Online-Nachricht - Montag, 16.09.2024

Einkommensteuer | Positives Eigenkapital nach Umwandlung einer GmbH in eine KG für Zwecke des § 4 Abs. 4a EStG (FG)

Im Fall der formwechselnden Umwandlung einer GmbH in eine Personengesellschaft ist das von dieser übernommene positive Eigenkapital als (fiktive) Einlage im Rahmen des Abzugsverbots für Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG zu berücksichtigen (,F).

Hintergrund:

Nach § 4 Abs. 4a EStG sind Schuldzinsen nicht abziehbar, wenn Überentnahmen getätigt worden sind. Eine Überentnahme ist der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen. Die nicht abziehbaren Schuldzinsen werden typisierend mit 6 % der Überentnahmen des Wirtschaftsjahres zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen übersiegen haben (Unterentnahmen) ermittelt; bei der Ermittlung der Überentnahmen ist vom Gewinn ohne Berücksichtigung der nach Maßgabe dieser Regelung nicht abziehbaren Schuldzinsen auszugehen. Der sich dabei ergebende Betrag, höchstens jedoch der um X € verminderte Betrag der im Wirtschaftsjahr angefallenen Schulzinsen, ist dem Gewinn hinzuzurechnen (§ 4 Abs. 4a Sätze 2 bis 4 EStG). Auf Kapitalgesellschaften ist § 4 Abs. 4a EStG nicht anwendbar, da bei ihnen keine Überentnahmen auftreten können.

Sachverhalt:

Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG, die im Jahr 2010 durch formwechselnde Umwandlung aus einer GmbH entstanden ist. Neben der Komplementärin, einer GmbH, sind an der Klägerin als Kommanditistinnen zwei weitere Personengesellschaften beteiligt. Das Finanzamt behandelte einen Teil der Schuldzinsen der Klägerin für das Streitjahr 2012 als nicht abziehbar nach § 4 Abs. 4a EStG. Hiergegen wandte die Klägerin ein, dass diese Vorschrift auf mehrstöckige Personengesellschaften keine Anwendung finde. Hilfsweise sei das im Zeitpunkt des Formwechsels bestehende positive Eigenkapital der GmbH als Einlage zu berücksichtigen, sodass keine Überentnahmen vorlägen.

Der 6. Senat des FG Münster hat der Klage stattgegeben.

Dazu führten die Richter aus:

  • Der Senat folgt nicht der Auffassung der Klägerin, nach der § 4 Abs. 4a EStG auf mehrstöckige Personengesellschaften keine Anwendung findet. Die Vorschrift ist vielmehr betriebsbezogen zu betrachten, sodass die Hinzurechnung für jeden einzelnen Betrieb vorzunehmen ist, für den eine eigenständige Gewinnermittlung durchgeführt wird. Eine betriebsübergreifende Betrachtung bei Konzernen widerspricht der vom Gesetzgeber angestrebten Vereinfachung.

  • Allerdings ist das von der GmbH im Rahmen der Umwandlung übernommene positive Eigenkapital als Einlage bei der Berechnung der Über- bzw. Unterentnahmen zu berücksichtigen. Damit ist der Senat der Auffassung der Finanzverwaltung entgegengetreten, wonach die Über- bzw. Unterentnahmen im Zeitpunkt eines Formwechsels einer GmbH stets 0 € betragen, weil § 4 Abs. 4a EStG auf Kapitalgesellschaften keine Anwendung findet. Letzteres ist zwar richtig, jedoch ist der Einlagenbegriff für Zwecke des § 4 Abs. 4a EStG in Fällen des Formwechsels normspezifisch auszulegen. Das Umwandlungssteuerrecht fingiert bei einem Formwechsel eine Vermögensübertragung vom bisherigen auf einen neuen Rechtsträger. Dies muss im Hinblick auf das übernommene Eigenkapital zu einer Einlage beim neuen Rechtsträger – hier der Klägerin – führen. Dieser Vorgang kann nicht anders beurteilt werden als die Neugründung einer Personengesellschaft mit erstmaliger Mittelzuführung durch die Gesellschafter. Hierfür spricht auch der Sinn und Zweck des § 4 Abs. 4a EStG, der nach dem sog. Eigenkapitalmodell ausgestaltet ist. Das Eigenkapital, das durch Gewinne und Einlagen aufgestockt und durch Entnahmen und Verluste verbraucht wird, bildet die Grenze dessen, was dem Betrieb entzogen werden darf, ohne die Rechtsfolge des § 4 Abs. 4a EStG auszulösen.

Hinweis:

Die vom Senat zugelassene Revision ist beim BFH unter dem Az. IV R 10/24 anhängig. Der Volltext der Entscheidung ist in der Rechtsprechungsdatenbank des Landes NRW veröffentlicht.

Quelle: ,F; FG Münster, Newsletter September 2024 (Sti)

Fundstelle(n):
GAAAJ-75202