BGH Urteil v. - I ZR 142/23

Wettbewerbsverstoß: Vorliegen einer geschäftlichen Handlung der öffentlichen Hand; Angebot kostenloser Stellenanzeigen im Online-Portal eines Landkreises - Jobbörse

Leitsatz

Jobbörse

1.    Bei der Beurteilung, ob eine geschäftliche Handlung der öffentlichen Hand vorliegt, ist im Interesse eines funktionierenden Wettbewerbs zu berücksichtigen, dass die öffentliche Hand im Gegensatz zu privaten Unternehmen nicht auf die Erzielung von Gewinnen angewiesen ist und Verluste durch Steuern, Abgaben oder Beiträge decken kann. Geschäftliche Handlungen der öffentlichen Hand weisen aus diesem Grund nicht zwingend einen Unternehmensbezug im Sinne einer auf den entgeltlichen Absatz von Waren oder Dienstleistungen gerichteten Beteiligung am wirtschaftlichen Verkehr auf.

2.    Wird allein das Angebot kostenloser Stellenanzeigen im Online-Portal eines Landkreises und nicht ein redaktioneller Teil als Verstoß gegen die Marktverhaltensregelung der Staatsferne der Presse beanstandet, ist nur dieses Angebot in den Blick zu nehmen, da nur dieser wirtschaftliche Aspekt in Rede steht, der ebenfalls von der Pressefreiheit umfasst wird, die sich auf den Anzeigenteil erstreckt. Das Angebot kostenloser Stellenanzeigen birgt die Gefahr existenzieller Schäden für die Presse, weil Unternehmen nicht mehr in der Tageszeitung oder deren Online-Ausgabe, sondern bei der Kommune beziehungsweise dem Landkreis inserieren.

Gesetze: Art 5 Abs 1 S 2 GG, § 2 Abs 1 Nr 2 UWG, § 3a UWG, § 8 Abs 1 S 1 UWG, § 8 Abs 3 Nr 1 UWG

Instanzenzug: OLG Oldenburg (Oldenburg) Az: 6 U 124/22vorgehend LG Osnabrück Az: 11 O 667/22

Tatbestand

1Die Klägerin verlegt die im Landkreis G.         B.       verbreitete Tageszeitung "G.           Nachrichten" (gedruckt und als E-Paper) sowie ein Anzeigenblatt. Außerdem unterhält sie die Online-Portale "g.-online.de" und "j.  .g.-online.de". In diesen Medien werden unter anderem gegen Entgelt Stellenanzeigen veröffentlicht. Der beklagte Landkreis verantwortet neben dem Online-Portal "g.        -b.      .de", in dem kommunale Öffentlichkeitsarbeit betrieben wird, das streitgegenständliche Online-Portal "z.     .g.         -b.      .de", das für den Landkreis als Arbeits- und Lebensstandort werben soll. Dort ist die Rubrik "Der richtige Job" einschließlich einer Such- und Filterfunktion abrufbar, in der laufend rund 300 Stellenanzeigen privater Unternehmen und öffentlich-rechtlicher Institutionen angezeigt werden. Die Anzeigen sind unentgeltlich und weisen jeweils eine Schaltfläche "Mehr erfahren" auf, die auf das Online-Portal "e.      .de" des Vereins W.              E. -A.    e.V. verlinkt. Die ausführlichen Stellenanzeigen nebst Portrait des Arbeitgebers finden sich auf dem Online-Portal "e.      .de".

2Die Klägerin sieht in dem Angebot kostenloser Stellenanzeigen durch den Beklagten einen Verstoß gegen das Gebot der Staatsferne der Presse. Nach erfolgloser Abmahnung hat sie zuletzt beantragt, es dem Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu untersagen,

in dem Internetportal "z.     .g.        -b.      .de" mit der Rubrik "Der richtige Job" kostenlose Stellenangebotsanzeigen öffentlich zugänglich zu machen bzw. machen zu lassen, wie dies in dem der Klageschrift vom als Anlage K 5 beigefügten USB-Stick mit dem am abrufbaren Angebot geschieht.

3Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht den Beklagten antragsgemäß zur Unterlassung verurteilt. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, strebt der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils an.

Gründe

4I. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch wegen eines Verstoßes des Beklagten gegen das Gebot der Staatsferne der Presse zu. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

5Die kostenfreie Veröffentlichung von Stellenanzeigen auf dem Online-Portal "z.     .g.        -b.      .de" sei eine geschäftliche Handlung. Eine solche könne nicht schon deshalb abgelehnt werden, weil die Veröffentlichung unentgeltlich sei und damit keine unternehmerische Tätigkeit vorliege. Ob eine geschäftliche Handlung der öffentlichen Hand vorliege, sei anhand einer umfassenden Würdigung der relevanten Umstände des Einzelfalls besonders festzustellen. Danach liege eine geschäftliche Handlung des Beklagten vor, weil das Jobportal deutlich über die Kernaufgaben des Beklagten hinausgehe. Mit dieser geschäftlichen Handlung verstoße der Beklagte gegen das Gebot der Staatsferne der Presse. Der Betrieb der Jobbörse stelle bei wertender Gesamtbetrachtung im Lichte von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG kein angemessenes Mittel der kommunalen Wirtschaftsförderung dar, sondern sei geeignet, das Institut der freien Presse spürbar zu beeinträchtigen.

6II. Die dagegen gerichtete Revision des Beklagten hat keinen Erfolg. Die Klage ist zulässig (dazu II 1). Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch wegen eines Verstoßes gegen das Gebot der Staatsferne der Presse aus § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 1, § 3 Abs. 1, § 3a UWG in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG auch zu (dazu II 2).

71. Die Klage ist zulässig. Die Bezugnahme auf den von der Klägerin als Anlage K 5 zu den Akten gereichten USB-Stick, der das beanstandete Internetangebot als konkrete Verletzungsform dokumentiert, reicht zur Konkretisierung des Unterlassungsantrags im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO aus (vgl. , GRUR 2022, 1336 [juris Rn. 12 f.] = WRP 2022, 1246 - dortmund.de, mwN; Urteil vom - I ZR 152/21, GRUR 2023, 1299 [juris Rn. 9] = WRP 2023, 1083 - muenchen.de). Der Umstand, dass der USB-Stick mit einem zukünftigen Urteil nicht zu einer einheitlichen Urkunde verbunden werden kann, steht der Zulässigkeit der Klage ebenfalls nicht entgegen (vgl. BGH, GRUR 2022, 1336 [juris Rn. 15 bis 17] - dortmund.de).

82. Der Klägerin steht der Unterlassungsanspruch wegen eines Verstoßes gegen das aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG folgende Gebot der Staatsferne der Presse gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 1, § 3 Abs. 1, § 3a UWG zu.

9a) Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG kann, wer eine nach § 3 UWG unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Nach § 3 Abs. 1 UWG sind unlautere geschäftliche Handlungen unzulässig. Unlauter handelt nach § 3a UWG, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.

10b) Die kostenfreie Veröffentlichung von Stellenanzeigen in der Rubrik "Der richtige Job" im Portal "z.      .g.        -b.       .de" des Beklagten stellt eine geschäftliche Handlung dar.

11aa) Nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG ist eine geschäftliche Handlung im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrages über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt. Unternehmer ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 8 Fall 1 UWG jede natürliche oder juristische Person, die geschäftliche Handlungen im Rahmen ihrer gewerblichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit vornimmt.

12bb) Für die Frage, ob die öffentliche Hand eine geschäftliche Handlung vornimmt, muss zunächst zwischen erwerbswirtschaftlichen Tätigkeiten einerseits und hoheitlichen Tätigkeiten andererseits unterschieden werden (, GRUR 2018, 196 [juris Rn. 23] = WRP 2018, 186 - Eigenbetrieb Friedhöfe; Urteil vom - I ZR 112/17, GRUR 2019, 189 [juris Rn. 55] = WRP 2019, 317 - Crailsheimer Stadtblatt II; Urteil vom - I ZR 126/18, BGHZ 225, 59 [juris Rn. 49] - WarnWetter-App), wobei eine hoheitliche Tätigkeit in diesem Sinne vorliegt, wenn die öffentliche Hand zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe tätig wird (vgl. Urteil vom - I ZR 165/17, GRUR 2019, 741 [juris Rn. 14] = WRP 2019, 886 - Durchleitungssystem; BGHZ 225, 59 [juris Rn. 49] - WarnWetter-App). Eine erwerbswirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand ist auch dann als geschäftliche Handlung anzusehen, wenn öffentliche Zwecke mitverfolgt werden.

13Bei einer Tätigkeit zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben ist weiter danach zu unterscheiden, ob die öffentliche Hand aufgrund gesetzlicher Ermächtigung tätig wird. Ist dies der Fall, ist ihre Betätigung einer Überprüfung anhand des Wettbewerbsrechts entzogen, solange sich das Handeln innerhalb der Ermächtigungsgrundlage bewegt, die insoweit den Handlungsspielraum vorgibt (BGH, GRUR 2018, 196 [juris Rn. 23] - Eigenbetrieb Friedhöfe; GRUR 2019, 189 [juris Rn. 55] - Crailsheimer Stadtblatt II, mwN; BGHZ 225, 59 [juris Rn. 49] - WarnWetter-App). Nimmt die öffentliche Hand öffentliche Aufgaben wahr, bewegt sie sich dabei jedoch außerhalb des ihr durch eine Ermächtigungsgrundlage zugewiesenen öffentlich-rechtlichen Aufgabenbereichs, ist ihr Handeln als geschäftliche Handlung anzusehen mit der Folge, dass sie sich an den Regeln des Wettbewerbsrechts messen lassen muss (vgl. BGH, GRUR 2019, 189 [juris Rn. 56] - Crailsheimer Stadtblatt II) und - wenn die weiteren Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 UWG vorliegen - zur Unterlassung verpflichtet ist (BGHZ 225, 59 [juris Rn. 49] - WarnWetter-App, mwN).

14Handelt die öffentliche Hand zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe und wird sie dabei ohne ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung tätig, ist eine geschäftliche Handlung nicht ausgeschlossen. Sie ist allerdings auch nicht ohne weiteres zu vermuten, sondern anhand einer umfassenden Würdigung der relevanten Umstände des Einzelfalls besonders festzustellen (BGHZ 225, 59 [juris Rn. 49] - WarnWetter-App, mwN). Bei dieser Würdigung sind vor allem die konkreten Auswirkungen des Handelns der öffentlichen Hand im Wettbewerb zu berücksichtigen sowie die Frage, ob das Tätigwerden zur Erfüllung der öffentlichen Aufgabe nach Art und Umfang sachlich notwendig ist und die Auswirkungen auf den Wettbewerb nur notwendige Begleiterscheinung der öffentlichen Aufgabe sind (vgl. BGH, GRUR 2018, 196 [juris Rn. 23] - Eigenbetrieb Friedhöfe, mwN; GRUR 2019, 741 [juris Rn. 14] - Durchleitungssystem; vgl. auch , GRUR 1993, 125 [juris Rn. 15 f.] = WRP 1993, 106 - EWG-Baumusterprüfung; Urteil vom - I ZR 174/91, GRUR 1993, 917 [juris Rn. 27 und 30] = WRP 1993, 741 - Abrechnungs-Software für Zahnärzte; Köhler/Odörfer in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 42. Aufl., § 3a Rn. 2.23; Koos in Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, 3. Aufl., Wettbewerb der öffentlichen Hand Rn. 14). Dabei ist im Interesse eines funktionierenden Wettbewerbs zu berücksichtigen, dass die öffentliche Hand im Gegensatz zu privaten Unternehmen nicht auf die Erzielung von Gewinnen angewiesen ist und Verluste durch Steuern, Abgaben oder Beiträge decken kann (vgl. , BGHZ 82, 375 [juris Rn. 32] - Brillen-Selbstabgabestellen; Omsels in Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, 5. Aufl., § 4 Rn. 574). Geschäftliche Handlungen der öffentlichen Hand weisen aus diesem Grund nicht zwingend einen Unternehmensbezug im Sinne einer auf den entgeltlichen Absatz von Waren oder Dienstleistungen gerichteten Beteiligung am wirtschaftlichen Verkehr auf (zum Unternehmensbezug der geschäftlichen Handlung vgl. Sosnitza in Ohly/Sosnitza, UWG, 8. Aufl., § 2 Rn. 53). Wenn sich die öffentliche Hand aber ohne ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung mit ihrem Angebot auf den Markt und in Wettbewerb zu privaten Anbietern begibt und die Auswirkung auf den Wettbewerb nicht nur notwendige Begleiterscheinung der Erfüllung der öffentlichen Aufgabe ist (vgl. BGH, GRUR 2019, 741 [juris Rn. 14] - Durchleitungssystem; vgl. auch Koos in Fezer/Büscher/Obergfell aaO Wettbewerb der öffentlichen Hand Rn. 17), kann sie sich einer lauterkeitsrechtlichen Überprüfung ihres Verhaltens nicht dadurch entziehen, dass sie die ihr - im Gegensatz zu privaten Unternehmen - eröffnete Möglichkeit nutzt, Waren oder Dienstleistungen unentgeltlich anzubieten, und es deshalb am Unternehmensbezug fehlt.

15An dieser Definition der geschäftlichen Handlung der öffentlichen Hand, die von der Rechtsprechung unter der bis zum geltenden Generalklausel des § 1 UWG aF zum Handeln im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs entwickelt worden ist (vgl. zum Beispiel BGH, GRUR 1993, 917 [juris Rn. 26 f. und 30] - Abrechnungs-Software für Zahnärzte; vgl. auch Koos in Fezer/Büscher/Obergfell aaO Wettbewerb der öffentlichen Hand Rn. 12), ist für die geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG festzuhalten. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber mit der Neufassung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (BGBl. I 2004 S. 1414) oder den nachfolgenden Änderungen (insbesondere Erstes und Zweites Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, BGBl. I 2008 S. 2949 und BGBl. I 2015 S. 2158) dieser Rechtsprechung die Grundlage hat entziehen wollen.

16Die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt steht dieser Definition nicht entgegen, weil die beanstandete Verhaltensweise allein die wirtschaftlichen Interessen der Klägerin als Mitbewerberin und nicht die Interessen von Verbrauchern im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2005/29/EG betrifft (vgl. , GRUR 2013, 301 [juris Rn. 25] = WRP 2013, 491 - Solarinitiative).

17cc) In Anwendung dieser Maßstäbe ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Beklagte mit dem Angebot kostenloser Stellenanzeigen auf dem streitgegenständlichen Online-Portal nicht erwerbswirtschaftlich, sondern zur Erfüllung der öffentlichen Aufgabe der kommunalen Wirtschaftsförderung, allerdings ohne ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung tätig wird. Das wird von der Revision hingenommen und weist auch keinen Rechtsfehler auf.

18dd) Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die erforderliche Würdigung der relevanten Umstände des Einzelfalls führe dazu, dass von einer geschäftlichen Handlung des Beklagten auszugehen sei.

19(1) Das Berufungsgericht hat angenommen, das angegriffene Jobportal gehe deutlich über die Kernaufgabe des Beklagten hinaus, der sich damit auf einem Feld bewege, das grundsätzlich der privaten wirtschaftlichen Betätigung zuzurechnen sei. Dem stehe nicht entgegen, dass die Bundesagentur für Arbeit im Internet Job- und Ausbildungsbörsen betreibe. Dies beruhe auf § 40 Abs. 2 SGB III. Danach habe die Agentur für Arbeit die Vermittlung auch über Selbstinformationseinrichtungen durchzuführen, wozu Internetdatenbanken mit Stellen- und Ausbildungsangeboten gehörten.

20Bei den streitgegenständlichen Stellenanzeigen handle es sich auch nicht nur um einen Nebenaspekt, sondern um einen Hauptinhalt des Portals. Der Besucher werde durch die in großer Schriftgröße und zum Teil fett gedruckte Überschrift "Jobs in der G.        , die Dich interessieren könnten" aktiv zu den Stellenangeboten geleitet. Der Beklagte räume die Wichtigkeit der Stellenanzeigen auch selbst ein, wenn er vortrage, dass er mit seinem Portal dem Fachkräftemangel entgegentreten wolle. Die Dienstleistung des Beklagten weise schließlich eindeutig wettbewerblichen Bezug zu den Dienstleistungen der Klägerin auf (Stellenmarkt in der Tageszeitung und im Jobportal "jobs-g.-online.de"). Der Umstand, dass es dem Beklagten möglich sei, den Betrieb seines Portals aus Steuermitteln zu finanzieren und auf Entgelte für Anzeigenveröffentlichungen zu verzichten, verstärke dabei die Auswirkungen auf das Geschäft der Klägerin, die eine Veröffentlichung von Anzeigen nur kostenpflichtig anbieten könne, weil sie sich unter anderem aus Anzeigenerlösen finanziere.

21(2) Diese Würdigung des Berufungsgerichts ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Insbesondere ist es mit Blick auf die allein der steuerfinanzierten öffentlichen Hand eröffnete Möglichkeit, Dienstleistungen am Markt dauerhaft unentgeltlich anzubieten, entgegen der Auffassung der Revision nicht von maßgeblicher Bedeutung, dass das Angebot des Beklagten unentgeltlich ist. Dies steht der Annahme einer geschäftlichen Handlung der öffentlichen Hand nach den dargestellten Maßstäben nicht entgegen (vgl. auch Degenhart, AfP 2020, 185, 190; Koos in Fezer/Büscher/Obergfell aaO Wettbewerb der öffentlichen Hand Rn. 16; aA Büscher/Franzke, UWG, 3. Aufl., § 2 Abs. 1 Nr. 2 Rn. 81 f.; Köhler, GRUR 2019, 265, 266; Maatsch, jurisPR-WettbR 7/2020 Anm. 4 unter C II; Peter, GRUR 2022, 624, 627; Schmitt-Mücke, WRP 2023, 412, 414; vgl. auch OLG Köln, NJW-RR 2024, 914 [juris Rn. 28]).

22c) Das Berufungsgericht hat auch die Mitbewerberstellung der Klägerin nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG rechtsfehlerfrei bejaht. Es hat angenommen, bei den von der Klägerin in ihren Medien und insbesondere auf ihrem Internet-Portal "jobs.g.-online.de" veröffentlichten Stellenanzeigen und der Jobbörse des Beklagten handle es sich um gleichartige Dienstleistungen im Sinne eines für die Mitbewerberstellung erforderlichen konkreten Wettbewerbsverhältnisses gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4 UWG (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG in der bis zum geltenden Fassung). Es bestehe auch erkennbar ein wettbewerblicher Bezug zwischen den von den Parteien angebotenen Dienstleistungen. Nachvollziehbar führe die Klägerin an, dass jede Stellenanzeige, die auf dem Portal des Beklagten veröffentlicht werde, ihr inhaltsgleiches Angebot bedrohe.

23Diese Beurteilung wird von der Revision nicht angegriffen. Sie weist auch unter Berücksichtigung der seit dem geltenden Fassung des § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG, die über das konkrete Wettbewerbsverhältnis hinaus voraussetzt, dass der Mitbewerber Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreibt oder nachfragt, keinen Rechtsfehler auf. Aus den oben genannten Gründen steht dem Wettbewerbsverhältnis die Unentgeltlichkeit der beanstandeten Online-Jobbörse nicht entgegen (vgl. Rn. 12 bis 16; aA Peter, GRUR 2022, 624, 627).

24d) Das Berufungsgericht hat weiter mit Recht angenommen, dass es sich bei dem Gebot der Staatsferne der Presse, auf das sich die Klägerin beruft, um eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 3a UWG handelt (vgl. BGH, GRUR 2019, 189 [juris Rn. 19] - Crailsheimer Stadtblatt II, mwN; GRUR 2022, 1336 [juris Rn. 21] - dortmund.de; GRUR 2023, 1299 [juris Rn. 25] - muenchen.de).

25e) Auch die Annahme des Berufungsgerichts, das von der Klägerin beanstandete Angebot kostenloser Stellenanzeigen auf dem Online-Portal "z.      .g.        -b.      .de" verstoße gegen das Gebot der Staatsferne der Presse, hält den Angriffen der Revision stand.

26aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, bei der Jobbörse handle es sich um einen der Hauptinhalte und Hauptzwecke des vom Beklagten betriebenen Online-Portals "z.     .g.        -b.      .de". Die Jobbörse diene der Bekämpfung des Fachkräftemangels und damit der kommunalen Wirtschaftsförderung, die den gebotenen spezifischen Orts- und Aufgabenbezug zum Beklagten aufweise. Es handle sich dabei zweifellos auch um einen legitimen Zweck. Es erscheine nachvollziehbar und sogar geboten, dass der Beklagte Maßnahmen ergreife, damit sich Fachkräfte im Landkreis G.        B.       niederließen und dort arbeiteten. Die Jobbörse erscheine als ein geeigneter Beitrag zur Förderung dieses Ziels.

27Bei wertender Gesamtbetrachtung im Licht von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG sei der Betrieb der Jobbörse aber kein angemessenes Mittel, sondern geeignet, das Institut der freien Presse spürbar zu beeinträchtigen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die vollständigen Stellenanzeigen und die Unternehmensportraits zwar auf dem Portal "e.      .de" veröffentlicht würden. Angesichts der Vorfilterung der Anzeigen durch den Beklagten im Hinblick auf Stellen im Landkreis G.          B.       sowie der weiteren Funktionen (Auflistung mit Kurzbezeichnung, Suchfunktion), die der Beklagte auf dem Portal bereithalte, handle es sich jedoch um mehr als eine bloße Verlinkung auf das Portal "e.      .de", die als internettypische Gestaltung gegebenenfalls zulässig sein könnte.

28Maßgeblich sei vor allem, dass der Betrieb der Jobbörse durch den Beklagten geeignet sei, der Klägerin und anderen Verlegern von Zeitungen oder sonstigen Medien im Landkreis G.         B.       in erheblichem Umfang Kunden für Stellenanzeigen und damit auch die wirtschaftliche Grundlage für die Herausgabe von Presseerzeugnissen zu entziehen. Diese Eignung werde dadurch verstärkt, dass der Beklagte kein Entgelt für die Veröffentlichung der Anzeigen verlange. Das sei privaten Presseunternehmen nicht möglich, weil sie sich nicht aus Steuermitteln, sondern auch aus Anzeigenerlösen finanzierten.

29Das Institut der freien Presse sei dadurch im Gebiet des Beklagten ernsthaft gefährdet. Im Gegensatz zu überregional und bundesweit agierenden Presseunternehmen richteten lokale und regionale Presseunternehmen wie die Klägerin ihr Angebot insbesondere auf die betreffende Region aus. Das gelte nicht nur für redaktionelle Beiträge, sondern ebenso für den Anzeigenmarkt, so dass vor allem regionale Unternehmen und Personen zum Kreis der Anzeigenkunden zählten. Die Jobbörse des Beklagten sei auf denselben Kreis von Anzeigenkunden ausgerichtet. Veröffentlichten diese ihre Stellenanzeigen nun lediglich noch kostenlos auf dem Portal des Beklagten, fehle den lokalen und regionalen Presseunternehmen eine wichtige Einnahmequelle.

30bb) Gegen diese Würdigung des Berufungsgerichts, die an den Maßstäben der höchstrichterlichen Rechtsprechung ausgerichtet ist (vgl. BGH, GRUR 2019, 189 [juris Rn. 23 bis 41] - Crailsheimer Stadtblatt II; GRUR 2022, 1336 [juris Rn. 26 bis 29 und 31 bis 40] - dortmund.de; GRUR 2023, 1299 [juris Rn. 27 bis 34 und 37 bis 45] - muenchen.de), wendet sich die Revision ohne Erfolg.

31(1) Das Berufungsgericht hat zutreffend allein das beanstandete Angebot kostenloser Stellenanzeigen im Online-Portal des Beklagten in den Blick genommen, da im Streitfall - anders als in den Verfahren, in denen der redaktionelle Teil einer Publikation der Gemeinde als die Presse substituierend beanstandet wurde (vgl. BGH, GRUR 2019, 189 - Crailsheimer Stadtblatt II; GRUR 2022, 1336 - dortmund.de; GRUR 2023, 1299 - muenchen.de) - nur dieser wirtschaftliche Aspekt in Rede steht, der ebenfalls von der Pressefreiheit umfasst wird, die sich auf den Anzeigenteil erstreckt. Das Angebot kostenloser Stellenanzeigen birgt die Gefahr existenzieller Schäden für die Presse, weil Unternehmen nicht mehr in der Tageszeitung oder deren Online-Ausgabe, sondern bei der Kommune beziehungsweise dem Landkreis inserieren (vgl. BGH, GRUR 2023, 1299 [juris Rn. 64] - muenchen.de, mwN).

32(2) Soweit die Revision meint, die tatsächliche Gestaltung der Internetseite, insbesondere die Platzierung des blau unterlegten Felds "Jobs in der G.        , die Dich interessieren könnten" am untersten Ende der Startseite, spreche entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts dafür, dass es sich bei der Jobbörse nur um eine Randnutzung des Portals handle, setzt sie lediglich ihre Würdigung gegen die des Berufungsgerichts, ohne einen Rechtsfehler darzulegen.

33Entgegen der Auffassung der Revision bedurfte es in diesem Zusammenhang nicht zwingend der Feststellung, dass es sich bei der beanstandeten Jobbörse um den am häufigsten besuchten Bereich des streitgegenständlichen Portals handle. Dies stellt nur eine Möglichkeit dar, bei Online-Informationsangeboten die Prägung des Gesamtangebots durch die beanstandeten Beiträge festzustellen (vgl. BGH, GRUR 2022, 1336 [juris Rn. 54] - dortmund.de). Im Übrigen hat das Berufungsgericht bei seiner Würdigung auch auf das vom Beklagten selbst hervorgehobene Problem des Fachkräftemangels abgestellt, womit dieser die Bedeutung der Stellenanzeigen eingeräumt habe.

34(3) Mit ihrem Einwand, die Annahme des Berufungsgerichts, der Betrieb der Jobbörse durch den Beklagten sei geeignet, der Klägerin in erheblichem Umfang Kunden für Stellenanzeigen zu entziehen, sei unbegründet und völlig lebensfremd, legt die Revision ebenfalls keinen Rechtsfehler dar. Ihre Ausführungen, nach denen ein Verlust von Anzeigekunden nicht zu befürchten sei, weil die vom Angebot eines Stellenmarkts angesprochenen Verkehrskreise mit "normalen" Zeitungslesern nicht zu vergleichen seien, offene Stellen typischerweise auf mehreren Kanälen inseriert würden und deshalb Jobportale im Internet und Stellenmärkte in Lokalzeitungen nicht alternativ, sondern kumulativ genutzt würden, beschränken sich erneut auf eine vom Berufungsgericht abweichende Würdigung. Ein Rechtsfehler wird damit nicht aufgezeigt.

35f) Das Berufungsgericht ist schließlich auch zutreffend und von der Revision unbeanstandet davon ausgegangen, dass die für den Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG erforderliche Wiederholungsgefahr vorliegt.

36III. Die Revision des Beklagten ist danach mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Koch                         Löffler                         Schwonke

           Feddersen                     Schmaltz

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:260924UIZR142.23.0

Fundstelle(n):
BB 2024 S. 2690 Nr. 47
PAAAJ-77730