BGH Beschluss v. - 4 StR 232/24

Instanzenzug: LG Bielefeld Az: 20 KLs 28/21

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln „in nicht geringer Menge“ und Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil hat Rechtsanwalt A.      über sein besonderes Anwaltspostfach am in Vertretung für den beigeordneten Verteidiger, Rechtsanwalt J.      aus derselben Bürogemeinschaft, Revision eingelegt. Mit Beschluss vom hat das Landgericht das Rechtsmittel des Angeklagten als unzulässig verworfen, weil nach Zustellung des schriftlichen Urteils am eine Begründung der Revision innerhalb der einmonatigen Begründungsfrist nicht eingegangen war. Nach Empfangnahme der Entscheidung am hat der Pflichtverteidiger mit beim Landgericht am eingegangenem Schriftsatz unter Hinweis auf ein Kanzleiverschulden beantragt, dem Angeklagten Wiedereinsetzung in die Revisionsbegründungsfrist zu gewähren, und das Rechtsmittel mit der Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts begründet.

21. Die Revision des Angeklagten ist unzulässig, weil sie nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen des § 341 Abs. 1 StPO i.V.m. § 32d Satz 2, § 32a Abs. 3 und 4 Satz 1 Nr. 2 StPO eingelegt worden ist. Bei einer Übermittlung über das besondere elektronische Anwaltspostfach (§ 32a Abs. 3 Var. 2 StPO i.V.m. § 31a BRAO) – wie vorliegend geschehen – muss das elektronische Dokument von der verantwortenden Person signiert und von derselben Person (vgl. § 23 Abs. 3 Satz 5 RAVPV) abgesandt werden (vgl. Rn. 11 mwN). Dies ist vorliegend nicht geschehen, denn das an das Landgericht übermittelte elektronische Dokument der Revision ist nicht von Rechtsanwalt J.      als beigeordnetem Verteidiger signiert und über dessen besonderes elektronisches Anwaltspostfach übermittelt worden, sondern „in Vertretung durch           A.         Rechtsanwalt“ über dessen Postfach. Auf diesen konnte Rechtsanwalt J.      als Pflichtverteidiger seine Befugnis zur Rechtsmitteleinlegung aber nicht wirksam übertragen (vgl. Rn. 5 mwN; Beschluss vom – 4 StR 279/19 Rn. 2 mwN). Anhaltspunkte dafür, dass Rechtsanwalt A.       als allgemeiner Vertreter des Pflichtverteidigers gemäß § 53 Abs. 2 BRAO oder als sonstiger Bevollmächtigter des Angeklagten tätig geworden ist, sind nicht ersichtlich (vgl. Rn. 2). Hierauf hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom hingewiesen; dem ist der Angeklagte nicht entgegengetreten. Die Verwerfung der Revision obliegt insoweit allein dem Revisionsgericht, denn die Prüfungskompetenz des Tatgerichts erstreckte sich nur auf die Frage, ob die Revision fristgerecht eingelegt worden ist (vgl. KK-StPO/Gericke, 9. Aufl., § 346 Rn. 3 mwN; BeckOK-StPO/Wiedner, 52. Ed., § 346 Rn. 3).

32. Zudem war der Beschluss des Landgerichts Bielefeld vom aufzuheben. Der Wiedereinsetzungsantrag ist gemäß § 300 StPO in einen Antrag auf Aufhebung des Verwerfungsbeschlusses vom umzudeuten (vgl. Rn. 2; Beschluss vom – 5 StR 90/21 Rn. 2; Beschluss vom – 3 StR 118/21 Rn. 3). Dieser Rechtsbehelf ist gemäß § 346 Abs. 2 Satz 1 StPO statthaft und fristgerecht eingelegt. Er führt auch zur Aufhebung des Verwerfungsbeschlusses, denn das angegriffene Urteil war zum Zeitpunkt dieser Entscheidung aufgrund der unwirksamen Revisionseinlegung bereits rechtskräftig.

Quentin                           Bartel                           Scheuß

                   Dietsch                         Marks

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:140824B4STR232.24.0

Fundstelle(n):
FAAAJ-74842