Schenkungsteuer: kein Verstoß der Besteuerung von Ausschüttungen ausländischer Vermögensmassen (hier: dem Recht Floridas unterliegender
US-amerikanischer Trust) beim Zwischenberechtigten gegen Art. 14 GG oder die Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 63 AEUV (Nachfolgeentscheidung
der Vorinstanz zu , BStBl 2022 II S. 497)
Begriff des „Zwischenberechtigten”
Leitsatz
1. Das Vermögen einer wirksam gegründeten, rechtlich selbständigen und damit intransparenten Stiftung ist dem Stifter nicht
mehr zuzurechnen. Ist einer solchen Stiftung vor dem Erbfall tatsächlich und rechtlich wirksam Vermögen zugeflossen, ist dieses
nur noch der Stiftung zuzuordnen. Der Tod des Stifters ist insoweit erbschaftsteuerrechtlich nicht von Bedeutung (vgl. , BStBl 2020 II S. 655). Sind jedoch nach den getroffenen Vereinbarungen und Regelungen dem
Stifter umfassende Herrschaftsbefugnisse über das Vermögen einer ausländischen Stiftung vorbehalten, sodass die Stiftung gehindert
ist, über das ihr übertragene Vermögen dem Stifter gegenüber tatsächlich und frei zu verfügen, ist das Vermögen weiterhin
dem Stifter zuzurechnen.
2. Zwischenberechtigter einer ausländischen Stiftung im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 2. Halbsatz ErbStG ist, wer unabhängig
von einem konkreten Ausschüttungsbeschluss über eine Rechtszuständigkeit an dem in der Vermögensmasse gebundenen Vermögen
und/oder an den durch die Vermögensmasse erzielten Erträgen verfügt, sei es – nach deutschem Rechtsverständnis – in Gestalt
dinglichen Rechts oder in Gestalt schuldrechtlicher Ansprüche. Nicht zwischenberechtigt ist, wer über keine Rechte an der
Vermögensmasse oder Ansprüche gegenüber der Vermögensmasse verfügt. Der Anwendungsbereich des § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 2. Halbsatz
ErbStG erstreckt sich auf Ausschüttungen aus der Vermögenssubstanz wie auch aus den Erträgen. Die Vorschrift stellt allein
auf den Erwerb während des Bestehens der Vermögensmasse ab. Sie differenziert nicht danach, ob der Erwerb aus dem Vermögen
oder den Erträgen erfolgt (Anschluss an , BStBl 2022 II S. 497).
3. Diese für ausländische Stiftungen entwickelten Grundsätze gelten gleichermaßen auch für andere Vermögensmassen ausländischen
Rechts, einschließlich anglo-amerikanischer Trusts. Die Ermittlung des ausländischen Rechts, dem die Vermögensmasse unterliegt,
ist grundsätzlich Aufgabe des FG als Tatsacheninstanz. Hierbei ist das maßgebende ausländische Recht nach § 155 Satz 1 FGO
in Verbindung § 293 ZPO von Amts wegen zu ermitteln. Wie das FG das ausländische Recht ermittelt, steht in seinem pflichtgemäßen
Ermessen. Geleitet wird die Ermessensausübung des FG durch die jeweiligen Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung
der nach § 90 Abs. 2 AO erhöhten Mitwirkungspflicht der Klägerin, insbesondere die sich anbietenden Erkenntnisquellen, aber
auch den Vortrag der Beteiligten (Anschluss an BStBl 2022 II S. 497).
4. Im Streitfall: Einstufung eines dem Rechts des Bundesstaates Florida unterliegenden US-amerikanischen Trusts als Vermögensmasse
ausländischen Rechts im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 ErbStG sowie der Klägerin als Zwischenberechtigte im Sinne des §
7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 ErbStG, weil nach dem Trustvertrag unter anderem der Klägerin als Begünstigter des Trusts eine nicht
ohne weiteres entziehbare Rechtszuständigkeit – und damit ein Zahlungsanspruch – an der Vermögenssubstanz und/oder -erträgen
des streitgegenständlichen Trusts zustand.
5. Die Einordnung von Ausschüttungen eines US-Trusts als Schenkungen im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 ErbStG verstößt
nicht gegen die in Art. 63 Abs. 1 AEUV geregelte Kapitalverkehrsfreiheit. Zwar ist der persönliche und sachliche Anwendungsbereich
des Art 63 AEUV eröffnet und besteht grundsätzlich eine unterschiedliche Behandlung zwischen in- und ausländischen Familienstiftungen
bzw. ähnlichen Vermögensmassen wie auch Trusts; die in § 7 Abs. 1 Nr. 9 S. 2 ErbStG vorgesehene Steuerbarkeit von Zuwendungen
durch eine Auslandsstiftung ist jedoch eine nach Art. 65 Abs. 1 Buchst. a AEUV erlaubte Ungleichbehandlung und keine Diskriminierung
im Sinne des Art. 65 Abs. 3 AEUV.
6. Die Belastung der streitgegenständlichen Trustausschüttungen mit Schenkungsteuer und Einkommensteuer verstößt auch nicht
gegen Art. 14 Abs. 1 GG, wenn die Gesamtsteuerbelastung (bestehend aus Schenkungsteuer und Einkommensteuer) allenfalls im
sehr niedrigen einstelligen Prozentbereich liegt und somit zu keiner verfassungswidrigen, übermäßigen, d.h. konfiskatorischen
Besteuerung führt.
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