Leitsatz
1. Das Fehlen der nach § 130a Abs. 3 ZPO erforderlichen einfachen Signatur einer auf einem sicheren Übermittlungsweg als elektronisches Dokument eingereichten Klageschrift kann nur dann ausnahmsweise unschädlich sein, wenn sich aus anderen, eine Beweisaufnahme nicht erfordernden Umständen eine der einfachen Signatur vergleichbare zweifelsfreie Gewähr dafür ergibt, dass der Rechtsanwalt die Verantwortung für den Inhalt der Klageschrift übernommen und diese willentlich in den Rechtsverkehr gebracht hat.
2. Eine unwirksame Prozesshandlung wird erst von ihrer Heilung an wirksam; eine nach Fristablauf erfolgte Behebung des Mangels ist nicht mehr fristwahrend. Das gilt auch für die materiell-rechtliche Ausschlussfrist des § 45 Satz 1 WEG.
Gesetze: § 103a Abs 3 ZPO, § 103a Abs 4 ZPO, § 45 S 1 WoEigG
Instanzenzug: Az: 25 S 19/23vorgehend AG Langenfeld Az: 64 C 2/22
Tatbestand
1 Der Kläger ist Mitglied der beklagten Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) und Eigentümer der Wohneinheit Nr. 5. Nach der Teilungserklärung vom gehört zum Wohnungseigentum Nr. 5 „das ausschließliche Sondernutzungsrecht an der im anliegenden Lageplan Anlage 1a) mit SN-5 markierten und gelb gekennzeichneten Terrassen- und Ziergartenfläche.“ In einer am notariell beurkundeten Klarstellung zu der Teilungserklärung heißt es u.a.: „… der zu der vorgenannten Urkunde genommene Lageplan Anlage 1 ist dahingehend geändert, dass die Terrasse SN 1 in Höhe der Küche des Raumeigentums - ATP Nr. 5 - nicht existiert, …“.
2 Noch während der Kläger einerseits und die übrigen Miteigentümer andererseits einen Rechtsstreit über die Einräumung eines Sondernutzungsrechts zugunsten des Sondereigentums des Klägers und die Frage eines Schreibversehens in der Klarstellung zu der Teilungserklärung führten, wurden in der Eigentümerversammlung vom u.a. folgende Beschlüsse gefasst:
TOP 6.2: „Die Eigentümer beschließen, den Schreibfehler in der Klarstellung zur Teilungserklärung vom korrigieren zu lassen - spätestens, wenn der zugrundeliegende Rechtsstreit rechtskräftig ist.“
TOP 9.2: „Die Eigentümer beschließen, dass das Grundbuch hinsichtlich der Wohnung Nr. 5 angepasst werden soll, da hinsichtlich der Wohnung Nr. 5 im Grundbuch immer noch eine Terrassenfläche zugunsten der Wohnung Nr. 5 eingetragen ist, weswegen ein Grundbuchwiderspruch erforderlich ist.“
TOP 12.2: „Die Eigentümer beschließen, dass hinsichtlich der Wohnung Nr. 5 ein plangerechter Zustand hergestellt wird, indem die Wohnung Nr. 5 wie alle anderen Wohnungen über eine Klingel und einen Briefkasten verfügen soll.“
3 Der Kläger wendet sich gegen diese Beschlüsse mit seiner am dem Amtsgericht über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) als elektronisches Dokument übermittelten Beschlussmängelklage. Auf dem Briefbogen der Klageschrift ist nur der Rechtsanwalt H. namentlich benannt nebst Zusatz „ Rechtsanwälte“. Die Klageschrift ist nicht qualifiziert signiert und schließt mit dem Wort „Rechtsanwalt“ ab.
4 Die Klage ist bei Amts- und Landgericht ohne Erfolg geblieben. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.
Gründe
I.
5 Das Berufungsgericht meint, die Klage sei erfolglos, da sie nicht innerhalb der Monatsfrist des § 45 Satz 1 WEG formgerecht erhoben worden sei. Die Klageschrift sei zwar am über das beA und damit auf einem sicheren Übertragungsweg im Sinne von § 130a Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 ZPO eingereicht worden. Sie sei jedoch nicht mit der nach § 130a Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 ZPO erforderlichen einfachen elektronischen Signatur versehen, denn es fehle an der Namenswiedergabe des den Schriftsatz verantwortenden Rechtsanwalts am Ende des Textes. Die Bezeichnung „Rechtsanwalt“ genüge den Anforderungen an eine einfache Signatur nicht. Ob eine Ausnahme bei einem in dem Briefbogen als solchen ausgewiesenen Einzelanwalt eingreife, könne dahinstehen, da ein solcher Fall nicht vorliege. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers sei nur für den kurzen Zeitraum von Mitte 2021 bis März 2022 als Einzelanwalt tätig gewesen, weshalb in der Gesamtschau mit dem Briefbogen, der mit der Bezeichnung „ Rechtsanwälte“ auf mehrere Rechtsanwälte hinweise, der maschinenschriftliche Abschluss des Schriftsatzes mit der Bezeichnung „Rechtsanwalt“ ohne Namenszusatz nicht ausnahmsweise ausreiche.
II.
6 Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
7 1. Allerdings ist das Berufungsurteil rechtsfehlerhaft.
8 a) Zutreffend ist jedoch der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts. Der Kläger ist mit der Geltendmachung von Anfechtungsgründen ausgeschlossen, weil er die am bei Gericht eingegangene Anfechtungsklage nicht binnen der Frist von einem Monat nach der Beschlussfassung (§ 45 Satz 1 WEG) formwirksam erhoben hat und der Formmangel nicht fristwahrend geheilt wurde.
9 aa) Nach § 45 Satz 1 WEG muss eine Anfechtungsklage innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung erhoben werden. Bei der einmonatigen Anfechtungsfrist handelt es sich nicht um eine besondere Verfahrensvoraussetzung, sondern um eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist, so dass die Versäumung der Frist - vorbehaltlich des Durchgreifens vorgetragener Nichtigkeitsgründe - zur Abweisung der Klage als unbegründet führt (vgl. Senat, Urteil vom - V ZR 28/22, ZWE 2023, 463 Rn. 7; Urteil vom - V ZR 74/08, BGHZ 179, 230 Rn. 7; Beschluss vom - V ZB 14/98, BGHZ 139, 305, 306). Gewahrt wird die Frist durch die Vornahme einer Prozesshandlung innerhalb der in § 45 Satz 1 WEG bestimmten Frist, nämlich die wirksame Klageerhebung (vgl. Senat, Urteil vom - V ZR 28/22, aaO). Was für eine wirksame Klageerhebung erforderlich ist, bestimmt sich grundsätzlich nach dem Verfahrensrecht (vgl. Senat, Urteil vom - V ZR 73/09, NJW 2010, 446 Rn. 13). Vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die - wie hier - durch einen Rechtsanwalt eingereicht werden, sind nach der durch das Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom (BGBl. I S. 3786) neu geschaffenen Bestimmung des § 130d Satz 1 ZPO ab dem als elektronisches Dokument zu übermitteln. Die Klageschrift hat prozessrechtlich den Charakter eines bestimmenden Schriftsatzes (vgl. Senat, Urteil vom - V ZR 28/22, aaO) und muss über die Verweisung in § 253 Abs. 4 ZPO zu ihrer Wirksamkeit der Formvorschrift des § 130a ZPO entsprechen (vgl. BT-Drucks. 17/12634 S. 25). Ein Formverstoß führt zur Unwirksamkeit der Prozesserklärung (vgl. Senat, Urteil vom - V ZR 134/22, NJW 2023, 2484 Rn. 6).
10 bb) Nach diesen Grundsätzen hat der Kläger die Klagefrist des § 45 Satz 1 WEG nicht gewahrt, weil er - wie das Berufungsgericht zutreffend annimmt - binnen der Monatsfrist keine den Formerfordernissen des § 130a Abs. 3 und 4 ZPO entsprechende Klageschrift bei Gericht eingereicht hat.
11 (1) Gemäß § 130a Abs. 3 Satz 1, § 253 Abs. 4 ZPO muss eine Klageschrift in Form eines elektronischen Dokumentes mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen (§ 130a Abs. 3 Satz 1 Fall 1 ZPO) oder von der verantwortenden Person einfach signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden (§ 130a Abs. 3 Satz 1 Fall 2 ZPO). Die sicheren Übermittlungswege ergeben sich aus § 130a Abs. 4 ZPO, wozu namentlich das beA (§§ 31a, 31b BRAO) zählt (vgl. § 130a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ZPO). Ein nicht qualifiziert elektronisch signiertes Dokument wird danach nur dann formgerecht auf einem sicheren Übermittlungsweg aus einem beA eingereicht, wenn es von der den Schriftsatz verantwortenden Person einfach signiert und selbst versendet wird (vgl. , NJW 2022, 2415 Rn. 10 f.).
12 (2) Diesen rechtlichen Anforderungen genügt die Klageschrift nicht. Zwar wurde die nicht qualifiziert signierte Klageschrift über ein beA, und damit auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ZPO bei dem Amtsgericht eingereicht. Selbst wenn sie - wie die Revision geltend macht - entgegen den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht mittels des beA der Rechtsanwaltskanzlei „ Rechtsanwälte“ versendet wurde, sondern mittels des beA des Prozessbevollmächtigten des Klägers, mangelt es an einer fristgerecht erhobenen Klage. Die Klageschrift ist jedenfalls deshalb formunwirksam, weil die nach § 130a Abs. 3 Satz 1 Fall 2 ZPO erforderliche einfache Signatur fehlt.
13 (a) Eine einfache elektronische Signatur besteht gemäß Art. 3 Nr. 10 der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/93/EG (eIDAS-VO) aus Daten in elektronischer Form, die anderen elektronischen Daten beigefügt oder logisch mit ihnen verbunden werden und die der Unterzeichner zum Unterzeichnen verwendet. Bei der durch bzw. mit einem Textverarbeitungsprogramm zum Abschluss des Schriftsatzes angebrachten Namenswiedergabe des Verfassers handelt es sich um solche Daten. Es genügt die einfache Wiedergabe des Namens am Ende des Textes, etwa als maschinenschriftlicher Namenszug oder eingescannte und entzifferbare Unterschrift (vgl. , NJW-RR 2024, 331 Rn. 10; Beschluss vom - XII ZB 215/22, NJW 2022, 3512 Rn. 10; BAGE 172, 186 Rn. 14 f.; BSG, NJW 2022, 1334 Rn. 9).
14 (b) Die einfache Signatur soll - ebenso wie die eigene Unterschrift oder die qualifizierte elektronische Signatur - die Identifizierung des Urhebers der schriftlichen Verfahrenshandlung ermöglichen und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen und diesen bei Gericht einzureichen. Dazu muss die Namenswiedergabe so entzifferbar sein, dass sie von den Empfängern des Dokuments ohne Sonderwissen oder Beweisaufnahme einer bestimmten Person als Verantwortlicher zugeordnet werden kann. Ist die Identität zwischen der durch den sicheren Übermittlungsweg als Absender ausgewiesenen Person und der die Verantwortung für das elektronische Dokument übernehmenden Person nicht feststellbar, ist das Dokument nicht wirksam eingereicht. Denn der Schriftsatz lässt sich keiner bestimmten Person zuordnen, die Verantwortung für seinen Inhalt übernommen hat (vgl. , NJW 2024, 1660 Rn. 10; Beschluss vom - XII ZB 215/22, NJW 2022, 3512 Rn. 11; BAGE 172, 186 Rn. 16).
15 (c) Entgegen diesen Vorgaben ist die am bei dem Amtsgericht eingegangene Klageschrift nicht mit einer einfachen Signatur versehen. Sie endet mit der allgemeinen Berufsbezeichnung „Rechtsanwalt“ ohne weitere Namensangabe. Mit dieser Bezeichnung allein lässt sich der Schriftsatz keiner bestimmten verantwortenden Person zuordnen (vgl. , NJW 2022, 3512 Rn. 12; BAGE 172, 186 Rn. 17).
16 cc) Der Formmangel wurde nicht innerhalb der Klagefrist des § 45 Satz 1 WEG behoben.
17 (1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Mangel der fehlenden Unterschrift des Rechtsanwalts unter der Klageschrift nicht nur durch deren Nachholung, sondern auch dadurch behoben werden, dass sich auf andere, jeden vernünftigen Zweifel ausschließende Weise feststellen lässt, der nicht unterschriebene Schriftsatz sei nicht etwa ein Entwurf, sondern von dem postulationsfähigen Anwalt verantwortet und mit seinem Wissen und Wollen als Klageschrift bei dem Gericht eingereicht worden (vgl. , NJW-RR 2004, 755; Urteil vom - VII ZR 342/83, BGHZ 92, 251, 256).
18 (2) Nichts anderes gilt für ein bei Gericht eingereichtes elektronisches Dokument, welches den prozessualen Formerfordernissen des § 130a Abs. 2 ZPO nicht entspricht. Die qualifizierte elektronische Signatur hat die gleiche Rechtswirkung wie eine handschriftliche Unterschrift (§ 25 Abs. 2 elDAS-VO). Sie soll - ebenso wie die eigene Unterschrift oder die einfache elektronische Signatur - die Identifizierung des Urhebers der schriftlichen Verfahrenshandlung ermöglichen und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen und diesen bei Gericht einzureichen (vgl. Senat, Beschluss vom - V ZB 28/22, NJW 2023, 1587 Rn. 10 mwN). Die sichere Übermittlung des einfach signierten elektronischen Dokuments ersetzt ebenfalls den Authentizitätsnachweis durch eigenhändige Unterschrift nach § 130 Nr. 6 ZPO (vgl. BeckOK ZPO/von Selle [], § 130a Rn. 11; Zöller/Greger, ZPO, 35. Aufl., § 130a Rn. 6). Das Fehlen der nach § 130a Abs. 3 ZPO erforderlichen einfachen Signatur einer auf einem sicheren Übermittlungsweg als elektronisches Dokument eingereichten Klageschrift kann daher nur dann ausnahmsweise unschädlich sein, wenn sich aus anderen, eine Beweisaufnahme nicht erfordernden Umständen eine der einfachen Signatur vergleichbare zweifelsfreie Gewähr dafür ergibt, dass der Rechtsanwalt die Verantwortung für den Inhalt der Klageschrift übernommen und diese willentlich in den Rechtsverkehr gebracht hat (vgl. Senat, Beschluss vom - V ZB 28/22, NJW 2023, 1587 Rn. 11; BAGE 172, 186 Rn. 19).
19 (3) Solche Umstände verneint das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei.
20 (a) Zum Nachweis dafür, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers der Urheber der Klageschrift ist und für diese die Verantwortung übernimmt, genügt nicht, dass allein dieser in dem Briefbogen der Klageschrift namentlich aufgeführt ist.
21 (aa) Allerdings wird vertreten, dass bei einem in dem Briefbogen als solchen ausgewiesenen Einzelanwalt zu dessen Identifizierung regelmäßig der maschinenschriftliche Abschluss des Schriftsatzes mit „Rechtsanwalt“ ausreiche. Hierdurch werde ohne Weiteres erkennbar, dass der Kanzleiinhaber Urheber der schriftlichen Prozesshandlung sei und die inhaltliche Verantwortung für das betreffende Dokument übernehme (vgl. BAG, NJW 2022, 3028 Rn. 2).
22 (bb) Ob diese Ansicht zutrifft, erscheint zweifelhaft. Der Briefbogen einer Anwaltskanzlei bietet keine Gewähr für eine vollständige Aufzählung der in einer Kanzlei tätigen Rechtsanwälte und ist daher kein rechtssicherer Bezugspunkt für die Zuordnung der Verantwortlichkeit für einen Schriftsatz zu einem bestimmten Berufsträger. Der Briefbogen hat lediglich die gesetzlichen Mindestangaben nach § 10 BORA zu enthalten, so dass etwa angestellte Rechtsanwälte nicht aufgelistet werden müssen (vgl. BeckOK BORA/Römermann [], § 10 Rn. 60). Dass im Briefbogen der Kanzlei nur ein Rechtsanwalt genannt ist, schließt daher nicht aus, dass ein dort nicht aufgeführter Rechtsanwalt die Verantwortung für den Schriftsatz übernommen hat (vgl. OLG Zweibrücken, MDR 2024, 462, 463; OLG Celle, BeckRS 2024, 6608 Rn. 15; OLG Braunschweig, NStZ 2023, 639 Rn. 9; OLG Hamm, NJW-RR 2022, 1423 Rn. 19 ff.; OLG Karlsruhe, NJW 2021, 3733 Rn. 24 ff.; OVG Lüneburg, BeckRS 2023, 931 Rn. 9; OVG Hamburg, BeckRS 2022, 32909 Rn. 13; Zöller/Greger, ZPO, 35. Aufl., § 130a Rn. 12).
23 (cc) Die Frage bedarf hier jedoch keiner Entscheidung, weil der für die Klageschrift verwendete Briefbogen den Prozessbevollmächtigten des Klägers gerade nicht als Einzelanwalt ausweist. Zwar ist dort nur der Prozessbevollmächtigte des Klägers als Rechtsanwalt namentlich aufgeführt. Hinzu tritt aber die Kanzleibezeichnung „ Rechtsanwälte“, die auf die Tätigkeit einer Mehrzahl von - nicht namentlich aufgeführten - Rechtsanwälten für die Kanzlei hindeutet. Darauf, ob der Prozessbevollmächtigte des Klägers zum Zeitpunkt der Klageeinreichung tatsächlich als Einzelanwalt tätig gewesen ist, kommt es nicht an. Es bedurfte daher keiner Feststellungen des Berufungsgerichts zu den konkreten Sozietätsverhältnissen. Die einfache Signatur muss gewährleisten, dass sie von den Empfängern des Dokuments ohne Sonderwissen oder Beweisaufnahme einer bestimmten Person als Verantwortlicher zugeordnet werden kann (vgl. , NJW 2022, 3512 Rn. 11; Tiedemann, jurisPR-ArbR 2/2023 Anm. 3). Eine solche Zuordnung lässt sich nicht zweifelsfrei herstellen, wenn - wie hier - die Kanzleibezeichnung im Briefbogen den Schluss auf eine anwaltliche Tätigkeit mehrerer Berufsträger zulässt.
24 (dd) Dies gilt entgegen der Ansicht der Revision auch dann, wenn die Klageschrift mittels beA an das Gericht übermittelt wird. Zwar wird in diesen Fällen ein vertrauenswürdiger Herkunftsnachweis (VHN) erzeugt, welcher nachweist, dass die Nachricht aus einem bestimmten Postfach abgesandt wurde (vgl. Müller, FA 2019, 170, 171). Die nachgewiesene Identität des absendenden Rechtsanwalts lässt jedoch, jedenfalls wenn der Briefbogen - wie hier - auf eine Tätigkeit mehrerer Berufsträger in der Kanzlei hindeutet, nicht zugleich mit der erforderlichen Sicherheit darauf schließen, dass der als Absender ausgewiesene Rechtsanwalt auch die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes übernommen hat. Denn es ist nicht auszuschließen, dass er den von einem Dritten verfassten Schriftsatz übermittelt. Deshalb fordert das Gesetz in § 130a Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 ZPO zusätzlich zu der Einreichung auf einem sicheren Übermittlungsweg eine einfache Signatur, um zu dokumentieren, dass die von dem sicheren Übermittlungsweg als Absender ausgewiesene Person mit der das elektronische Dokument verantwortenden Person identisch ist (vgl. BT-Drucks. 17/12634 S. 25).
25 (b) Auch aufgrund anderer Umstände lässt sich nicht auf jeden vernünftigen Zweifel ausschließende Weise bis zum Ablauf der Klagefrist des § 45 Satz 1 WEG feststellen, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Klageschrift verantwortet hat.
26 (aa) Der Mangel der fehlenden einfachen Signatur der Klageschrift ist zwar zwischenzeitlich behoben, weil seit der Antragstellung in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht am feststeht, dass der erstinstanzliche Prozessbevollmächtigte des Klägers die Klageschrift verantwortet und diese nicht etwa versehentlich bei dem Gericht eingereicht worden ist. Denn bei der Antragstellung hat er ausweislich des Sitzungsprotokolls gemäß § 297 Abs. 2 ZPO ausdrücklich auf den Antrag in der Klageschrift Bezug genommen und dadurch die Verantwortung für deren Inhalt übernommen.
27 (bb) Die Behebung des Mangels in der mündlichen Verhandlung vom hat die Klagefrist des § 45 Satz 1 WEG aber nicht gewahrt. Eine unwirksame Prozesshandlung wird erst von ihrer Heilung an wirksam; eine - wie hier - nach Fristablauf erfolgte Behebung des Mangels ist nicht mehr fristwahrend (vgl. , NJW-RR 2004, 755 mwN). Das gilt auch für die materiell-rechtliche Ausschlussfrist des § 45 Satz 1 WEG (vgl. Senat, Urteil vom - V ZR 28/22, ZWE 2023, 463 Rn. 18 zur Begründungsfrist nach § 45 Satz 1 WEG).
28 (4) Ohne Erfolg verweist die Revision schließlich darauf, dass es bei einer Rechtsmittelschrift ausreichen kann, wenn die Unterschrift des verantwortenden Rechtsanwalts zwar unleserlich ist, aber spätestens im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung einem auf dem Briefbogen aufgeführten Rechtsanwalt zugeordnet werden kann (vgl. , NJW 2013, 237 Rn. 17). Diese Ausnahme greift hier nicht ein, weil die erforderliche Signatur ganz fehlt und deshalb die prozessual vorgeschriebene Form nicht gewahrt ist.
29 dd) Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 45 Satz 2 WEG in Verbindung mit §§ 233 ff. ZPO kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil der Kläger weder den nach § 233 Satz 1 ZPO erforderlichen Antrag gestellt hat noch innerhalb der Antragsfrist die versäumte Prozesshandlung nachgeholt hat (§ 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO).
30 b) Das Berufungsgericht lässt jedoch rechtsfehlerhaft außer Acht, dass trotz Versäumung der Klagefrist des § 45 Satz 1 WEG auf der Grundlage des vorgetragenen Sachverhalts Nichtigkeitsgründe (§ 23 Abs. 4 Satz 1 WEG) von Amts wegen zu prüfen sind (vgl. Senat, Urteil vom - V ZR 43/22, ZWE 2023, 186 Rn. 14; Urteil vom - V ZR 71/20, NJW-RR 2021, 667 Rn. 31). Soweit es abschließend ausführt, dass die Anfechtung des Beschlusses zu TOP 12.2 auch bei Einhaltung der Klagefrist erfolglos, die Anfechtung der Beschlüsse zu TOP 6.2 und 9.2 demgegenüber mangels hinreichender Bestimmtheit der Beschlüsse erfolgreich gewesen wäre, sind diese im Konjunktiv formulierten Erwägungen nicht tragend. Dass das Berufungsgericht geprüft hat, ob die Unbestimmtheit die Nichtigkeit der angefochtenen Beschlüsse zur Folge hat, lässt sich daraus nicht entnehmen.
31 2. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich jedoch aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Auf der Grundlage des festgestellten Sachverhalts sind die angefochtenen Beschlüsse nicht nichtig.
32 a) Eine Sachentscheidung kann trotz der nicht formgerecht erhobenen Klage ergehen, da der Mangel der fehlenden Signatur zwischenzeitlich behoben wurde (vgl. oben Rn. 26) und die zunächst unwirksame Prozesshandlung von ihrer Heilung an wirksam ist.
33 b) Nach den in der Revisionsinstanz zugrunde zu legenden Feststellungen (§ 559 ZPO) sind die angefochtenen Beschlüsse nicht nichtig.
34 aa) Deren Wirksamkeit hat das Berufungsgericht zwar nicht geprüft (vgl. oben Rn. 30). Der Senat kann aber eine abschließende Entscheidung treffen, wenn das Berufungsurteil einen Sachverhalt ergibt, der für die rechtliche Beurteilung eine verwertbare tatsächliche Grundlage bietet, und bei Zurückverweisung der Sache ein anderes Ergebnis nicht möglich erscheint (vgl. Senat, Urteil vom - V ZR 19/16, NJW-RR 2018, 719 Rn. 43, insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 216, 83, zu der Begründetheit einer als unzulässig abgewiesenen Klage). Das ist hier der Fall, weil die Bestimmung des Beschlussinhaltes „aus sich heraus“ objektiv und normativ zu erfolgen hat (vgl. nachfolgend Rn. 37).
35 bb) Nichtigkeitsgründe hinsichtlich des zu TOP 6.2 gefassten Beschlusses bestehen nicht.
36 (1) Der Beschluss ist nicht in einer Weise unbestimmt, die zu seiner Nichtigkeit führt.
37 (a) Der Inhalt eines Beschlusses muss, weil ein Sonderrechtsnachfolger gemäß § 10 Abs. 3 WEG an ihn gebunden ist, inhaltlich bestimmt und klar sein. Die Bestimmung des Beschlussinhaltes hat dabei „aus sich heraus“ objektiv und normativ zu erfolgen. Es kommt maßgeblich darauf an, wie der Beschluss nach seinem Wortlaut und Sinn für einen unbefangenen Betrachter nächstliegend zu verstehen ist. Ausgangspunkt der Auslegung ist der protokollierte Wortlaut des Beschlusses; Umstände außerhalb des protokollierten Beschlusses dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne Weiteres erkennbar sind, weil sie sich etwa aus dem - übrigen - Versammlungsprotokoll oder aus in Bezug genommenen Dokumenten ergeben (vgl. Senat, Urteil vom - V ZR 104/15, ZWE 2016, 325 Rn. 9; Urteil vom - V ZR 75/15, NJW 2016, 2177 Rn. 20; Urteil vom - V ZR 315/13, BGHZ 202, 346 Rn. 8; Beschluss vom - V ZB 11/98, BGHZ 139, 288, 292).
38 (b) Gemessen daran fehlt es dem zu TOP 6.2 gefassten Beschluss zwar an der inhaltlichen Bestimmtheit und Klarheit, wie das Berufungsgericht in seinen nicht tragenden Erwägungen zutreffend annimmt. Der einzelne Wohnungseigentümer oder auch ein Nachfolger im Sondereigentum kann anhand der verwendeten Formulierung nicht erkennen oder ermitteln, welche beabsichtigte Berichtigung Gegenstand der Beschlussfassung ist. Weder dem Beschlusstext noch dem Protokoll lässt sich entnehmen, welcher vermeintliche Schreibfehler in der Klarstellung zur Teilungserklärung vom berichtigt werden soll. Die generelle Verweisung auf einen nicht näher bezeichneten und damit nicht bestimmbaren Rechtsstreit führt ebenfalls nicht zu einer inhaltlichen Klarheit und Bestimmtheit des Beschlusses, weil nicht auf ein konkretes, in den Rechtsstreit eingeführtes Dokument Bezug genommen wird und deshalb keine Klarheit hinsichtlich des zu korrigierenden Schreibfehlers herbeigeführt wird.
39 (c) Die in Teilen fehlende Bestimmtheit des zu TOP 6.2 gefassten Beschlusses führt aber nicht zu dessen Nichtigkeit.
40 (aa) In der Senatsrechtsprechung ist anerkannt, dass die Unbestimmtheit eines Beschlusses schon mit Blick auf die Vorschrift des § 23 Abs. 4 WEG nicht stets zur Nichtigkeit führt. Jedenfalls dann, wenn der Beschluss eine durchführbare Regelung noch erkennen lässt, die Unbestimmtheit also nicht auf inhaltlicher Widersprüchlichkeit beruht, führen die Mängel nicht zur Nichtigkeit, sondern nur zur Anfechtbarkeit (vgl. Senat, Beschluss vom - V ZB 11/98, BGHZ 139, 288, 298 f.).
41 (bb) So liegt es hier. Der Beschluss zu TOP 6.2 der Eigentümerversammlung vom lässt bei der gebotenen objektiven Auslegung (vgl. Senat, Urteil vom - V ZR 33/23, NJW 2024, 1419 Rn. 25) eine durchführbare Regelung noch erkennen, ohne dass sein Inhalt widersprüchlich ist. Die in dem Beschluss in Bezug genommene Klarstellung zur Teilungserklärung vom bezieht sich auf eine Terrasse in Höhe der Küche der Wohnungseigentumseinheit Nr. 5, dessen Eigentümer der Kläger ist. Der Beschluss enthält als Mindestinhalt eine Regelung, nach der ein die Wohnungseigentumseinheit des Klägers in der Klarstellung zur Teilungserklärung vom betreffender Schreibfehler korrigiert werden soll, dessen Existenz zwischen den Parteien streitig ist und welcher bereits Gegenstand eines anderweitig geführten Rechtsstreits zwischen den Parteien ist.
42 (2) Die für die Beschlussfassung erforderliche Kompetenz folgt daraus, dass es sich um eine Maßnahme der Verwaltung im Sinne von § 19 Abs. 1 WEG handelt. Zwar kann die Inhaltsänderung ebenso wie die Aufhebung eines Sondernutzungsrechts nur Gegenstand einer Vereinbarung im Sinne von § 10 Abs. 2 WEG sein (vgl. Senat, Urteil vom - V ZR 298/16, ZWE 2019, 318 Rn. 12 mwN). Darum geht es hier aber nicht. Es entspricht nächstliegender Auslegung des Beschlusses, dass die Wohnungseigentümer die aus ihrer Sicht erforderliche Bereinigung des Grundbuchs lediglich vorbereiten wollen; die Berichtigung der notariell beurkundeten Klarstellung zu der Teilungserklärung ist hierfür notwendige Voraussetzung. Nach der Rechtsprechung des Senats können die Wohnungseigentümer einen Beschluss fassen, der eine Änderung der sachenrechtlichen Grundlagen vorbereiten soll (vgl. Senat, Urteil vom - V ZR 258/18, ZWE 2020, 138 Rn. 16). Erst Recht haben sie die Kompetenz für einen Beschluss, der die Behebung von vermeintlichen Schreibfehlern im Grundbuch vorbereiten soll.
43 cc) Der zu TOP 9.2 gefasste Beschluss ist ebenfalls wirksam.
44 (1) Entgegen der in den nicht tragenden Erwägungen geäußerten Ansicht des Berufungsgerichts ist der Beschluss hinreichend klar und bestimmt. Bei nächstliegendem Verständnis zielt er darauf ab, die Eintragung eines Widerspruchs in das Grundbuch zu bewirken, soweit dort ein Sondernutzungsrecht an einer Terrassenfläche als Inhalt des Sondereigentums an der Wohnung Nr. 5 des Klägers eingetragen ist. Der genauen Bezeichnung des Grundbuchblatts bedarf es zur Konkretisierung nicht.
45 (2) Die erforderliche Beschlusskompetenz der GdWE folgt auch insoweit aus § 19 Abs. 1 WEG. Gegenstand des Beschlusses ist nicht die Veränderung der sachenrechtlichen Grundlagen der GdWE, sondern die Vorbereitung der Eintragung eines Widerspruchs gegen die Richtigkeit des Grundbuchs, um zu verhindern, dass ein möglicherweise nicht entstandenes, aber gleichwohl in das Grundbuch eingetragenes Sondernutzungsrecht von einem Dritten gutgläubig erworben wird. Einen solchen Organisationsbeschluss können die Wohnungseigentümer fassen (vgl. oben Rn. 42).
46 dd) Schließlich bestehen für die Nichtigkeit des zu TOP 12.2 gefassten Beschlusses keinerlei Anhaltspunkte.
II.
47 Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Brückner Göbel Malik
Laube Schmidt
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:111024UVZR261.23.0
Fundstelle(n):
MAAAJ-78875