Instanzenzug: LG Wiesbaden Az: 1 KLs 38940/18
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freispruch im Übrigen wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in fünf Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit schwerem sexuellen Missbrauch eines Kindes und Körperverletzung, in zwei Fällen in Tateinheit mit schwerem sexuellen Missbrauch von Kindern und in zwei Fällen in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern „unter Einbeziehung des Strafbefehls des Amtsgerichts Wiesbaden“ vom und unter Auflösung der dort gebildeten Gesamtgeldstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete und auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg, im Übrigen ist sie unbegründet.
21. Nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Landgerichts griff der Angeklagte in der zweiten Hälfte des Augusts 2017 im Wohnzimmer der gemeinsam genutzten Wohnung seiner zwölfjährigen Stieftochter, der Nebenklägerin, über der Kleidung gezielt und nicht nur flüchtig an das Gesäß und die Brüste, um sich sexuelle Befriedigung zu verschaffen (Fall II.1 der Urteilsgründe). Zwischen Ende August und Mitte September 2017 berührte er in demselben Zimmer die Nebenklägerin unter der Kleidung an Gesäß und Brüsten. Zudem drang er mit seinem Finger in deren Scheide ein (Fall II.2 der Urteilsgründe). In der ersten Novemberwoche 2017 kam es in dem Zimmer zum ersten vaginalen Geschlechtsverkehr zwischen dem Angeklagten und der Nebenklägerin, den der Angeklagte erzwungen hatte und bei dem die Nebenklägerin Schmerzen erlitt (Fall II.3 der Urteilsgründe). Am kam es am gleichen Ort ein weiteres Mal zum Geschlechtsverkehr des Angeklagten mit der Nebenklägerin (Fall II.4 der Urteilsgründe). Am betrat der Angeklagte das Badezimmer, während die 13-jährige Nebenklägerin nackt duschte. Er entblößte seinen erigierten Penis und begann, die Nebenklägerin an deren Scheide, Gesäß und an ihren Brüsten zu berühren. Der Übergriff endete, als die Mutter der Nebenklägerin überraschend das Badezimmer betrat (Fall II.5 der Urteilsgründe).
32. Das Rechtsmittel des Angeklagten ist teilweise begründet.
4a) Der Verfahrensrüge bleibt aus den Gründen der Zuschrift des Generalbundesanwalts der Erfolg versagt.
5b) Die auf die Sachrüge veranlasste Überprüfung des Schuldspruchs sowie der zugemessenen Einzelstrafen hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
6c) Hingegen hat die Gesamtstrafe keinen Bestand.
7aa) Soweit für die Gesamtstrafenlage von Belang hat die Strafkammer folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
8Am verurteilte das Amtsgericht Rüdesheim den Angeklagten zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 10 €. Eine weitere Verurteilung erfolgte am durch das Amtsgericht Montabaur zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 15 €. Die den Erkenntnissen zugrundeliegenden Tatzeiten sowie die Vollstreckungsstände teilen die Urteilsgründe nicht mit. Am verurteilte das Amtsgericht Wiesbaden den Angeklagten zu einer Gesamtgeldstrafe von 165 Tagessätzen zu je 50 €. Beide dort abgeurteilten Taten hatte der Angeklagte am begangen. Diese Geldstrafe ist noch nicht erledigt. Letztmalig verurteilte ihn das Amtsgericht Wiesbaden am zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu 10 €. Die zugrundeliegende Tatzeit ist in den Urteilsgründen nicht dargestellt. Auch diese Geldstrafe ist noch nicht erledigt.
9bb) Auf der Grundlage dieser Feststellungen leidet das Urteil im Hinblick auf die Gesamtstrafe unter einem durchgreifenden Darstellungsmangel. Dem Senat ist die gebotene Prüfung der Gesamtstrafenbildung nicht möglich.
10(1) Die Urteilsgründe schweigen zunächst zum Vollstreckungsstand der Verurteilung durch das Amtsgericht Rüdesheim vom und das Amtsgericht Montabaur vom . Der Senat kann daher nicht beurteilen, ob einer oder beiden Verurteilungen eine Zäsurwirkung zukommt. Sollte alleine der Verurteilung durch das Amtsgericht Montabaur vom Zäsurwirkung zukommen, hätte dies für den Angeklagten die Konsequenz, dass die augenscheinlich höheren Einzelgeldstrafen aus der Verurteilung des Amtsgerichts Wiesbaden vom , deren Höhe die Urteilsgründe ebenfalls nicht mitteilen, keinen Eingang in die Gesamtstrafe hätten finden dürfen.
11(2) Die Urteilsgründe schweigen auch zu dem Tatzeitpunkt der Verurteilung vom . Sollte dieser vor dem Strafbefehl des Amtsgerichts Wiesbaden vom liegen, wäre auch diese Verurteilung gesamtstrafenfähig. Für den von der Strafkammer vorgenommenen Härteausgleich bieten die Urteilsgründe hingegen keinen Anlass.
12cc) Die Zumessung der Gesamtstrafe bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung. Sollte sich nach den neu zu treffenden Feststellungen die Gesamtstrafenlage wiederum so darstellen wie von der Strafkammer angenommen, wird das nunmehr zur Entscheidung berufene Tatgericht zu beachten haben, dass regelmäßig die Höhe der einbezogenen Einzelgeldstrafen in den Urteilsgründen mitzuteilen ist (vgl. hierzu , Rn. 2 mwN). Es wird auch Gelegenheit haben zu prüfen und zu erörtern, ob der bisherige Verfahrensablauf Anlass für die Annahme einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung bietet (vgl. zum Darstellungserfordernis BGH, Beschlüsse vom – 3 StR 99/19, Rn. 24, und vom – 4 StR 202/21, Rn. 16, jew. mwN).
Menges Zeng Meyberg
Grube Schmidt
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:100924B2STR364.24.0
Fundstelle(n):
HAAAJ-79276