Instanzenzug: Az: 7 KLs 13/23
Tenor
Die Revision des Angeklagten gegen das wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägerinnen im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat:
1. Die vom Beschwerdeführer erhobene Inbegriffsrüge (§ 261 StPO) erweist sich auch deshalb als unzulässig, weil es an der bestimmten Behauptung mangelt, die polizeilichen Vernehmungen der Nebenklägerin im Fall II.5 der Urteilsgründe seien nicht zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht worden; der bloße Hinweis auf das Protokoll genügt nicht (zur unzulässigen Protokollrüge vgl. mwN). Mit Blick auf die Gegenerklärung des Beschwerdeführers zum Antrag des Generalbundesanwalts weist der Senat darauf hin, dass es sich bei Vorhalten an einen Zeugen nicht um wesentliche Förmlichkeiten im Sinne des § 273 Abs. 1 StPO handelt, die in das Hauptverhandlungsprotokoll aufzunehmen sind. Auf Vorhalte erstreckt sich die negative Beweiskraft des Protokolls gemäß § 274 StPO mithin nicht (vgl. Rn. 13; vom – 5 StR 325/07 Rn. 14; MüKo-StPO/Valerius, 2. Aufl., § 273 Rn. 26).
2. Die nach dem Antrag des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof am eingegangenen sachlich-rechtlichen Beanstandungen des Beschwerdeführers vom decken ebenfalls keine Rechtsfehler auf.
a) Entgegen der darin mitgeteilten Auffassung hat das Landgericht im Fall II.1 der Urteilsgründe tragfähige Feststellungen zum Vorsatz des Angeklagten sowohl hinsichtlich der Ausnutzung eines Überraschungsmoments (§ 177 Abs. 2 Nr. 3 StGB) beim Griff an die unbedeckten Brüste der hiervon völlig überraschten Nebenklägerin als auch – bezogen auf die zeitlich nachfolgenden sexuellen Handlungen des Angeklagten – den von ihm erkannten entgegenstehenden Willen der Nebenklägerin (§ 177 Abs. 1 StGB) getroffen. Danach hatte die Nebenklägerin den ersten Versuch des Angeklagten, seine Hand in ihre Hose zu stecken, abgewehrt und hierdurch ihre Ablehnung hinsichtlich sexueller Handlungen für ihn hinreichend erkennbar gemacht. Gleichwohl berührte er ihren Intimbereich, nachdem er ihr zuvor versichert hatte, er werde nicht zwischen ihre Beine fassen.
b) Auch soweit sich der Beschwerdeführer gegen seine Verurteilung wegen Vergewaltigung im Fall II.5 der Urteilsgründe wendet, zeigt er keinen Rechtsfehler auf.
Die Strafkammer hat alle für und gegen die Glaubhaftigkeit der Angaben der Nebenklägerin sprechenden Umstände sorgfältig abgewogen und ist den Anforderungen an die Beweiswürdigung umfassend gerecht geworden. Dies gilt selbst dann, wenn hier eine Aussage-gegen-Aussage-Konstellation vorgelegen hätte, was indes nicht der Fall ist. Denn das Landgericht hat die Feststellungen nicht ausschließlich auf die Angaben der Nebenklägerin gestützt, die umgehend nach der Tat Anzeige erstattet hatte. Vielmehr hat es sich auch auf die mit ihrer Aussage im Einklang stehenden Ergebnisse der Auswertung des Mobiltelefons des Angeklagten und auf Lichtbilder vom Bahnhof gestützt. Zudem wiesen die Angaben der Nebenklägerin zum Tatgeschehen zahlreiche aussagekräftige Parallelen zu den von der Strafkammer festgestellten, zeitlich früher begangenen Taten des Angeklagten gegen andere Geschädigte in den Fällen II.1 bis II.4 auf. Schließlich hat der Angeklagte selbst eingeräumt, dass er sich im Zug neben die Nebenklägerin gesetzt, ihr aus der Hand gelesen sowie ihren Rücken angefasst habe.
Ebenfalls zutreffend hat das Landgericht die Voraussetzungen des § 177 Abs. 5 Nr. 1 StGB bejaht. Denn der Angeklagte hielt, während er seinen Finger in den After der Nebenklägerin einführte, sie mit seiner anderen Hand am rechten Mittelfinger fest und zog an diesem. Dies genügt zur Bejahung der Tatbestandsvoraussetzungen; die Vorschrift verlangt nicht den Einsatz von Gewalt als Nötigungsmittel (Schönke/Schröder/Eisele, StGB, 30. Aufl., § 177 Rn. 75; Lackner/Kühl/Heger, StGB, 30. Aufl., § 177 Rn. 14; BT-Drucks. 18/9097, S. 27). Es reicht aus, dass der Täter zwischen Versuchsbeginn und Beendigung des sexuellen Übergriffs Gewalt gegen das Tatopfer anwendet. Eines Finalzusammenhangs zwischen Gewaltanwendung und Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung bedarf es nicht (vgl. , BGHSt 65, 62, 71). Dass das Landgericht zudem eine nötigende Wirkung dieses Festhaltens angenommen hat, da die Nebenklägerin ihre Hand nicht einfach entziehen konnte, ist danach – anders als der Beschwerdeführer angenommen hat – für die Tatbestandsverwirklichung ohne Bedeutung.
c) Die Strafrahmenwahl erweist sich ebenfalls als rechtsfehlerfrei. Insbesondere hat das Landgericht eine fehlende sexuelle Intention des Angeklagten nicht strafmildernd berücksichtigen müssen, denn es hat eine solche gerade festgestellt.
Cirener Gericke Köhler
Resch Werner
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:080824B5STR322.24.0
Fundstelle(n):
BAAAJ-77577