Einkommensteuer | Ärztlich verordnete Nahrungsergänzungsmittel bei Krebserkrankung keine agB (FG)
Aufwendungen für Nahrungsergänzungsmittel sind auch dann nicht als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig, wenn sie dem an Krebs erkrankten Steuerpflichtigen ärztlich verordnet worden sind. Aufwendungen für Lebensmittel – auch in Form von nicht in den Anwendungsbereich des § 2 AMG fallenden Nahrungsergänzungsmitteln i. S. des § 1 NemV – sind nicht originäre Aufwendungen im Krankheitsfall, die dem Anwendungsbereich des § 33 Abs. 1 EStG zugeordnet werden können. Es handelt sich insoweit vielmehr um Kosten der privaten Lebensführung, die dem Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 EStG unterfallen ().
Sachverhalt: Streitig ist, ob die ärztlich verordneten und vom beklagten Finanzamt (im Folgenden: FA) nicht anerkannten Aufwendungen für Präparate, die aufgrund einer Tumorerkrankung eingenommen wurden, als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigungsfähig sind. Der Kläger leidet seit der Diagnose im Jahr 2015 an einer Tumorerkrankung (metastasierender Prostatakrebs), der mit einer Hormontherapie nicht mehr heilbar ist. Nahezu ausschließlich Nahrungsergänzungsmittel sind durch das FA auch im Einspruchsverfahren nicht zum Abzug als außergewöhnliche Belastung zugelassen worden. Hier handle es sich ausdrücklich nicht um Arzneimittel, die dem Arzneimittelgesetz unterliegen, sondern um Vitamine, Mineral- und Vitalstoffe etc., die als Lebensmittel gelten. Auch vor dem Finanzgericht hatten die Kläger keinen Erfolg.
Dazu führten die Richter aus:
Nach ständiger Rechtsprechung geht der BFH davon aus, dass Krankheitskosten – ohne Rücksicht auf die Art und die Ursache der Erkrankung – dem Steuerpflichtigen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Allerdings werden nur solche Aufwendungen als Krankheitskosten berücksichtigt, die zum Zwecke der Heilung einer Krankheit (z. B. Medikamente, Operation) oder mit dem Ziel getätigt werden, die Krankheit erträglich zu machen, beispielsweise Aufwendungen für einen Rollstuhl.
Aufwendungen für Diätverpflegung sind nach dem Wortlaut des § 33 Abs. 2 Satz 3 EStG und der Entstehungsgeschichte der Ausschlussnorm ausnahmslos nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar. Dies gilt auch für Sonderdiäten, die eine medikamentöse Behandlung ersetzen.
Arzneimittel unterfallen dem Abzugsverbot für Diätverpflegung dagegen nicht. Arzneimittel i.S. des § 2 AMG sind keine Lebensmittel und zählen nicht zur Diätverpflegung i.S. des § 33 Abs. 2 Satz 3 EStG, auch wenn sie während einer Diät eingenommen werden. Aufwendungen dafür sind vielmehr als Krankheitskosten nach § 33 Abs. 1 EStG zu berücksichtigen, wenn ihre Einnahme einer Krankheit geschuldet und die Zwangsläufigkeit (medizinische Indikation) der Medikation durch ärztliche Verordnung nachgewiesen ist.
Nach Maßgabe dieser Rechtsgrundsätze stellen die streitgegenständlichen Aufwendungen für Nahrungsergänzungsmittel keine außergewöhnlichen Belastungen i. S. des § 33 EStG dar. Aufwendungen für Lebensmittel – auch in Form der streitgegenständlichen Nahrungsergänzungsmittel – sind nicht originäre Aufwendungen im Krankheitsfall, die dem Anwendungsbereich des § 33 Abs. 1 EStG zugeordnet werden können. Es handelt sich insoweit vielmehr um Kosten der privaten Lebensführung, die dem Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 EStG unterfallen.
Selbst wenn man die Einnahme der Nahrungsergänzungsmittel als „wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethode” beurteilte, fehlte es zur steuerlichen Anerkennung an einem qualifizierten Nachweis der Zwangsläufigkeit durch Vorlage eines vorherigen amtsärztlichen Gutachtens bzw. einer Bescheinigung des medizinischen Dienstes, den § 64 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe f EStDV für solche Behandlungen fordert.
Das FG hat die Revision zugelassen, weil der BFH noch keine Gelegenheit hatte, näher darüber zu entscheiden, ob in Fällen einer Krebserkrankung die Einnahme von Präparaten in Form von Nahrungsergänzungsmitteln zwangsläufig i. S. des § 33 Abs. 2 EStG ist.
Quelle: ; NWB Datenbank (sti)
Fundstelle(n):
AAAAJ-75765