Finanzministerium des Landes Schleswig-Holstein - VI 3012 - S 2242 - 131

Versteuerung von sog. Earn-Out-Zahlungen (variable Kaufpreiskomponenten); Auswirkung des , BStBl 2024 II S. 510, auf § 17 EStG

Einkommensteuer-Kurzinformation Nr. 2024/13

Bezug: BStBl 2024 II S. 510

Bezug: BStBl 2002 II S. 532

Werden Unternehmen veräußert, ist neben einem fixen (Mindest-, Basis-)Kaufpreis – auch als Sofortentgelt oder Barpreis bezeichnet – oftmals auch eine zukünftig fällig werdende, variable Kaufpreiskomponente Gegenstand des Veräußerungspreises. Durch sog. Earn- Out-Klauseln wird ein Teil des Kaufpreises variabel ausgestaltet und wirtschaftlich an die künftige Entwicklung des veräußerten Unternehmens geknüpft. Die nachträgliche Kaufpreiskomponente wird fällig, wenn eine erfolgsabhängige Kenngröße (z. B. EBIT [Gewinn vor Zinsen und Steuern]) nach Veräußerung in einem vertraglich vereinbarten Zeitraum (sog. Earn-Out-Periode) einen bestimmten Schwellenwert erreicht oder überschreitet.

Im Einzelfall ist zunächst zu prüfen, ob es sich bei solchen variablen Kaufpreiskomponenten basierend auf Earn-Out-Klauseln um einen gewinn- oder umsatzabhängigen Kaufpreis (s. H 16 Abs. 11 „Gewinn- oder umsatzabhängiger Kaufpreis“ EStH 2023) handelt und dieser als nachträgliche Einkünfte gemäß § 24 Nr. 2 EStG zu versteuern ist (sog. rückwirkungslose Earn-Out-Klausel) oder ob aufgrund der Ausgestaltung derartiger Vereinbarungen geleistete „Earn-Out-Zahlungen“ als rückwirkendes Ereignis i. S. d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO bezogen auf den Veräußerungstatbestand und auf den Veräußerungsgewinn materiell-rechtlich auf den Zeitpunkt der Veräußerung zurückwirken (sog. rückwirkende Earn-Out-Klausel).

Mit Urteil vom , IV R 9/21, BStBl II 2024 S. 510, hat der BFH für den Fall der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils i. S. d. § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG entschieden, dass neben gewinn- und umsatzabhängigen Kaufpreisen (vgl. , BStBl II S. 532; H 16 Abs. 11 „Gewinn- oder umsatzabhängiger Kaufpreis EStH 2023) auch für sog. Earn-Out-Klauseln, bei denen das Entstehen der sich hieraus ergebenden variablen Kaufpreiskomponenten sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach ungewiss ist (sog. rückwirkungslose Earn-Out-Klauseln), zwingend erst im Zeitpunkt des Zuflusses als nachträgliche Betriebseinnahmen gemäß § 16, § 24 Nr. 2 EStG zu versteuern sind (sog. obligatorische Zuflussbesteuerung). Das Urteil ist mit der Veröffentlichung im Bundessteuerblatt II über den Einzelfall hinaus anzuwenden.

Die Grundsätze des o. g. Urteils IV R 9/21 sind für einschlägige Fälle der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften nach § 17 EStG entsprechend anzuwenden sind.

Darüber hinaus bitte ich zu beachten, dass der BFH in seiner Entscheidung zum Az. IV R 9/21, a. a. O., nicht über den Fall einer Earn-Out-Klausel entschieden hat, bei jener nur das Entstehen der sich hieraus ergebenden bereits betragsmäßig festgelegten Kaufpreiskomponenten vom Gewinn oder Umsatz abhängig ist (sog. rückwirkende Earn-Out-Klausel).

Bei rückwirkenden Earn-Out-Klauseln finden die bekannten Grundsätze der Besteuerung nachträglicher Kaufpreisanpassungen Anwendung, wonach bei der Realisierung der gewinn- oder umsatzabhängigen Kaufpreiskomponenten weiterhin ein rückwirkendes Ereignis i. S. d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO vorliegt (s. o.).

Ich bitte darum, diese Rechtsauffassungen in allen offenen gleichgelagerten Steuerfällen zu vertreten. Sofern Einspruchsverfahren aufgrund des BFH-Verfahrens zum Az. IV R 9/21, a. a. O., bisher ruhend gestellt wurden, bitte ich die Bearbeitung dieser Einsprüche wiederaufzunehmen.

Finanzministerium des Landes Schleswig-Holstein v. - VI 3012 - S 2242 - 131

Fundstelle(n):
XAAAJ-75312