Körperschaftsteuer | Ermittlung des Dotationskapitals einer inländischen Versicherungsbetriebsstätte (BFH)
§ 25 Abs. 3 Satz 2 der Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung (BsGaV) ist nur im Rahmen der "Öffnungsklausel" nach § 25 Abs. 3 Satz 1 BsGaV anwendbar und gilt nicht für die modifizierte Kapitalaufteilungsmethode für inländische Versicherungsbetriebsstätten nach § 25 Abs. 1 und 2 BsGaV (entgegen Rz 320 des , BStBl I 2017, 182 [Verwaltungsgrundsätze Betriebsstättengewinnaufteilung - VwG BsGa]): ; veröffentlicht am .
Sachverhalt: Die Beteiligten streiten um die Berechnung des Dotationskapitals bei einer inländischen Versicherungsbetriebsstätte: Die Klägerin ist eine im EU-Ausland ansässige AG mit einer inländischen Zweigniederlassung. Sie betreibt das Rückversicherungsgeschäft sowohl im Lebens- als auch im Nichtlebensbereich. Die für die inländische Versicherungsbetriebsstätte eingereichte Körperschaftsteuererklärung für das Streitjahr 2015 wies das Dotationskapital mit ./. … € und indirekt zuzuordnende Kapitalerträge von … € aus. Die Berechnung erfolgte nach der modifizierten Kapitalaufteilungsmethode (§ 25 Abs. 1 und 2 BsGaV v. , BGBl I 2014, 1603, BStBl I 2014, 1378), wobei die Kapitalerträge nach § 27 Abs. 2 BsGaV zugeordnet wurden. Die Klägerin wies das Finanzamt ausdrücklich darauf hin, dass ihre Berechnungsweise den dazu von der Finanzverwaltung aufgestellten Grundsätzen ( BStBl I 2017, 182, Rz 320) widerspreche.
Nach einer Außenprüfung vertrat das FA die Ansicht, dass die modifizierte Kapitalaufteilungsmethode nicht zur Anwendung kommen dürfe, da sie zu einem negativen Dotationskapital führe. Anzuwenden sei die Mindestkapitalausstattungsmethode für Versicherungsbetriebsstätten nach § 25 Abs. 3 Satz 2 BsGaV. Dazu errechnete der Prüfer das fiktive aufsichtsrechtliche Mindestkapital nach den Vorschriften der sogenannten Kapitalausstattungs-Verordnung mit … € zum und … € zum . In Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen dem von der Klägerin erklärten und dem vom Prüfer ermittelten Dotationskapital rechnete der Prüfer der Klägerin zudem Vermögenswerte zur Bedeckung der versicherungstechnischen Rückstellungen und des Eigenkapitals indirekt zu (§ 25 Abs. 4 BsGaV). Die zusätzlich zuzurechnenden Erträge aus den Kapitalanlagen ermittelte er, indem er auf die gesamten indirekt zuzurechnenden Ka¬pitalanlagen von … € (§ 27 Abs. 2 BsGaV) die Durchschnittsverzinsung im Gesamtunternehmen von 3,563 % ansetzte. Daraus ergaben sich gegenüber den von der Klägerin erklärten Erträgen (… €) zusätzliche Erträge in Höhe von … €.
Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz keinen Erfolg (, s. hierzu Lieber, IWB 13/2022 S. 491).
Die Richter des BFH hoben das erstinstanzliche Urteil auf und gaben der Klage statt:
Entgegen der Auffassung des FG ist das Dotationskapital der inländischen Betriebsstätte der Klägerin durch die modifizierte Kapitalaufteilungsmethode nach § 25 Abs. 1 und 2 BsGaV - ohne eine Untergrenze durch die Maßgaben der Mindestkapitalausstattungsmethode nach § 25 Abs. 3 Satz 2 BsGaV - zu ermitteln.
Dabei sind die Abrechnungsforderungen aus dem Rückversicherungsgeschäft einzubeziehen.
Aufgrund einer erheblichen unterjährigen Veränderung der Zuordnung von Vermögenswerten ist eine Anpassung nach § 25 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 12 Abs. 6 BsGaV in der von der Klägerin begehrten Höhe vorzunehmen.
§ 25 Abs. 3 Satz 2 BsGaV ist nur im Rahmen der "Öffnungsklausel" nach § 25 Abs. 3 Satz 1 BsGaV anwendbar und gilt nicht für die modifizierte Kapitalaufteilungsmethode für inländische Versicherungsbetriebsstätten nach § 25 Abs. 1 und 2 BsGaV (entgegen BStBl I 2017, 182 [Verwaltungsgrundsätze Betriebsstättengewinnaufteilung - VwG BsGa], Rz 320).
§ 25 Abs. 3 Satz 2 BsGaV lässt sich damit kein allgemeiner Grundsatz entnehmen, wonach das Mindesteigenkapital, das ein selbständiges Versicherungsunternehmen in der Situation der Versicherungsbetriebsstätte im Inland versicherungsaufsichtsrechtlich ausweisen muss, durch die inländische Versicherungsbetriebsstätte nicht unterschritten werden darf.
Werden Abrechnungsforderungen nach aufsichtsrechtlichen Vorschriften als bedeckungsfähige Vermögenswerte behandelt, können sie nach § 25 Abs. 1 Satz 1 BsGaV in die Aufteilung für steuerliche Zwecke mit einbezogen werden.
Von einer "erheblichen Veränderung" im Sinne des § 25 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 12 Abs. 6 BsGaV ist jedenfalls dann auszugehen, wenn das Dotationskapital zu Beginn des folgenden Wirtschaftsjahres um 29,75 % von demjenigen zu Beginn des Wirtschaftsjahres abweicht (entgegen Rz 322 ).
Quelle: ; NWB Datenbank (il)
Fundstelle(n):
VAAAJ-75959