1. Wird ein eigenständig anfechtbarer, belastender Verfügungssatz in einem Rentenbescheid nicht angefochten und hebt das Erstgericht gleichwohl den Rentenbescheid in Gänze auf, liegt ein Verstoß gegen den Grundsatz "ne ultra petita" (vgl. § 123 SGG) vor.
2. Ein atypischer Fall im Rahmen des § 48 SGB X ist zu verneinen, wenn der Leistungsempfänger über 18 Jahre lang vorsätzlich gegen seine Mitteilungspflichten (hier: Beendigung der freiwilligen Krankenversicherung) gegenüber dem Rentenversicherungsträger verstoßen hat; ein behördliches Mitverschulden an überzahlten Zuschüssen zur freiwilligen Krankenversicherung liegt nicht in einer fehlenden/fehlerhaften Datensatzübermittlung der Krankenkasse (Anschluss an Senatsurteil vom , L 10 R 39/20, in juris, Rn. 60 ff.).
3. Die Aufhebung der Zuschussbewilligung ist auch dann hinreichend bestimmt, wenn der Rentenversicherungsträger zwar datumsmäßig den falschen Bescheid nennt, sich nach dem Gesamtzusammenhang (namentlich nur eine bestehende Zuschussbewilligung im betroffenen, eingegrenzten Zeitraum) aber klar und unzweifelhaft ergibt, welcher Bescheid (datumsmäßig) gemeint ist (Anschluss an Senatsurteil vom , L 10 R 586/21, in juris, Rn. 35, 49 ff.).
4. Im Rahmen einer Einbehaltungsverfügung von Beiträgen/Beitragsanteilen aus der laufenden Rente zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung trifft der Rentenversicherungsträger als sachlich zuständiger Träger (konkludent) auch Feststellungen zum Beitragstatbestand (Anschluss u.a. an , Rn. 24, 29, 31 f. m.w.N.); im Rahmen dessen spielen namentlich Verschuldens- oder Vertrauensschutzgesichtspunkte hinsichtlich der Beitragspflicht und -tragung grundsätzlich keine Rolle, ebenso wenig, ob der Versicherte um seine Versicherungspflicht wusste oder nicht; dem Rentenversicherungsträger steht auch kein Ermessen zur Seite.
5. Zahlt der Versicherte während des Rechtsstreits zur Vermeidung einer monatlichen Einbehaltung im Wege der Quasi-Aufrechnung mit der laufenden Rente (§ 255 Abs. 2 Satz 1 SGB V i.V.m. § 60 Abs. 1 Satz 2 SGB XI) die rückständigen Beiträge/Beitragsanteile qua Einmalzahlung, erledigt sich die Einbehaltungsverfügung (§ 39 Abs. 2 SGB X) erst mit Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung: im Falle der gerichtlichen Kassation der Einbehaltungsverfügung ist die Zahlung dann rechtsgrundlos erfolgt und vom Rentenversicherungsträger zurückzuzahlen, im Falle ihrer Rechtmäßigkeit kommt der Zahlung mit Rechtskraft die erforderliche Erfüllungswirkung zu und für eine Einbehaltung besteht dann kein Raum mehr.
6. Die Darlegungslast für eine Hilfebedürftigkeit i.S.d. § 51 Abs. 2 SGB I durch die Einbehaltung liegt beim Versicherten; die pauschale Behauptung, eine Einbehaltung bis zur Hälfte der monatlichen Rente stelle "einen nachhaltigen und schwerwiegenden Eingriff" dar, genügt dem nicht.
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LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 26.09.2024 - L 10 R 1060/24
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