Einkommensteuer | Rückwirkende Anwendung der Steuerbefreiung für ab dem
gewährte Corona-Sonderzahlungen (FG)
Eine ersatzweise anstelle von Urlaubsgeld oder einer Bonuszahlung
aus Gründen der Steueroptimierung steuerfrei erbrachte Corona-Sonderzahlung
stellt jedenfalls dann keine zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn
gewährte Leistung dar, wenn zeitgleich mit der als Corona-Sonderzahlung
deklarierten Auszahlung ein Anspruch auf Urlaubsgeld bzw. eine Bonuszahlung
begründet worden ist (im Streitfall: Ankündigung der Auszahlung von Urlaubsgeld
bzw. Bonus verbunden mit dem Hinweis der Deklarierung als Corona-Sonderzahlung
aus steuerlichen Gründen durch internen Aushang: ; Revision anhängig, BFH-Az. VI R
25/24).
Sachverhalt: Das
Niedersächsische FG hat sich - soweit ersichtlich - erstmals mit der Frage der
Anwendbarkeit und Auslegung der mit dem Corona-Steuerhilfegesetz v.
(BGBl. I 2020, 1385) eingeführten Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 11a EStG
auseinanderzusetzen. Zu klären waren insbesondere Fragen zur rückwirkenden
Anwendbarkeit der gesetzlichen Regelung in § 3 Nr. 11a EStG, zur Auslegung des
Merkmals „auf Grund der Corona-Krise" sowie zur Anwendbarkeit und
Auslegung der mit dem JStG 2020 (BGBl. I 2020, 3096) in § 8 Abs. 4 EStG
ebenfalls neu eingeführten Definition des Zusätzlichkeitskriteriums:
Die Klägerin betreibt mehrere Lebensmittelläden. Ihren Mitarbeitern
zahlte sie u.a. im Mai und November 2020 als Corona-Sonderzahlung deklarierte
Geldleistungen steuerfrei aus. Über die Sonderzahlungen informierte sie die
Beschäftigten durch interne Aushänge. In diesen gab sie zugleich bekannt, dass
sie, wie in den Vorjahren, im Monat Mai Urlaubsgeld bzw. im Monat November
einen Bonus als freiwillige Leistung gewähren werde. Die Lohnsteueraußenprüfung
kam zu der Feststellung, dass die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 3
Nr. 11a EStG für die in den Monaten Mai und November erbrachten Sonderzahlungen
nicht erfüllt seien. Die Lohnsteuer nebst sonstiger Lohnsteuerabzugsbeträge
wurde durch Nachforderungsbescheid festgesetzt.
Das Niedersächsische FG wies die gegen den
Nachforderungsbescheid erhobene Klage ab:
Vorliegend ist die Steuerbefreiungsvorschrift des § 3 Nr. 11a
EStG zwar rückwirkend ab dem anwendbar. Jedoch haben die
Voraussetzungen der Steuerbefreiung im konkreten Fall weder
hinsichtlich der Mai- noch der Novemberzahlung
vorgelegen.
Zum einen hat die Klägerin die als Corona-Sonderzahlung
deklarierten Leistungen nicht zusätzlich zum ohnehin
geschuldeten Arbeitslohn erbracht.
Aus den Gesamtumständen ist nicht ersichtlich gewesen, dass die
Klägerin ihren Mitarbeitern die als „Sonderzahlung Corona" bezeichneten
Leistungen im Mai und November 2020 zur Abmilderung der besonderen Belastungen
durch die Corona-Krise ausgezahlt hat.
Bei seiner Würdigung berücksichtigte das Gericht die Angaben in
den Verdienstabrechnungen, den Wortlaut der seitens der Klägerin ausgehängten
internen Informationsschreiben, die Berechnungsmethode sowie die
Auszahlungsmodalitäten der Sonderzahlungen.
Zum anderen ist das Zusätzlichkeitskriterium weder nach den
Grundsätzen der Rechtsprechung zur alten Rechtslage noch nach den Vorgaben des
§ 8 Abs. 4 EStG als erfüllt anzusehen. Die Corona-Sonderzahlung ist
ersatzweise anstelle des Urlaubsgeldes bzw. der Bonuszahlung
gewährt worden. Der geschuldete Arbeitslohn ist durch diese
herabgesetzt worden.
Hinweis:
Das FG hat die Revision zur Fortbildung des Rechts zugelassen.
Diese wurde eingelegt und ist beim BFH unter dem Az. VI R 25/24 anhängig. Der
Volltext der Entscheidung ist in der
Rechtsprechungsdatenbank der niedersächsischen
Justiz veröffentlicht.