinterleute des Schein-Subunternehmers und Übergabe des Bargeldes abzüglich Provision an den Rechnungskunden zum Zwecke der
Entlohnung seiner Schwarzarbeiter in bar), liegt eine der Mehrwertsteuer grundsätzlich unterliegende einheitliche sonstige
Leistung i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG vor, welche im Wege der durch die Hinterleute des Schein-Subunternehmers verlangte und
auf das bestellte Rechnungsvolumen aufgeschlagene Provision als umsatzsteuerpflichtiges Entgelt vom Rechnungskunden bezahlt
wird (gegen , wistra 2022, 299).
Die Leistung erschöpft sich in diesem Fall nicht im bloßen „Handel mit Schein-bzw. Abdeckrechnungen“ bzw. der bloßen Beteiligung
an einer (Lohn-) Steuerhinterziehung des Rechnungskunden, sondern beinhaltet ein mehrteiliges, umsatzsteuerrechtlich als einheitliche
Leistung eigener Art zu bewertendes Leistungspaket, bei dem die Vereinnahmung, Abhebung und Rückführung des bestellten Abdeckvolumens
an den Rechnungskunden durch die Hinterleute des hierbei formal eingeschalteten Schein-Subunternehmers aus Sicht des Kunden
der (Organisation der) Rechnungsausstellung mindestens gleichwertig ist und deshalb nicht als unselbständige Nebenleistung
zu den nur auf die Erstellung und Übermittlung der Scheinrechnung abzielenden Verrichtungen beurteilt werden kann.
Dies gilt jedenfalls dann, wenn die für die jeweilige (Schein-) Subunternehmer-GmbH verantwortliche Tätergruppe mit ihrem
Leistungsangebot gegenüber verschiedenen (Rechnungs-) Kunden nachhaltig am Markt in Erscheinung tritt (im Streitfall z.B.
durch sukzessive Einschaltung jeweils unterschiedlicher Schein-Subunternehmer-GmbHs über mehrere Jahre und durch Einsatz von
Vermittlern zur Gewinnung von Neukunden per Mundpropaganda). In diesem Fall sind die durch die Provision vergüteten Leistungen
umsatzsteuerrechtlich auch nicht dem formal auftretenden Rechnungsaussteller (d.h. der jeweils eingesetzten Schein-Subunternehmer-GmbH),
sondern den diesen i.S.v. § 35 AO steuernden Hinterleuten bzw. ihrem Prinzipal als nach außen auftretendem Leistungserbringer
zuzuordnen.
Fundstelle(n): EAAAJ-81564
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Online-Dokument
Hessisches Finanzgericht
, Urteil v. 07.12.2024 - 6 K 443/22
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