Instanzenzug: Az: 103 KLs 1/23
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 34 Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und in zehn Fällen in Tateinheit mit Anstiftung zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, sowie wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren und sechs Monaten verurteilt. Zudem hat es die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 717.660 € gegen den Angeklagten angeordnet. Die auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg, im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet.
21. Die Verfahrensrügen versagen aus den in der Zuschrift des Generalbundesanwalts dargestellten Gründen.
32. Die auf die Sachrüge veranlasste Überprüfung des Urteils hat zum Schuldspruch wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in neun Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit Anstiftung zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und in einem weiteren Fall in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fälle II.1 bis II.8 und II.11 der Urteilsgründe), keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Gleiches gilt für die Strafaussprüche in diesen Fällen sowie die unterbliebene Maßregelanordnung.
43. Hingegen bedürfen die Schuldsprüche in den Fällen II.9, II.10 und II.12 bis II.36 der Urteilsgründe der Abänderung nach Maßgabe des am und damit nach Verkündung des vorliegenden Urteils in Kraft getretenen Gesetzes zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften vom (BGBl. 2024 Nr. 109), auf das – weil in den konkreten Fällen milder – gemäß § 2 Abs. 3 StGB i.V.m. § 354a StPO bei der revisionsrechtlichen Kontrolle abzustellen ist. Auch die Einziehungsentscheidung unterfällt in geringem Umfang der Korrektur.
5a) In den Fällen II.13 und II.14, II.19, II.20, II.23, II.24 sowie II.26 bis II.36 der Urteilsgründe ist das vom Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellte Tatgeschehen nunmehr, wie vom Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift zutreffend ausgeführt, als Handeltreiben mit Cannabis nach § 34 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 KCanG zu bewerten. In den Fällen II.16 und II.25 der Urteilsgründe liegt Beihilfe zum Handeltreiben mit Cannabis gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 KCanG, § 27 Abs. 1 StGB vor.
6b) Die Fälle II.9, II.10, II.12, II.15, II.17, II.18, II.21 und II.22 der Urteilsgründe sind nach den ebenfalls rechtsfehlerfreien Feststellungen als Handeltreiben mit Cannabis (§ 34 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 KCanG), in den Fällen II.18 und II.21 der Urteilsgründe in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Cannabis (§ 34 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 KCanG, § 27 Abs. 1 StGB) zu bewerten. Eine weitergehende, vom Generalbundesanwalt in diesen Fällen beantragte tateinheitliche Verurteilung wegen Anstiftung zur Einfuhr von Cannabis (§ 34 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 KCanG, § 26 StGB) kommt nicht in Betracht.
7aa) Zwar hat der Angeklagte in diesen Fällen seinen Lieferanten dazu angestiftet, ihm die Drogen aus dem Ausland nach Deutschland zu übersenden. Eine Bestrafung wegen Anstiftung zu einem Einfuhrdelikt scheitert indes daran, dass ein Tatbeteiligter, der einen anderen zu einer rechtswidrigen Tat bestimmt, die er selbst begeht, allein wegen täterschaftlicher Begehung belangt wird (vgl. RG, Urteil vom – V 836/10, RGSt 44, 207, 211; , NStZ 1994, 29, 30; Beschluss vom – 3 StR 260/16, BGHSt 62, 96, 100 Rn. 16; SK-StGB/Hoyer, 9. Aufl., § 26 Rn. 33; SSW-StGB/Murmann, 6. Aufl., § 26 Rn. 21). Die Einfuhr geht grundsätzlich als unselbständiger Teilakt im Handeltreiben auf. Deshalb macht sich derjenige Täter, der Betäubungsmittel unterhalb der Grenze zur nicht geringen Menge im Ausland erwirbt und zum Weiterverkauf nach Deutschland verbringt, nicht wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln, sondern allein wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln schuldig (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 3 StR 133/05, NStZ 2006, 172 und vom – 4 StR 223/13, Rn. 11). Entsprechend liegt in der Anstiftung zu einer solchen Einfuhr eine Anstiftung zum Handeltreiben mit den Drogen, die neben dem täterschaftlichen Handeltreiben nicht auszuurteilen ist.
8bb) Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Umstand, dass in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt ist, dass die Einfuhr einer nicht geringen Menge an Betäubungsmitteln nicht von einem täterschaftlichen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verdrängt wird, sondern dazu in Tateinheit steht. Die Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ist aufgrund ihres höheren Strafrahmens in § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG das schwerere Delikt und muss dementsprechend im Schuldspruch hervorgehoben werden (vgl. , BGHSt 31, 163, 165 f.; Patzak in Patzak/Fabricius, BtMG, 11. Aufl., § 29 Rn. 772; § 30 Rn. 173). Gleiches gilt in diesem Fall wegen § 26 StGB für die Anstiftung zur Einfuhr. Im Anwendungsbereich des Konsumcannabisgesetzes laufen die Strafrahmen indes gleich (vgl. § 34 Abs. 1 Nr. 4 und 5, Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 KCanG), so dass die Notwendigkeit, in Ausnahme von dem allgemeinen Grundsatz die Einfuhr gegenüber dem Handeltreiben hervorzuheben, wenn beide sich auf eine nicht geringe Menge beziehen, nicht gegeben ist (vgl. , Rn. 5 ff.).
9c) Der Senat stellt die Schuldsprüche in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO um. § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich der Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
10d) Angesichts des reduzierten Unrechtsgehalts und der geringeren Strafdrohung nach dem Konsumcannabisgesetz haben die verhängten Einzelstrafen in den Fällen II.9, II.10 und II.12 bis II.36 der Urteilsgründe keinen Bestand. Dies zieht die Aufhebung der Gesamtstrafe nach sich.
11e) Die Einziehungsentscheidung bedarf der Abänderung. Die Summe der festgestellten Taterträge addiert sich, worauf der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift zutreffend hinweist, lediglich auf 712.860 €. Die weitergehende Einziehung in Höhe von 4.800 € entfällt.
124. Im Umfang der Aufhebung bedarf die Sache neuer Verhandlung und Entscheidung. Die Feststellungen haben Bestand (§ 353 Abs. 2 StPO). Das neue Tatgericht kann ergänzende Feststellungen treffen, die den bisherigen nicht widersprechen.
Menges Meyberg Schmidt
Lutz Zimmermann
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:300724B2STR71.24.0
Fundstelle(n):
JAAAJ-77732