Online-Nachricht - Dienstag, 24.09.2024

Einkommensteuer | Abzug von Zivilprozesskosten als agB (FG)

Das Niedersächsische FG hatte zu entscheiden, ob Prozesskosten im Zusammenhang mit der drohenden Rückabwicklung der unentgeltlichen Übertragung eines Forstbetriebs als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden können. Im konkreten Fall hat das Gericht einen Abzug zugelassen (, Revision anhängig, BFH-Az. VI R 22/24).

Sachverhalt: Der Kläger hatte im Jahr 2015 u.a. einen Forstbetrieb gegen Altenteilleistungen übertragen bekommen. In der Folge beendete der Kläger seine Angestelltentätigkeit für den Betrieb und führte diesen als Selbständiger fort. Im selben Jahr forderte die Übergeberin sodann gerichtlich die Rückübertragung des Betriebs bzw. die Grundbuchberichtigung, weil sie bei Übertragung demenzbedingt geschäftsunfähig gewesen sei. Hiergegen setzte sich der Kläger vor den Zivilgerichten zur Wehr. Die entstandenen Prozesskosten machte der Kläger als außergewöhnliche Belastungen geltend.

Nachdem der BFH den Abzug von Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastungen im weiten Umfang zugelassen hatte (, BStBl. II 2011, 1015, s. hierzu Kanzler ), hat der Gesetzgeber in § 33 Abs. 2 Satz 4 Halbsatz 1 EStG ab dem VZ 2013 ein umfassendes Abzugsverbot für Prozesskosten statuiert. Danach sind Zivilprozesskosten nur ausnahmsweise als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig, wenn der Steuerpflichtige ohne diese Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.

Das FG bejahte diese Voraussetzungen im Streitfall und gab der Klage statt:

  • Der Kläger hat seine lebensnotwendigen Bedürfnisse ganz überwiegend aus den Erträgen des von der Rückübertragung bedrohten Forstbetriebs bestritten. Aus der maßgeblichen Sicht des Jahres der Inanspruchnahme wären dem Kläger im Falle des Erfolges des Rückübertragungsverlangens übrige Einkünfte unterhalb des Grundfreibetrags verblieben.

  • Die Berührung des steuerlichen Existenzminimums erfüllt jedenfalls den Tatbestand der Gefahr für die Existenzgrundlage und die Bedürfnisbefriedigung im üblichen Rahmen.

  • Dem drohenden Verlust der Existenzgrundlage steht auch nicht entgegen, dass der Kläger im Falle der Verpflichtung zur Rückübertragung erneut eine Angestelltentätigkeit hätte aufnehmen können.

  • Der Verlust der Existenzgrundlage erfordert keinen dauerhaften Verlust der materiellen Lebensgrundlage. Auch kann dem Kläger nicht entgegengehalten werden, im Notfall die Leistungen der sozialen Sicherungssysteme in Anspruch nehmen zu können.

Hinweis:

Die Revision gegen die Entscheidung ist beim BFH unter dem Az. VI R 22/24 anhängig. Der Volltext der Entscheidung ist in der Rechtsprechungsdatenbank des Landes Niedersachsen veröffentlicht.

Quelle: Niedersächsisches FG, Newsletter 10/2024 (il)

Fundstelle(n):
BAAAJ-75850