Sonntagsverkauf im Gartencenter
Leitsatz
Sonntagsverkauf im Gartencenter
1. Über die Zulässigkeit der Öffnung einer Verkaufsstelle an Sonn- und Feiertagen nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 LÖG NW entscheidet das dort angebotene Kernsortiment, nicht aber das ergänzend dazu angebotene Randsortiment.
2. Die Zugehörigkeit von Waren zum Randsortiment im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 LÖG NW richtet sich nach deren hauptsächlicher Zweckbestimmung und nicht danach, in welcher Weise sie darüber hinaus noch genutzt werden können. Waren des nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 LÖG NW zulässigen Randsortiments müssen weder zum sofortigen Ge- und Verbrauch bestimmt sein, noch müssen sie gleichzeitig oder kombiniert mit Waren des Kernsortiments erworben werden.
Gesetze: § 5 Abs 1 Nr 1 S 1 LÖG NW, § 4 Abs 2 S 1 LÖG NW, § 3 Abs 1 UWG, § 3a UWG, § 8 Abs 1 UWG
Instanzenzug: Az: I-4 U 136/23 Urteilvorgehend LG Bochum Az: I-15 O 27/23 Teilurteil
Tatbestand
1Die Klägerin ist die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs. Die Beklagte betreibt Gartenmärkte in Nordrhein-Westfalen. An einem Sonntag im November des Jahres 2022 ließ die Klägerin bei der Beklagten einen Testkauf durchführen. Dabei wurden neben einer Rührschüssel, einem Henkelbecher, einem Windlicht-Set, einer Porzellantanne, einem Kerzenset und einem Tischset folgende Waren erworben:
- ein künstlicher Tannenzweig,
- Christbaumschmuck in Tannenform,
- Christbaumschmuck in Vogelform,
- Deko-Zimtstangen,
- eine Christbaumkugel aus Glas.
2Die Klägerin mahnte die Beklagte wegen des sonntäglichen Verkaufs der genannten Waren erfolglos ab und nahm sie mit der daraufhin erhobenen Klage auf Unterlassung und Zahlung von Abmahnkosten in Anspruch. Auf ein entsprechendes Anerkenntnis der Beklagten hat das Landgericht sie hinsichtlich des sonn- und feiertäglichen Verkaufs von Rührschüsseln, Henkelbechern, Windlicht-Sets, Porzellantannen, Kerzensets und Tischsets zur Unterlassung verurteilt und der Klägerin die Abmahnkosten zugesprochen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen (LG Bochum, Urteil vom - 15 O 27/23, juris). Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht zurückgewiesen (OLG Hamm, WRP 2024, 598). Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihren erstinstanzlich gestellten Unterlassungsantrag hinsichtlich der nicht vom Anerkenntnisurteil umfassten Waren weiter.
Gründe
3I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die zulässige Klage sei unbegründet. Der Klägerin stehe der geltend gemachte wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch nicht zu, weil der sonn- und feiertägliche Verkauf der noch streitgegenständlichen Waren nicht gegen die Marktverhaltensregel der § 4 Abs. 2, § 5 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 des Nordrhein-Westfälischen Gesetzes zur Regelung der Ladenöffnungszeiten (LÖG NW) verstoße. Die Waren seien dem zulässigen Randsortiment zuzuordnen. Sie würden als kleinteilige Accessoires für die von der Beklagten in der Hauptsache angebotenen Blumen und Pflanzen üblicherweise nur in kleinen Mengen angeboten. Darauf, ob die Waren zum sofortigen Ge- und Verbrauch bestimmt seien, komme es nicht an. Der Verkauf von Produkten des Randsortiments sei auch nicht nur dann zulässig, wenn er gleichzeitig oder in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Erwerb von Produkten des Kernsortiments erfolge.
4II. Die Revision hat keinen Erfolg. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, wonach das beanstandete Verhalten keinen Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 3a UWG begründe, weil die Beklagte nicht gegen § 4 Abs. 2, § 5 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 LÖG NW verstoßen habe, hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
51. Nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 LÖG NW dürfen Verkaufsstellen an Werktagen ohne zeitliche Begrenzung geöffnet sein (allgemeine Ladenöffnungszeit). Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 LÖG NW ist außerhalb der allgemeinen Ladenöffnungszeit auch das gewerbliche Anbieten von Waren zum Verkauf an jedermann außerhalb von Verkaufsstellen verboten. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 LÖG NW dürfen an Sonn- und Feiertagen Verkaufsstellen geöffnet sein, deren Kernsortiment aus einer oder mehrerer der Warengruppen Blumen und Pflanzen, Zeitungen und Zeitschriften oder Back- und Konditorwaren besteht, für die Abgabe dieser Waren und eines begrenzten Randsortiments für die Dauer von fünf Stunden. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 LÖG NW kann die für Wirtschaft zuständige oberste Landesbehörde zur näheren Bestimmung der in § 5 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 LÖG NW verwandten Begriffe "Kernsortiment" und "Randsortiment" im Einvernehmen mit dem für Wirtschaft zuständigen Landtagsausschuss eine Rechtsverordnung erlassen. Hiervon wurde bislang kein Gebrauch gemacht.
62. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die gesetzlichen Vorschriften über die Ladenöffnungszeiten, insbesondere das in § 4 Abs. 2 Satz 1, § 5 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 LÖG NW geregelte Verbot der Ladenöffnung an Sonn- und Feiertagen, das Marktverhalten regelnde Vorschriften im Sinne des § 3a UWG darstellen, weil sie nicht allein dem Arbeitsschutz, sondern im Interesse der Wettbewerber zugleich der Wettbewerbsneutralität dienen (vgl. , GRUR 2023, 1307 [juris Rn. 13] = WRP 2023, 1074 - Zweibrücken Fashion Outlet, mwN).
73. Ebenfalls zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, die Beklagte habe mit den noch beanstandeten Warenverkäufen nicht gegen § 4 Abs. 2 Satz 1 LÖG NW verstoßen, weil die betroffenen Waren dem Randsortiment zuzuordnen seien und daher die Ausnahmeregel des § 5 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 LÖG NW greife.
8a) In Ermangelung einer die Begriffe "Kernsortiment" und "Randsortiment" näher bestimmenden Rechtsverordnung bedürfen diese der Auslegung. Maßgebliche Anhaltspunkte dafür, was unter dem Begriff "Randsortiment" zu verstehen ist, lassen sich der Begründung der Landesregierung für das Gesetz zur Änderung des Ladenöffnungsgesetzes (LT-Drucks. Nordrhein-Westfalen 16/1572, S. 14) entnehmen. Danach haben Randsortimente lediglich ergänzenden Charakter und stehen in Beziehung zum Kernsortiment. Randsortimentsangebote müssen dem Kernsortiment in Umfang und Gewichtigkeit deutlich untergeordnet sein. Merkmale dieser Unterordnung sind vor allem die jeweiligen Anteile an der Gesamtverkaufsfläche sowie am Gesamtumsatz des jeweiligen Betriebs. Bei den Waren des Randsortiments handelt es sich im Vergleich zu denjenigen des Kernsortiments häufig um kleinteilige Artikel, die zwar keinen großen Raumbedarf aufweisen, jedoch ein wesentlich (mit)tragendes Standbein der Verkaufsstelle überhaupt sein können.
9b) Das Berufungsgericht hat dies zutreffend zugrunde gelegt und gemeint, die genannten Kriterien würden von den in Rede stehenden Waren (künstliches Tannengrün, Christbaumschmuck und Deko-Zimtstangen) nach dem unwidersprochenen Sachvortrag der Beklagten unproblematisch erfüllt, weil diese Waren als kleinteilige Accessoires für die von der Beklagten hauptsächlich angebotenen Blumen und Pflanzen üblicherweise nur in kleinen Mengen abgegeben würden. Der ergänzende Charakter und die deutliche Unterordnung seien hinsichtlich des veräußerten Christbaumschmucks offensichtlich, da er unzweifelhaft in einer besonders engen Beziehung zu dem betreffenden Kernsortiment - dem Weihnachtsbaum - stehe. Gleiches gelte für das künstliche Tannengrün und die getrockneten Zimtstangen. Diese Gegenstände seien unter anderem dazu geeignet, Sträuße, Kränze oder andere aus Blumen und Pflanzen bestehende Gebinde um nicht verrottende oder verwitternde Komponenten zu ergänzen. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
10c) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, ein solches Begriffsverständnis lasse eine uferlose Ausweitung des in § 5 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 LÖG NW normierten Ausnahmetatbestands befürchten, weil danach konsequenterweise sämtliche Dekorationsartikel von der Ausnahme erfasst sein müssten, solange sie nur kleinteilig seien und mit den Waren des Kernsortiments kombiniert werden könnten, wie dies beispielsweise auf Lichterketten, Tassen oder Gläser zutreffe.
11Die von der Revision behauptete Gefahr der uferlosen Ausweitung des Ausnahmetatbestands besteht nicht. Das Berufungsgericht hat zutreffend auf die nach den zuvor wiedergegebenen Kriterien erforderliche deutliche Unterordnung der Waren des Randsortiments im Verhältnis zu denjenigen des Kernsortiments hingewiesen (vgl. dazu auch OLG Düsseldorf, WRP 2018, 103 [juris Rn. 10]; OVG Münster, NVwZ 1999, 79 [juris Rn. 27]; NVwZRR 2001, 17 [juris Rn. 19]) und festgestellt, die noch in Rede stehenden Waren seien als "kleinteilige Accessoires" für die von der Beklagten hauptsächlich angebotenen Blumen und Pflanzen anzusehen. Aus dieser Eigenschaft als "Accessoires" ergibt sich der für die Zuordnung zum "begrenzten Randsortiment" erforderliche ergänzende Charakter der Waren und deren Beziehung zum Kernsortiment. Dies gilt unabhängig davon, ob die Waren des Randsortiments in Kombination mit solchen des Kernsortiments verkauft werden, beispielsweise als Bestandteil eines floristischen Gebindes, oder ob - wie im Streitfall - ein isolierter Verkauf erfolgt (aA OLG Düsseldorf, WRP 2018, 103 [juris Rn. 11]; LG Dortmund, WRP 2022, 1444 [juris Rn. 70]). Die von der Revision beispielhaft angeführten Tassen und Gläser erfüllen die genannten Kriterien hingegen gerade nicht. Gleiches gilt für sonstige, in keiner Beziehung zum Kernsortiment der Beklagten stehende Dekorationsartikel.
12d) Dass die streitgegenständlichen Waren - wie die Revision weiter einwendet - nicht nur als "Accessoires" für die von der Beklagten hauptsächlich angebotenen Pflanzen und Blumen, sondern beispielsweise auch zur Dekoration eines Tischs verwendet werden könnten, führt zu keinem anderen Ergebnis. Bei der Auslegung und Anwendung der abstrakt-generellen Regelung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 LÖG NW ist eine typisierende Betrachtung geboten, im Rahmen derer auf die hauptsächliche Zweckbestimmung des betroffenen Gegenstands abzustellen ist. Es kommt daher nicht darauf an, in welcher Weise ein Gegenstand daneben außerdem genutzt werden könnte.
13e) Entgegen der Ansicht der Revision spricht gegen eine Zugehörigkeit der streitgegenständlichen Waren zum Randsortiment im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 LÖG NW auch nicht, dass sie nicht zum sofortigen Ge- und Verbrauch bestimmt sind.
14aa) Zwar gilt § 5 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 LÖG NW ausweislich der Gesetzesbegründung für Waren zum sofortigen Ge- und Verbrauch, die üblicherweise nur in kleineren Mengen abgegeben werden und bezüglich derer täglich wiederkehrende oder insbesondere an Sonn- und Feiertagen hervortretende Kaufbedürfnisse der Bevölkerung bestehen. Mit der Regelung soll sichergestellt werden, dass nur solche Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen öffnen, die nach dem Umfang ihres Angebots Gewähr dafür bieten, den typischerweise an diesen Tagen anfallenden Bedarf befriedigen zu können (LT-Drucks. Nordrhein-Westfalen 16/1572, S. 14). Wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat, betreffen diese Erwägungen aber nur das von § 5 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 LÖG NW umfasste Kernsortiment, zu dem die Warengruppe Blumen und Pflanzen zählt. Dass darüber hinaus auch die zum Randsortiment zu rechnenden Waren zum sofortigen Ge- und Verbrauch bestimmt sein müssen, ergibt sich aus der Gesetzesbegründung hingegen nicht.
15bb) Die Revision wendet ein, der Begriff "Warengruppe" werde in der Gesetzesbegründung als Oberbegriff für die Begriffe "Kernsortiment" und "Randsortiment" verwendet. Mit der in der Gesetzesbegründung angeführten Erläuterung, bei den Warengruppen des § 5 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 LÖG NW handele es sich um Waren zum sofortigen Ge- und Verbrauch, werde daher verdeutlicht, dass sich dieses Kriterium sowohl auf das Kern- als auch auf das Randsortiment beziehe.
16Dies überzeugt nicht. Die Warengruppen, die in § 5 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 LÖG NW aufgezählt werden (nämlich Blumen und Pflanzen, Zeitungen und Zeitschriften sowie Back- und Konditorwaren), sind unzweifelhaft solche, die das zulässige Kernsortiment ausmachen. Mit der Bezugnahme auf die "Warengruppen des § 5 Abs. 1" trifft die Gesetzesbegründung - wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat - eine Aussage nur in Bezug auf das Kern-, nicht aber auf das Randsortiment.
17cc) Anders als die Revision geltend macht, gebietet auch das verfassungsrechtliche Gebot des Schutzes der Sonn- und Feiertage nach Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 139 WRV und Art. 22 Verf NW keine einschränkende Auslegung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 LÖG NW dahingehend, dass Waren des zulässigen Randsortiments ebenfalls zum sofortigen Ge- und Verbrauch bestimmt sein müssen.
18(1) Im Ausgangspunkt zutreffend weist die Revision darauf hin, dass Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 139 WRV und Art. 22 Verf NW einen Schutzauftrag an den Gesetzgeber enthält, der für die Arbeit an Sonn- und Feiertagen ein Regel-Ausnahme-Verhältnis statuiert. Gesetzliche Schutzkonzepte für die Gewährleistung der Sonn- und Feiertagsruhe müssen diese Tage daher erkennbar als solche der Arbeitsruhe zur Regel erheben. Ausnahmen hiervon bedürfen eines dem Sonntagsschutz gerecht werdenden Sachgrunds. Ein bloß wirtschaftliches Umsatzinteresse der Verkaufsstelleninhaber und ein alltägliches Erwerbsinteresse ("Shopping-Interesse") potenzieller Käufer genügen hierfür grundsätzlich nicht (vgl. BVerfGE 125, 39 [juris Rn. 157]; BGH, GRUR 2023, 1307 [juris Rn. 30] - Zweibrücken Fashion Outlet; BVerwGE 159, 27 [juris Rn. 16], jeweils mwN).
19(2) Für die Frage, welche Waren zu erweiterten Ladenöffnungszeiten verkauft werden dürfen, ohne dass der verfassungsrechtlich gebotene Schutz von Sonn- und Feiertagen in unzulässiger Weise eingeschränkt wird, ist allerdings wiederum das zum Verkauf angebotene Kernsortiment ausschlaggebend, auf das die in § 5 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 LÖG NW enthaltene Aufzählung Bezug nimmt. Das Kernsortiment bildet den Hauptteil des Warenangebots, der nach allgemeiner fachlicher Übereinkunft einem bestimmten Sortimentsbereich zuzuordnen ist und zudem hinreichend scharf konturiert werden kann. Dieses Kernsortiment bestimmt daher in der Regel auch die Art einer Verkaufsstelle, während Randsortimente lediglich ergänzenden Charakter haben (vgl. LT-Drucks. Nordrhein-Westfalen 16/1572, S. 13 f.) und daher ganz unterschiedlicher Art sein können. Aus der Zulässigkeit eines durch bestimmte Branchenbezeichnungen gekennzeichneten Kernsortiments folgt zugleich, dass auch die der jeweiligen Branche zuzuordnenden Randsortimente zugelassen sind (vgl. OVG Münster, NVwZ 1999, 79 [juris Rn. 27 bis 29]).
20f) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 LÖG NW ergebe sich nicht, dass der Verkauf von Produkten des Randsortiments nur dann zulässig sei, wenn diese gleichzeitig oder in engem zeitlichen Zusammenhang mit den Produkten des Kernsortiments erworben würden.
21Wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat, lässt sich eine solche Einschränkung dem Gesetzeswortlaut nicht entnehmen. Sie geht auch nicht aus der Gesetzesbegründung hervor. Danach wird in § 5 Abs. 1 Nr. 1 LÖG NW der Verkauf bestimmter Waren (Blumen, Pflanzen, Zeitungen, Zeitschriften, Back- und Konditorwaren) "sowie eines begrenzten zugehörigen Randsortiments" für zulässig erklärt (LT-Drucks. Nordrhein-Westfalen 16/1572, S. 14). Die Verwendung des Worts "sowie" bringt hinreichend klar zum Ausdruck, dass auch der alleinige Erwerb von Waren des Randsortiments der gesetzlichen Privilegierung unterfallen soll. Wäre dem Gesetzgeber daran gelegen gewesen, eine Ausnahmeregelung nur für Konstellationen zu schaffen, in denen Waren des Randsortiments gleichzeitig mit Waren des Kernsortiments erworben werden, hätte er sich einer anderslautenden und insoweit unmissverständlichen Formulierung (etwa durch Verwendung der Worte "gleichzeitig", "zusammen mit" oder eines sonstigen, diese Einschränkung ausdrückenden Zusatzes) bedienen können. Dies ist nicht erfolgt. Vielmehr hat der Gesetzgeber, worauf das Berufungsgericht zu Recht hingewiesen hat, sein Hauptaugenmerk darauf gerichtet, mittels der zur Unterscheidung von Kern- und Randsortiment heranzuziehenden Kriterien klarzustellen, welche Verkaufsstellen überhaupt öffnen dürfen.
22g) Entgegen der Ansicht der Revision führt die Rechtsanwendung des Berufungsgerichts auch nicht zu einer den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verletzenden Bevorzugung von Gewerbetreibenden, die neben Blumen und Pflanzen auch Dekorationsartikel vertreiben, gegenüber solchen, die nur Dekorationsartikel anbieten. Indem der Landesgesetzgeber für die Frage, welche Ladengeschäfte außerhalb der regulären Öffnungszeiten geöffnet sein dürfen, darauf abgestellt hat, ob das angebotene Kernsortiment den typischerweise an Sonn- und Feiertagen anfallenden Bedarf befriedigt (vgl. LTDrucks. Nordrhein-Westfalen 16/1572, S. 14), hat er eine sachlich gerechtfertigte Differenzierung vorgenommen. Dabei ist es hinzunehmen, dass das Randsortiment (beispielsweise Dekorationsartikel) nur in den aufgrund ihres Kernsortiments privilegierten Verkaufsstellen sonn- und feiertags verkauft werden darf, in sonstigen Verkaufsstellen, die gleichartige Artikel anbieten, aber nicht. Niemand kann allein daraus, dass einer Gruppe aus besonderem Anlass Vergünstigungen zugestanden werden, für sich ein verfassungsrechtliches Gebot herleiten, dieselben Vorteile in Anspruch nehmen zu dürfen, sofern für ihn kein vergleichbarer besonderer Anlass besteht. Wegen des Ausnahmecharakters der Regelungen für die Verkaufsstellenöffnung außerhalb der allgemeinen Ladenöffnungszeiten kann deren Ausweitung auf bis dahin nicht erfasste Sachverhalte nicht durch Berufung auf den allgemeinen Gleichheitssatz erzwungen werden (vgl. BVerfGE 125, 39 [juris Rn. 171]; OLG Hamm, GRUR-RR 2013, 297 [juris Rn. 38]).
23III. Die Revision der Klägerin ist demnach mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Koch Schwonke Pohl
Odörfer Wille
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:051224UIZR38.24.0
Fundstelle(n):
BB 2024 S. 2945 Nr. 51
ZIP 2024 S. 4 Nr. 50
DAAAJ-81372