Keine gewinnerhöhende Ausbuchung einer Forderung bei zeitlicher Durchsetzungssperre ohne generellen Forderungsverzicht
Leitsatz
1. Verpflichtet sich ein Gläubiger, eine zur Insolvenztabelle angemeldete Forderung zurück zu nehmen und diese Forderung lediglich
„im Insolvenzverfahren” nicht mehr geltend zu machen, liegt darin kein genereller Forderungsverzicht, so dass sich der Bestand
der Forderung nicht geändert hat und die entsprechende Verbindlichkeit weiterhin zu passivieren ist.
2. Eine Passivierungspflicht entfällt bei einer vom Gläubiger zugesagten Rücknahme der Anmeldung einer Forderung zur Insolvenztabelle
nicht, wenn für den Gläubiger jedenfalls die Möglichkeit besteht, die rechtlich fortbestehende Forderung nach Abschluss des
Insolvenzverfahrens gegenüber dem fortgeführten Unternehmen des Insolvenzschuldners (Insolvenzplan), im Hinblick auf vom Insolvenzverwalter
aus dem Insolvenzverfahren freigegebenes (insolvenzfreies) Vermögen oder im Rahmen einer Nachtragsliquidation bei nachträglich
auftauchendem Vermögen gegenüber dem Insolvenzschuldner geltend machen zu können. Soweit derartige mögliche Geschehensabläufe
(Insolvenzplan, Freigabe eines Teils des Vermögens, nachträglich auftauchendes Vermögen) nicht mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen sind, kann nicht angenommen werden, dass die Verbindlichkeit nach dem Ende der zeitlichen
Durchsetzungssperre (hier: Stillhaltevereinbarung für die Zeit des Insolvenzverfahrens) mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit
nicht mehr geltend gemacht wird.
3. Ein Passivierungsverbot gemäß § 5 Abs. 2a EStG scheidet aus bei einer Vereinbarung, wonach Verbindlichkeiten nicht nur
aus künftigen Gewinnen oder einem etwaigen Liquidationsüberschuss, sondern auch aus sonstigem Vermögen, dem sog. freien Vermögen,
erfüllt werden müssen. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob freies Vermögen am Bilanzstichtag überhaupt vorhanden war oder
die konkrete Möglichkeit bestand, freies Vermögen zu schaffen.
Fundstelle(n): SAAAJ-81542
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FG Münster, Urteil v. 10.10.2024 - 10 K 3000/21 K, G
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