Instanzenzug: LG Marburg Az: 12 KLs 11/23
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in elf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt und die Einziehung des Wertes von Taterträgen – zum Teil in gesamtschuldnerischer Haftung – in Höhe von 119.500 Euro angeordnet. Dagegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen erweist es sich als unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
21. Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende Nachprüfung des Urteils führt zur Änderung des Schuldspruchs und zur Aufhebung des Strafausspruchs in den Fällen II.1., II.2., II.4. bis II.6., II.8., II.9. und II.11. der Urteilsgründe sowie im Gesamtstrafenausspruch.
3a) Soweit Gegenstand des abgeurteilten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln auch oder ausschließlich der Umgang mit Haschisch oder Marihuana war, kann der Schuldspruch keinen Bestand haben. Denn mit dem am in Kraft getretenen Gesetz zum Umgang mit Konsumcannabis (Konsumcannabisgesetz – KCanG), das der Senat nach § 2 Abs. 3 StGB, § 354a StPO zu berücksichtigen hat, fällt der Umgang mit Cannabis nicht mehr unter das BtMG, sondern allein unter das KCanG. Bei Marihuana handelt es sich um ein Produkt der Cannabispflanze, das nach den Begriffsbestimmungen des KCanG als „Cannabis“ erfasst wird (§ 1 Nr. 4 KCanG); entsprechendes gilt für das Haschisch (§ 1 Nr. 5 KCanG).
4b) Das vom Landgericht insoweit rechtsfehlerfrei festgestellte Tatgeschehen ist daher in den Fällen II.1. bis II.6. sowie II. 8., II.9. und II.11. der Urteilsgründe als Handeltreiben mit Cannabis (§ 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG), davon in einem Fall (II.3. der Urteilsgründe) in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 BtMG, § 52 StGB, zu würdigen. Dass sich die Taten in diesen Fällen jeweils auf ein Handeltreiben mit Cannabis in nicht geringer Menge bezogen haben, stellt lediglich ein Regelbeispiel für einen besonders schweren Fall dar (§ 34 Abs. 3 Nr. 4 KCanG), der im Schuldspruch keinen Ausdruck findet (vgl. nur Meyer-Goßner/Appl, Die Urteile in Strafsachen, 30. Aufl., Rn. 45, 50).
5Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend § 354 Abs. 1 StPO ab. § 265 StPO steht nicht entgegen, weil sich der geständige Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
62. Der Strafausspruch hat mit Ausnahme der in den Fällen II.3., II.7. und II.10. der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen keinen Bestand. Angesichts des deutlich geringeren Strafrahmens des Konsumcannabisgesetzes kann der Senat nicht ausschließen, dass das Landgericht selbst bei der Anwendung des Strafrahmens aus § 34 Abs. 3 Satz 1 KCanG – ein Entfallen der Regelwirkung liegt in den betreffenden Fällen angesichts der erheblichen Überschreitungen des Grenzwerts der nicht geringen Menge und der übrigen festgestellten Umstände fern – in den Fällen II.1., II.2., II.4. bis II.6., II.8., II.9. und II.11. der Urteilsgründe niedrigere Einzelstrafen und damit auch eine geringere Gesamtstrafe verhängt hätte.
7Die von der Strafkammer in den Fällen II.3., II.7. und II.10. der Urteilsgründe festgesetzten Einzelstrafen bleiben von der Aufhebung ausgenommen. Die Strafe ist in diesen Fällen zutreffend dem Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG entnommen; durchgreifende Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten sind insoweit nicht zu erkennen. Dies gilt auch für Fall II.3. der Urteilsgründe. Der Senat kann angesichts der im Verhältnis zum Amphetamin (zwei Kilogramm) deutlich geringeren Menge Marihuana (ein Kilogramm) – auch mit Blick auf die in den Fällen II.7. und II.10. verhängten Einzelstrafen – ausschließen, dass die Tathandlung des Angeklagten in Bezug auf dieses Rauschmittel für das Landgericht bei der Bestimmung des Schuldumfangs und damit bei der Findung der verhängten Strafe mitentscheidend war (vgl. auch , juris Rn. 7).
83. Die Feststellungen zum Strafausspruch können bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO) und gegebenenfalls durch solche ergänzt werden, die zu den getroffenen nicht in Widerspruch stehen.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:220524B2STR40.24.0
Fundstelle(n):
IAAAJ-78791