Kindergeld | Fehlender Nachweis der Ausbildungswilligkeit bei Unterbrechung der Ausbildung während der Corona-Pandemie (FG)
Eine analoge Anwendung von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2b EStG auf Fälle, in denen der Zeitraum zwischen zwei Ausbildungsabschnitten aufgrund der Corona-Pandemie 16 Monate beträgt, scheidet mangels einer planwidrigen Regelungslücke aus (; Revision anhängig, BFH-Az. III R 20/24).
Sachverhalt: Der Sohn des Klägers befand sich seit dem in einer Ausbildung zum Hotelfachmann. Auf Betreiben des Ausbildungsbetriebes wurde dieses Ausbildungsverhältnis mit Aufhebungsvertrag zum vorzeitig beendet. Der Kläger gab an, für seinen Sohn habe es im Hinblick auf die coronabedingten Kontaktbeschränkungen keinen Sinn ergeben, im Anschluss an den Aufhebungsvertrag in der gleichen Branche einen Ausbildungsbetrieb zu suchen, der die Ausbildung fortgesetzt hätte. Seiner Einschätzung nach habe erst zum wieder eine reelle Chance für eine Ausbildungsfortsetzung bestanden. Insoweit habe sich der Sohn des Klägers gezwungen gesehen, nach einer Überbrückung zu suchen. Er meldete sich für eine kurze Zeit arbeitssuchend und nahm dann eine Aushilfstätigkeit in einem Hotelbetrieb in der Schweiz an. Im Januar 2022 kehrte er wegen des Ablaufs seiner Aufenthaltsgenehmigung nach Deutschland zurück. Zum begann er dann eine Ausbildung in einem Dachdeckerbetrieb.
Die Familienkasse hob die Festsetzung des Kindergeldes auf und forderte zugleich für den Zeitraum ab Mai 2021 Kindergeld zurück.
Die dagegen gerichtete Klage blieb erfolglos:
Die Berücksichtigungsvoraussetzungen gemäß § 32 Abs. 4 EStG sind nicht erfüllt.
Eine analoge Anwendung von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2b EStG auf Fälle, in denen der Zeitraum zwischen zwei Ausbildungsabschnitten aufgrund der Corona-Pandemie 16 Monate beträgt, scheidet mangels einer planwidrigen Regelungslücke aus.
Einer planwidrigen Regelungslücke steht die im Gesetz eindeutig normierte Viermonatsfrist entgegen.
Soweit in Folge der Corona-Pandemie und mithin aus objektiven Gründen eine Ausbildung nicht fortgesetzt werden konnte, kann zwar ein Anspruch auf Kindergeld gem. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2c EStG entsprechend der Rechtsprechung zur Unterbrechung der Ausbildung infolge Krankheit und Mutterschutz gegeben sein.
Im Streitfall hat der Sohn des Klägers den Aufhebungsvertrag aber aus eigenem Entschluss angenommen. Im Hinblick auf die Unkündbarkeit seines Ausbildungsvertrages hat grundsätzlich die Möglichkeit bestanden, die Ausbildung fortzusetzen.
Zudem ist die Ausbildungswilligkeit im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 c EStG nicht nachgewiesen, wenn ein 21-jähriger, der seine Ausbildung als Hotelfachmann aus eigener Entscheidung während der Corona-Pandemie unterbrochen hat, nicht bei der Agentur für Arbeit als ausbildungsplatzsuchend, sondern nur als arbeitssuchend gemeldet ist und er sich auch nicht ernsthaft um einen Ausbildungsplatz bemüht, weil er aufgrund der Corona-Pandemie keine reellen Chancen für eine Fortsetzung seiner Ausbildung sieht.
Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt, das Verfahren ist beim BFH unter dem Az. III R 20/24 anhängig.
Quelle: Schleswig-Holsteinisches FG, Newsletter II/2024 (il)
Fundstelle(n):
LAAAJ-76366