Instanzenzug: LG Memmingen Az: 1 KLs 401 Js 21493/22
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmittel[n] in nicht geringer Menge mit Besitz von Betäubungsmittel[n] in nicht geringer Menge“ zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Der Angeklagte beanstandet mit seiner Revision die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen erweist es sich als unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
21. Der Verfahrensbeanstandung bleibt aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts dargelegten Gründen der Erfolg versagt.
32. Die auf die Sachrüge veranlasste Nachprüfung des Urteils führt zur Änderung des Schuldspruchs infolge des zwischenzeitlichen Inkrafttretens des Gesetzes zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften vom (BGBl. I 2024, Nr. 109; nachfolgend: Cannabisgesetz).
4a) Nach den Feststellungen des Landgerichts lagerte der Angeklagte in seiner Wohnung 188,64 Gramm Kokaingemisch mit einem Wirkstoffgehalt von 172,4 Gramm Kokainhydrochlorid (CHCl), ferner 42,09 Gramm Amphetamin mit einem Wirkstoffgehalt von 2,5 Gramm Amphetamin-Base sowie 83,75 Gramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 12,3 Gramm Tetrahydrocannabinol (THC). Allein das Kokain war – zu einem Anteil von 2/3 – zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt.
5b) Ungeachtet des Inkrafttretens des Cannabisgesetzes erweist sich der Schuldspruch als rechtsfehlerfrei, soweit das Landgericht den Angeklagten betreffend das bei ihm aufgefundene Kokain wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit – auch die Verwahrung des Amphetamins umfassendem – Besitz von Betäubungsmitteln, jeweils in nicht geringer Menge, verurteilt hat. Wie der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift zutreffend ausgeführt hat, bedarf die Urteilsformel insoweit lediglich der geringfügigen sprachlichen Korrektur.
6c) Soweit das Landgericht den Angeklagten wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Bezug auf das sichergestellte Marihuana verurteilt hat, ist der Schuldspruch anzupassen. Der Angeklagte hat insoweit den Tatbestand des – hier milderen (§ 2 Abs. 3 StGB; vgl. Rn. 4 a.E. sowie nachfolgend unter 3.) – § 34 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b) KCanG verwirklicht; das von ihm zum Eigenkonsum vorgehaltene Pflanzenmaterial der Cannabispflanze wog insgesamt mehr als 60 Gramm (vgl. Rn. 12). Die nach den Feststellungen hiermit einhergehende Überschreitung des wirkstoffbezogenen Grenzwerts zur nicht geringen Menge gemäß § 34 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 KCanG (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 1 StR 106/24 Rn. 7 ff.; vom – 5 StR 153/24 Rn. 11 ff.; vom – 4 StR 5/24 Rn. 10 ff. und vom – 3 StR 154/24 Rn. 8 f.) ist im Schuldspruch nicht zum Ausdruck zu bringen, da es sich bei § 34 Abs. 3 KCanG um eine Strafzumessungsregel handelt (vgl. Rn. 4).
7d) Der Senat stellt den Schuldspruch entsprechend § 354 Abs. 1 i.V.m. § 354a StPO um. Die Regelung des § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich der Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
83. Der Strafausspruch hat ungeachtet der Schuldspruchänderung Bestand. Der Senat kann ausschließen, dass das Landgericht bei Berücksichtigung der geänderten Bewertung des Umgangs mit Cannabis nach dem Konsumcannabisgesetz eine geringere Strafe verhängt hätte.
9Der Strafrahmen ist nach § 52 Abs. 2 Satz 1 StGB unverändert dem Verbrechenstatbestand des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 Variante 1 BtMG) zu entnehmen. Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht insoweit zu Lasten des Angeklagten in erster Linie die erhebliche Menge des sichergestellten Kokains berücksichtigt, welches zudem mit Wirkstoffgehalten von 85,4 % bis 94,3 % von sehr guter Qualität war. Der Wirkstoffgehalt des zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmten Kokainanteils belief sich auf ein Vielfaches, nämlich knapp das 23-fache der nicht geringen Menge; die daneben dem Eigenkonsum vorbehaltene Kokainmenge enthielt das 11,5-fache der nicht geringen Menge CHCl. Dass das Landgericht nicht auch den Besitz der weiteren Droge Amphetamin straferschwerend gewertet hat, beschwert den Angeklagten nicht.
10Das strafbewehrte Verhalten des Angeklagten findet damit seinen deutlichen Schwerpunkt im Vorwurf des Handels mit und Besitzes von der harten Droge Kokain. Demgegenüber fällt es nicht ins Gewicht, dass das Landgericht auch hinsichtlich des Marihuanas eine Überschreitung des Grenzwerts zur nicht geringen Menge „fast um das Doppelte“ (UA S. 18; rechnerisch ergibt sich das 1,64-fache der nicht geringen Menge bzw. die Überschreitung des Grenzwerts um das 0,64-fache) zu Lasten des Angeklagten gewürdigt hat, obwohl im Geltungsbereich der – für sich genommen milderen – Strafrahmen des Konsumcannabisgesetzes die gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 1 KCanG nicht unter Strafe gestellte Besitzmenge von 60 Gramm Pflanzenmaterial der Cannabispflanze innerhalb des § 34 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 KCanG bei der Berechnung der „nicht geringen Menge“ außer Betracht zu bleiben hat (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 4 StR 50/24 Rn. 12 ff.; vom – 6 StR 536/23 Rn. 27 ff. und vom – 1 StR 105/24 Rn. 22 ff.), mithin der Grenzwert von 7,5 Gramm THC hier bei einem Mindestwirkstoffgehalt von 5,8 % nicht erreicht wurde.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:190824B1STR132.24.0
Fundstelle(n):
HAAAJ-77173