IWB Nr. 16 vom Seite 1

Vorsicht ist besser

Nils Henrik Feddersen | Verantw. Redakteur | iwb-redaktion@nwb.de

Zu den [i]Das Steuerrecht ist ein Dschungel – nicht nur in Deutschlandschönen Dingen des Internationalen Steuerrechts gehört, dass man zwangsläufig Vergleiche mit Vorgaben jenseits des eigenen Rechtskreises anstellen muss. Auch, wenn es eher selten geschieht, kann man sich bisweilen im Ausland etwas abgucken. Die Zeit, in der das deutsche Recht – zumal das Steuerrecht – ein Vorbild für andere Staaten war, liegt vermutlich schon länger zurück. Aber umgekehrt zeigt sich eben, dass auch in anderen Staaten Regelungen komplex und Rechtswege lang sein können.

[i]Das Realisationsprinzip im US-Steuerrecht: Supreme Court sagt „Vorsicht!“Ein Beispiel dafür ist die Entscheidung „Moore gegen die Vereinigten Staaten“ aus den USA (dazu die Zusammenfassung von Maywald ab ): Ja, es gelang den Klägern von 2017 bis Juni 2024 alle Instanzen bis zum US Supreme Court zu durchschreiten. Aber letztlich blieben sie mit ihrem Anliegen ohne Erfolg. Das Höchstgericht sah in einer Einmalbesteuerung auf nicht realisierte Auslandseinkünfte sog. Pass-through-Gesellschaften keinen Verstoß gegen die Verfassung, namentlich gegen den 16. Zusatzartikel. Das Urteil erging mit 7 zu 2 Richterstimmen deutlich. Allerdings lassen die Opinions der Richter erkennen, dass das Urteil unter anderen Umständen wohl zugunsten der Steuerpflichtigen hätte ausgehen können. Das ist für Überlegungen zu einer US-Vermögensteuer oder auch zur Einführung der Besteuerung von nicht realisierten Gewinnen allgemein in den USA ein Zeichen zur Vorsicht. „Grünes Licht“ dafür ist die Entscheidung eher nicht.

[i]Auch bei Anpassungsrechnungen ist Vorsicht gebotenAnpassungsrechnungen sind in der Verrechnungspreispraxis ein wichtiges Element – und zugleich „dünnes Eis“ für die Außenprüfung, denn der zulässige Umfang von Anpassungsrechnungen hängt stark von der Verrechnungspreismethode und den individuellen wirtschaftlichen Verhältnissen der verbundenen Unternehmen ab. Gerade besondere Verhältnisse, etwa in der Gründungsphase eines Unternehmens, aber auch Inflations- und Rezessionsphasen bedeuten Anpassungsbedarf. Faßbender geht ab beispielhaft auf eine besondere Unternehmenslage und spezielle Marktsituationen ein und beleuchtet die Auswirkungen auf die Preisgestaltung und die Möglichkeit von Anpassungsrechnungen. Auch hier ist Vorsicht geboten.

[i]Vorsichtige Wahl des konkreten SchiedsverfahrensZumindest Vorausschau ist nach Inkrafttreten des BEPS-MLI-Anwendungsgesetzes im Juni weiterhin erforderlich. Die Umsetzung des MLI in Deutschland ist damit noch nicht am Ende und das BMF muss noch einige grundsätzliche Anwendungsfragen durch ein Schreiben klären. Wie Streitbeilegungsklauseln in den neun betroffenen deutschen Doppelbesteuerungsabkommen vom MLI modifiziert werden, stellt Strotkemper ab dar. Zugleich soll dies den Rechtsanwender für (fort-)bestehende Anwendungsunterschiede und -schwierigkeiten sensibilisieren und zur vorsichtigen Wahl des Verfahrens ermuntern.

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Nils Henrik Feddersen

Fundstelle(n):
IWB 16 / 2024 Seite 1
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