BGH Beschluss v. - 2 StR 340/23

Instanzenzug: Az: 118 KLs 1/23

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in 111 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt und die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 7.572,79 Euro angeordnet. Die dagegen gerichtete Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg.

I.

2Nach den Feststellungen des Landgerichts bot der Angeklagte zwischen dem und dem auf dem Portal eBay Kleinanzeigen verschiedene Waren zum Verkauf an. Nach Abschluss der jeweiligen Kaufverträge und Erhalt des vereinbarten Kaufpreises versandte er die Waren jedoch – wie von Beginn an beabsichtigt – abredewidrig nicht an die Käufer. So verfuhr der Angeklagte bei 111 Gelegenheiten und erhielt von den Käufern Zahlungen in Höhe von insgesamt 7.572,79 Euro. Die Käufer überwiesen das Geld in der irrigen Annahme, der Angeklagte werde ihnen wie vereinbart die verkauften Sachen übersenden.

3Der Angeklagte verwendete für seine Taten verschiedene Nutzerkonten auf dem Portal eBay Kleinanzeigen. Für die Zahlungsabwicklung nutzte er neben eigenen Kontoverbindungen auch diverse PayPal-Accounts, in denen er entweder selbst erdachte falsche Namen oder – ohne deren Kenntnis – die im Rahmen von Verkaufsverhandlungen erlangten Personalien von zwei realen Personen hinterlegte. Auf diese Weise gelang es ihm, trotz der Sperrungen einiger Nutzerkonten sein Handeln über mehrere Monate fortzusetzen.

4Die Strafkammer hat das festgestellte Geschehen als Betrug in 111 Fällen – jeweils in einem besonders schweren Fall, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Alt. 1 und Nr. 2 Alt. 2 StGB – gewertet.

II.

51. Die auf die Sachrüge gebotene umfassende Prüfung des Urteils führt zur Aufhebung des Schuldspruchs. Zwar ist die rechtliche Würdigung der Taten des Angeklagten als Betrug gemäß § 263 Abs. 1 StGB für sich genommen rechtsfehlerfrei. Die konkurrenzrechtliche Bewertung der 111 Verkaufsvorgänge als realkonkurrierende Einzeltaten hält aber rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

6a) Die Strafkammer hat nicht bedacht, dass mehrere betrügerische Handlungen an einem Tag Teil einer einheitlichen Tat im Sinne einer natürlichen Handlungseinheit sein können, sofern sie in einem engen zeitlichen Zusammenhang vorgenommen werden (vgl. , Rn. 17 mwN). Das Konkurrenzverhältnis der von der Strafkammer als 111 Einzelfälle gewürdigten Taten, von denen eine Vielzahl entweder am selben Tag oder an direkt aufeinanderfolgenden Tagen begangen wurde, wäre unter diesem Gesichtspunkt zu würdigen gewesen. Die Strafkammer hat Einzelheiten zu den konkreten zeitlichen Zusammenhängen nicht festgestellt, so dass sich die konkurrenzrechtliche Bewertung anhand der Urteilsgründe nicht abschließend vornehmen lässt.

7b) Die Strafkammer hat überdies nicht in den Blick genommen, dass in Fällen, in denen der Täter zum Zwecke der Begehung von Betrugstaten ein Kundenkonto unter Verwendung unrichtiger Personalien anlegt, diese beweiserheblichen Daten speichert und von ihnen danach plangemäß Gebrauch macht, insoweit auch mit Blick auf den Betrugstatbestand nur von einer Tat auszugehen ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 4 StR 422/14, NStZ 2015, 635 mwN, und vom – 4 StR 81/22, NStZ-RR 2022, 310, 311).

8Dies ist bei der Nutzung der Verkaufsplattform eBay Kleinanzeigen allerdings nicht zwingend der Fall; dort genügt für die Registrierung die Angabe einer E-Mail-Adresse und eines Passwortes, so dass der Tatbestand des § 269 Abs. 1 StGB nicht bereits mit der Einrichtung des Nutzerkontos, sondern erst dann verwirklicht wird, wenn der Täter durch sein an die einzelnen Geschädigten unter falschem Namen kommuniziertes konkretes Verkaufsangebot eine unechte Datenurkunde im Sinne von § 269 Abs. 1 StGB hergestellt bzw. gebraucht (vgl. , BGHSt 65, 98, 105). Ob die später über das eBay Kleinanzeigen-Konto begangenen Betrugstaten unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung zu einer einheitlichen Tat zusammenzufassen sind, hängt daher davon ab, ob der Täter nach der Registrierung – was zwar möglich ist, von dem Plattformbetreiber allerdings nicht gefordert wird – falsche Daten in dem Account speichert und dadurch den Tatbestand des § 269 Abs. 1 StGB verwirklicht.

9Wie der Angeklagte in den 111 von der Strafkammer festgestellten Fällen vorgegangen ist, lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen. Soweit die Strafkammer Feststellungen zu verwendeten falschen Personalien getroffen hat, beziehen diese sich ausschließlich auf PayPal-Accounts, über die lediglich die Zahlungen abgewickelt wurden. Maßgeblich sind hier aber die eBay Kleinanzeigen-Konten, über die die betrügerischen Taten angebahnt und begangen wurden. Demgegenüber kommt es für die konkurrenzrechtliche Beurteilung nicht darauf an, in welchen Fällen der Angeklagte PayPal-Accounts mit den Personalien real existierender Personen angelegt hat.

102. Die Aufhebung des Schuldspruchs bedingt die Aufhebung des gesamten Strafausspruchs; zugleich entzieht sie der Einziehungsentscheidung die Grundlage. Die Sache bedarf demnach insgesamt neuer Verhandlung und Entscheidung. Der Senat hebt sämtliche Einzeltaten mitsamt den Feststellungen auf, um dem neuen Tatgericht die konkurrenzrechtliche Würdigung aufgrund widerspruchsfreier Feststellungen zu ermöglichen (§ 353 Abs. 2 StPO).

Menges                      Grube                      Lutz

            Zimmermann                Herold

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:110924B2STR340.23.0

Fundstelle(n):
DAAAJ-81012