BGH Beschluss v. - 4 StR 204/24

Instanzenzug: Az: 37 KLs 10/23

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit versuchtem schweren Raub und mit gefährlicher Körperverletzung sowie wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und fünf Monaten verurteilt. Zudem hat es Einziehungsentscheidungen getroffen. Die auf die Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts im Fall II. 1. der Urteilsgründe gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

21. Die Revision des Angeklagten ist aus den Gründen der Zuschrift des Generalbundesanwalts vom wirksam auf den Schuldspruch im Fall II. 1. der Urteilsgründe (Tat Nr. 1), den zugehörigen Einzelstraf- und den Gesamtstrafausspruch beschränkt. Dass die vom Revisionsangriff ausgenommene Tat im Fall II. 2. der Urteilsgründe nunmehr den Regelungen des am in Kraft getretenen Gesetzes zum Umgang mit Konsumcannabis (KCanG, BGBl. I Nr. 109) unterfiele, hindert die Wirksamkeit der Beschränkung nicht (vgl. Rn. 3 mwN).

32. Während die Nachprüfung des Schuldspruchs im Fall II. 1. der Urteilsgründe auf die Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat, kann die in diesem Fall verhängte Strafe keinen Bestand haben.

4Das Landgericht hat bei der Prüfung eines minder schweren Falls gemäß § 250 Abs. 3 StGB und bei der konkreten Strafzumessung zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt, er habe die Tat unter laufender Bewährung begangen. Diese Erwägung wird von den zu den Vorstrafen des Angeklagten getroffenen Feststellungen nicht getragen. Danach wurde er zwar mit das seit dem rechtskräftig ist, wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und anderer Delikte zu einer Einheitsjugendstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Dauer der Bewährungszeit hat die Strafkammer aber nicht mitgeteilt. Zudem ereignete sich die hiesige Tat am , also mehr als vier Jahre nach dem an die Rechtskraft des früheren Urteils geknüpften Beginn der Bewährungszeit. Folglich geht die Erwägung eines Bewährungsbruchs auch mit der in § 22 JGG vorgesehenen Dauer der Bewährungszeit nicht konform, die drei Jahre sowie für den Fall ihrer Verlängerung vier Jahre nicht überschreiten darf.

5Der Einzelstrafausspruch beruht auf dem Rechtsfehler. Denn der Senat kann nicht ausschließen, dass sich die Annahme eines mit der Tat verbundenen Bewährungsbruchs des Angeklagten – ungeachtet seiner weiteren Verurteilung und eines daher noch drohenden Widerrufs der Strafaussetzung – zu seinem Nachteil ausgewirkt hat (vgl. Rn. 5).

63. Der Wegfall der Einzelstrafe entzieht der Gesamtstrafe die Grundlage.

7Der Gesamtstrafausspruch hält rechtlicher Nachprüfung auch für sich nicht stand. Die Urteilsgründe lassen die revisionsgerichtliche Überprüfung nicht zu, ob die (unbedingte) Freiheitsstrafe in Höhe von einem Jahr und zwei Monaten aus dem – nicht erledigten – in die Gesamtstrafe einzubeziehen war (§ 55 Abs. 1, §§ 53, 54 StGB). Diese „frühere Verurteilung“ wurde erst am , mithin nach Beendigung der hier geahndeten Taten vom 28. und rechtskräftig. Die Umstände hierfür sind den Urteilsgründen nicht zu entnehmen. Daher kann der Senat nicht ausschließen, dass in dem früheren Verfahren nach den hier verfahrensgegenständlichen Taten ein Berufungsurteil erging, „in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten“ (§ 55 Abs. 1 Satz 2 StGB). Dies ist zu bejahen, wenn wenigstens noch über einen Teil des Strafausspruchs zu befinden war (vgl. Rn. 7; Beschluss vom – 3 StR 245/18 Rn. 7 mwN). Die dann geforderte Einbeziehung in die Gesamtstrafe gemäß § 55 StGB darf auch nicht dem Beschlussverfahren nach § 460 StPO überlassen bleiben (vgl. Rn. 7).

8Vorsorglich weist der Senat für den Fall, dass in dem früheren Verfahren aufgrund einer tatgerichtlichen Verhandlung zur Schuld- oder Straffrage nach Beendigung der hier verfahrensgegenständlichen Taten entschieden wurde, darauf hin, dass sich die nachträgliche Gesamtstrafenbildung nach dem Vollstreckungsstand zum Zeitpunkt des angefochtenen Urteils () bestimmt (vgl. Rn. 8 mwN).

Quentin                         Bartel                         Maatsch

                  Scheuß                        Marks

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:110924B4STR204.24.0

Fundstelle(n):
WAAAJ-76572