BGH Beschluss v. - XIII ZB 25/22

Instanzenzug: LG Dresden Az: 2 T 847/19vorgehend AG Dresden Az: 470 XIV 698/19

Gründe

1I.    Auf Antrag der beteiligten Behörde hat das gegen den Betroffenen Haft zur Sicherung der Abschiebung bis zum angeordnet. Mit Schreiben vom , das ausweislich des Faxstempels am um 10.09 Uhr bei Gericht eingegangen ist, hat der Betroffene gegen diesen Beschluss Beschwerde eingelegt und für den Fall der Haftentlassung die Fortsetzung des Verfahrens als Feststellungsverfahren nach § 62 FamFG beantragt. Zudem hat er den Rechtsbeschwerdeführer als seine Vertrauensperson benannt. Am um 16:08 Uhr hat sich der Rechtsbeschwerdeführer als Person des Vertrauens des Betroffenen beim Amtsgericht gemeldet, sich dessen laufender Beschwerde angeschlossen, gemäß § 426 Abs. 2 FamFG die Aufhebung der mit Beschluss vom gegen den Betroffenen angeordnete Abschiebungshaft und ebenfalls für den Fall der Haftentlassung die Fortsetzung des Verfahrens als Feststellungsverfahren nach § 62 FamFG beantragt. Mit Beschluss vom hat das Amtsgericht der Beschwerde gegen den Beschluss vom nicht abgeholfen. Der Betroffene wurde am abgeschoben.

2Nach Rücknahme der Anschlussbeschwerde durch den Rechtsbeschwerdeführer hat das Beschwerdegericht mit dem angefochtenen Beschluss vom den "Feststellungsantrag des Betroffenen" zurückgewiesen (Tenorziffer I), den "Antrag der Person des Vertrauens festzustellen, der Beschluss des Amtsgerichts […] vom , seinem Antrag auf Aufhebung der Freiheitsentziehung nicht stattzugeben, habe den Betroffenen in seinen Rechten verletzt" als unzulässig verworfen (Tenorziffer II) und die Kosten der Rechtsmittelinstanz je zur Hälfte dem Betroffenen und der Person des Vertrauens auferlegt sowie entschieden, dass diese ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst zu tragen haben (Tenorziffer III). Gegen diesen Beschluss wendet sich die Vertrauensperson mit ihrer Rechtsbeschwerde.

3II.    Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg, soweit sie sich gegen die in Tenorziffer II enthaltene Verwerfung eines Feststellungsantrags des Rechtsbeschwerdeführers und den ihn belastenden Teil der Kostenentscheidung richtet. Soweit mit ihr auch die Zurückweisung des Feststellungsantrags des Betroffenen angegriffen wird, ist sie unzulässig.

41.    In Tenorziffer II des angefochtenen Beschlusses hat das Landgericht über einen Feststellungsantrag des Rechtsbeschwerdeführers entschieden, der nicht Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens und auch sonst nicht beim Beschwerdegericht anhängig geworden ist. Insoweit und hinsichtlich der damit verbunden Kostenentscheidung erweist sich der Beschluss daher als rechtsfehlerhaft.

5a)    Das Amtsgericht hat im Beschluss vom nicht über den vom Rechtsbeschwerdeführer als Person des Vertrauens des Betroffenen am gestellten Haftaufhebungsantrag entschieden. Der Beschluss vom lautet: "Der Beschwerde gegen den Beschluss des AG […] vom wird nicht abgeholfen. Die der Entscheidung zu Grunde liegenden Erwägungen und Gründe treffen nach wie vor zu". Damit enthält dieser Beschluss nach seinem eindeutigen Wortlaut ausschließlich eine Nichtabhilfeentscheidung in Bezug auf die Beschwerde des Betroffenen und allenfalls die Anschlussbeschwerde des Rechtsbeschwerdeführers, nicht aber eine Entscheidung über den - aufgrund der Eigenständigkeit von Haftanordnungs- und Haftaufhebungsverfahren (st. Rspr., vgl. nur , juris Rn. 10 mwN) gesondert zu bescheidenden - Haftaufhebungsantrag des Rechtsbeschwerdeführers.

6b)    Gegen den Beschluss vom , gegen den kein Rechtsmittel statthaft ist, hat der Rechtsbeschwerdeführer zudem ausweislich der Akten kein Rechtsmittel eingelegt. Insbesondere hat er nicht beantragt festzustellen, dass dieser Beschluss den Betroffenen in seinen Rechten verletzt habe.

7c)    Der vom Rechtsbeschwerdeführer als Person des Vertrauens gestellte Haftaufhebungsantrag vom , der mit der abschiebungsbedingten Haftentlassung des Betroffenen als Feststellungsantrag aufrechterhalten geblieben ist, ist somit nicht an das Beschwerdegericht gelangt, sondern nach wie vor beim Amtsgericht anhängig. Seine - gegen die Haftanordnung vom gerichtete - Anschlussbeschwerde hatte der Rechtsbeschwerdeführer vor der Entscheidung des Beschwerdegerichts zurückgenommen. Auch wenn der Feststellungsantrag des Rechtsbeschwerdeführers, der einige Stunden nach demjenigen des Betroffenen beim Amtsgericht eingegangen ist, wegen doppelter Rechtshängigkeit unzulässig war (vgl. zum Verhältnis der vom Betroffenen und der Vertrauensperson gestellten Feststellungsanträge nach § 62 FamFG in Freiheitsentziehungsverfahren BGH, Beschlüsse vom - XIII ZB 93/20, juris Rn. 18; vom - XIII ZB 89/20, juris Rn. 7; vom - XIII ZB 76/20, juris Rn. 17), hätte das Beschwerdegericht mangels eines im Zeitpunkt der Beschlussfassung bei ihm anhängigen Rechtsmittels des Rechtsbeschwerdeführers weder dessen Feststellungsantrag verwerfen noch ihn mit Verfahrenskosten belasten dürfen.

82.    Soweit mit der Rechtsbeschwerde, die mangels Beschränkung gegen den gesamten eingelegt worden ist, auch die Zurückweisung des Feststellungsantrags des Betroffenen (Tenorziffer I) angegriffen wird, ist sie unzulässig. Insoweit fehlt es an der erforderlichen Rechtsbeschwerdebefugnis der Vertrauensperson, die insbesondere nicht durch seine Nennung im Rubrum des angefochtenen Beschlusses begründet worden ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom - XIII ZB 9/20, FamRZ 2023, 1655, Rn. 2 bis 17; vom - XIII ZB 69/21, juris Rn. 3 bis 8).

9III.    Der angefochtene Beschluss war daher im tenorierten Umfang aufzuheben und die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren neu zu fassen. Eine Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht kommt aufgrund der Eigenständigkeit von Haftanordnungs- und Haftaufhebungsverfahren nicht in Betracht.

10IV.    Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 83 Abs. 2 FamFG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus § 36 Abs. 2 und 3 GNotKG.

Kirchhoff                Roloff                Tolkmitt

                Picker              Kochendörfer

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:291024BXIIIZB25.22.0

Fundstelle(n):
NAAAJ-79274