Instanzenzug: Az: 10 KLs 2090 Js 37218/23
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen und wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten verurteilt. Der Angeklagte rügt mit seiner Revision die Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
21. Der Schuld- und Strafausspruch in den Fällen II. 2. Fall 1 sowie II. 2. Fall 2 der Urteilsgründe halten sachlichrechtlicher Nachprüfung stand.
32. Während die Feststellungen in dem Fall II. 2. Fall 3 der Urteilsgründe ohne Rechtsfehler getroffen sind, ist der diesbezügliche Schuldspruch infolge einer Gesetzesänderung nach Urteilsverkündung zu ändern. Dies zieht die Aufhebung der in diesem Fall verhängten Einzelstrafe und der Gesamtstrafe nach sich.
4a) Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen bewahrte der Angeklagte in seiner Wohnung in der Küche im Spülschrank eine rote und eine schwarze Box mit insgesamt 485,13 Gramm Marihuana mit einer Wirkstoffmenge von mindestens 73,1 Gramm THC in fünf Zip-Beuteln verpackt auf. In einer Entfernung von sechs bis sieben Metern befanden sich offen auf dem Wohnzimmertisch liegend ein Buschmesser mit braunem Holzgriff (Klingenlänge 31,3 cm), welches in einer Schutzhülle steckte, ein weiteres Buschmesser mit schwarzem Griff (Klingenlänge 26,5 cm) ebenfalls in einer Schutzhülle, ein silberfarbenes Messer (spitz zulaufende und scharfe Klinge von 8,6 cm) mit angebauter Gummibandschleuder sowie ein Messer mit schwarzem Griff mit einer spitz zulaufenden und scharfen Klinge von 8,2 cm, die über einen Schiebemechanismus auszuklappen und selbständig arretierend war.
5b) Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift hinsichtlich der Änderung des Schuldspruchs und der Aufhebung der Einzelstrafe sowie der Gesamtstrafe Folgendes ausgeführt:
„Hinsichtlich ‚Fall 3‘ bedarf der Schuldspruch indes der Korrektur.
a) Das zum in Kraft getretene Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften (CanG, BGBl. I Nr. 109) hat Cannabisprodukte dem Anwendungsbereich des Gesetzes über den Verkehr mit Betäubungsmitteln (BtMG) entzogen (BT-Drucks. 20/8704, S. 185) und hierfür eigene Regelwerke geschaffen; das Gesetz zum Umgang mit Konsumcannabis (KCanG; BGBl. I Nr. 109) sowie das - hier nicht einschlägige - Gesetz zur Versorgung mit Cannabis zu medizinischen und medizinisch-wissenschaftlichen Zwecken (MedCanG; BGBl. I Nr. 109). Mangels gesetzlicher Übergangsregelung ist im Zuge eines Vergleichs das für den Angeklagten mildeste Recht zu ermitteln (§ 2 Abs. 3 StGB; vgl. SSW-StGB/Satzger, 6. Aufl. 2024, § 2 Rn. 26 ff.). Zu beachten sind dabei sowohl Milderungen bei minder schweren Fällen (vgl. , NStZ-RR 2008, 342) als auch Schärfungen für besonders schwere Fälle (vgl. , juris Rn. 3). Im Falle von tateinheitlich begangenen Gesetzesverletzungen kommt es darauf an, nach welcher Vorschrift sich gemäß § 52 Abs. 2 StGB die Strafe bestimmt (vgl. , Wolters Kluwer Online Rn. 6; NK-StGB/Kargl, 6. Aufl. 2023, § 2 Rn. 42; LK-StGB/Dannecker/Schuhr, 13. Aufl. 2020, § 2 Rn. 135). Eine demnach günstigere Änderung ist auf Sachrüge auch im Revisionsverfahren zu berücksichtigen, § 354a StPO (Fischer, StGB, 71. Aufl. 2024, § 2 Rn. 12).
b) Die Strafkammer hat das Tatgeschehen - seinerzeit zutreffend - als bewaffnetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln gewertet und die Strafe dem Regelstrafrahmen des § 30a Abs. 1 BtMG entnommen (fünf Jahre bis 15 Jahre Freiheitsstrafe). Unter Zugrundelegung des Konsumcannabisgesetzes hat sich der Angeklagte des bewaffneten Handeltreibens mit Cannabis gemäß § 34 Abs. 4 Nr. 4 KCanG strafbar gemacht. Die Vorschrift sieht indes lediglich einen Strafrahmen von zwei Jahren bis 15 Jahren Freiheitsstrafe vor und erweist sich somit als milder.
Der Schuldspruch ist daher in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO zu ändern. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich der Angeklagte insoweit nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
(…)
Keinen Bestand kann indes die für ‚Fall 3‘ verhängte Einzelstrafe von sechs Jahren haben, da § 34 Abs. 4 KCanG im Vergleich zu § 30a Abs. 1 BtMG bezüglich der Strafuntergrenze einen erheblich reduzierten Strafrahmen vorsieht. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Strafkammer, die sich erkennbar am unteren Rand des verfügbaren Strafrahmens bewegt hat, bei Anwendung desjenigen aus § 34 Abs. 4 KCanG eine mildere Strafe verhängt hätte (§ 337 StPO).
Die Aufhebung der Einzelstrafe zieht die Aufhebung der Gesamtstrafe nach sich. Die Feststellungen können indes bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO).“
6Dem schließt sich der Senat an.
73. Die Nichtanordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB weist keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:210824B3STR232.24.0
Fundstelle(n):
FAAAJ-76624