Instanzenzug: Az: 5 KLs 8811 Js 40305/22
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 16 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Zudem hat es eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
I.
2Nach den Feststellungen verkaufte der Angeklagte im Zeitraum September 2021 bis Februar 2023 in 16 Fällen jeweils zwischen 500 Gramm und zwei Kilogramm Marihuana (insgesamt 20 kg) mit einem Wirkstoffgehalt zwischen 7,5 % und 16,2% THC an einen Abnehmer. Abhängig von der Menge des gehandelten Rauschgifts hat das Landgericht den Angeklagten zu Einzelfreiheitsstrafen zwischen einem Jahr sechs Monaten und zwei Jahren sowie zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
II.
3Die auf die Sachrüge gebotene Nachprüfung des Urteils führt zu der durch das Inkrafttreten des Gesetzes zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften vom (BGBl. I 2024 Nr. 109) erforderlich gewordenen Neufassung des Schuldspruchs sowie zur Aufhebung des Strafausspruchs.
41. Die revisionsrechtliche Nachprüfung des Schuldspruchs hat gemäß § 2 Abs. 3 StGB i.V.m. § 354a StPO nach dem Maßstab des am in Kraft getretenen Cannabisgesetzes zu erfolgen (, Rn. 4).
5Das vom Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellte Tatgeschehen unterfällt nicht mehr dem Betäubungsmittelgesetz. Vielmehr ist der Handel mit Cannabis nunmehr gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG strafbar. Anders als der Verbrechenstatbestand des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, der für den Handel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge einen Strafrahmen von einem bis 15 Jahren Freiheitsstrafe eröffnet, sieht der nunmehr als Regelbeispiel ausgestattete Vergehenstatbestand des § 34 Abs. 3 Nr. 4 KCanG für den Handel mit Cannabis in nicht geringer Menge lediglich noch einen Strafrahmen von drei Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe vor. Gemäß § 2 Abs. 3 StGB ist das mildere Recht zu Grunde zu legen. Der Senat passt den Schuldspruch in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 i.V.m. § 354a StPO an die am in Kraft getretenen rechtlichen Bestimmungen an.
62. Die gesetzliche Neuregelung zwingt zur Aufhebung der Einzelstrafen und der Gesamtstrafe.
7Der Senat kann trotz des – angesichts der großen Marihuanamengen – beachtlichen Schuldumfangs und des Umstandes, dass das Landgericht die mindere Gefährlichkeit der gehandelten Betäubungsmittel ausdrücklich in den Blick genommen hat („weiche Droge“), nicht ausschließen, dass es bei Anwendung der Strafrahmen des KCanG niedrigere Einzel- und eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe verhängt hätte.
8Die zum Strafausspruch gehörigen Feststellungen werden von der aufgrund der Gesetzesänderung notwendigen Aufhebung der Einzelstrafen und der Gesamtstrafe nicht berührt und können bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO); sie können um solche ergänzt werden, die den bisher getroffenen nicht widersprechen.
93. Die Einziehungsentscheidung bleibt von der Schuldspruchänderung unberührt.
III.
10Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass für Cannabisprodukte der Grenzwert der nicht geringen Menge nach dem KCanG unverändert ab einer Wirkstoffmenge von 7,5 Gramm THC anzunehmen ist (BGH, Beschlüsse vom – 1 StR 106/24, Rn. 7 ff.; vom – 5 StR 153/24, Rn. 11 ff. und vom – 2 StR 480/23, Rn. 27 ff.).
Menges Appl Meyberg
Grube Lutz
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:180624B2STR216.24.0
Fundstelle(n):
KAAAJ-76015