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BGH Beschluss v. - XII ZB 216/24

Vergütungsanspruch für Tätigkeit als Berufsbetreuer nach Vergütungsrecht seit dem

Leitsatz

Zu den Voraussetzungen der Entstehung eines Vergütungsanspruchs für die Tätigkeit als Berufsbetreuer nach dem ab dem geltenden Vergütungsrecht.

Gesetze: § 7 Abs 1 VBVG, § 18 VBVG, § 19 Abs 1 VBVG, § 19 Abs 2 BtOG, § 32 Abs 1 BtOG, § 32 Abs 2 BtOG, § 33 BtOG

Instanzenzug: LG Halle (Saale) Az: 1 T 213/23vorgehend AG Naumburg Az: 5 XVII 366/12

Gründe

I.

1Die Beteiligte zu 1 begehrt die Festsetzung einer Vergütung für ihre Tätigkeit als Betreuerin.

2Mit Beschluss vom bestellte das Amtsgericht die Beteiligte zu 1 mit Wirkung zum als Betreuerin für die Betroffene. Mit weiterem Beschluss vom stellte es fest, dass die Beteiligte zu 1, die zuvor keine berufsmäßigen Betreuungen geführt hatte, die ihr übertragene Betreuung ab dem berufsmäßig führt. Am wurde die Beteiligte zu 1 auf ihren Antrag als Berufsbetreuerin registriert.

3Mit Schreiben vom hat die Beteiligte zu 1 beantragt, für sie eine Vergütung als Berufsbetreuerin nach dem Gesetz über die Vergütung von Vormündern und Betreuern (Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz - VBVG) in Höhe von 633 € für den Zeitraum vom 2. Januar bis zum festzusetzen. Das Amtsgericht hat den Vergütungsantrag zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Beschwerde ist erfolglos geblieben. Mit ihrer zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Beteiligte zu 1 ihren Vergütungsantrag weiter.

II.

4Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

51. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die Beteiligte zu 1 sei für die von ihr in der verfahrensgegenständlichen Zeit erbrachte Tätigkeit nicht als Berufsbetreuerin zu vergüten, weil eine solche Vergütung nur beruflichen Betreuern zuteilwerde, mithin natürlichen Personen, die rechtliche Betreuungen führten und entweder als Berufsbetreuer registriert seien oder als vorläufig registriert gälten. Diese Voraussetzungen lägen nicht vor. Insbesondere greife nicht die Fiktion einer vorläufigen Registrierung nach § 32 Abs. 1 Satz 6 BtOG, weil die Beteiligte zu 1 im Dezember 2022 erstmals mit Wirkung zum als Berufsbetreuerin bestellt worden sei, sie also gerade nicht bereits vor dem berufsmäßig Betreuungen geführt habe. Auch eine analoge Anwendung des § 19 Abs. 1 VBVG scheide aus, weil sich diese Regelung auf den Sonderfall beziehe, dass ein bereits vor dem beruflich tätiger Betreuer mit weniger als drei Jahren Berufserfahrung registriert worden sei. Aus dem letzten Satz der Regelung ergebe sich zudem, dass die Behandlung als beruflicher Betreuer in jedem Fall dessen Registrierung voraussetze.

6Auch unter Vertrauensschutzgesichtspunkten bei Berücksichtigung der Möglichkeit einer vorläufigen Registrierung nach § 33 BtOG und des Grundrechts der Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG komme eine weite Auslegung der genannten Vorschriften nicht in Betracht. Soweit nach der Darstellung der Beteiligten zu 1 eine vorläufige Registrierung an dem Versäumnis des Landesgesetzgebers gescheitert sei, rechtzeitig zum ein Ausführungsgesetz zum Betreuungsorganisationsgesetz zu erlassen, rechtfertige dies nicht, eine rechtzeitige vorläufige Registrierung der Beteiligten zu 1 zu fingieren. Dem stehe schon entgegen, dass der Behörde nach § 33 Satz 1 BtOG ein Ermessen zukomme. Überdies sei eine Verpflichtung des Landesgesetzgebers, zum ein solches Ausführungsgesetz zu schaffen, auch nicht evident. Schließlich ändere die Feststellung des dass die Beteiligte zu 1 die Betreuung berufsmäßig führe, nichts daran, dass es an der erforderlichen Registrierung gefehlt habe.

72. Dies hält rechtlicher Nachprüfung stand.

8a) Gemäß § 1875 Abs. 2 BGB bestimmt sich die Vergütung der beruflichen Betreuer nach dem Gesetz über die Vergütung von Vormündern und Betreuern (Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz - VBVG). Ein etwaiger Anspruch der Beteiligten zu 1 auf Vergütung als Berufsbetreuerin für den geltend gemachten Zeitraum richtet sich dabei nach dem Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz in der ab dem geltenden Fassung. Maßgeblich ist insoweit nach der Übergangsregelung in § 18 VBVG, wonach (nur) auf Vergütungsansprüche für Leistungen, die vor dem erbracht wurden, bis zum Ende des angefangenen Abrechnungsmonats das Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz in der bisherigen Fassung anzuwenden ist, allein die Zeit der Leistungserbringung. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde kommt es danach für die Voraussetzungen einer Betreuervergütung für die Zeit vom 2. Januar bis zum von vornherein nicht darauf an, dass der Beschluss, mit dem die Beteiligte zu 1 zur Betreuerin der Betroffenen bestellt wurde, auf den datiert.

9Auch wenn dieser Beschluss unter Geltung des bis anwendbaren Rechts ergangen ist, ist die Beteiligte zu 1 aufgrund der darin angeordneten Befristung überdies erst zum als Betreuerin bestellt worden. Die Berufsmäßigkeit ihrer Tätigkeit ist nachträglich am Folgetag festgestellt worden, so dass die Rechtswirkungen der Betreuerbestellung ohnehin erst nach Inkrafttreten des Gesetzes über die Vergütung von Vormündern und Betreuern in der ab dem geltenden Fassung eingetreten sind.

10b) Gemäß § 7 Abs. 1 VBVG kann ein beruflicher Betreuer im Sinne des § 19 Abs. 2 BtOG, der selbständig rechtliche Betreuungen führt, vom Betreuten Vergütung und Aufwendungsersatz nach Maßgabe der §§ 8 bis 12, 15 und 16 VBVG verlangen. Voraussetzung für die Festsetzung der dort bestimmten Vergütung ist mithin, wie auch das Beschwerdegericht der Sache nach zutreffend zugrunde gelegt hat, dass der Betreuer Berufsbetreuer im Sinne der § 7 Abs. 1 VBVG und § 19 Abs. 2 BtOG ist. Berufliche Betreuer sind dabei nach der Legaldefinition des § 19 Abs. 2 BtOG natürliche Personen, die selbständig oder als Mitarbeiter eines anerkannten Betreuungsvereins rechtliche Betreuungen führen und nach § 24 BtOG registriert sind oder zumindest gemäß § 32 Abs. 1 Satz 6 BtOG als vorläufig registriert gelten.

11Nach § 32 Abs. 1 Satz 6 BtOG gelten die in § 32 Abs. 1 Satz 1 BtOG genannten Betreuer für die Zeit nach Inkrafttreten der neuen Vergütungsregelungen des Vormünder- und Betreuervergütungsgesetzes am bis zur Entscheidung über ihren Antrag auf Registrierung, der gemäß § 32 Abs. 1 Satz 5 BtOG innerhalb von sechs Monaten nach dem zu stellen war, als vorläufig registriert. Aufgrund der Bezugnahme in § 32 Abs. 1 Satz 6 BtOG auf Satz 1 der Regelung gelten damit aber nur solche Betreuer als vorläufig registriert, die bereits vor dem berufsmäßig Betreuungen geführt haben und weiterhin führen. Hierdurch ist gewährleistet, dass nur Personen vorläufig als Berufsbetreuer gelten, von denen aufgrund ihrer bereits vor dem erbrachten Tätigkeit als Berufsbetreuer von einer gewissen Sachkunde und Erfahrung auszugehen ist, und daher die vorläufige Registrierung als Berufsbetreuer verantwortet werden kann. Während die nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 BtOG erforderliche Sachkunde bei Betreuern, die zum bereits seit mindestens drei Jahren berufsmäßig Betreuungen geführt haben, vermutet wird (§ 32 Abs. 2 Satz 1 BtOG), haben diejenigen Betreuer, die zum bis zu drei Jahre lang berufsmäßig Betreuungen geführt haben, den nach § 24 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 BtOG erforderlichen Sachkundenachweis bis zum zu erbringen (§ 32 Abs. 2 Satz 2 und 3 BtOG). Betreuer, die nach Inkrafttreten des Gesetzes am erstmalig als berufliche Betreuer tätig werden, haben sich dagegen regulär registrieren zu lassen (vgl. BT-Drucks. 19/24445 S. 366, 393), bevor sie als Berufsbetreuer anzusehen sind und entsprechende Vergütungsansprüche erwerben können (vgl. auch LG Lübeck BtPrax 2024, 66, 67).

12c) Die vorgenannten Voraussetzungen für eine Vergütung als Berufsbetreuerin erfüllt die Beteiligte zu 1, wie das Beschwerdegericht zu Recht angenommen hat, nicht. Sie war weder im verfahrensgegenständlichen Zeitraum als Berufsbetreuerin registriert noch greift die Fiktion des § 32 Abs. 1 Satz 6 BtOG zu ihren Gunsten ein, da sie vor dem noch nicht als Berufsbetreuerin tätig gewesen ist. Anderes gilt entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde insbesondere nicht etwa deshalb, weil die Beteiligte zu 1 bereits mit Beschluss vom  mit Wirkung zum als Betreuerin für die Betroffene bestellt worden ist. Denn für den Vergütungsanspruch nach § 7 Abs. 1 VBVG iVm §§ 19 Abs. 2, 32 Abs. 1 Satz 1 und 6 BtOG kommt es nicht auf die Bestellung als Berufsbetreuer an, sondern allein auf die Registrierung oder deren Fiktion nach § 32 Abs. 1 Satz 6 BtOG, die ihrerseits an eine Tätigkeit als Berufsbetreuer vor dem anknüpft (insoweit missverständlich Jürgens/Luther Betreuungsrecht 7. Aufl. § 18 VBVG Rn. 3).

13d) Ein Vergütungsanspruch der Beteiligten zu 1 ergibt sich auch nicht aufgrund einer verfassungskonformen Auslegung des § 7 Abs. 1 VBVG iVm § 19 Abs. 2 BtOG. Denn eine verfassungskonforme Auslegung findet dort ihre Grenze, wo sie zum Wortlaut und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers in Widerspruch treten würde. Der Respekt vor dem demokratisch legitimierten Gesetzgeber verbietet es, im Wege der Auslegung einem nach Sinn und Wortlaut eindeutigen Gesetz einen entgegengesetzten Sinn beizulegen oder den normativen Gehalt einer Vorschrift grundlegend neu zu bestimmen (Senatsbeschlüsse vom - XII ZB 459/22 - FamRZ 2024, 213 Rn. 36 mwN und vom - XII ZB 427/19 - FamRZ 2020, 1275 Rn. 37 mwN). Nicht nur der gesetzlichen Regelung, sondern auch der Gesetzesbegründung ist klar zu entnehmen, dass Betreuer, die am noch keine beruflichen Betreuungen geführt haben, erst ab ihrer Registrierung berufliche Betreuer im Sinne der §§ 7 ff. VBVG und § 19 Abs. 2 BtOG sind und als solche Vergütungsansprüche haben.

14e) Auch die Möglichkeit einer analogen Anwendung der Übergangsregelung in § 19 Abs. 1 VBVG, die für Berufsbetreuer geschaffen wurde, die bis einschließlich seit weniger als drei Jahren berufliche Betreuungen geführt haben, hat das Beschwerdegericht zu Recht verneint. Es fehlt insoweit bereits an einer unbeabsichtigten Regelungslücke, weil die §§ 7 ff. VBVG und §§ 19 Abs. 2, 32 Abs. 1 BtOG eine ausdrückliche und abschließende Regelung über die Entstehung von Vergütungsansprüchen für die Tätigkeit als Berufsbetreuer enthalten. Nicht nur der gesetzlichen Regelung, sondern auch der Gesetzesbegründung ist klar zu entnehmen, dass Betreuer, die am noch keine beruflichen Betreuungen geführt haben, erst ab ihrer Registrierung berufliche Betreuer im Sinne der §§ 7 ff. VBVG und § 19 Abs. 2 BtOG sind und als solche Vergütungsansprüche erwerben können. Es fehlt insoweit zudem an einer vergleichbaren Interessenlage, weil bei einem Betreuer, der vor dem als Berufsbetreuer bestellt wurde, ohne indes zuvor berufliche Betreuungen geführt zu haben, gerade nicht ohne Weiteres - auch wenn bereits Sachkundenachweise vorgelegt wurden - gewährleistet ist, dass er die fachliche Eignung und erforderliche Erfahrung besitzt, um eine vorläufige Registrierung als Berufsbetreuer verantworten zu können.

15f) Schließlich lässt sich der geltend gemachte Vergütungsanspruch nicht aus Vertrauensschutzgesichtspunkten herleiten. Die Beteiligte zu 1 konnte aufgrund des Beschlusses, mit dem die Berufsmäßigkeit ihrer Betreuertätigkeit festgestellt worden ist, schon kein schutzwürdiges Vertrauen in die Entstehung eines Vergütungsanspruchs bilden. Denn diese Feststellung war nach der ab dem geltenden Rechtslage, die ihr bekannt sein musste, bereits keine hinreichende Voraussetzung für die Entstehung eines Vergütungsanspruchs. Danach kommt es nicht mehr darauf an, dass Vertrauensschutz zwar einer Rückforderung von überzahlter Vergütung entgegenstehen (vgl. Senatsbeschluss vom - XII ZB 129/19 - FamRZ 2020, 453 Rn. 17 mwN), aber aus Gründen der Rechtssicherheit und -klarheit von vornherein nicht Grundlage für einen gesetzlich nicht vorgesehenen, im Vergütungsfestsetzungsverfahren zu berücksichtigenden Anspruch eines Betreuers sein kann (vgl. Senatsbeschluss vom - XII ZB 196/13 - FamRZ 2016, 1072 Rn. 10; vgl. auch Senatsbeschluss vom - XII ZB 562/16 - FamRZ 2017, 1846 Rn. 19).

Guhling              Klinkhammer              Günter

         Nedden-Boeger               Pernice

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:021024BXIIZB216.24.0

Fundstelle(n):
NJW-RR 2025 S. 65 Nr. 2
RAAAJ-79011