Online-Nachricht - Mittwoch, 21.08.2024

Einkommensteuer | Verluste aus Kapitalvermögen durch vermeintliche Vermietung von (See-)Containern (FG)

Eine Kapitalüberlassung liegt vor, wenn der vermeintliche Vermieter oder Leasinggeber beim sog. Container-Leasing-Modell weder zivilrechtliches oder wirtschaftliches Eigentum noch die tatsächliche Sachherrschaft (Besitz) über die nicht individualisierbar bezeichneten Container hat (; rechtskräftig).

Sachverhalt: Der Kläger, ein selbständiger Unternehmensberater, schloss am 14./ mit der P&R Gebrauchtcontainer Vertriebs- und Verwaltungs-GmbH (im Folgenden: P&R Gebrauchtcontainer) einen vorformulierten und standardisierten „Kauf- und Verwaltungsvertrag“ über elf Container vom Typ „20“ STANDARD S“ unter Bezugnahme auf den Angebotsprospekt „Angebot Nr. 1080“ ab (Vertragsnummer GC-1). Die Eigentumsübertragung auf den Kläger sollte 90 Tage nach Eingang des Kaufpreises erfolgen. Die Übergabe der Container sollte durch den Verwaltungsvertrag ersetzt werden. Laut Vertrag konnte der Kläger zum Nachweis der Eigentumsübertragung ein Eigentumszertifikat mit internationalem Code und Seriennummer des Containers verlangen.

Zugleich beauftragte der Kläger die P&R Gebrauchtcontainer mit der Verwaltung der Container. Er ermächtigte sie, über die Container zu verfügen und durch gleichwertige Container zu ersetzen. P&R Gebrauchtcontainer garantierte, dass bereits zum Zeitpunkt der Eigentumsübertragung ein Miet- und Agenturverhältnis bestehe. Sämtliche Pflichten aus dem Miet- oder Agenturverhältnis sollten mit der Eigentumsübertragung auf den Investor übergehen. Des Weiteren garantierte die P&R Gebrauchtcontainer eine Tagesmiete pro Container (11,48 % des Kaufpreises p.a.) für die Dauer von fünf Jahren. P&R Gebrauchtcontainer sollte die Mieten für den Kläger einziehen; Über- oder Unterdeckungen sollten zu Gunsten oder zu Lasten der P&R Gebrauchtcontainer gehen. P&R Gebrauchtcontainer war "bereit", die Container nach Ablauf der Vertragslaufzeit zurückzukaufen und kündigte an, rechtzeitig vor Ablauf des Vertrags ein Angebot zu unterbreiten. Der Restwert der Container am Ende des fünften Jahres war im Prospekt auf 1.435 € festgelegt.

Am 20./ schloss der Kläger außerdem mit der P&R Container Vertriebs- und Verwaltungs-GmbH (im Folgenden: P&R Container) einen im Wesentlichen gleichlautenden „Kauf- und Verwaltungsvertrag“ über 15 weitere Container vom Typ „20“ STANDARD S“ unter Bezugnahme auf den Angebotsprospekt „Angebot Nr. 302“ ab (Vertragsnummer LF-1). Laut dem Angebotsprospekt handelte es sich um neue Container. Eine Tagesmiete pro Container (9,35 % des Kaufpreises p.a.) wurde fünf Jahre garantiert. Die P&R Container „behielt sich vor“, zum Ablauf der fünfjährigen Vertragsdauer ein Angebot zum Rückkauf der Container zu unterbreiten. Nach den Angaben im Angebotsprospekt hatte der Investor die Option zur Vertragsverlängerung um drei Jahre. Der Restwert der Container am Ende des fünften Jahres war im Prospekt auf 1.455 € festgelegt. Im Übrigen sind die Verträge GC-1 und LF-1 identisch.

Eigentumszertifikate hat der Kläger weder angefordert noch erhalten. Die garantierten Mieten bezahlten die P&R Gesellschaften lediglich bis zum dritten Quartal 2017. Über beide P&R Gesellschaften wurde das Insolvenzverfahren im Juli 2018 eröffnet.

Im August 2018 meldete der Kläger Forderungen gegen die P&R Gebrauchtcontainer und gegen die P&R Container zur Insolvenztabelle an. Im Jahr 2021 erhielt der Kläger auf im Mai 2019 vereinbarte Vergleichsbeträge jeweils einen Teilbetrag von 7,5 % und im Jahr 2022 jeweils einen weiteren Teilbetrag von 5 % ausbezahlt. Im Zuge der noch andauernden Insolvenzverfahren stellte sich heraus, dass die Zahl der vorhandenen und vermieteten Container der P&R Gesellschaften deutlich unter der Zahl der angeblich an Investoren verkauften Container lag. Nach Angaben des Klägers ist bestenfalls mit einer Insolvenzquote von 33 % zu rechnen.

Der Kläger erklärte in den Einkommensteuererklärungen stets sonstige Einkünfte (Anlage SO) aus den Containergeschäften. Antragsgemäß berücksichtigte das beklagte Finanzamt bis einschließlich 2016 jeweils AfA von 10 % der Anschaffungskosten als Werbungskosten. Für 2017 begehrte der Kläger den Abzug der verbliebenen AfA-Volumina als Werbungskosten. Das Finanzamt berücksichtigte lediglich die (vollen) AfA-Jahresbeträge als Werbungskosten.

Für 2018 machte der Kläger erneut die - unstreitigen - verbliebenen AfA-Volumina als Werbungskosten und damit negative sonstige Einkünfte geltend. Das Finanzamt berücksichtigte erneut lediglich die AfA-Jahresbeträge als Werbungskosten und - wohl versehentlich entgegen § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG - einen Verlust.

Die Klage auf Berücksichtigung der Verluste aus den Containergeschäften als Einkünfte aus Gewerbebetrieb hatte keinen Erfolg:

  • Der Kläger erzielt aus den streitigen Containergeschäften Einkünfte aus Kapitalvermögen. Ein etwaiger Ausfall der zur Insolvenztabelle angemeldeten Rückforderungen kann im Streitjahr (noch) nicht als Verlust berücksichtigt werden. Der Kläger hat den P&R Gesellschaften - jedenfalls bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise - nicht Container, sondern Kapital zur Nutzung überlassen.

  • Die steuerliche Beurteilung der Einkünfte aus den sog. Container-Leasing-Modellen hängt nach herrschender Meinung davon ab, wer wirtschaftlicher Eigentümer der Container ist. Nur wenn die Container dem Investor (Kläger) steuerlich zuzurechnen sind, erzielt dieser durch die Vermietung sonstige oder - je nach den Umständen im Einzelfall - gewerbliche Einkünfte.

  • Ansonsten liegt wirtschaftlich eine bloße Kapitalüberlassung des Investors vor; dieser erzielt dann Einkünfte aus Kapitalvermögen. Maßgeblich sind die zum wirtschaftlichen Eigentum beim Leasing entwickelten Grundsätze. Diese Ansicht geht von der Prämisse aus, dass der Investor zivilrechtlicher Eigentümer der Container ist, das wirtschaftliche Eigentum aber gegebenenfalls an die Containergesellschaft als Mieter bzw. Leasingnehmer (rück-)übertragen hat.

  • Im vorliegenden Streitfall hat der Kläger kein zivilrechtliches Eigentum an Containern erlangt. Die vermeintlich erworbenen Container waren nicht konkretisiert. Die Container waren im Kaufvertrag nur ihrer Art nach bezeichnet und wurden auch in der Folge weder individualisiert noch individualisierbar umschrieben. Ein Eigentumszertifikat, durch das das Rechtsverhältnis auf bestimmte Container hätte konkretisiert werden können, liegt nicht vor. Die Konkretisierung konnte auch nicht durch ein Besitzmittlungsverhältnis herbeigeführt werden. Auch ein solches erfordert nach sachenrechtlichen Grundsätzen die Konkretisierung auf eine bestimmte Sache.

  • Dem Kläger wurde auch von den P&R Gesellschaften kein wirtschaftliches Eigentum eingeräumt. An einem nicht konkret bestimmbaren Wirtschaftsgut kann weder ein tatsächliches Herrschaftsverhältnis bestehen noch kann jemand von der Einwirkung ausgeschlossen werden. Wirtschaftliches Eigentum setzt vielmehr erst recht die Konkretisierung auf ein bestimmtes Wirtschaftsgut voraus.

  • Das Gericht lässt dahingestellt, ob es für die Abgrenzung der Nutzungsüberlassung beweglicher Gegenstände (Vermietung) von der Kapitalüberlassung tatsächlich auf das wirtschaftliche Eigentum am Wirtschaftsgut ankommt. Denn eine Vermietung oder ggf. sonstige (wirtschaftliche) Nutzungsüberlassung beweglicher Gegenstände setzt weder zivilrechtlich noch steuerlich das Eigentum des Vermieters an dem Wirtschaftsgut (Mietsache) voraus.

  • Vermieter i.S. von § 22 Nr. 3 EStG ist allenfalls derjenige, der die rechtliche oder tatsächliche Macht hat, das Wirtschaftsgut anderen zur zeitlich begrenzten Nutzung gegen Entgelt zu überlassen. Die Überlassung eines beweglichen Wirtschaftsguts zur Nutzung an einen anderen setzt eine tatsächliche Sachherrschaft des Vermieters über das Wirtschaftsgut (insbesondere (mittelbaren) Besitz) voraus, die er dem Mieter überlassen kann. Der Kläger hatte jedoch keine tatsächliche Sachherrschaft über Container inne.

  • Gegen diese Beurteilung spricht auch nicht die Rechtsprechung des BFH, wonach die Qualifikation der Einkunftsart bei gescheiterten Investitionen nicht objektiv-rückblickend nach den tatsächlichen Verhältnissen, sondern nach der Sichtweise des Steuerpflichtigen im Zeitpunkt des Abschlusses der maßgebenden Verträge zu erfolgen hat.

  • Maßgebend sind die Sachverhaltsvorstellungen des Klägers; etwaige (falsche) rechtliche Vorstellungen sind - wie auch sonst - unerheblich. Der Senat ist davon überzeugt, dass der Kläger - nach seiner Parallelwertung in der Laiensphäre - auch schon im Zeitpunkt der Vertragsabschlüsse keinen Erwerb von Containern und eine sich anschließende tatsächliche Rückvermietung an die P&R Gesellschaften oder Dritte beabsichtigt hatte. Nach seinen Vorstellungen über die Vertragsdurchführung konnte er nicht Vermieter von Containern werden.

  • Das folgt schon daraus, dass beide streitgegenständlichen Verträge nicht von Anfang gescheitert waren. Sie wurden zunächst von beiden Seiten tatsächlich wie geplant durchgeführt. Irgendwelche Handlungen, um rechtliches oder wirtschaftliches Eigentum oder tatsächlichen Besitz an Containern zu erwerben, hat der Kläger zu keinem Zeitpunkt unternommen. Insbesondere hat er keine Eigentumszertifikate angefordert. Der Übergang der Rechte und Pflichten aus etwaigen Miet- und Agenturverhältnissen der P&R Gesellschaften mit Dritten auf den Kläger war in den Verwaltungsverträgen im Übrigen ausdrücklich an den Eigentumsübergang gebunden.

  • An Eigentum und Besitz bzw. tatsächlicher oder wirtschaftlicher Herrschaft über Container war der Kläger nicht interessiert; zumal er die P&R Gesellschaften ermächtigt hatte, über die (vermeintlich ihm gehörenden) Container zu verfügen und durch gleichwertige Container zu ersetzen. Des Weiteren hat er keine sonstigen Tätigkeiten entfaltet, die auf eine Vermietung bzw. Nutzungsüberlassung von Containern hindeuten. Seine Tätigkeiten beschränkten sich auf das Unterzeichnen der Verträge und die Überweisung des „Kaufpreises“. Es ging dem Kläger ausschließlich um die Verwendung des Kapitals zur Erzielung einer Rendite (vgl. auch die Renditeberechnung in den Angebotsprospekten).

  • Die Rückzahlung des vom Kläger an die P&R Gesellschaften überlassenen Kapitals war jedenfalls teilweise in Form der Mieten zugesagt. Das ist ausreichend. Unter den Begriff der Kapitalforderung i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG fallen auch Kapitalforderungen, bei denen sowohl die Höhe des Entgelts als auch die Höhe der Rückzahlung von einem ungewissen Ereignis abhängt.

  • Davon abgesehen war der „Rückkauf“ der Container nach Ablauf der Vertragsdauer in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Verträge zwar nicht zwingend vorgesehen. Die Verträge waren bei wirtschaftlicher Betrachtung aber dennoch von vornherein auf die Rückzahlung des Restkapitals in Form des vermeintlichen Restkaufpreises nach Ablauf der Vertragsdauer angelegt.

  • Vorrangige (§ 20 Abs. 8 EStG) Einkünfte aus selbständiger Arbeit oder Gewerbebetrieb liegen nicht vor. Weder die Container - selbst wenn man ihren Erwerb unterstellt - noch die Zahlungsansprüche aus den streitgegenständlichen Verträgen waren Betriebsvermögen der unternehmerischen Tätigkeit des Klägers. Sie dienten nicht unmittelbar eigenbetrieblichen Zwecken der Unternehmensberatung, ob freiberuflich oder gewerblich, und waren deshalb kein notwendiges Betriebsvermögen. Die Behandlung als gewillkürtes Betriebsvermögen setzt voraus, dass ein Wirtschaftsgut in einem gewissen objektiven Zusammenhang zu dem Betrieb steht und ihn zu fördern bestimmt und geeignet ist. Auch diese Voraussetzung liegt nicht vor. Jedenfalls hat der Kläger nicht nach außen erkennbar den Willen bekundet, die Container oder etwaige Containerverträge aus den Verträgen dem betrieblichen Bereich zuordnen zu wollen, schon gar nicht unmissverständlich, zeitnah und unumkehrbar.

  • Die Containergeschäfte stellen keine gewerbliche Betätigung nach § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG dar. Nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse handelt es ich bei den Containergeschäften des Klägers nicht um eine Tätigkeit, die nach Art und Umfang dem Bild einer unternehmerischen Marktteilnahme entspricht. Die Containergeschäfte stellen sich als bloße Kapitalanlagen, nicht jedoch als eine unternehmerische Tätigkeit dar. Der Kläger ist gegenüber den P&R Gesellschaften als „Investor“ und damit Kapitalgeber aufgetreten. Ein darüber hinaus gehendes Interesse des Klägers lag nicht vor. Eine unternehmerische Initiative hat der Kläger nicht entfaltet.

  • Ein Verlust durch Ausfall der Kapitalforderung ist im Streitjahr noch nicht entstanden. Ungeachtet der Verlustverrechnungsbeschränkung des § 20 Abs. 6 EStG kann ein Verlust nicht - mit Bindungswirkung für andere Veranlagungszeiträume gem. § 23 Abs. 6 Satz 3 i.V.m. § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG - berücksichtigt werden.

  • Die Höhe der noch zu erwartenden Rückzahlungen war im Streitjahr 2018 auch noch nicht in groben Zügen absehbar. Zahlungen an die Insolvenzgläubiger waren vom Insolvenzverwalter von Anfang an in Aussicht gestellt worden. Tatsächlich erhielt der Kläger in den Jahren 2021 und 2022 noch Rückzahlungen. Darüber hinaus ist auch derzeit noch mit weiteren Rückzahlungen zu rechnen, jedenfalls sind diese nach den vorliegenden Verlautbarungen des Insolvenzverwalters nicht ausgeschlossen.

Hinweis:

Das Gericht hat die Revision zugelassen, die nicht eingelegt wurde.

Quelle: FG Baden-Württemberg, Newsletter 1/2024 (il)

Fundstelle(n):
SAAAJ-73523