Körperschaftsteuer | Familienstiftung als Finanzunternehmen i.S. des § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG 2011 (BFH)
Für die Qualifikation als Finanzunternehmen im Sinne des § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG 2011 i.V.m. § 1 Abs. 3 Satz 1 des Kreditwesengesetzes (KWG) 2011 ist die Rechtsform unerheblich. Auch eine privatrechtliche Familienstiftung kann grundsätzlich ein Finanzunternehmen sein. Ob sie eine finanzunternehmerische Haupttätigkeit ausübt, richtet sich nach einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls (; veröffentlicht am ).
Hintergrund: Nach § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG 2011 sind die Absätze 1 bis 6 nicht auf Anteile anzuwenden, die von Finanzunternehmen i.S. des KWG mit dem Ziel der kurzfristigen Erzielung eines Eigenhandelserfolgs erworben werden. Eine bankenspezifische Ausrichtung des § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG erfolgte erst mit den ‑ im Streitjahr noch nicht relevanten ‑ Änderungen durch das Gesetz zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und -verlagerungen vom (BGBl I 2016, 3000, BStBl I 2017, 5).
Sachverhalt: Die Beteiligten streiten darüber, ob der im Streitjahr 2011 erzielte Veräußerungsgewinn der Klägerin, einer rechtsfähigen privatrechtlichen Stiftung, aus einem Aktientausch wegen § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung steuerpflichtig ist. Das FG der ersten Instanz ging von einer steuerlichen Berücksichtigung des Veräußerungsgewinns aus, da die Voraussetzungen des § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG erfüllt seien. Die Klägerin ist dagegen der Meinung, sie habe einen nach § 8b Abs. 2 KStG steuerfreien Veräußerungsgewinn erzielt. Das FG der ersten Instanz wies die Klage ab ().
Die Richter des BFH wiesen die Revision der Klägerin zurück:
Für die Einkünfte der Klägerin aus § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG wäre grundsätzlich die Steuerfreistellung nach § 8b Abs. 2 KStG anzuwenden, da Leistungen einer rechtsfähigen privatrechtlichen Stiftung an ihre Destinatäre zu den Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG gehören.
Jedoch ist das FG der ersten Instanz im Streitfall zu Recht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen des § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG vorliegen und es dadurch nicht zu einer Steuerfreistellung nach § 8b Abs. 2 KStG kommt.
Insbesondere hat das FG die Klägerin zutreffend als Finanzunternehmen qualifiziert und damit den persönlichen Anwendungsbereich des § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG als erfüllt angesehen.
Ob ein Finanzunternehmen im Sinne des § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG vorliegt, richtet sich uneingeschränkt nach dem Kreditwesengesetz (, BFHE 224, 242, BStBl II 2009, 671).
Die Rechtsform des Unternehmens nicht relevant, auch die steuerlichen Merkmale zur Abgrenzung eines Gewerbebetriebs von der privaten Vermögensverwaltung (§ 15 Abs. 2 EStG) sind nicht tatbestandseinengend heranzuziehen (, BStBl II 2023, 264).
Die Einschaltung einer Depotbank ist ebenfalls unerheblich (; , BStBl II 2023, 264).
In der Folge kann die Katalogtätigkeit des Erwerbs und des Haltens von Beteiligungen auch bei Holding- und Beteiligungsgesellschaften erfüllt sein, wobei es nicht erforderlich ist, dass das Unternehmen seinen Beteiligungsbesitz fortwährend am Markt "umschlägt" und dass es sich bei jenem Beteiligungsbesitz um seiner Art nach "typischerweise" handelbaren Aktienbesitz handelt. Darüber hinaus kommt es auch nicht auf die Dauerhaftigkeit der Beteiligung an ().
Nach diesen Maßgaben ist die Klägerin ein Finanzunternehmen i.S. des § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG. Hierfür muss nicht abschließend entschieden werden, ob bei einer privatrechtlichen Familienstiftung aufgrund des besonderen Stiftungszwecks eine finanzunternehmerische Haupttätigkeit in der Regel ausscheidet (so tendenziell wohl Gosch in Gosch, KStG, 4. Aufl., § 8b Rz 567; a.A. aber Brandis/Heuermann/Rengers, § 1 KStG Rz 91a und § 8b KStG Rz 442; Pung in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 8b KStG Rz 373; Haisch/Bindl, Ubg 2012, 667).
Bei einer - für die Bestimmung der finanzunternehmerischen Haupttätigkeit letztlich maßgeblichen - Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls gilt dies jedenfalls nicht für die Klägerin im Streitjahr.
Die Würdigung des FG, dem Aktientausch komme eine so überragende Bedeutung zu, dass er die gesamte Geschäftstätigkeit der Klägerin im Streitjahr geprägt habe, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Insbesondere hat das FG rechtsfehlerfrei sowohl auf das konkrete Geschäftsvolumen (Wert der Transaktion) als auch darauf abgestellt, dass die Aktien der A-AG (beziehungsweise nach dem Tausch die Aktien der B-AG) den ganz überwiegenden Teil des Stiftungsvermögens ausmachten.
Darüber hinaus hat es zutreffend berücksichtigt, dass die Satzung der Klägerin als Stiftungszweck nicht nur die angemessene Versorgung der Stifter und ihrer Abkömmlinge sowie die angemessene Unterhaltung und Pflege der Familiengrabstätte regelt, sondern auch das Halten von Beteiligungen an Unternehmen und die Ausübung von Beteiligungsrechten an Unternehmen.
Damit wird als eigenständiger Stiftungszweck (und nicht nur im Zusammenhang über die satzungsmäßigen Bestimmungen zur Verwendung der Stiftungsmittel) ausdrücklich auf eine finanzunternehmerische Tätigkeit nach § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 KWG Bezug genommen.
Auch kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg darauf berufen, dass bei ihr ein Mindestmaß an kaufmännischer Struktur gefehlt habe. Ob dies - entgegen der Auffassung des FG - bei rechtsfähigen privatrechtlichen Familienstiftungen erforderlich ist, da § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG zumindest ein "Unternehmen" voraussetzt (so Pung in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 8b KStG Rz 370; Haisch/Bindl, Ubg 2012, 667), kann hier dahingestellt bleiben. Denn die Satzung der Klägerin sieht ausdrücklich vor, dass Vermögensumschichtungen zur Verfolgung strategischer Ziele zulässig seien und dabei eine unternehmerische Abwägung mit etwaigen höheren Verlustrisiken vorgenommen werden müsse. Mit diesen Vorgaben wird in jedem Fall eine ausreichende unternehmerische Struktur zugrunde gelegt.
Quelle: ; NWB Datenbank (il)
Fundstelle(n):
ZAAAJ-79137