BVerwG Beschluss v. - 9 C 5/23

Kostenentscheidung nach Hauptsacheerledigung im Revisionsverfahren

Leitsatz

1. Zur Frage der statthaften Klageart, wenn nach § 113 Abs. 1 Satz 2 und § 113 Abs. 4 VwGO mit der Anfechtungsklage gegen einen Wasser- und Abwassergebührenbescheid die Klage auf Erstattung der entrichteten Gebühren sowie auf Zahlung von Prozesszinsen verbunden werden soll.

2. Zur Bindung an das Klagebegehren nach § 88 VwGO und dessen Ermittlung nach den für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden Grundsätzen der §§ 133 und 157 BGB.

Instanzenzug: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Az: 20 B 21.1676 Urteilvorgehend VG Ansbach Az: AN 1 K 19.00221 Urteil

Gründe

I

1Die Klägerin verfolgte mit der Revision ihre mit der erfolgreichen Anfechtungsklage gegen einen Wasser- und Abwassergebührenbescheid verbundene Klage auf Erstattung eines Teils der gezahlten Gebühren nebst Prozesszinsen weiter.

2Sie ist Eigentümerin der Betriebsgrundstücke einer Tank- und Rastanlage an der Bundesautobahn A 3 im Gemeindegebiet des Beklagten, der sowohl eine Wasserversorgungsanlage als auch eine Entwässerungsanlage als öffentliche Einrichtung betreibt. Nachdem der Beklagte zunächst mit Bescheid vom einen Abschlag auf die Abwassergebühren erhoben hatte, setzte er mit Abrechnungsbescheid vom für das Jahr 2012 Abwassergebühren in Höhe von 115 397,96 € und Wassergebühren in Höhe von 264,28 € fest.

3Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhob die Klägerin gegen beide Bescheide Anfechtungsklage. Im Lauf des Klageverfahrens erweiterte sie die Klage um den Antrag, den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin einen Teilbetrag der geleisteten Wasser- und Abwassergebühren in Höhe von 82 185,85 € nebst Prozesszinsen von 0,5 % monatlich zurückzuzahlen.

4Das Verwaltungsgericht hob die Bescheide vom und mit Urteil vom auf und verurteilte den Beklagten, an die Klägerin 82 185,85 € nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB zu zahlen.

5Dagegen legte der Beklagte die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Berufung ein. Die Klägerin erhob Anschlussberufung mit dem Antrag, den Beklagten zur Zahlung von Zinsen in Höhe von 0,5 % monatlich aus 10 350 € vom bis zum , aus 27 100 € vom bis zum , aus 37 500 € vom bis zum , aus 6 850 € vom bis zum , aus 250 € vom bis zum und in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB jährlich aus 82 050 € seit dem zu verurteilen.

6Mit Urteil vom änderte der Verwaltungsgerichtshof das erstinstanzliche Urteil und wies die Klage gegen den Bescheid vom und die Klage auf Zahlung von 82 185,85 € nebst Zinsen ab. Im Übrigen wies er die Berufungen zurück. Die Kosten des Verfahrens erlegte er der Beklagten auf.

7Mit ihrer vom Bundesverwaltungsgericht zugelassenen Revision hat die Klägerin die geltend gemachten Erstattungs- und Zinsansprüche zunächst weiterverfolgt. Nachdem der Beklagte den eingeklagten Erstattungsbetrag einschließlich der geltend gemachten Zinsen an die Klägerin überwiesen hatte, haben die Beteiligten den Rechtsstreit mit Schriftsätzen vom 24. und in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.

II

81. Aufgrund der übereinstimmenden Erledigungserklärungen ist das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 141 Satz 1, § 125 Abs. 1 Satz 1 und § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen. Außerdem sind die Urteile des Verwaltungsgerichtshofs und des Verwaltungsgerichts in entsprechender Anwendung von § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 269 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 ZPO für wirkungslos zu erklären, soweit sie den Antrag der Klägerin auf Rückzahlung von Wasser- und Abwassergebühren in Höhe von 82 185,85 € nebst Zinsen betreffen, der allein noch Gegenstand des Revisionsverfahrens war.

92. Schließlich ist insoweit gemäß § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Billigem Ermessen entspricht es dabei in der Regel, die Verfahrenskosten demjenigen Beteiligten aufzuerlegen, der ohne die Erledigung bei nur noch summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage voraussichtlich unterlegen wäre oder der die Erledigung des Verfahrens aus eigenem Willensentschluss herbeigeführt und sich dadurch freiwillig in die Rolle des Unterlegenen begeben hat.

10Dies zugrunde gelegt, hat der Beklagte die Kosten des Verfahrens auch hinsichtlich der von der Klägerin mit der Revision noch weiterverfolgten Rückzahlungs- und Zinsansprüche zu tragen. Er hat nicht nur dem Klagebegehren durch die vollständige Zahlung des eingeklagten Betrags einschließlich der geltend gemachten Zinsen in vollem Umfang freiwillig entsprochen und dadurch aus eigenem Willensentschluss das erledigende Ereignis herbeigeführt und sich in die Rolle des Unterlegenen begeben. Er wäre voraussichtlich auch unterlegen. Denn nach dem Sach- und Streitstand zum Zeitpunkt des Eintritts des erledigenden Ereignisses hätten Revision und Klage wohl Erfolg gehabt.

11a) Die Klage wäre voraussichtlich zulässig gewesen. Zwar ist bundesrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Verwaltungsgerichtshof die Klage als allgemeine Leistungsklage für unzulässig gehalten und allein die Verpflichtungsklage als statthaft angesehen hat (aa). Auf der Grundlage dieser Rechtsauffassung wäre die Klage aber nach § 88 VwGO als Verpflichtungsklage zu verstehen gewesen. Als solche wäre sie voraussichtlich insgesamt zulässig gewesen (bb).

12aa) Es spricht viel dafür, dass, wie der Verwaltungsgerichtshof angenommen hat, nach § 113 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 4 VwGO mit der Anfechtungsklage eine allgemeine Leistungsklage oder eine Verpflichtungsklage verbunden werden kann je nachdem, welche dieser Klagearten statthaft ist.

13aaa) Ein solches Verständnis steht zunächst mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Einklang. Danach können im Rahmen des Ausspruchs nach § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO die durch die Vollziehung eines rechtswidrigen Verwaltungsakts geschaffenen Folgen auch durch den Erlass eines begünstigenden Verwaltungsakts beseitigt werden ( 6 B 33.15 - Buchholz 402.02 PAuswG Nr. 10 Rn. 6). § 113 Abs. 4 VwGO ermöglicht es, den Anfechtungsrechtsstreit und den davon abhängigen Streit über den Leistungsanspruch in einem Verfahren zusammenzufassen, auch wenn die Leistungsklage als Verpflichtungsklage auf eine Verpflichtung zum Erlass eines Verwaltungsakts gerichtet ist ( 3 C 11.99 - Buchholz 451.511 § 14 MOG Nr. 1 S. 1 f.; vgl. auch den Tenor des Urteils vom - 9 C 4.19 -). Im Einklang mit der Systematik der Verwaltungsgerichtsordnung, die zwischen der allgemeinen Leistungsklage und der auf den Erlass eines Verwaltungsakts gerichteten Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO als besonderer Leistungsklage unterscheidet ( 1 C 65.67 - BVerwGE 31, 301 <303>), kann (nur) so dem Sinn und Zweck von § 113 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 4 VwGO umfassend Rechnung getragen werden, die gerichtliche Geltendmachung der von der Aufhebung des Verwaltungsakts abhängigen Folgenbeseitigungs- und sonstigen Leistungsansprüche im Interesse des effektiven Rechtsschutzes und der Prozessökonomie bereits vor Rechtskraft der Entscheidung über die Anfechtungsklage und ohne eigenes Vorverfahren gemeinsam mit dem Aufhebungsbegehren zu ermöglichen (BT-Drs. 3/55 S. 43; 10 A 1.91 - Buchholz 232 § 87 BBG Nr. 65 S. 9 und vom - 3 C 11.99 - Buchholz 451.511 § 14 MOG Nr. 1 S. 2).

14Diesem Normverständnis stehen weder der Gesetzeswortlaut noch die Entstehungsgeschichte entgegen. § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO ermächtigt das Gericht auszusprechen, "dass und wie" die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Er ist damit nach seinem Wortlaut ebenso für eine Verbindung der Anfechtungsklage mit einer allgemeinen Leistungsklage oder einer Verpflichtungsklage offen wie § 113 Abs. 4 VwGO, der im gleichen Verfahren auch die "Verurteilung zur Leistung" zulässt. Der Gesetzesbegründung ist ebenfalls nur zu entnehmen, dass die Behörde im Urteil, das die Aufhebung eines Verwaltungsakts ausspricht, zugleich zur Rückgängigmachung des Vollzugs verpflichtet oder zur Leistung verurteilt werden können soll (BT-Drs. 3/55 S. 43). Dass dies nur im Wege einer allgemeinen Leistungsklage ermöglicht werden sollte, ist angesichts der Bezeichnung des dazu erforderlichen Antrags als Verpflichtungsklage (BT-Drs. 3/55 S. 43) nicht ersichtlich.

15bbb) Bei einer Verbindung der Anfechtungsklage mit einer Verpflichtungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 4 VwGO dürfte das aus § 68 Abs. 2 und § 75 Satz 1 VwGO abgeleitete Erfordernis eines vorherigen Antrags auf Erlass des begehrten Verwaltungsakts und der Durchführung eines diesbezüglichen Verwaltungs- und Widerspruchsverfahrens (stRspr, vgl. nur 9 C 24.21 - BVerwGE 176, 259 Rn. 28) allerdings nicht gelten. Denn das Ziel von § 113 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 4 VwGO, den Anfechtungsstreit mit dem davon abhängigen Streit über die Rückgängigmachung der Vollziehung oder den Leistungsanspruch in einem Verfahren zusammenzufassen, ist nur zu erreichen, wenn die Leistungsklage - auch soweit sie auf die Verpflichtung zum Erlass eines Verwaltungsakts gerichtet ist - vor Rechtskraft der Entscheidung über die Anfechtungsklage und ohne Durchführung eines eigenen Vorverfahrens zugelassen wird (vgl. 3 C 11.99 - Buchholz 451.511 § 14 MOG Nr. 1 S. 2 für § 113 Abs. 4 VwGO).

16Im Übrigen hat ein Beklagter, der aufgrund einer nach § 113 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 4 VwGO mit der Anfechtungsklage gegen einen Abgabenbescheid verbundenen Verpflichtungsklage durch rechtskräftiges Urteil verpflichtet worden ist, den - konkret bezifferten - Erstattungsbetrag nebst Prozesszinsen durch Bescheid festzusetzen, diesen Verwaltungsakt zu erlassen, ohne dass dazu ein Verwaltungsverfahren durchzuführen wäre, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erneut geprüft werden könnten. Will er vom Erlass des Bescheids absehen, etwa weil inzwischen auf der Grundlage einer ordnungsgemäßen Satzung erneut ein Abgabenbescheid ergangen wäre, kann er einer möglichen Vollstreckung nur durch eine Vollstreckungsabwehrklage nach § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 767 Abs. 1 ZPO entgegentreten ( 10 A 1.91 - Buchholz 232 § 87 BBG Nr. 65 S. 10).

17ccc) Dass der Verwaltungsgerichtshof hier nur die Verbindung der Anfechtungsklage mit einer Verpflichtungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 4 VwGO für zulässig erachtet hat, wäre bundesrechtlich voraussichtlich nicht zu beanstanden gewesen. Denn nach der gemäß § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 560 ZPO maßgebenden Auslegung der landesrechtlichen Bestimmungen von Art. 13 Abs. 1 des bayerischen Kommunalabgabengesetzes (KAG) i. V. m. § 37 Abs. 2 und § 218 Abs. 2 Satz 2 AO und Art. 13 Abs. 1 KAG i. V. m. § 239 Abs. 1 und § 155 Abs. 1 Satz 1 AO wären sowohl der Erstattungsanspruch als auch der Anspruch auf Prozesszinsen durch Verwaltungsakt festzusetzen gewesen.

18bb) Gleichwohl wäre die Klage voraussichtlich zulässig gewesen. Denn nach § 88 VwGO, der das Gericht nicht an die Fassung der Anträge, sondern an das Klagebegehren bindet, hätte der Verwaltungsgerichtshof nach den für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden Grundsätzen der §§ 133 und 157 BGB, nach denen das Klagebegehren zu ermitteln ist (stRspr, vgl. etwa 8 C 50.12 - BVerwGE 149, 265 Rn. 17 und vom - 4 C 4.15 - BVerwGE 156, 94 Rn. 9), statt von einer allgemeinen Leistungsklage von einer Verpflichtungsklage ausgehen müssen.

19Dem steht nicht entgegen, dass das Gericht an einen ausdrücklichen und unmissverständlich erklärten Willen gebunden und es ihm verwehrt ist, an die Stelle dessen, was ein Beteiligter erklärtermaßen will, das zu setzen, was er nach Meinung des Gerichts wollen sollte (stRspr, vgl. nur 1 C 34.22 - juris Rn. 29 m. w. N.). Denn ein eindeutiger Wille der Klägerin, das Klagebegehren einer Erstattung der gezahlten Wasser- und Abwassergebühren nebst Prozesszinsen ausschließlich mit einer allgemeinen Leistungsklage geltend zu machen, lässt sich ungeachtet der dahingehenden Formulierung des Klageantrags weder den prozessualen Erklärungen der Klägerin noch den sonstigen Umständen, insbesondere der erkennbaren Interessenlage der Klägerin, entnehmen (vgl. etwa 8 C 50.12 - BVerwGE 149, 265 Rn. 17 und vom - 4 C 4.15 - BVerwGE 156, 94 Rn. 9). Vielmehr ging es ihr ersichtlich darum, ihren Anspruch auf Erstattung der Wasser- und Abwassergebühren nebst Prozesszinsen überhaupt und ohne vorheriges Verwaltungsverfahren mit der Anfechtungsklage gegen den Abgabenbescheid verbinden zu können. Auf die Klageart kam es ihr hingegen augenscheinlich nicht an. Dies ergibt sich aus Folgendem:

20Nachdem das Verwaltungsgericht den Beklagten zur Rückzahlung der Gebühren in der geltend gemachten Höhe nebst Prozesszinsen verurteilt hatte, regte der Verwaltungsgerichtshof mit Hinweisschreiben vom nicht nur die Umstellung der Klage auf eine Verpflichtungsklage an, sondern äußerte zugleich Bedenken hinsichtlich des Rechtsschutzbedürfnisses der Klägerin. Dabei wies er auch darauf hin, dass eine auf den Erlass eines Abrechnungsbescheids gerichtete Verpflichtungsklage nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs die Ablehnung eines entsprechenden Antrags durch die Behörde oder die erfolglose Einlegung eines Untätigkeitseinspruchs voraussetze und nicht ersichtlich sei, dass die Klägerin einen entsprechenden Antrag bei der Behörde gestellt habe. In ihren Stellungnahmen zu diesem und dem weiteren Hinweisschreiben vom , das auf die Festsetzung von Zinsen durch Bescheid aufmerksam machte, setzte sich die Klägerin aber an keiner Stelle mit der Frage der statthaften Klageart auseinander. Vielmehr machte sie ausschließlich geltend, dass der Folgenbeseitigungsanspruch und die Prozesszinsen nach § 113 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 4 VwGO ohne vorheriges Verwaltungsverfahren gemeinsam mit der Anfechtungsklage gegen den Abgabenbescheid gerichtlich geltend gemacht werden könnten.

21Dass es der Klägerin nicht darum ging, den Erstattungsanspruch nebst Prozesszinsen gerade im Wege einer allgemeinen Leistungsklage durchsetzen zu können, sondern darum, die diesen Anspruch betreffende Klage ohne vorheriges Verwaltungsverfahren mit der Anfechtungsklage gegen den Abgabenbescheid verbinden zu können, zeigt sich außerdem daran, dass sie sich zur Begründung ihres Standpunkts insbesondere auf das 3 C 11.99 - berufen hat. Denn diese Entscheidung sieht gerade die Verbindung einer auf Prozesszinsen gerichteten Verpflichtungsklage mit einer Anfechtungs- (oder Verpflichtungs-)Klage nach § 113 Abs. 4 VwGO als zulässig an (Buchholz 451.511 § 14 MOG Nr. 1 S. 1 f.). Die Einwendungen der Klägerin betrafen erkennbar nur die im Hinweisschreiben des Gerichts zum Ausdruck gebrachte Rechtsauffassung, die allgemeinen Zulässigkeitsanforderungen für eine Verpflichtungsklage auf Erlass eines Abrechnungsbescheids würden auch im vorliegenden Verfahren gelten; nur gegen die Erhebung einer Verpflichtungsklage unter dieser Prämisse richtete sich ihre Ablehnung. Dass sie die Umstellung ihres Klageantrags auf eine im Sinne des zitierten auch ohne vorheriges Verwaltungsverfahren zulässige Verpflichtungsklage ausdrücklich abgelehnt und vor diesem Hintergrund auf einer allgemeinen Leistungsklage beharrt hätte, lässt sich dem Akteninhalt nicht entnehmen.

22b) Die Klage hätte hinsichtlich des geltend gemachten Erstattungsanspruchs voraussichtlich auch in der Sache vollumfänglich Erfolg gehabt. Denn mit der rechtskräftigen Aufhebung des Abrechnungsbescheids vom war der Rechtsgrund für die Zahlung der darin festgesetzten Abwasser- und Wassergebühren in Höhe von 115 397,96 € und 264,28 € entfallen. Ein nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a KAG i. V. m. § 218 Abs. 2 Satz 2 AO durch Abrechnungsbescheid festzusetzender Erstattungsanspruch nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b KAG i. V. m. § 37 Abs. 2 Satz 1 und 2 AO hätte daher wohl in der geltend gemachten Höhe von 82 185,85 € bestanden.

23Angesichts dessen entspricht es der Billigkeit auch dann, die Kosten des Verfahrens nach § 161 Abs. 2 VwGO insgesamt dem Beklagten aufzuerlegen, wenn die Klage hinsichtlich des Anspruchs auf Prozesszinsen auf der Grundlage der nach § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 560 ZPO grundsätzlich maßgeblichen Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. b Doppelbuchst. b und d KAG i. V. m. § 236 Abs. 1 AO nicht in voller Höhe begründet gewesen wäre. Denn zum einen könnten nach § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO einem Beteiligten die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen wäre. Zum anderen wirkt sich der Antrag, soweit er die Prozesszinsen betrifft, auf die Höhe der Kosten nicht aus. Die Gerichtsgebühren richten sich gemäß § 3 Abs. 1 GKG nach dem Streitwert. Bei dessen Bemessung werden die Zinsen als Nebenforderungen nach § 43 Abs. 1 GKG aber nicht berücksichtigt. Nichts anderes gilt für die Rechtsanwaltsgebühren, die sich gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften richten und für die, wenn wie hier der für die Gerichtsgebühren maßgebende Wert festgesetzt wird, nach § 32 Abs. 1 RVG diese Festsetzung maßgeblich ist.

24Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 3 Satz 1 und § 43 Abs. 1 GKG.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2024:110624B9C5.23.0

Fundstelle(n):
CAAAJ-73323