Instanzenzug: LG Aachen Az: 60 KLs 19/23
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und mit einem Verstoß gegen das Waffengesetz“ unter Anwendung der Vorschriften „§§ 30a Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3, 29a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 BtMG, 52 Abs. 3 Nr. 1, 2 Abs. 3 i.V.m. der Anlage 2 Abschnitt 1 Nr.1.3.2 WaffG, 52, 56 StGB“ zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet.
21. Nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen verfügte der Angeklagte am im Schlafzimmer seiner Wohnung über 308,75 Gramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 48,6 Gramm THC und im Wohnzimmer über 19,471 Gramm Haschisch mit einem Wirkstoffgehalt von 6,9 Gramm THC. Die Hälfte des Marihuanas war für den Eigenkonsum bestimmt, die andere Hälfte sowie das Haschisch sollten verkauft werden. Neben der Eingangstür befanden sich in einer Vitrine zugriffsbereit drei Einhandmesser, die zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt waren. In einem Sideboard im Schlafzimmer lag neben dem Haschisch u.a. ein näher beschriebenes Schlagringmesser.
32. Der Schuldspruch bedarf, worauf der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift zutreffend hingewiesen hat, in mehrfacher Hinsicht der Korrektur:
4a) Dieser ist im Hinblick auf das Drogendelikt an die Änderung durch das am in Kraft getretene Konsumcannabisgesetz (KCanG) anzupassen, auf das gemäß § 2 Abs. 3 StGB i.V.m. § 354a StPO bei der revisionsrechtlichen Kontrolle als das hier mildere Gesetz abzustellen ist.
5aa) Der Angeklagte hat sich hinsichtlich der zum Weiterverkauf bestimmten Rauschmittel des bewaffneten Handeltreibens mit Cannabis gemäß § 34 Abs. 4 Nr. 4 KCanG schuldig gemacht. Die zum Verkauf vorgesehene Gesamtwirkstoffmenge von 31,2 Gramm THC liegt auch nach der neuen Rechtslage über dem Grenzwert von 7,5 Gramm THC für eine nicht geringe Menge (vgl. , NStZ 2024, 420, 421).
6bb) Ferner hat sich der Angeklagte in Tateinheit hierzu wegen Besitzes von Cannabis nach § 34 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b) KCanG schuldig gemacht. Der Besitz von Cannabis in einer nicht geringen Menge ist gemäß § 34 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 KCanG nur noch ein Regelbeispiel für einen besonders schweren Fall und als solches nicht in die Urteilsformel aufzunehmen (vgl. , Rn. 4).
7cc) Die neue Rechtslage unter dem Konsumcannabisgesetz ist hier bei der nach § 2 Abs. 3 StGB gebotenen Betrachtung (vgl. , Rn. 6 mwN) für den Angeklagten günstiger als die nach Tatzeitrecht zur Anwendung kommenden Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes (§ 30a Abs. 3, § 29a Abs. 2 BtMG). Der Senat kann angesichts der zahlreichen strafmildernden Zumessungsgesichtspunkte ausschließen, dass die Strafkammer bei Anwendung des Konsumcannabisgesetzes den Regelstrafrahmen des § 34 Abs. 4 KCanG zur Anwendung gebracht hätte (vgl. zum Prüfungsmaßstab , Rn. 8). Der danach maßgebliche Strafrahmen des minder schweren Falles des § 34 Abs. 4 KCanG mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren liegt unterhalb des von der Strafkammer zur Anwendung gebrachten Strafrahmens des § 30a Abs. 3 BtMG mit sechs Monaten bis zu zehn Jahren.
8b) Soweit das Landgericht den Angeklagten rechtsfehlerfrei wegen eines Vergehens nach § 52 Abs. 3 Nr. 1 WaffG verurteilt hat, ist der Schuldspruch dahin klarzustellen, dass der Angeklagte (tateinheitlich) des Besitzes eines verbotenen Gegenstandes (Schlagringmesser) schuldig ist. Dieses unterfällt als verbotener Gegenstand der Anlage 2 zu § 2 Abs. 3 WaffG – Waffenliste – Abschnitt 1, Nr. 1.3.2 (vgl. , Rn. 16; Gade, WaffG, 3. Aufl., Anl. 2 (zu § 2 Abs. 2 bis 4) Waffenliste Rn. 41a). Die Urteilsformel „wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz“ reicht indes zur rechtlichen Bezeichnung der Tat (§ 260 Abs. 4 Satz 1 StPO) nicht aus (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 4 StR 3/00, Rn. 11 und vom – 5 StR 578/19, NStZ 2020, 359). Da sich das Schlagringmesser nach den Feststellungen durchgehend in der Wohnung des Angeklagten befand, war für die Annahme eines „Führens“ eines verbotenen Gegenstandes entgegen der Ansicht des Landgerichts kein Raum (vgl. MüKoStGB/Heinrich, 4. Aufl., § 1 WaffG, Rn. 191 mwN).
9c) Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend § 354 Abs. 1 StPO ab. Die Vorschrift des § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen, da sich der geständige Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
103. Der Strafausspruch bedarf der Aufhebung. Der Strafrahmen des minder schweren Falles für das bewaffnete Handeltreiben mit Cannabis unterschreitet den von der Strafkammer zur Anwendung gebrachten Strafrahmen für das bewaffnete Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in einem minder schweren Fall sowohl im Hinblick auf die Untergrenze (drei Monate anstelle von sechs Monaten Freiheitsstrafe) als auch die Obergrenze (fünf Jahre anstelle von zehn Jahren Freiheitsstrafe). Der Senat kann daher trotz der moderaten Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts nicht ausschließen, dass die Strafkammer bei Anwendung des Konsumcannabisgesetzes eine noch mildere Freiheitsstrafe zugemessen hätte.
114. Die Sache bedarf im Umfang der Aufhebung neuer Verhandlung und Entscheidung. Die Feststellungen bleiben von der Aufhebung des Strafausspruchs unberührt und haben Bestand (§ 353 Abs. 2 StPO).
Menges Meyberg Grube
Schmidt Zimmermann
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:290824B2STR271.24.0
Fundstelle(n):
DAAAJ-78181