Instanzenzug: Az: 21 KLs 12/23 jugvorgehend Az: 6 StR 186/23 Beschlussvorgehend Az: 22 KLs 10/22
Gründe
1Das Landgericht hatte den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer Jugendstrafe von drei Jahren verurteilt. Auf seine Revision hob der Senat das Urteil allein im Rechtsfolgenausspruch unter Aufrechterhaltung der zugrunde liegenden Feststellungen auf (Beschluss vom – 6 StR 186/23). Nunmehr hat das Landgericht den Angeklagten zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Seine auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
21. Folgende Feststellungen liegen zugrunde:
3a) Am verwahrte der zur Tatzeit 19 Jahre alte Angeklagte in seiner Wohnung einen Betäubungsmittelvorrat aus 640,82 Gramm Marihuana (88,95 Gramm THC), 88,95 Gramm Haschisch (14,27 Gramm THC) sowie 3,36 Gramm MDMA und 1,6 Gramm Kokain. Während 512,66 Gramm Marihuana und 90,5 Gramm Haschisch zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt waren, wollte er die übrigen Betäubungsmittel selbst konsumieren (Fall III.1 der Urteilsgründe).
4b) Am verwahrte er in seiner Wohnung einen Betäubungsmittelvorrat aus 558,92 Gramm Marihuana und 107,47 Gramm Haschisch (Wirkstoffgehalt 124,69 Gramm THC) sowie 19,55 Gramm Kokain (Wirkstoffgehalt 18,8 Gramm CHC) und 12,56 Gramm MDMA (Wirkstoffgehalt 4,7 Gramm). Hiervon waren 447,14 Gramm Marihuana, 85,98 Gramm Haschisch und 15,64 Gramm Kokain zum Weiterverkauf bestimmt; der Rest sollte wiederum dem Eigenkonsum dienen. In unmittelbarer Nähe zu den Drogen und jederzeit zugriffsbereit lag ein Einhandmesser mit feststellbarer Klinge, das der Angeklagte auch zur Verteidigung des Verkaufsvorrats bestimmt hatte (Fall III.2 der Urteilsgründe).
52. Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende materiellrechtliche Nachprüfung des Urteils führt zu einer Schuldspruchänderung sowie zur Aufhebung des Strafausspruchs.
6a) Der Schuldspruch hat – trotz insoweit eingetretener Teilrechtskraft (vgl. , StV 2024, 581) – keinen Bestand, weil das Landgericht den Angeklagten entsprechend der zum Urteilszeitpunkt geltenden Rechtslage für seinen Umgang mit Marihuana und Haschisch nach dem Betäubungsmittelgesetz verurteilt hat. Am ist jedoch das Gesetz zum Umgang mit Konsumcannabis in Kraft getreten (KCanG; BGBl. I 2024 Nr. 109). Diese Rechtsänderung hat der Senat gemäß § 2 Abs. 3 StGB in Verbindung mit § 354a StPO hier zu berücksichtigen. Die neue Rechtslage erweist sich in beiden Fällen der Urteilsgründe als Ergebnis des nach § 2 Abs. 3 StGB gebotenen Gesamtvergleichs im Einzelfall (st. Rspr.; vgl. etwa , BGHSt 67, 130, 132 mwN; Schönke/Schröder/Hecker, StGB, 30. Aufl., § 2 Rn. 28 ff. mwN; Patzak/Möllinger, NStZ 2024, 321) als milder.
7aa) Im Fall II.1 der Urteilsgründe ist der Angeklagte nunmehr des Handeltreibens mit Cannabis nach Maßgabe des milderen § 34 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 KCanG schuldig.
8bb) Im Fall II.2 der Urteilsgründe bleibt es zwar bei einer Strafbarkeit nach § 30a Abs. 2 Nr. 1 BtMG. Denn der Wirkstoffanteil des zum Verkauf bestimmten Kokains überschritt den Grenzwert der nicht geringen Menge. Hinzu tritt das Handeltreiben mit Cannabis (§ 34 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 KCanG). Obgleich diese Straftatbestände zueinander in Tateinheit stehen und die Strafe dem Strafrahmen des § 30a Abs. 1 und 2 BtMG und nicht dem nach § 34 Abs. 1 oder 3 KCanG eröffneten Strafrahmen zu entnehmen ist (§ 52 Abs. 2 Satz 1 StGB), erweist sich die neue Rechtslage aber auch hier als milder. Denn die Herausnahme von Marihuana und Haschisch aus der Strafbarkeit wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und die gesonderte Erfassung des Cannabis durch eine (tateinheitliche) Bestrafung nach § 34 KCanG lässt aufgrund des geringeren Schuldgehalts von Taten nach dem Konsumcannabisgesetz grundsätzlich Raum für eine mildere Bestrafung (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 3 StR 159/24; vom – 3 StR 142/24, Rn. 7; vom – 6 StR 374/24).
9cc) Der Senat ändert den Schuldspruch in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 und § 354a StPO wie aus der Beschlussformel ersichtlich. Die Regelung des § 265 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen, weil sich der Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
10b) Dies führt zur Aufhebung des Strafausspruchs. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht eine mildere Sanktion verhängt hätte. Die Jugendstrafe hat das Landgericht allein auf die Schwere der Schuld gestützt (§ 17 Abs. 2 Variante 3 JGG) und sie – mit Blick auf das Alter des Angeklagten im Urteilszeitpunkt (vgl. − 3 StR 417/15, NStZ 2016, 680, 681) – nicht maßgeblich unter dem Aspekt notwendiger erzieherischer Einwirkung zugemessen. Einer Aufhebung der jeweils zugehörigen Feststellungen bedarf es nicht (§ 353 Abs. 2 StPO).
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:040924B6STR425.24.0
Fundstelle(n):
YAAAJ-78015